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Geiger, Martin (2019): Erwartungen haben Konjunktur. Gastkommentar. Wirtschaft Regional, 25.5.2019.

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Wirtschaftregional|25. Mai 2019

Und alle paar Jahre grüsst das Murmeltier

Das Mobilfunknetz wird auf den neuesten Stand gebracht. Die Betreiber versprechen ein schnelleres und sicheres Netz, viele Smartphonen-Nutzer können es kaum er- warten. Auf der anderen Seite aber haben Ängste und Bedenken Hochkonjunktur.

Krebserregend seien die Wellen, liest man.

Minerale, Vitamine und Nährstoffe verlie- ren an Wirkung, wenn die Nahrung der Be- strahlung ausgesetzt ist. Und natürlich könnten die Wellen irgendwann die Ge- danken der Menschen steuern. Wir schrei- ben das Jahr 2012.

Als vor sieben Jahren der 4G-Standard ein- geführt wurde, waren bereits die ähnlichen Gegenargumente auf dem Tisch wie heute.

Vor kurzem wurde die erste 5G-Antenne in der Schweiz aufgestellt, bis Ende Jahr wer- den viele weitere folgen. Entsprechend gross ist die Hysterie. Ängste werden wie- der hervorgeholt, Untergangsszenarien heraufbeschworen. Vögel fallen tot vom Himmel und wir werden alle krank. Ir- gendeine «Studie» findet sich für alles.

Doch zurück zu den Fakten: Die von der Schweiz versteigerten Frequenzen werden bereits jetzt für die Übermittlung von Radio- und Fernsehsignalen eingesetzt. Sie unterscheiden sich kaum von den heuti- gen Mobilfunkfrequenzen. Und auch die Wissenschaft ist sich einig: Unterhalb der Grenzwerte konnten keine Risiken nach- gewiesen werden. Die Strahlenbelastung wird insgesamt nicht wesentlich höher werden. Also keine Panik. Das Gros der

«schädlichen Folgen» ist bereits vor sieben Jahren nicht eingetreten.

Die Vorteile dürften auch bei dieser Tech- nologie deutlich überwiegen: Sei es für die schnellere Übertragung von grösseren Da- tenmengen, die höhere Kapazität oder die minimale Echtzeitverzögerung.

Eine Gefahr aber bleibt: Nämlich, dass sich solch ein faktenfreier Unsinn wie die toten Vögel in Zukunft noch schneller verbreitet.

Technologie hat halt nicht nur Gutes.

KOMMENTAR

Stephan Agnolazza-Hoop Chefredaktor

Erwartungen haben Konjunktur

gruppen, also auf Junge wie Alte, Rei- che wie Arme und gut wie weniger gut Ausgebildete.

Neuere Theorien der Erwartungsbil- dung gehen davon aus, dass evolutio- näre Entwicklungen effiziente Me- chanismen zur Erwartungsbildung hervorgebracht haben, die mühelos ablaufen und auf Intuition aufbauen.

Diese Mechanismen nützen einer- seits bewusste und unterbewusste kognitive Fähigkeiten (z. B. das Erfas- sen und Verarbeiten von Wirtschafts- daten). Anderseits fliessen aber auch soziale Interaktionen und persönli- che Erfahrungen ein. Erwartungen können somit als soziales Phänomen begriffen werden, und hängen von den jeweiligen Lebensumständen der Menschen ab. Diese sind wiederum automatisch von wirtschaftlichen Entwicklungen betroffen.

Entsprechend dieser Sichtweise wer- den Erwartungen der allgemeinen Bevölkerung in der Analyse wirt- schaftlicher Entwicklungen immer stärker berücksichtigt. Mittlerweile werden in den meisten Ländern der Welt Umfragen durchgeführt, um die aktuelle wirtschaftliche Stimmungs- lage und Erwartungen zu erheben.

Häufig liegt der Fokus in der Verwen- dung darauf, Prognosemodelle zu verbessern und Wendepunkte des Konjunkturzyklus frühzeitig zu er- kennen. Es gibt darüber hinaus aber viele weitere Fragestellungen, für die es interessant ist, Erwartungen zu be- rücksichtigen. Erwartungen spielen dabei nicht nur für wirtschaftliche Entscheidungen eine Rolle. Sie beein- flussen ein breites Spektrum

menschlicher Entscheidungen, etwa politische Wahlen, und prägen Präfe- renzen.

In Liechtenstein werden Erwartun- gen systematisch nur in der vom Amt für Statistik vierteljährlich durch- geführten Konjunkturumfrage erho- ben. Die Umfrage erfasst, wie die Un- ternehmen der Industrie und des wa- renproduzierenden Gewerbes ihre aktuelle Lage einschätzen. Die Um- fragedaten werden dann wiederum von anderen Akteuren wie z. B. dem Liechtenstein-Institut verwendet, um konjunkturelle Entwicklungen einzu- schätzen.

tungen der allgemeinen Bevölkerung seien in erster Linie von Emotionen, nicht von Verständnis geprägt. Aus dieser Sicht können Erwartungen der allgemeinen Bevölkerung ökono- misch, also nicht rational sein.

Das Umfrageinstitut an der Universi- ty of Michigan, USA, führt seit über 40 Jahren repräsentative Bevölke- rungsbefragungen durch. Die Teil- nehmer werden unter anderem ge- fragt, wie sich makroökonomische Grössen wie Inflationsrate, Arbeits- losigkeit und Zinsen in den nächsten zwölf Monaten ihrer Ansicht nach entwickeln werden. Zugleich wird ihre Einschätzung der aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Stim- mungslage erhoben.

In diesen Daten wird ein ausgepräg- ter Zusammenhang mit offiziellen Wirtschaftsstatistiken beobachtet.

Noch überraschender ist es, dass Umfragedaten nicht nur aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen reflek- tieren, sondern auch zukünftige Ten- denzen prognostizieren können. Die Bevölkerung trifft also im Vergleich zu Wirtschaftsprognostikern überra- schend gute Vorhersagen. Diese Aus- sage trifft dabei nicht nur auf den all- gemeinen Durchschnitt zu, sondern auch auf einzelne Bevölkerungs-

«Die Bevölkerung trifft im Vergleich zu Wirtschaftsprognos- tikern überraschend gute Vorhersagen.»

Martin Geiger, Forschungsbeauftragter Wirtschaft am Liechtenstein-Institut

T

rifft man eine Konsum-, Spar- oder Investitions- entscheidung, so ist diese Entscheidung nicht nur von der ge- genwärtigen individuel- len wirtschaftlichen Situation abhän- gig, sondern auch davon, welche Ein- schätzung man über zukünftige Ent- wicklungen hat. Indem Erwartungen wirtschaftliche Entscheidungen be- einflussen, haben sie einen Effekt auf die Konjunktur. Das wirft die Frage auf, wie die allgemeine Bevölkerung wirtschaftliche Entwicklungen wahr- nimmt und Erwartungen bildet.

In den Wirtschaftswissenschaften war die dominante Sichtweise der letzten Jahrzehnte, dass die Bildung von Erwartungen ein bewusster und fordernder Prozess ist, da er die ko- gnitive Verarbeitung von Wirtschafts- daten einschliesst. Demnach sind wirtschaftliches Verständnis und sta- tistische Fähigkeiten notwendig, um Erwartungen über zukünftige Ent- wicklungen zu bilden. Diese Kompe- tenzen werden zwar professionellen Wirtschaftsprognostikern von For- schungsinstitutionen, Geschäfts- und Notenbanken zugeschrieben, nicht aber der allgemeinen Bevölkerung.

Man ging deshalb davon aus, Erwar-

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Infografik: Myrjam Lenherr, Quelle: RPM

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