lä iläha illä Ilähu
Von EtTDOLF Macuch, Berlin
Unter den religiösen Bekenntnisformeln gibt es kaum zwei weitere,
die sich formal, materiell sowie in der Häufigkeit ihres Gebrauchs so
entsprechen wie die samaritanische lyt Hh H' 'hd (ausgespr. Ut elce illa
'äd) ,,Es gibt keinen Gott außer Einem" und die muslimische lä iläha
illä lläh(u) ,,Es gibt keinen Gott außer Alläh".
Auf diese merkwürdige Entsprechung haben schon die Samarita-
nisten bei ihrer Beschäftigung mit der Theologie der Samaritaner
genügend hingewiesen. J.A. Montgomery behandelte sie ausführlich
in seinem Kapitel ,,The Theology ofthe Samaritans, § 3. The Belief in
God ... (I.) The One God"i und sagte richtig: ,,The doctrine of the
unity of God is based upon the formula of the Shema, 'Hear, 0 Israel,
YHWH thy God is one YHWH', but it is generally expressed in the
terms of Islam 'There is no God but God."^ Die Formel wird weiter
richtig als ein polemischer Ausdruck der samaritanischen Lehre von
der Einheit Gottes gegenüber dem christlichen Trinitarianismus und
den gnostischen Emanationsdoktrinen aufgefaßt, wobei aber auf
weitere islamische Parallelen hingewiesen wird: ,,The polemic is con¬
stantly expressed in such language as the following: '0 Being of unity,
who hast no fellow, no second nor colleague.' The last term, shateph
corresponds to the Arabic sharik, which with its collateral forms is
frequently used in the Koran in the prohibitions against 'associating'
anything with God."^
In ähnlichen Worten wird dieses Thema von J. Macdonald zuerst
in seinem Aufsatz Islamic Doctrines in Samaritan Theology^: „...
Islam has developed so many ways of proclaiming this central tenet
of its creed. Samaritanism is no less vociferous in proclaiming the same.
How often the Samaritan liturgist repeats the phrase 'There is only
one God: there is no God but God!' How often he cries lä iläha illä
Hläh: lä sharik lahu. How often he acclaims God as Alläh wahdahü.
^ J.A. Montgomeby: The Samaritans. 1907, Nachdruck New York 1968,
S. 207ff.
^ L. c. 208. ' Ebda. m.A. 8.
* In: The Muslim World 50 (1960), S. 279—290.
Any Samaritan could readily recite, in his own way, the words of
Sürah XXVIII: 88!"* sowie in seinem späteren Werk The Theology
of the Samaritans. London 1964* wiederholt.
Es besteht also kein Zweifel darüber, daß die samaritanische Religion
und der Islam sich nicht nur auf einer gemeinsamen monotheistischen
Basis getroffen, sondern zu ihrem Ausdruck auch gemeinsame sprach¬
liche Mittel gefunden haben, die sie bis auf den heutigen Tag verwen¬
den. Obwohl beide erwähnten Bekenntnisformeln als einfachster Aus¬
druck des absoluten Monotheismus betrachtet werden können, deren
Entstehung man sich deshalb als ein natürliches Phänomen ohne
Abhängigkeit einer von der anderen leicht vorstellen könnte, ist ihre
wörtliche Entsprechung sowie ihre genau gleiche Satzkonstruktion so
auffällig, daß man sich der Theorie ihrer Übernahme durch eine oder
andere Religion schwer erwehren kann. Ganz unwiderstehlich wird aber
diese Theorie, wenn man auch die weiteren asmä' oder Epitheta con-
stantia des alleinigen Gottes in den beiden Religionen betrachtet. Da
nun die zitierte samaritanisch-aramäische Phrase am meisten in einer
doxologischen Formel am Ende der liturgischen Stücke verwendet
und als solche in der ältesten liturgischen Sammlung, dem Daftar der
Samaritaner (aus dem 4. chr. Jh.), nach jedem Stück angeführt wird,
ließe es sich leicht vermuten, daß sie erst in islamischer Zeit mechanisch
nach dem Vorbild der entsprechenden muslimischen nachgetragen
wurde, weil auch alle Handschriften erst aus dieser Zeit stammen. Ob¬
wohl die zitierten Samaritanisten keineswegs die Priorität der samari¬
tanischen Formel gegenüber der muslimischen verleugnen, könnte der
Leser aus den von ihnen angeführten Vergleichen sowohl mit ihrer
arabischen Version als auch mit den in den beiden Sprachen üblichen
Epitheta constantia des alleinigen Gottes leicht zur Meinung verleitet
werden, daß sie den Einfluß der arabischen Konstruktion und Aus¬
drucksweise auf die samaritanische voraussetzen. Bei den beiden er¬
wähnten Forschern wird merkwürdigerweise dieselbe ungenaue
englische Übersetzimg ,, There is no God but God"' statt der genauen
,,Es gibt keinen Gott außer Einem" angeführt, wodurch der einzige
formale Unterschied zwischen den beiden Bekenntnisformeln unbe¬
rechtigt beseitigt und die arabische trotz ungenauer Übersetzung
bevorzugt wird. Macdonald* läßt sogar den samaritanischen Liturgen
Arabisch sprechen, wodurch der falsche Eindruek nur erhöht wird.
' Ebda. 283.
• Siehe Kapitel II: Belief in God, S. 59—116, bes. (§) 2. The Oneness of
God, S.65— 69, vgl. S.53 m.A. 1.
' Text zu A. 2 u. 5.
8 A.a.O. (zu A. 5).
Jedoch halten beide, Macdonald* ähnlich wie MontgomeryI" die
israelitische Bekenntmsformel Dt 64 für den Ausgangspunkt der
samaritanischen, die trotzdem so merkwürdig im Wortlaut sowie in
der Konstruktion der muslimischen entspricht.
Der Wortlaut dieser israelitischen Bekenntnisformel: s^ma' yisrä'el
"'dönäy HoMnü '^dönäy ehäd (in sam. Ausspr. : semce yisrä'el SEMA
eluwwinu SEMA 'äd) enthält zwar zweimal den heiligen Namen
Gottes (YHWH), der von den Samaritanern Sema gelesen wird^i, aber
einmal auch das Wort ,, Einer", in dem der einzige formale Unterschied
zwischen der muslimischen Bekenntnisformel und üirer samaritanischen
Parallele besteht. Hätten die Samaritaner dieses merkwürdige, in ihren
Liturgien ähnlich wie im Islam ad nauseam wiederholte Bekenntnis
der Einheit Gottes der muslimischen Formel entnommen, so hätten
sie wohl auch den arabischen Gottesnamen Alläh durch ihr einziges
QCfP-i ersetzen müssen. Auch durch qui: huwa Ilähu ahad (Kor. 112i)
und ähnhche koranische Ausdrücke des islamischen Monotheismus ist
dieses formale Argument nicht zu entkräften, weü diese schon in dem
erwähnten israelitischen Glaubensbekenntnis enthalten sind. Die Sama¬
ritaner brauchten deshalb keineswegs den wesentlichsten Ausdruck
ihres Monotheismus aus dem Islam zu übernehmen, auch wenn die
zitierte Süra ihnen gut bekannt war und die Fortsetzung des eben
angeführten Zitats lam yalid wa-lam yülad wa-lam yakun lahü kufu'an
ahad (1123t.) in ihrer späteren Dichtung in hebräisch-aramäischer
Mischsprache : l' yid wl' ywld wP Hyld mn 'hd^^ (: lä yälad wlä yuwwäled
wlä ittiled mcen ^äd) ,,Er hat nicht gezeugt und wurde nicht gezeugt
und wurde von niemandem geboren" einen Widerhall gefunden hat.
Bei einer derartigen religiösen Symbiose zwischen der samarita¬
nischen Religion und dem Islam, wie eben angedeutet, wird die
Trennung des ursprünglich Samaritanischen und des übernommenen
Islamischen bei den Samaritanern keine einfache Aufgabe sein, solange
uns keine genaue Geschichte der samaritanischen Literatur mit
möglichst genauen Daten der Autoren und ihrer Werke zur Verfügung
steht^^. Die alten aramäischen Liturgiestücke aus dem 4. chr. Jh.
»Op.c. 65. 1» A.a.O. (zu A. 2).
n R. Macuch: Grammatik des samaritanischen Hebräisch [GSH]. Berlin
1969, § 22, S. 53f.
12 A.E.CoviTLEY: The Samaritan Liturgy. Oxford 1909, SL 433i8 (= ci^
Gedicht des 'Abd-AUäh b. Baraka al-Haftäwi aus d. 16. Jb. aus Damaskus),
zitiert in englischer Übersetzung in Macdonald, Op. e. 67.
13 Für die aramäisehe Spraehperiode kann noch immer Cowleys Intro¬
duction zu SL, bes. Dates of the Texts (S. XVIII—XXXV) u. Index of
Authors (S.XCVI — XCVIII) nut Nutzen verwendet werden, die aUerdings
heute durch Z. Ben-Hay YiMs hebräische Einleitung zu seinem Werk The
wurden zwar schon wegen ihrer gebundenen Form viel weniger inter¬
poliert als der prosaische haggädische Kommentar des Marqä zum
Pentateuch [Memar Marqä, traditionelle Aussprache Märqe), bei dem
zur Feststellung des ursprünglichen Textes textkritische Überlegungen
— wenn auch nicht in gleichem Umfang wie beim samaritanischen
Pentateuchtargum — anzuwenden sind; sie sind aber trotzdem bei
jahrhundertelangem Abschreiben sowie bei gelegentlicher Fähigkeit
der Abschreiber zum Nachdichten nicht absolut frei von Interpolatio¬
nen. Verse mit ähnlicher Thematik konnten leicht eingeschoben wer¬
den; am leichtesten konnten aber Hinzufügungen am Ende eines
Gedichts vorgenommen werden.
Unter diesen Umständen stellt die samaritanische Phrase lit elce illa
'äd, die jedem liturgischen Gedicht im Daftar als eine Art Doxologie
hinzugefügt wurde, ein wahrhaftes Problem dar. Doxologische For¬
meln gehörten keineswegs zu ursprünglichen liturgischen Kompositio¬
nen und wurden verschiedenen Stücken ohne Rücksicht auf ihren Inhalt
einheitlich hinzugefügt. Deshalb ließe sich schwer beweisen, daß die
samaritanische Bekenntnisformel schon in vorislamischer Zeit unbe¬
dingt nach jedem liturgischen Stück rezitiert werden mußte.
Demgegenüber unterliegt aber der vorislamische Ursprung der
Formel selbst keinem Zweifel, weil sie schon in den ältesten samarita¬
nischen Hymnen äußerst häufig wiederholt wird, von ihrer Gesamt¬
thematik (: der Einheit und Alleinigkeit Gottes) nicht zu trennen ist
und keinem Textkritiker eingefallen ist, ihre samaritanische Ursprüng¬
lichkeit zu bezweifeln. Sie ist schon in der vorislamischen Zeit die
beliebteste Ausdrueksform des samaritanischen Monotheismus gewesen,
wie durch ihre stetige Wiederholung in den liturgischen Hymnen von
'Amräm Däre und Märqe^* aus dem 4. ehr. Jh. bewiesen wird. Noch
Literary and Oral Tradition of Hebrew and Aramaie amongst the Samaritans.
1—3. Jerusalem 1957—67, Vol. III, Part II (abgekürzt B.-H) zu ergänzen
ist. Eine Literaturgeschichte des muslimischen Zeitalters wird von meinem
Schüler Heinz Pohl, dem Herausgeber des Kitäb al-mlrät des Samaritaners
Abü Ishäq Ibrähim (Studia Samaritana. 2. Berlin 1974), vorbereitet. Sonst
gibt es für dieses Zeitalter nur die von M. Steinschneideb : Die arabische
Literatur der Juden. Frankfurt a.M. 1902, S. 319—334, und von M. Gastbb:
The Samaritan Literature (als Supplement zu seinem Aufsatz über die
Samaritaner in der EI^) zusammengetragenen Daten.
1* Eine verdienstvolle Ausgabe mit phonetischer Umschrift und hebräi¬
scher Übersetzung stammt von B-H, Op.o. (siehe A. 13), S. 41—262, wo in
Anmerkungen die Seiten der frülieren CowLEY'schen Ausgabe angegeben
werden. Mangelhafte ältere Ausgaben: G. Gesenius: Carmina Samaritana e
codicibus Londoniensibus et Oothanis. Lipsiae 1824 (mit lat. Übersetzvmg u.
Kommentar) u. M. Heidenheim: Bibliotheca Samaritana. 2—4. Leipzig
1885—87 (auch im schwer entschuldbaren fotomechanischen Nachdruck
älter scheint ein aramäischer Teil der Liturgien zu sein, der unter dem
arabischen Namen Durrä-n}^ bekannt ist und wahrscheinlich nur
wegen des Anklangs dem ältesten namentlich bekannten samarita¬
nischen Dichter 'Amräm Däre zugeschrieben wird. H.G.Kippenbeeg^*
ist nach sorgfältiger Untersuchung dieser vorausgesetzt ältesten
samaritanischen Liturgiesammlung zur Ansicht gekommen, daß es sich
hier um liturgische Stücke für den samaritanischen Gottesdienst etwa
aus dem 2. chr. Jh. handelt"^'. Es ist merkwürdig, daß schon dieser
älteste Teil der samaritanischen Liturgien mit dem stereotypen Be¬
kenntnis der ausschließlichen Einheit Gottes anfangt, dem wir nach
mehreren Jahrhunderten im Islam wieder begegnen. Hätte man die
doxologische Formel yMhh 'Ihym. lyt 'lh 'l' 'hd (: yiStcebbce elwüwem,
lit elce illa 'äd) ,, Gepriesen sei Gott. Es gibt keinen Gott außer Einem"
am Ende jedes liturgischen Stückes einfach hinzufügen können, so
muß diese Möglichkeit gleich am Anfang des ersten Stückes der Samm¬
lung ausgeschlossen bleiben, zumal die Formel in Form eines Begrün¬
dungssatzes vorkommt, auf den sich die gesamte Argumentation des
Gedichtes und sein ganzer weiterer Gedankengang stützt.
Die Sammlung fängt folgendermaßen an: md lyt 'lh 'l' 'hd j l' Hm
H' dylh I wl' ystgd 'l' Igdlh (: mced-let elce illa 'äd / lä 'älam illa dille /
wlä yistäged illa oelgädle)^^ ,,Da es keinen Gott gibt außer einem, / gibt
es keine Welt außer der Seinen / und nichts soll verehrt werden außer
Seiner Größe." Mit diesem einleitenden Satz wird der Hauptton der
samaritanischen Liturgien schon für ihre älteste Zeit angegeben und
1971) sowie einige Stücke von dems., Untersuchungen über die Samaritaner.
In: Vierteljahrschrift f. evang. theol. Forschung u. Kritik 1 (1861), S. 9ff.,
S. 78£f., S. 374ff. Über die Mängel der HEiDENHElM'schen Editionen wurde
scbon viel ausführhch geschrieben, siehe vor allem S.Kohn in: ZDMG 39
(1885), S. 165—226, u. S.Rappopobt: La Liturgie Samaritane. Paris 1900,
9f. Eiruge Hynmen von 'Amräm Däre wurden von J. Macdonald ins Eng¬
lische {The Theolocigal Hymns of Amram Darah. In: Annual of the Leeds
University Oriental Society 2 (1959/61), S. 47—54) übersetzt. Englische
Übersetzung einiger ausgewählter Stücke findet man auch in S. Brown:
A Critical Edition and Translation of the Ancient Samaritan Deftar {i.e.
Literary) and a Comparison of it vnth Early Jewish Liturgy. Ph. D. thesis,
Leeds 1955, in Maschinenschrift. Eine deutsche Übersetzung von 12 Marqa-
Hymnen wmde von P. Kahle in: OC 7 (1932) (BAUMSTABK-Festschrift),
77—103 = Opera Minora. Leiden 1956, 186—-212, gegeben. Siehe auch
J. Szusteb: Marqa-Hymnen aus der samaritanischen Liturgie. Diss. Phil.
Borm 1936.
" Cowley 38„— 395 = B-H 41—86.
1° Ein Oebetbuch für den samaritanischen Synagogengottesdienst aw dem
2.Jh. n.Chr. In: ZDPV 85 (1969), S. 76—103.
" L.c. 103.
» Cowley 38i,if. = B-H 4L
wird im folgenden nicht nur durch die Wiederholung der Phrase in
ähnlichen Kontexten, sondern auch durch ihre inhaltlichen Analogien,
in denen die Konstruktion lit ... illa unverändert bleibt, durch¬
gehalten. Aus der überreichen Menge von Beispielen darf ich mich auf
die folgenden beschränken :
lyt In rhswn H' 'th (: lit lan resson illa attay^ ,,Es gibt für uns keine Hoffnung außer [in] Dir"; lyt nshn H' dylk ... lyt Hh H' 'hd (: lit nesän
illa dillak ... lit elce illa 'ädY^ ,,Es gibt keinen Sieg außer Deinem . ..
Es gibt keinen Gott außer Einem." Hh rh wlyt kwth j qhl wlyt
dmy lh j nby rb wlyt q'm kwth (: elce rabb u-lit käbäte j qöel rabh u-lit
dämi le / nebi rabh u-lit qcem kähäte)^^ ,,Ein großer Gott — und es gibt
keinen wie Er ; eine große Gemeinde — und es gibt keine, die ihr gleicht ;
ein großer Prophet — und es erstand keiner wie er." wklm lyt Ihr mnk
(: wkelom lit celbar minnäk)'''^ ,,und es gibt überhaupt nichts außer Dir" ;
wnymr lk yhyd'y 'th / 'lh wlyt Ibr mnk (: wnimar lak yidäy aita j elce
wlit celbar minnak^^ ,,und sagen wir Dir: Einzig bist Du, Gott, und es
gibt keinen außer Dir." mn kwtk lyt kwtk / 'lh rt'h wrhmnh (: mcen
käbätak lit käbätak / e ratta wremänoe^* ,,Wer ist wie Du? Es gibt keinen
wie Du, o Erbarmer, Barmherziger (= ar-rahmän ar-rahim)". wlyt
mlk mmn wmwrh 'l' Äw[*] (: wlit mälek mammen wmürek illa ü)^^ ,,Es
gibt keüien beständigen und dauernden König außer Ihm"; wlyt 'mh
'l hj'wrn (: wlit imme il ürän)^^ und es gibt bei ihm keüien anderen
Gott" ...
Ähnlich wie im Durrän, auch in den späteren Liedern des 'Amräm
Däre: lyt In db[w]q Ihr mnk (: lit lan däbeq celbar minnäk)^'' ,,Es gibt für
uns keinen Erlöser außer Dir"; wyd' klh lyt kwtk (: wycedce kalla lit
hähätak)^^ ,,und jeder weiß: es gibt keinen wie Du"; dlyt 'Ihw 'l 'dylkj 'h rt'h wrhmnh (: cedlet elä'u illa dillak / e rattä wremäna^^ ,,daß es keine
Gottheit gibt außer Deiner, o Erbarmer, Barmherziger" (vgl.ob.);
lyt hyl dyqwm 'l' hylk mry (: lit il cedyeqom illa ilak märi)^ ,,Es gibt
keine bestehende Kraft außer Deiner Kraft, mein Herr" (vgl. die
" Cowley 402,. = B-H, Stück IV3.
2° Cowley 40io, ^ = B-H SO^t-^,-
"'^ Cowley 40 paen. f. = B-H 53, Stück VIi.j.
" Cowley U^^t. = B-H 57, Stück Vllle.
Cowley ^l^, 42 n. 2 = B-H 5812,. 593,,.
" Cowley 429,. = B-H OOigf."
2' Cowley 42j2,. = B-H 62, Stück X,.
2« Cowley 42 paen. = B-H 64^1.
" Cowley 47 antep. = B-H 86, Stück XXII5.
28 Cowley 47 paen. f. = B-H 87i„.
2' Cowley 48i,. = B-H 87ief.
3" Cowley 48 n. 7 (im Text aber wie 48it.) = B-H 88,
muslimische Formel: lä haula wa-lä quwwata illä bi-lläh^^). 'thw hdh / d'lhwth dylk / .. .lyt Hh H' Hh (: attä'u 'adda / delä'üta dillak j . . .lit
elcB illa atta)^^ „Du bist der Eine, dessen die Gottheit ist ... Es gibt
keinen Gott außer Dir", lyt Hh Ihr mnk / bhylk 'trhsnn (: lit elce celbar
minnak / bilak itressinnanY^ ,,Es gibt keinen Gott außer Dir; in Deine
Kraft vertrauen wir" (vgl. 'alä Ilähi tawakkalnä Kor Tg,, lOgg sowie
rabbanä 'alaika tawakkalnä 6O4 und wa-'alaihi tawakkalnä 612»)-
Die Formel lit elce illa 'äd ,,Es gibt keinen Gott außer Einem" und
ihre Parallelen lit elce celbar minnak ..Es gibt keinen Gott außer Dir"
sowie lit elä'u illa dillak ,,Es gibt keine Gottheit außer Deiner "werden
auch beim zweiten namentlich bekannten Dichter des 4. Jh. Marqä
(Märqe) ständig wiederholt.^* An keiner dieser Stellen kann die Formel
als ein späterer Einschub betrachtet werden, weil die Gedichte in
regelmäßigen akrostichischen Strophen geschrieben worden sind, die
jede Möglichkeit eines Einschubs ausschließen und die Formel auch
inhaltlich in den Kontext paßt. Deshalb muß dieser ewige Refrain als
eine ursprüngliche Quintessenz der samaritanischen Liturgie der ersten
christlichen Jahrhunderte gelten.
In den Marqä-Hymnen kommt auch noch der ergänzende Gedanke
der ausschließlichen Einheit Gottes häufig zum Ausdruck, nämlich
daß Er keinen Genossen, keinen Teilnehmer an der Gottheit hat. Auch
dieser Gedanke, der seine prägnantesten Parallelen im Islam hat, ist
schon als unvermeidliche logische Folgerung der Grundformel bei
seinem namentlich bekannten Vorgänger bzw. bei seinen unbekannten
Vorgängern belegt, Marqä hat ihn aber am deutlichsten zum Ausdruck
gebracht, so daß bei seinen Termini technici für die ,, Teilhaberschaft
an der Gottheit" unmittelbar die ihnen inhaltlich entsprechenden
arabisch-islamischen Termini auffallen:
l'i lyt lk hbr (: lel Ut lak 'abar)^^ ,,Oben hast Du keinen Genossen";
dlyt 'mh hbr (: oedlet imme 'äbarY^ ,,der keinen Genossen hat", (= lä
Es ist zwar nicht sicher, ob die von Cowley oder von B-H in den Text
gesetzte Lautung ursprünghcher ist. JedenfaUs ist aber die von B-Ii vor¬
gezogene echt samaritanisch und ist dmch Anlehnung an die spätere musli¬
mische Formel nioht zu klären.
'2 Cowley 28 antep. ... paen. f. = B-H 105jf. g.
3ä Cowley 3O25 = B-H 111,,.
Zur ersten siehe Cowley lOjj, 24i5, 26i,.f, 85i,f. (mit doppeltem 'hd)
= B-H 16484, 196^4, 20658, 24224 24424 (mit wiederholtem 'hd; zur zweiten
Cowley 21i9f., 24 paen.f. = B-H IVTg, 10894, vgl. auoh lyt Ibr mn 'lh (: lit
celbar mcen elce) ,,Es gibt keinen außer Gott" (Cowi^Y SO^o = B-H 22633,
zm dritten Cowley 24i6, 25j2 = B-H 19645, 2O645.
Cowley 19, = B-H 162,5.
Cowley 263 = B-H 198, Stück XIj.
Sarika lahü Kor. 6193). wtnyn l' mqp lh (: wtinyan la miqqdf le)^'' „und ein Zweiter wohnt ihm nicht bei", vgl. tmn P hwh hj'wrn Swtp (: tamman
lä äha üran sütafY^ ,,Dort (sc. gleich am Anfang) gab es keinen anderen
Teilhaber (sc. an der Gottheit)"; 'thw dbryk Hmh dl' Swtp (: attä'u
cedbärek 'äläma cedla Sütaf)^^ ,,Du bist derjenige, der Du ohne einen
Partner die Welt geschaffen hast" u.ä. Die Ausdrücke hbr ('abar) und
Swtp (sütaf) ent.sprechen dem arabisch-islamischen Sarik, während
tnyn (tiny an) und hj'wrn (üran) mit ilähun äharu zu vergleichen sind
(.siehe ilähan ähara Kor. löjg, 1723.41, ^Sn,, 25^8, 26213, ^Sgg, SOjg, ölgj).
All diese Ausdrücke werden nur im Singular gebraucht; einer dem
koranischen andäd(an) ,, Gleiche, Ebenbürtige" entsprechende Aus¬
druck ist im samaritanischen Aramäisch unbekannt; dieser wird des¬
halb als ursprünglich arabisch gelten müssen. Die Samaritaner waren
allzu ängstlich darauf bedacht, mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck
zu bringen, daß es keinen einzigen außer diesem Gott gibt, was durch
eine Erwähnung von mehreren, auch im negativen Sinn, hätte nur
abgeschwächt werden können. Die Erwähnung von andäd konnte nur
in arabischer Umgebung entstehen, in der man den noch existierenden
Polythenismus bekämpfen mußte. Den Samaritanern machten die
verbotenen anderen Götter keüie überflüssigen Sorgen. Ihnen reichte
es einfach, das göttliche Verbot: l' yhy lk 'Ihyn (: lä yä'i lak elä'en)*°
,,Du sollst keine Götter haben" zu wiederholen, oder — obwohl
äußerst selten — trotz striktem Monotheismus sich dichterisch zur
Verherrlichung Gottes sogar in mythologische Reminiszenzen zu ver¬
senken, wie es Marqä in seinem merkwürdigen Vers: ryS kl 'Ihyh 'th
(riS kcel elayya atta)*^ ,,Das Haupt aller Götter bist Du" getan hat.
Diese 'Ihyh sind keineswegs mit den arabischen andäd zu vergleichen,
weil sie im ersten Fall völlig abgelehnt und im zweiten Fall nur in
einer dichterischen Hjrperbole ohne praktischen Belang betrachtet
werden. Ihre Erwähnung und sogar eine Inkonsequenz, die sich ein
Dichter leisten konnte, bedeutete keine Gefahr für den fest eingewur¬
zelten, absoluten samaritanischen Monotheismus, der im samarita¬
nischen Gottesdienst der ersten christlichen Jahrhunderte als Quintes¬
senz der samaritanischen Religion und ihrer Liturgie unaufhörlich
bekannt wurde.
3' Cowley 27, = B-H 2102,.
38 Cowley 62, = B-H 223i28.
39 Cowley 67i3 = B-H 244, Stück XIX,.
'Amräm Dare bei Cowley 32i5 = 99,« (vgl. Ex 2O3 sam. Targmn:
l' yhy lk 'Ihyn 'wmyn).
" C0WI.EY 235 = B-H 187,8.
Bei dem Auftreten des Islam hatten die Samaritaner ihre Blütezeit
schon hinter sich. Die auffälhge Entsprechung ihrer alten Bekenntnis¬
formel sowie ihrer monotheistischen Terminologie mit der islamischen
darf kaum als ein Zufall betrachtet werden, auch wenn die geschicht¬
lichen Details ihrer Übernahme durch den Propheten des Islam nicht
näher bestimmt werden können. Der einzige Abschnitt im Koran 2037.97,
in dem as-Sämiri dreimal (V. 87, 90, 96) erwähnt wird, verursacht
imlösbare exegetische Schwierigkeiten*^. Sollte dieser Name kein
Personenname sein*^, so wäre er nur als schwer vorstellbarer Ana¬
chronismus aufzufassen, der beweisen würde, daß dem Propheten des
Islam die Samaritaner kein klarer Begriff waren. Mit größter Wahr¬
scheinlichkeit handelt es sich um eine jüdische Legende, die jedes
Unglück der Juden den Samaritanern zuschrieb. In diesem Fall ließe
sich der Abschnitt höchstens so auswerten, daß Muhammad den jüdi¬
schen Haß gegen die Samaritaner teilte, indem er den anachronistischen
Samaritaner, der Israel zur Anbetung des goldenen Kalbes verführt
haben sollte, durch Moses verbannen ließ. Von einer bewußten Sym¬
pathie gegenüber den Samaritanern kann hier keine Rede sein, auch
wenn Muhammad an ihrer Lehre nichts auszusetzen hätte und seine
Ausdrucksweise der ihren entspricht.
Die Übernahme dieser Legende beweist jedoch nicht, daß der Pro¬
phet direkte Kenntnis von den Samaritanern besaß. Auch in seiner
Aufzählung der ,, Buchreligionen" (Kor. 25g, 673, 221,) finden sie keine
Erwähnung, wenn man sie nicht unter dem Begriff alladina hädü
suchen und mit den Juden zusammenwerfen möchte. Eine weitere
Möglichkeit wäre, vorauszusetzen, daß Muhammad schon durch seinen
Verwandten Waraqa b. Naufal, den Vetter seiner ersten Frau HadTga,
unter den jüdisch-christlichen Gedanken auch mit diesen inhaltlich
einheitliche ,, samaritanische" hätte hören können. Denn es wird von
ihm in Ibn Hisäms Sira berichtet: wa-käna Waraqa qad tanassara
*2 Siehe dazu R. Paret: Der Koran. Kommentar und Konkordanz. Stutt¬
gart 1971, SSSfF. Dieser Abschnitt wurde u.a. von J. Halevy : Les Samaritains
dans le Coran. In: Revue sömitique d'epigraphie et d'histoire ancienne 16
(1908), S. 419—429, behandelt. Seinen Ausführungen kann ich mich allerdings
nicht anschließen. Daß die jüdische Bevölkerung Äthiopiens unter dem
teamen Falaia, die ähnlich wie die Samaritaner nur an den Pentateuch glaubt und die späteren jüdischen Traditionen nicht akzeptiert, rmterschiedlichen Ursprungs ist und sich auch von unseren Samaritanern in zahlreichen Details
hinsichtlich des Glaubens und der Bräuohe unterscheidet, ist zwar klar
(siehe A.Z.AeScoly: Recueil des textes falachas. Paris 1951, Introduction),
trägt aber zum Verständnis des koranischen Textes nichts bei. Daß Aaron
als ein von den Samaritanern anerkarmter Hohepriester einfach mit dem
as-Sämiri identifiziert werden körmte, übersteigt meine VorsteUimgskraft.
Vorschlag Montets: Le Coran. Paris 1925, 434 A. 7.
wa-qara'a l-kutuba wa-sami'a min ahli t-tauräti wa-l-in^il*^ ,,W. war
nämhch zum Christentum übergetreten, er konnte Bücher lesen und
hatte bei Juden und Christen studiert". Seine an dieser Stelle über¬
heferte Aussage: la-qad gä'ahu n-mämüsu l-akbaru lladi käna ya'ti
Müsä*': ,,... sicher ist zu ihm (sc. Muhammad) das erhabene Gesetz
gekommen, das zu Mose zu kommen pflegte" beruht weder auf einer
ausschließlich jüdischen noch christlichen Grundlage, während die
samaritanische als solche für sie gelten könnte. Nur wäre es schwer,
gerade bei einem allen drei erwähnten Religionen so gemeinsamen
Topos eine Ausschließlichkeit zu erwarten und sie auf eine einzige
beschränken zu wollen. Außerdem fehlt jeder Nachweis, daß die
samaritanische Bekenntnisformel in ihren beiden Teilen, betreffend
die Einheit Gottes sowie seines Propheten dem Waraqa bekannt ge¬
wesen wäre. Eine Kenntnis der Samaritaner als einer religiösen Sonder¬
gruppe läßt sich also bei Muliammad nicht nachweisen.
Nur bleiben aber religiöse Gedanken nie ganz isoliert und auf eine
einzige Gemeinde begrenzt, auch wenn die verborgenen Kanäle, durch
die sie sich verbreiten, schwer zu entdecken sind. Ihr Widerhall ist
manchmal so mächtig, daß er sich in verschiedenen, sogar sich feindlich
gegenüberstehenden Religionen wiederflnden läßt. Die Samaritaner
wohnten in den ersten christlichen Jahrhunderten in einer ziemlich
ausgedehnten Diaspora, die sich über Palästina hinaus bis nach
Syrien, Ägypten, Griechenland und Rom erstreckte*'. Trotz ihrer
traditionellen Feindschaft gegenüber den Juden waren sie auch von
diesen nicht völlig isoliert, schon deshalb nicht, weil sie eine gemein¬
same monotheistische Glaubensgrundlage und ein gemeinsames
mosaisches Gesetz haben**. Unter den Handschriften von Qumrän
<^ Ed. Wüstenfeld. Göttingen 1859—60, I, 163 (zitiert und ausführhch behandelt bei G. Lülino : Über den Ur-Qur'än. Ansätze zur Rekonstruktion vorislamischer christlicher Strophenlieder im Qur'än. Erlangen 1974, 295f.).
" Ebda.
" Siehe H. G. Kippenbebg : Garizim und Synagoge. Berlin 1971, S. 145—
162 (Kap. V: Wohnsitze und Synagogen der Samaritaner).
*8 Vgl. S. Brown, Op.c, S.VIIf. : ,,One cannot, however, ignore the
possibüity that with the Zadokite breakaway of the 2nd Century (196—
176 B.c.) and their withdrawal to Damascus, and in view of the analogous
doctrinal beliefs of the Samaritans and Sadducees which suggest inter-sect
charmels of communication, some aspect of Jewish influence might have
penetrated Samaritan thought and prayers akin to those found in the
"Fragments of a Zadokite work", (Note 7) themselves a ,mosaic of Old
Testament phrases', were in existence even during the two hundred years of
temple worship. / From 129 b.c. onwards, the Samaritans were faced with a
national problem . . ., namely to create or establish a tradition of theology
and worship, independent of place, and as some of them might have forseen.
wurden auch mehrere samaritanische gefunden, die beweisen, daß die
Anhänger der Qumrän-Sekte sich keineswegs dem Samaritanertum
verschlossen haben. Ähnlich konnten sich aber auch orthodoxe Juden
den samaritanischen Gedanken nicht verschließen, soweit sie ihrem
Glauben nicht widersprachen, wie es in diesem Fall auch die Samari¬
taner gegenüber dem jüdischen Gedankengut nicht tun konnten. Vieles
auf der gemeinsamen monotheistischen Basis Beruhende mußte ein
gemeinsames Gut der beiden feindlichen Konfessionen bilden, auch
wenn gewisse Züge stärker im Judentum, anderen im Samaritanertum
hervortreten. Dies war besonders bei dem Glaubensbekenntnis der Fall.
Schon Nöldeke*' hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Formel
lä iläha illä illahu der jüdisch-targumischen Übersetzung von II. Sam.
2232 = Ps. I832 lyt Hh' H' YY und diese wieder der Psittä-Übersetzung
layt allähä Ibar märyä entspricht. Bei dieser apodiktisch formulierten
Übersetzung eines hebräischen Fragesatzes mi el mibbaf'^di YHWH
,,Wer ist Gott außer Jahve?" wird man sich wohl nach dem Grund
dieser formalen Satzveränderung fragen müssen. Er scheint mir darin
zu liegen, daß die apodiktische Formulierung dem Geschmack der
Juden und Christen in derselben Zeit, in der diese Bekenntnisformel
auch bei den Samaritanern in Gebrauch gekommen ist, besser entsprach
als der alte hebräische Fragesatz, der noch in der LXX (: ti? iayupoc,
Tzkyp xutou ;) beibehalten wurde. Demnach ist die Entstehung der Formel
in der Zeit zwischen der LXX und der Entstehungszeit des jüdischen
Targums, in den ersten christlichen Jahrhunderten bei den aramäisch
sprechenden Juden, Christen und Samaritanern zu suchen. Es ist jedoch
bemerkenswert, daß die Samaritaner die beiden ersteren beim liturgi¬
schen Gebrauch dieser Bekenntnisformel in den Schatten gestellt haben.
Daran, daß diese Formel im Samaritanertum älter und ursprünglicher
ist als im Islam, wird es nach dem Gesagten keinen Zweifel geben.
Dann wird man sich aber auch der Ursprünglichkeit der samaritanischen
Doxologie yStbh Hhym: l' Hh H' 'hd nach jedem liturgischen Stück nicht
mehr so skeptisch gegenüberstellen können. Sie wird wohl zum uralten
Bestandteil der samaritanischen Liturgie gehören. Doxologische
independent of time, whioh would serve to maintain the cohesion and unity
of the Samaritan people in the faoe of every eventuality. They did not have to seek far for a pattern. Assuming as we are obliged to, that their scorn of any prophetic teachings after Moses was as keen as at any other time in their history, there was still much in the prolific compositions of the Jews of that
period that could attract the now searching Samaritan eye, and much that
could be readapted or serve as a prototype without offending any Samaritan succeptibilities." Ähnlieh schon S.Rappoport, Op.c. 23f., 33ff.
" T. Nöldeke - F. Schwally : Geschichte des Qorans 2. Aufl. Leipzig
1909—38, I. S. 7.
Formeln waren seit dem Anfang des synagogalen und kirchlichen
Gottesdienstes üblich, wobei die aram. Wurzel SBH von Anfang an
von den Juden, Samaritanern und Christen (neben BRK) verwendet
wurde, während der islamische Gebrauch der Wurzel sbh mit aller
Wahrscheinlichkeit dem aramäischen zu verdanken ist*'*. Es wäre
deshalb widersinning zu erwarten, daß die Samaritaner ihre doxolo¬
gische Bekenntnisformel erst nach ihrer Billigung durch den Islam in
ihre Liturgie eingeführt haben, nachdem sie schon in der ältesten
synagogalen Poesie Jahrhunderte vor dem Islam vorhanden war.
Da sich keine direkten Kontakte Muhammads mit den Samaritanern
nachweisen lassen, werden die merkwürdigen Entsprechungen zwischen
der islamischen imd der samaritanischen liturgischen Terminologie
auf dem monotheistischen Gemeingut der Samaritaner, Juden und
Christen beruhen. Die merkwürdige Tatsache, daß die Samaritaner die
beiden letzteren im Gebrauch dieser Ausdrucksweise übertroffen und
dadurch einen höheren Anklang an die spätere islamische erreicht
haben, erklärt sich durch mehrere Parallelismen zwischen diesen beiden
Religionen. Der Samaritanismus stand im 4. chr. Jh. auf dem Höhe¬
punkt seiner theologischen Entwicklung in der vorislamischen Zeit.
Die berühmte samaritanische Entanthropomorphisierung des Penta¬
teuchs, der wir schon in den ältesten Handschriften begegnen*^, war
keineswegs ein Werk eines Tages und ihre Anfänge sind in der geistigen
Blütezeit des Samaritanismus zu suchen. Spätere Abschreiber in der
Zeit des Verfalls, die der Einbruch des Islam auch für diese Religion
bedeutete, hätten sich kaum noch so wesentliche Veränderungen im
Pentateuchtext erlaubt. Am besten wird aber das hohe Alter dieser
Eigentümlichkeiten des samar. Pentateuchs dadurch beweisen, daß die
meisten — wenn auch nicht alle — der LXX entsprechen*^. Am meisten
5» Nach Nöldeke (l.c. 129 "A. 6, 186, vgl. 112 A. 1) kommt die entspre¬
chende arabische Wurzel {sabbaha, tasbih, subhän) in den ältesten Suras des
Korans noch nieht vor. Ganz umgekehrt G.LÜLiNg: Über den Ür-Qur'än,
S. 31, ohne die unterschiedliche Meinung Nöldekes an dieser Stelle zu er¬
wähnen. Fiir imseren Zweck ist diese Meinungsverschiedenheit belanglos, da
der doxologische Gebrauch der Wurzel jedenfalls aramäisehen Ursprungs ist.
Siehe dazu schon Gesenius: De Penteteuchi Samaritani origine, indole
et auctoritate commentation philologica-critica. Halle 1815, bes. § 6: Versiones
veteres e contextu samaritano expressae. De earundem usu hermeneutico
(S. 18—21) u. § 16: Loca ad theologiam et hermeneuticam Samaritanorum
domesticam conformata (S. 58—61); R. Macuch, GSH 39 m. A. 63, 57, passim.
^2 Zahlreiche Beispiele dazu sind in meiner GSH, vor allem in der Syntax,
zu finden. Eine systematische Bearbeitung der Entsprechungen sowie der
Unterschiede mit anderen alten Pentateuchversionen liegt in S.Kohns
Inauguraldissertation De Pentateucho Samaritano ejusque cum versionibus
antiquis nexu. Lipsiae 1865 vor.
wird aber die Ähnlichkeit der beiden Religionen dadurch gefördert, daß
beide nur einen Propheten haben, der als ,, Siegel der Propheten" be¬
zeichnet wird. Wie in der muslimischen Sahäda dem Bekenntnis der
absoluten Einheit Gottes wa-aShadu anna Muhammadan rasülu lläh(i)
folgt, so güt auch bei den Samaritanern der Glaube an Moses als den
größten Boten Gottes mindestens als eine tacite Ergänzung des Glau¬
bensbekenntnisses. Dieser Glaube kommt schon in Marqäs Spr ply'th
{Asfar fälyäta) ,,Buch der Wunder (sc. Mosis)", gewöhnlich als Memar
Marqä bezeichnet, sehr oft und deutlich zum Ausdruck. In diesem,
nach dem Pentateuchtargum umfangreichsten und wichtigsten aramä¬
ischen Prosawerk der Samaritaner wird gleich am Anfang folgendes
Bekenntnis abgelegt: hw' h'l hq'ym wlyt 'wran Ibr mnh {: ü ä'el
oeqqdyyam wlit üran celbar minne)^^ ,,Er ist der beständige Gott und es
gibt keinen anderen außer Ihm", wonach folgendermaßen fortgesetzt
wird: lyt H dmwth nbyh (: Ut 'ad [sie] demüte nibya)^ ,,Es gibt keinen
Propheten wie er (sc. Moses)". Und noch weiter wird der Ruf Gottes
an Moses erklärt: hfe mh 'mr lh 'th nby dl' yqwm Icwtk hHm h{: ik mä
ämar le attä nebi adlä yequm käbätak bälämaY^ ,,als ob Er ihm sagte:
'Du bist ein Prophet, dem kein gleicher in der Welt erstehen wird'."
Hier haben wir schon ,, mutatis mutandis" die ganze muslimische
Sahäda: Es gibt keinen Gott außer Einem; es gibt keinen Propheten
wie Moses. Nur wird hier statt der überlieferten Aussage Muhammads
laisa ba'di nabiy uä.*' ,,Es gibt nach mir keinen Propheten" Gott selbst
in den Mund gelegt, daß kein Prophet wie Moses erstehen soll. Der
Verdacht, daß diese Einleitung zu Memar Marqä erst in der islami¬
schen Zeit hinzugefügt wurde, um der muslimischen Tradition über
Muhammad als den letzten unter den Propheten zu begegnen, ent¬
fällt endgültig bei der Betrachtung des ganzen Werkes, in dem der
Wundertäter Moses als einmaliges Wunder der Geschichte erscheint
und von Gott selbst als nhyh rbh mwSy (: nibya rahba MüSi)^'' ,, großer
Prophet Moses" angerufen wird. Am deutlichsten wird aber dieser
Verdacht dadurch widerlegt, daß die zweiteilige muslimische Sahäda
mit ihren erforderlichen Modifikationen schon in der ältesten samarita¬
nischen Liturgiesammlung ad-Durrän völlig vorhanden ist. Dem in
Anm. 20 verzeichneten Glaubensbekenntnis: ,,Es gibt keinen Gott
*' Zitiert nach photomeehanischer Holon-Ausgabe, S. Imt. (Ausspr. nach
einer Rezitation des Kähen Sadaqa auf Tonband), vgl. ed. J.Macdonald Öj.
" Ebda. £3 = ed. Macdonald Sgf.
Ebda. = ed. Macdonald Sjj.
" Siebe A.J. Wensinck: Concordance et Indices de la Tradition Musul¬
mane. 1—7. Leiden 1936—69, VI, 332.
*' Ed. Macdonald 5uit. usw.
außer Einem" folgt unmittelbar l' nby kmwSy nbyh (: lä nebi kamüSi
nibya)^^ „Es gibt keinen Propheten wie der Prophet Moses."** Wenn
nicht alles täuscht, werden schon die Samaritaner die formale Priorität
dieses Glaubensbekenntnisses gegenüber dem parallelen muslimischen
haben und sein formal genaues Auftauchen im Islam ohne direkte
Kontakte mit dem Samaritanismus würde ein religionsgeschichtliches
Rätsel bleiben müssen. Freilich ist die Religionsgesehichte, die mit
komplizierteren ideologischen Problemen zu tun hat als die normale
politische Geschichte, nicht frei von solchen Rätseln.
Parallele oder sogar umgekehrte religiöse Phänomena sind zwar
immer imstande, ähnliche oder ganz gleiche Ausdrucksweisen hervor¬
zurufen; bei einer derartigen Anhäufung von Parallelen, wie es sie bei
diesen zwei Religionen gibt, muß man sich aber weitere Gedanken über
ihre Gründe machen. Die islamistische Forschimg dürfte deshalb die
samaritanische Literatur der aramäischen Periode für die Erklärung
des Glaubensbekenntnisses und der fundamentalen monotheistischen
Terminologie des Islam keineswegs außer acht lassen, nachdem die
Tatsache, daß diese samaritanischen ,, Islamismen" vorislamisch sind,
unverkennbar ist.
Da zwischen dem Samaritanismus und dem Islam auf der Basis des
strikten Monotheismus sowie eines Monoprophetismus, der zwar
frühere Propheten nicht ausschließt, aber bei einem ,, letzten" stehen
bleibt, eme enge formale Verwandtschaft entstanden ist, haben auch
die Samaritaner nach der islamischen Eroberung nicht nur die islami¬
sche theologische und kultische Terminologie und ihre älteren hebrä¬
ischen und aramäischen Termini in eüi islamisches Gewand gekleidet*",
sondern durch historische Legenden auch ihre Anerkennung durch den
Propheten des Islam beweisen wollen**.
Die samaritanische Übernahme der arabisch-islamischen Termini
für die alten, einheimischen Begriffe ihrer eigenen Religion, wie imäm
für khn (: kä'en) Priester", mihräb für mzbh (: mcezbw) ,, Altar",
fätiha für ihr Glaubensbekenntnis Sm' ySrH (s.ob.), qibla für ,,Berg
Garizim", als ,, erwählten Ort" Gottes, salät für tplh (: tefillce) ,, Gebet"
uä.*'' beweist, daß es sich meistens nur um formale, sprachliche und
L.c. (B-H 50,„).
Vgl. auch Text zu A. 21 mit ähnlichem Inhalt.
Siebe dazu R. Macuch, Bespr. v. S. Noja : II Kitäb al-Käfl dei Samaritani.
In: OLZ 69 (1974), S. 161 f.
•1 Abulfathi Annales Samaritani. Ed. E.Vilmab. Gotha 1865, 172ff.,
A.Neubaueb: Chronique samaritaine. Paris 1875, 443, 455, E.N.Adleb:
üne nouvelle chronique samaritaine. In : R£ J 45 (1903), 237ff. ; vgl. J. A.Mont-
gomeby, Op.c. 126.
«2 R.Macuch, a.O. (A. 60).
S ZDMG 128/1
fast keine inhaltlichen Entlehnungen handelt, die ihren alten Glauben
im mindesten beeinflußt oder verändert hätten. In ihren Übersetzungen
in ihr eigentümliches Hebräisch kehren die Samaritaner immer zu
ihren ursprünglichen vorislamischen Ausdrücken zurück. Darüber
hinaus denken sie samaritanisch, auch wenn sie arabisch schreiben.
So kommt z.B. am Anfang ihrer arabischen Handschriften öfter al-
hamd li-lläh al-wähid al-haqq al-'azim'^ vor. Die merkwürdige Bezeich¬
nung als al-haqq al-'azim entspricht der sam.-aram. hylh rbh (: ila
rabbä) ,, große Kraft", der man gleich am Anfang von Memar Marqä**
begegnet. Auf die zitierte arabische Übersetzung von ,, Kraft" durch
ein Wort für ,, Wahrheit" sind die Samaritaner durch die Gleichsetzung
von hylh mit Srrh gekommen, das ursprünglich ,, Festigkeit" heißt,
durch frühzeitige semantische Entwicklung aber — wie auch sonst im
Aramäischen — zum einfachen Synonym von qSth ,, Wahrheit" ge¬
worden ist. Ein Studium derartiger Samaritanismen in samaritanisch-
arabischen Schriften wird sicher zum Verständnis des Geistes dieser
Sprache mehr beitragen als einfache Hinweise darauf, daß die Samari¬
taner — wie sonst alle arabisch Sprechenden — solche allgemeinen
Phrasen, wie in sä'a Iläh und allähu aHam gebrauchen oder ihre Bücher
mit bismi Ilähi r-rahmäni r-rahim anfangen**. Die Bücher ,,im Namen
Gottes" anzufangen, ist in monotheistischen Religionen durchaus
üblich und vorislamisch. Sogar die gnostischen Mandäer, deren Religion
keinen Gott hat, fangen ihre Traktate „im Namen des großen Lebens"
an. Und warum dürften die Samaritaner ihr vorislamisches rt'h
wrhmnh''^ ins Arabische nicht als ar-rahmän ar-rahim übersetzen? !
Durch formale Übernahme solcher allgemein verbreiteten arabischen
Phrasen haben die Samaritaner vom Islam keineswegs mehr bekom¬
men als das, was sich aus ihrem vorislamischen Glauben an einen Gott
„ohne Genossen" und an einen Propheten im Islam wiederfindet.
Schon vor der CowLEY'schen Ausgabe der samaritanischen Liturgien
(1909) hat sich S.Rappopobt (1900)*' zu den pauschalen Verdächti-
°3 Siehe Kitäb al-mirät des Abü Ishäq Ibrähim. Ed. H.Pohl. Berlin 1974,
S. 5 (Anfang des ar. Textes).
«* Ed. J.Macdonald, I. 5 (Anfang des aram. Textes). Der Ausdruok
mußte bei den Samaritanern sehon in vorchristlicher Zeit in Gebrauch ge¬
wesen sein, da sie ihn aueh zur Bezeichnung des Simon Magus als y) Suvajjn?
TOÜ ÖEOÜ ■»)xaXoujjLevT) (jLEyaXif) (Acta 8:10) verwendet haben. Man karm sich
kaum vorstehen, daß er erst zu einem solchen Zweck geprägt worden wäre.
«5 J.Macdonald, l.c. (A. 4), 281.
6« Text zu A. 23.
*' La Liturgie Samaritaine, 42ff. (gegen H. Reland : Dissertatio de
Samaritanis. In: Ders., Dissertationes misoellaneae. Trajecti ad Rhenum
1706—8, p. 12.).
gungen eines islamischen Einfiusses auf die samaritanische Liturgie
und Religion folgendermaßen geäußert: „A ces arguments nous
repondons ceci: On n'a pas le droit d'attribuer les idöes pratiques
d'une religion ä une influence etrangfere, sans avoir recherche avee
soin si ces idees ne tirent pas leur origine du pays meme ; encore moins
peut-on, sur la simple analogic de deux phönomenes qui se reproduisent
chez differents peuples, affirmer la priorite de l'une sur les autres. Et
encore moins doit-on admettre qu'une secte plus ancienne fait des
emprunts ä une secte plus recente. N'est-U pas plus naturel de penser
que les Chretiens, ou les Mahometans ont emprunte maintes coutumes
aux Samaritains? — Quoi qu'il en soit, les deux opinions sont egale¬
ment soutenables. Mais il n'existe pas de raison serieuse pour ne pas
croire ques les institutions des Samaritains soient antirieures au
Christianisme et ä l'Islamisme. Si l'on admet avec Goldziher [n. 1. V.
Literaturblatt f. Orient. Philologie 3 (1887), p. 93] que deux phrases
semblables dans deux litteratures differentes ne peuvent prouver une
correlation necessaire et que la formule de confession de Coran est
absolument independante du verset du Deutironome, on devrait done,
pour la meme raison, mettre 6galement en doute l'assertion de Reland
concernant l'emprunt de formules liturgiques des Samaritains ä
l'Islamisme. II nous parait plutot impossible que les Samaritains aient
attendu si longtemps pour emprunter au Christianisme ou ä l'Islamisme
ce que ceux-ci avaient puise dans le Judaisme lui-meme...". Und
auf S. 44 A. 6 wird unter Hinweis auf Hirsohfeld : Beiträge zur Er¬
klärung des Korän. Leipzig 1886, p. 32, 87 auch die Formel lä iläha
illä Iläh als eine Nachahmung von Dt. 64 erkannt. Nachdem uns eine
genaue Analogie der islamischen Formel aus der jüdischen und samari¬
tanischen Phraseologie bekannt ist, wäre es verkehrt, ihre Ursprüng¬
lichkeit gegenüber der islamischen verleugnen zu wollen. Obwohl sich
eine direkte und ausschließliche Abhängigkeit Muhammads von den
Samaritanern in diesem Punkt schwer nachweisen läßt, bleibt eine
Umkehrung dieser These nach wie vor völlig ausgeschlossen.
Da trotz aller Schwierigkeiten eines Nachweises direkter Kontakte
Muhammads und der ersten Muslime mit den Samaritanern die Argu¬
mentationskette für die Priorität der samaritanischen Bekenntnis¬
formel unzerbrechlich verbleibt, sei mir noch erlaubt, auf einige in
Betracht kommende Verbindungsglieder hinzuweisen. Neben den
schon erwähnten Juden handelt es sich dabei um christliche, meistens
schon ausgesprochen monophysitische Sekten, die einerseits dem
Samaritanismus näher gestanden haben als der Gründer des Islam und
seine Anhänger, andererseits wegen ihrer größeren Vertretung auch den
primitiven Islam direkt beeinflußt haben konnten, da der Widerhall
3»
ihrer monotheistischen Bekenntnisformel in der muslimischen Tradition
lebhaft geblieben ist. In der überlangen Geschichte des Hosrow
Anölirwän bei Tabari befindet sich unter vielen anderen Einschüben
eine Legende über Phemion (Fimiyün)^^, der den Nagräniern die ur¬
sprüngliche christliche Religion vermittelt haben sollte, der erst später
Neuerungen gefolgt sind, die das Ursprüngliche verdeckt und entstellt
haben. Schon bei ihm findet man die Bekenntnisformel : wa-huwa Ilähu
wahdahü lä iarika lahü"* ,,Er ist Gott allein (und) hat keinen Gefährten".
Aber auch ohne diese und ähnliche Legenden wäre kaum daran zu
zweifeln, daß das vorislamische arabische Christentum eine ähnliche
monophysitische Richtung vertrat, die sich mit strenger Betonung der
Einheit Gottes in ihrem Glaubensbekenntnis schon im 5. Jh. bis nach
Aksüm verbreitet hat™. Bei Johannes von Ephesos'* finden wir die
gleiche Bekenntnisformel bei den von lulianos zum Monophysitismus be¬
kehrten Nobatai wieder: d-hüyü had allähä sarrirä w-lait hren l-bar
menneh ,,Er ist ein wahrhafter Gott und es gibt keinen anderen außer
ihm". Da zahlreiche erste verfolgte Anhänger des Islam schon im
J. 615 in Äthiopien freundlich empfangen wurden und die meisten
erst 622 nach Arabien zurückgekehrt sind, wäre die Beeinflussung der
muslimischen Sahäda auch durch die monophysitische äthiopische
Bekenntnisformel möglich gewesen, wenn man bei der Verbreitung des
Monophysitismus im vorislamischen Arabien — nicht zuletzt durch
die äthiopische Herrschaft kurz vor dem Auftreten des Islam'^ auf
eine solche Hypothese überhaupt angewiesen wäre.
Das Attribut Gottes ,, wahrhaft" im zitierten Glaubensbekenntnis
der Nobatai ist zwar allen monotheistischen Religionen gemeinsam,
auch wenn es in der Bekenntnisformel (wie die samaritanische und
die muslimische) unterlassen und durch absolute Einheit Gottes ersetzt
•8 Ta'rih ... a{-Tabari. Ed. cvun aliis de Goeje, betreut v. Th. Nöldeke.
Nachdr. Leiden 1964, 1, 919ff. ; dazu Übers, u. Kommentar Th.Nöldeke:
Oesch. d. Perser u. Araber zur Zeit der Sasaniden. Leiden 1879, S. 177ff.
Den Hinweis dazu sowie zum Folgenden (A. 66 f.) verdanke ich F. Altheim
(Brief v. 19.8.75). Der Name Phemion ist nieht endgültig geklärt worden,
siehe Erklärungsversuche bei Nöldeke, l.c. 177, A. 3. Einige Züge scheint
er mit dem eifrigen Verbreiter der monophysitischen Lehre Jakob Baradaeus
(vgl. Bbockelmann: Syr. Orammatik. 3. Aufl. Berlin 1912, 122*ff.) gemein¬
sam zu baben, ohne freilich bei unterschiedhchem Namen sowie bei vielem
zusätzlichem Legendären mit ihm identifiziert werden zu können.
69 Tabari, l.c. 922, 11.
"> Siebe dazu F. Altheim u. R.Stiehl: Christentum am Roten Meer. 1. 2.
Berlin 1971—73, I, 417 ff.
'* Ed. Bbooks. Louvain 1952, 3, 185, 10, zitiert bei Altheim u. Stiehl, l.c. 417, mit weiteren Folgerungen für 'Ezänä und Aksüm.
'2 Tabari, l.c. 926ff.
wird; bei den Samaritanern ist aber Gott nicht mehr nur „Wahrheit (= Festigkeit)", sondern schon ,,die große Kraft (< Festigkeit)"'^.
Diese semantische Entwicklung, bei den Samaritanern spätestens im
4. Chr. Jh. belegt, beweist, wie tief der Begriff des einzigen, wahrhaften
Gottes in dieser Religion verwurzelt war.
In den zitierten Glaubensbekenntnissen, die als Vermittlungsglieder
in Betracht kommen, vermißt man zwar das zweite Glied des parallelen
samaritanisch-muslimischen Glaubens an den einzigen Propheten, der
als ein Siegel der Prophetenreihe bezeichnet wird, es ist aber allen
Religionen gemeinsam, daß die Prophetenreihe dureh den Gründer der
Religion abgeschlossen wird und kein weiterer Prophet nach ihm auf¬
tauchen darf, ^^•odurch die Religion gegen falsche Propheten abge¬
sichert wird'*. Wird auch im Christentum Christus nicht als Erfüllung
des Gesetzes und der Propheten betrachtet? (Mat. öj^f.). Und hat nicht
der Apostel Philipp, der gerade in Samarien das Evangelium gepredigt
hatte (Acta 8^g), vom Schatzmeister der äthiopischen Königin,
ßaffiXiCTCTT]!; A[&ito7TWv (V. 27), vor dessen Taufe das Bekenntnis
IIicrTsuci) TOV uiov TOV sivat tov Iigaouv XpiaTov (V. 37) verlangt? Und
gilt nicht auch im Christentum der Glaube an einen anderen Messias
oder seine Erwartung als verboten? Mat. 2423f.). Jede Religion hatte
sich gegen die anderen abzusichern. Aus diesem einfachen apologe¬
tischen Grund wird bei den Samaritanern Moses als einziger Prophet
ohne gleichen gegen die abgelehnten, späteren jüdischen Propheten
hervorgehoben, im Christentum Christus mit dem allmächtigen Gott
identifiziert und zum Zeichen der Absolutheit der christlichen Religion
als Alpha und Omega (Apok. lg, 21g, 22i3) bezeichnet sowie endlich im
Islam zwar in bescheidenerer Art und Weise, dafür aber vom Glaubens-
'3 Siehe Text zu A. 59—60.
'* Eine umgekehrte Absicherung haben die Mandäer erfunden, bei denen
der echte Apostel Sliba qadmaia (Gy 24i|)) ganz am Anfang steht und vor den
,, Lügenpropheten", die nach ihm gekommen sind, warnt. Alle jüdischen
Propheten bis zum Pseudo-Messias Jesus baben che erste, echte Lehre ver¬
dorben. Am meisten verdarb sie aber mahamad (Gy 61:7), auch ahmaf
(Gy 29:21) genannt, Sohn des arabischen Zauberers Bizbat : ,,Er verbreitet einen Ruf, der kein Ruf ist, schafft viel Übel in der Welt und verleitet den Stanun der Seelen zur Verfehlung" . . . ,,Nach dem Araber Mahammad, Sohn
Bizbats, wird kein Prophet mehr in der Welt auftreten, und der Glaube
wird von der Welt verschwinden" (Gy 29 u. 61; M. Lidzbabski: Qinzä.
Güttingen 1925, 30 u. 54). Diese Umkehrimg der üblichen Entwicklungs¬
these, die als ein geistreicher apologetischer Einfall der mandäischen Nasoräer
im muslimischen Zeitalter gilt, könnte in keiner der früheren Religionen
auftauchen ; sie war nur in einer Religion möglioh, deren Gründer unbekannt
bleibt. Alle anderen Religionen mußten sich mit dem Abschluß ihrer Pro-
phetemeihe durch den Gründer ihres Glaubens zufrieden geben.
bekenntnis untrennbar Muhammad als rasulu Iläh bekannt und als solcher mit dem Titel hätam al-anbiyä' verziert'*.
'* Obwohl schon M. Gastbb in seinem Aufsatz ,, Samaritaner" (EI*,
IV 132—138) auf diese und ähnhche Parallelen zwischen der samarita¬
nischen Religion und dom Islam und ihre nicht abzuerkennende Priorität
bei den Samaritanern eindeutig hingewiesen hat, scheinen soine wohl
begründeten Ausführungen von den Islamisten wenig beachtet worden zu
sein und es ist nach wie vor üblich geblieben, die vorislamischen Grund¬
thesen der samaritanischen Religion sowie ihre unveränderte formale
Ausdrucksweise ungerechtfertigt durch islamischen Einfluß zu erklären.
Schriftsprache im Maghrib
Von Loeenz Keopfitsch, Germersheim
Der Anstoß zur vorUegenden Arbeit ging von Herrn Professor Hans
Wehe aus, der mich im Rahmen meiner Mitarbeit an der Neuauflage
seines Dietionary of Modern Written Arabic zur Untersuchung der
maghribinischen Schriftsprache anregte. Mit dieser Untersuchung
wird insofern Neuland betreten, als zum ersten Mal die Schriftsprache
im Maghrib einer näheren Analyse unterzogen wird. Während die
Beschäftigung mit den maghribinischen Dialekten bereits auf eine
lange Tradition* zurückblicken kann, liegen m.W. für die Schriftsprache
dieses Gebietes keinerlei vergleichbare Arbeiten vor, was vor allem
darauf zurückzuführen sein dürfte, daß die Entwicklung einer voll
funktionsfähigen neuhocharab. Schriftsprache, die auch allen Anfor¬
derungen eines modernen Staates entspricht, im Maghrib erst nach
Erlangung der Unabhängigkeit, also in den fünfziger bzw. sechziger
Jahren unseres Jahrhunderts einsetzen konnte.
Nimmt man als Kenner des östlichen Schriftarabisch eine maghri¬
binische Zeitung zur Hand, so stößt man schon bei flüchtigem Hinsehen
auf augenfällige Eigenheiten. Bei eingehenderer Prüfung dieser Fälle
zeigt sich, daß es sich dabei vor allem um Unterschiede auf dem Gebiete
des Wortschatzes handelt. Diese sind in verschiedenen Teilbereichen so
tiefgreifend, daß man die von arabischer Seite oft beschworene und von
der Arabistik nicht selten als Dogma hingestellte Einheitlichkeit der
arab. Sprache — d.h. des Hocharabischen oder Schriftarabischen —
anzuzweifeln beginnt^. In der Tat fallen die Eigenheiten der Schrift¬
sprache im Maghrib auch dem Araber aus dem Osten sofort auf und
rufen in nicht seltenen Fällen sein Befremden über gewisse Ausdrücke
oder Formulierungen hervor. Wie groß die Unterschiede nun wirklich
sind und auf welchen Gebieten sie vornehmlich zu Tage treten, wird
im folgenden darzulegen sein. ,
I
* Vgl. T.B.Ibving: North Afriean Arabic studies. In: Arabic dialeet
studies. Ed. by H.Sobelman. Washington 1962, S. 58ff. Auoh die Einflüsse
des Franz. auf die arab. Dialekte sind untersucht worden, vgl. etwa
L. Brunot: Emprunts dialectaux arabes ä la langue franfaise dans les citAs
marocaines depuis 1912. In: Hesperis 36 (1949), S. 347—430.
2 Vgl. auoh W.DiBM: Hoclisprache und Dialekt im Arabischen, Wiesbaden
1974, wo auf S. 2 auf die eigentlich nicht existente Einheitlichkeit des Hoch- arabischen hingewiesen wird.