• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Qualitätsmanagement: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" (24.10.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Qualitätsmanagement: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" (24.10.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1862 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 43

|

24. Oktober 2014 Kenntnisse, Geschick und vor allem Er-

fahrung entsteht, sondern auch durch Struktur- und Prozessqualität, vor allem aber durch die systematische Organisation des arbeitsteiligen Krankenhauses. Dass der Verfasser Krankenhäuser ungern als Unternehmen sieht, mag man doch als sympathisch-naive Romantik abtun; auch ist dem Verfasser nicht vorzuwerfen, dass er die grundlegende staats- und wirt- schaftswissenschaftliche Literatur zur Ordnung von Gemeinwesen und Behe- bung materieller Not mittels Wettbewerbs- ordnung nicht beherrscht. Bei Adam Smith könnte er zum Beispiel nachlesen, dass es bei Wettbewerb nicht um Kampf, sondern um Bemühen um die Gunst des Kunden geht, was eine ausgesprochen friedliche Veranstaltung ist.

Etwas problematischer wird es, wenn der Autor die überlegene Qualität von Kran- kenhausleistungen in spezialisierten, in der Regel auch zertifizierten Zentren (zum Beispiel Brustzentrum, Darmzentrum o.

ä.) leugnet. Hier hätte man entsprechende medizinische Literaturkenntnisse erwarten dürfen. In der Summe bleibt festzuhalten, dass der Autor kaum über rückwärtsge- wandte Traditionsromantik und strecken- weise auch kaum über durch Ignoranz von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Praxistatsachen gekennzeichnete Ausfüh- rungen hinauskommt. Tröstlich bleibt fest- zuhalten, dass solche Meinungen 25 Jahre nach dem Mauerfall in West- und Ost- deutschland Minderheitspositionen dar- stellen dürften.

Dr. Georg Rüter, Geschäftsführer der Katholischen Hospital- vereinigung Ostwestfalen gem. GmbH, 33615 Bielefeld

Doch zum Nutzen der Patienten

. . . Es gibt sicherlich große Unterschiede zwischen den deutschen Krankenhäusern und ebenso bei den leitenden beziehungs- weise für die Behandlung verantwortli- chen Ärzten. Dort, wo alles gut ist, mag es ja so sein, wie es der Autor in dem Kon- tra-QM-Beitrag postuliert. Aber in vielen Institutionen besteht Verbesserungsbedarf, der von den verantwortlichen Personen aus den verschiedensten Gründen oft gera- de noch erkannt, aber nicht immer reali- siert werden kann.

Hier sehe ich die große Chance, durch Qualitätsmanagement und Zertifizierun- gen Hürden zu meistern, die ein verant- wortlicher Arzt alleine nicht überwinden kann. Eine berufsgruppenübergreifende

Vorbereitung einer Zertifizierung im Kran- kenhaus ist eine kommunikative Arbeit, bei der ein gemeinsames Ziel festgelegt und verfolgt wird. Eine transparente Orga- nisation und eine kontinuierliche Beob- achtung wesentlicher Aspekte muss nicht Kontrolle bedeuten. Vielmehr werden Fakten in einer Form gesammelt, die auch von Geschäftsführern und Vorständen ver- standen werden können, was bei fehlen- den Voraussetzungen für eine Zertifizie- rung oder bei erkannten Defiziten im Au- dit letztendlich zu Argumentationsmög- lichkeiten führt, die man sich zunutze ma- chen und denen sich auch ein Geschäfts- führer nicht so einfach entziehen kann.

Als Beispiel möchte ich die Zertifizierung unseres Krankenhauses als Onkologisches Zentrum nennen. Die Basis hierfür war die Etablierung eines funktionierenden Qualitätsmanagements. Erhebliche struk- turelle und personelle Investitionen wur- den nach einfachen und kurzen Gesprä- chen getätigt, die wir als „gute Ärzte“ al- leine in diesem Umfang niemals hätten realisieren können . . . Des Weiteren wurde ein Behandlungsnetzwerk zwischen Kran- kenhausabteilungen . . . und niedergelasse- nen Ärzten . . . etabliert, das inzwischen alle früher üblichen Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung aufsprengt.

Und hier liegt der Schlüssel zum Erfolg:

Die von Herrn Kollegen Costa zitierten menschlichen Eigenschaften des „guten Arztes“ können bei einer sicherlich erfor- derlichen Aufgeschlossenheit dazu führen, dass die eingeführten Strukturen tatsäch- lich gelebt werden, dass sie synergistisch und effizient genutzt werden und dass letztendlich alle Behandlungspartner eine Verbesserung spüren. Die resultierende Fallzahlentwicklung unseres Onkologi- schen Zentrums und die Ergebnisse der re- gelmäßig erhobenen Patienten- und Ein-

weiserbefragung sprechen dafür, dass QM-Prozesse eben doch zum Nutzen des Patienten führen können.

Prof. Dr. med. Thomas Rabenstein, Chefarzt für Innere Me- dizin und Gastroenterologie, Diakonissen-Stiftungs-Kranken- haus Speyer, 67346 Speyer

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Endlich wird dieses für alle Mitarbeiter/

-innen zunehmend als belastend empfun- denes Thema kontrovers diskutiert, statt wie bisher monoton den Forderungen nach mehr Qualitätsmanagement das Wort zu reden. Kein vernünftiger Mensch wird die positiven Veränderungen durch Ein- führung eines „Qualitätsmanagements“ in Krankenhäusern in Abrede stellen. Trotz- dem wird man schnell als beratungsresis- tent eingestuft, wenn man den signifikant steigenden Ressourcenverbrauch hinter- fragt, da wir immer mehr Zeit mit soge- nannten QM-Veranstaltungen verbringen, deren Ergebnis nur noch marginalen Ein- fluss auf die tatsächliche Patientenversor- gung haben kann.

Zutreffend wird von den Befürwortern ei- nes Qualitätsmanagement im Kranken- haus moniert, dass in den meisten Kran- kenhäusern das Qualitätsmanagement le- diglich für Dokumentationen zum Zwecke der Zertifizierung unter Marketing-Erwä- gungen eingesetzt wird und nicht in der Führungsebene eines Krankenhauses an- gesiedelt ist. Das hat meines Erachtens zwei Gründe: In der heutigen Situation der durchschnittlichen Kostenerstattung eines medizinischen Falles müssen die Kosten für ein strategisches Qualitätsmanagement aus der Patientenversorgung erwirtschaftet werden. Zum anderen können auch die Qualitätsmanager/-innen selbst nicht be- schreiben, wie eine Beteiligung des Quali- tätsmanagement in der Führungsebene konkret aussehen soll und welche benenn- baren tatsächlichen Verbesserungen und – leider auch – finanziellen Vorteile sich das Krankenhaus dann erwarten darf.

Jeder verantwortungsbewusste Arzt wird sein Handeln reflektieren und selbst nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, die Ergebnisqualität zu optimieren. Eine Un- terstützung des Qualitätsmanagements kann hierbei hilfreich sein, sollte aber nicht als übergeordnete Instanz angesehen werden, ohne die eine gute Patientenver- sorgung gar nicht mehr möglich wäre.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ in der direkten Patientenversorgung ist in Leserbriefe können per E-Mail an die

Adresse leserbriefe@aerzteblatt.de gerich- tet werden. Sie können nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leser- brief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Ver- fassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mit - teilung vor, Leserbriefe zu kürzen.

E-MAIL

B R I E F E

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 43

|

24. Oktober 2014 A 1863

RANDNOTIZ

Hat der Mensch einen freien Willen? (DÄ 33–

34/2014: „Der freie Wille existiert“ von Gisela Klinkhammer).

Die Kontemplation hilft weiter

Kann ein materieller (formgebundener) An- satz (MRT) geistige (formlose) Prozesse (Geist laut Brockhaus = immaterielle Kraft) entschlüsseln beziehungsweise erklären?

Einstein: „Man kann ein Problem nicht mit der Denkweise lösen, die es erschaffen hat.“

Es gibt ein Bild, das von manchen Mysti- kern immer wieder benutzt wurde: Wir sind wie Wellenbewegungen an der Oberflä- che des Ozeans. Nicht wir, die einzelnen Wellen, bewegen uns nach unserem Gutdün- ken, sondern wir werden als Teil des Ganzen vom Ganzen bewegt. Um den Gedanken Einsteins aufzunehmen: Um dieses Bild von der Welle und dem Ozean wirklich ganz zu erfassen, werden wir wahrscheinlich mit un- seren bewährten naturwissenschaftlichen In- strumenten nicht viel weiterkommen. Mög- licherweise können wir das Bild verstehen, wenn wir uns des Instrumentariums der Mystiker bedienen, der Kontemplation.

Dr. med. Frank Sievers, 22587 Hamburg

Vom Unbewussten gesteuert

In dem Artikel wird sehr richtig angeführt,

„dass Hirnaktivität bereits bis zu zehn Se- kunden vor einer bewusst werdenden Ent- scheidung in Kontrollzentren des Gehirns zu erkennen ist“. Dieses Wissen hat sich seit der Entdeckung 1979 stark verdichtet und bestätigt. Die Frage, ob wir deswegen einen

„freien Willen“ haben, ist naiv, irrelevant und falsch gestellt. Vielmehr sollten wir be- greifen, dass unser Unbewusstes uns steuert, und die Konsequenzen daraus ziehen, zum Beispiel die Ausrichtung fast der gesamten Medizin ändern. Es ist zwangsläufig subop- timal im technisch-rationalen Bereich zu wursteln, wenn der Mensch im emotionalen Gefühlsdenken tickt. Das erklärt die immen- sen Kosten des Gesundheitswesens für eine Menge Unsinn und die wachsende Frustrati- on der Beteiligten, besonders der Patienten.

Dr. med. Udo Saueressig, 74931 Lobbach

meinen Augen immer besser, als nur darü- ber zu reden, wie man nach Ansicht von in der Regel versorgungsfernen Protagonis- ten das Gute tun sollte.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Florian Löhe, MBA, FACS, Chefarzt der Chirurgischen Klinik I, Allgemein-, Viszeral- und Thorax- chirurgie, Klinikum Landshut gem. GmbH, 84034 Landshut

QM darf nicht unseren Alltag bestimmen

Inhaltlich vermag ich dem Artikel von Prof. Costa an keiner Stelle zu widerspre- chen und das anschließende „Pro“ wider- legt seine Thesen nicht.

Allerdings darf daran erinnert werden, dass es (wieder einmal!) die Ärzteschaft war und ist, die diese Parallelwelt nicht nur mitmacht, sondern mit erschafft und fördert . . .

Möge Costa weiter seine Stimme erheben . . . vor allem: Möge er gehört werden und es wieder dazu kommen, dass ärztliche Tugenden und Qualität, nicht ein QM un- seren Alltag bestimmen.

Dr. med. Ulrich Steigerwald, 75417 Mühlacker

Paradigmenwechsel

Herr Prof. Costa ist dafür zu danken, dass er einige schwerwiegende Irrwege des Qualitätsmanagements benennt. Zu nen- nen sind hier vor allem die Fokussierung auf Struktur- und Prozessparameter, die zwar oft leicht zu messen, aber nicht sel- ten irrelevant für das Behandlungsergeb- nis sind – der Patient kommt in vielen die- ser Ansätze ja gar nicht vor. Dies führt zu dem beschriebenen Mangel an Akzeptanz bei Klinikern und der Entwicklung einer QM-Parallelwelt. Auch die (völlig über- schätze) Nutzung von QM und Zertifizie- rung für Marketing ist eine solche Fehl- entwicklung. Prof. Costa irrt jedoch, wenn er anschließend jedweden Ansatz diskredi- tiert, die Behandlungsqualität von Patien- ten durch systematische Maßnahmen zu verbessern. Auch die Behauptung, es gäbe bisher keine wissenschaftlichen Nachwei- se für den Nutzen von QM, ist falsch (auch wenn hier noch viel zu tun ist).

Glücklicherweise ist ansatzweise auch im QM ein Paradigmenwechsel zu beobach- ten – einschließlich der Bereitschaft, bis- weilen sogar zum Äußersten zu schreiten und Patientinnen und Patienten in QM- Maßnahmen einzubeziehen. Ein pragmati- sches Beispiel dafür – sogar aus seinem Fachbereich – ist soeben publiziert wor- den. Durch Erfassen und Vergleichen eini-

ger weniger, aber relevanter Parameter im Bereich postoperativer Schmerzen im Rahmen des QUIPS-Projektes (www.

quips-projekt.de) konnten nicht nur bis da- hin unbekannte Defizite identifiziert, son- dern durch eine simple Intervention nach- haltig verbessert werden (Schmerzredukti- on bei gleichzeitiger Opioideinsparung) – und eben nicht getriggert durch „QM- Kontrolleure“, sondern durch die unmit- telbar beteiligten Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte.

Literatur beim Verfasser

Apl. Prof. Dr. Winfried Meißner, Universitätsklinikum Jena, 07740 Jena

Fragen, die auf eine kritische ärztliche Antwort warten

Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Costa, und vielen herzlichen Dank, dass endlich einmal einer in „dem“ offiziellen Organ der Deutschen Ärzteschaft die Wahrheit ausspricht.

Sie dürften bei vielen Kollegen offene Tü- ren einrennen! Die bisher von allen Betei- ligten unbeantwortete Kernfrage nach dem wissenschaftlichen Nachweis für die Sinn- haftigkeit des QM ist bis heute von den Protagonisten des Systems ja weder ange- dacht noch beantwortet worden. Dement- sprechend lau und nahezu substanzlos fällt auch das Pro für das Qualitätsmanagement aus.

Hinzufügen darf man auch noch, dass im Qualitätsmanagement sich in der Regel ja die Mitarbeiter eines Krankenhauses ver- sammeln, die an anderer Stelle überfordert sind.

Vielleicht sollte man diese Serie fortfüh- ren, Vorschläge wären: „Wer zertifiziert wen?“, „Wem nützt das

-Case-Manage- ment?“ und „Wie viel Mitarbeiter in der Pflegedirektion verträgt ein Kranken- haus?“ All das wären wertvolle Themen, die auf eine kritische ärztliche Antwort warten. Nochmals vielen Dank!

Prof. Dr. med. Thomas-Alexander Vögeli, Chefarzt der Kli- nik für Urologie und Kinderurologie, Medizinisches Zentrum StädteRegion Aachen GmbH, 52146 Würselen-Bardenberg

QM halbiert „Netto“-Kontakte

In einer Suchtklinik bilden Therapeuten und Patienten eine therapeutische Ge- meinschaft. Vor Einführung des QM sah ich die Therapeuten fast während ihrer ganzen Dienstzeit bei den Patienten. Nach Einführung des QM verbrachten sie die Hälfte ihrer Dienstzeit mit der Dokumen-

tation an Schreibtischen. Die Patienten waren sich selbst überlassen und der Cha- rakter einer therapeutischen Gemeinschaft ging verloren.

Dr. med. Helmut Waldmann, 80807 München

B R I E F E

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen.. Dies gilt auch für

Alt Bundesrat Tschudi sagte einmal: «Ein Gesetz, das für Millionen von Menschen Gültigkeit haben soll, hat zwangsläufig auch Mängel.» Das gilt auch für die AHV und

Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen.. Dies gilt auch für

Wir kennen die sozialen und finanziellen Verhältnisse von hunderten von Betagten, die sich auch eine bescheidene Hilfe beim Putzen nicht leisten können, aber dringend darauf

Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen.. Dies gilt auch für

Alte Menschen haben eine ganz besondere Fähigkeit: Sie können uns über ihre Erinnerung an einer längst vergangenen Zeit teilhaben lassen.. Haben Sie sich schon einmal erzählen

Das Geld ist bestimmt zu Gunsten einer Ferienwoche, die Pro Senectute im kommenden Jahr für körperlich behinderte ältere Menschen durchführt... und

Ein Leben lang hat sich Frau Meili für ihn aufgeopfert, nun kann sie nicht mehr.. Sie weiss: wenn sie den Rank jetzt nicht schafft, dann