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Wem folgt der Arzt? Experten diskutierten über Sozialpolitik

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276 Bayerisches Ärzteblatt 5/2004

KVB informiert

Eigentlich war die Tagung „Das Europäische Sozialmodell im 21. Jahrhundert“, zu der die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung Ende März nach Berlin geladen hatte, vor allem dem Blick auf das weiter zusammenwachsende Europa ge- widmet. Doch dieser Anspruch verblasste etwas im Kontrast zu der rund einstündigen Rede des Bundeskanzlers, die gerade zur laufenden Ge- sundheitsreform einige interessante Aussagen enthielt.

Bereits zu Beginn der Veranstaltung zeigte sich dass man bei einem solchermaßen diffi- zilen Thema wie einer gemeinsamen sozialen Perspektive für die unterschiedlichsten euro- päischen Staaten kein Patentrezept würde finden können. Nicht anders war es nämlich zu deuten, dass die ehemalige Bundesminis- terin Dr. Christine Bergmann bereits in ihrer Eröffnungsrede versprach: „Wir werden dran bleiben.“ Auch die von Karl-Hermann Haack, Mitglied des Sozialausschusses des Europa- rats, vorgetragenen zehn Thesen zur Zukunft der europäischen Sozialpolitik trugen nicht wesentlich dazu bei, die Thematik von der Theorie in die Praxis zu überführen. Dies ge- lang dafür stellenweise der anschließenden Diskussionsrunde, die von dem SZ-Redak- teur Andreas Hoffmann moderiert wurde.

So erfuhr man, dass europaweit durchschnitt- lich 27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die soziale Sicherung ausgegeben würden und dass die „Tatsache, dass die Menschen immer länger leben, nicht als Errungenschaft, son- dern eher als Problem angesehen“ werde, wie es ein hochrangiger französischer EU-Vertre- ter formulierte. Kein typisch deutsches Pro- blem also. Die Europa-Abgeordnete Karin Jöns kritisierte, dass die Sozialpolitik zu lange als „lästig und störend“ empfunden wurde und man erst jetzt – unter dem wachsenden Reformdruck – deren wahre Dimension be- greife. Für die europäische Gesundheitspoli- tik habe man sich auf drei Ziele verständigt, so Jöns: 1. allgemeiner Zugang zur Gesund- heitsvorsorge, 2. eine qualitativ hochwertige Gesundheitsvorsorge, 3. langfristige Finan- zierbarkeit der Gesundheitssysteme. Ange- sichts der Tatsache, das 15 Prozent der EU- Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten und diese Quote durch die EU-Erweiterung zum 1. Mai noch erhöht werde, seien diese Ziele nur unter erheblichen Anstrengungen zu erreichen.

Wie schwierig es allein schon ist, das Sozial- system im vergleichsweise wohlhabenden Deutschland zu modernisieren, zeigte sich anschließend in der Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Erst verscheuchte er die zahlreichen Fotografen („Das stört jetzt wirk- lich – bei aller Liebe zu den Medien.“), dann pries er ein vom Gedankengut der europäi- schen Aufklärung und Arbeiterbewegung ge- tragenes Sozialmodell, um schließlich auf sein Kernthema, die umstrittene Agenda 2010, zu sprechen zu kommen. Dabei verwendete er einen Satz, den man im Leitartikel der letz- ten Ausgabe des Bayerischen Ärzteblattesfast genauso auch lesen konnte: „Wir haben eines der weltweit besten Gesundheitssysteme.“

Aber, und damit enden die Gemeinsamkeiten mit den Ausführungen im Ärzteblatt auch schon wieder, gibt es laut Schröder zu wenig Transparenz und zu viele Ineffizienzen. „Gro- tesk“ sei es, dass keine Apothekenketten möglich seien. Und die „Klientelpolitik“ habe verhindert, dass „die Krankenkassen mit gu- ten, Qualität anbietenden Ärzten Verträge

abschließen können“. Wieso das deutsche Gesundheitssystem trotz dieses angeblichen Mangels eine weltweite Spitzenposition ein- nimmt, erläuterte der Kanzler leider nicht.

Dafür zeigte er sich als begeisterter Verfech- ter der Praxisgebühr. Die zehn Euro hätten beinahe zu einer „vorrevolutionären Situa- tion“ geführt – und dass nur deshalb, weil sich die Beteiligten bislang nicht bewusst ge- wesen seien, dass Leistungen etwas kosten.

Und damit meint Schröder nicht nur die Pa- tienten: „Der Arzt folgt Ethik und Äskulap, der Patient zahlt an die Krankenkasse – auf das Geld schaut keiner.“ Insofern habe die Praxisgebühr zu einem „sorgsameren Umgang mit den Ressourcen“ geführt. Allerdings ist auch dem Kanzler nicht verborgen geblieben, dass bei der Gesundheitsreform nicht alles ei- tel Sonnenschein ist. So Schröder: „Eine kri- tische Aufnahme dessen, was wir tun, ist nicht störend. Meine Aufgabe ist es, zu erklä- ren, warum wir etwas tun.“ Und da hat er in der Tat noch einiges vor sich.

Martin Eulitz (KVB)

Wem folgt der Arzt?

Experten diskutierten über Sozialpolitik

Bundeskanzler Schröder:

„Die Gesundheitsreform wird das System jährlich um bis zu 25 Milliarden Euro entlasten.“

Foto: Bundesbildstelle

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