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Ein Sanskrit-Panegyrikus auf Deutschland.
Von Bichard Schmidt.
Der in Kalkutta ansässige ^yämäkumära hat unter dem Titel :
Germany Kavya by Raja Shyama Kumar Tagore, Leipzig 1913, bei
Drugulin ein Kunstgedicht drucken lassen, welches in zehn Gesängen
(nebst einem utsarga mit zwei und einer avatarantkä mit 33 Strophen)
einen Abriß der Geschichte Deutschlands gibt und in eine Verherr- 5
lichung unsres Kronprinzen ausklingt, dessen Anwesenheit in Indien
den Dichter überhaupt zu seinem Werke begeistert hat. Sprache
und Metrum sind einfach gehalten und erinnern in nichts an die
Künsteleien, die man sonst im mahäkävya gewohnt ist. In der
avatarantkä singt der Verfasser das Lob Deutschlands im allge- lo
meinen; im I. Gesänge schildert er die Zustände zur Zeit der
römischen Invasion, wobei er in die deutschen Urwälder auch
därdala's versetzt (I, 4), die hier wohl nicht Tiger, sondem Wölfe
sein sollen. Im übrigen ist die Quelle hier unverkennbar Tacitus'
Germania, dessen Aussprach ,sero Venus" z. B. in Strophe 8 er- is
scheint: sarnpürne yauvane sarve krtadäraparigrahäh. In II tritt
Ariovist (Ariyovistas) auf als Beherrscher des Landes zwischen
Rhein und Loire (Räyinl, Loyiri) und der Rome^vara Juliyaaah
Sijarah, unter welcher Verkleidung man unschwer Julius Cäsar
erkennt. Dann kommt der Feldherr Bherasähvayah (Varus), dessen 20
Besiegung im Teutoburger Walde {Titobargäbhtdhe 'ranye) durch
Ärmintyas-krminvis, das Auftreten des ^/örmanifcos-Germanicus
und endlich der Verfall der römischen Macht. III: Pipin, die
Langobarden, Papst Zacharias {Jäkäriyas), Karl der Große {Cärlasa),
sein Zug gegen die Sachsen {Säksana) und deren Bekehrung zum 25
Khrstadharma , die segensreiche Regierung Karls, der Verfall des
Reiches unter seinen Nachfolgern. IV: Konrad von Franken, Hein¬
rich 1. {Heniri), Otto I. {Ota), Otto II., Otto III., Heinrich II. —
Im V. Gesänge hören wir von den Phrärikoniyä-Ynrsttn Konrad II.
und Heinrich III. , bei dessen Tode didi diäi paribhütä vairinad so
codati^than. — VI: Es folgen die Fürsten aus dem Stamme der
Hohenstauphen, deren erster Konrad III. ist (Geschichte der Weiber
von Weinsberg-Fiyesöar^a) ; dann Friedrich I. {prathamaPhredri-
262 -R- Schmidt, Ein Sanskrit-Fanegyriknu auf Deutschland.
gähvayah (V, 22); sein Kreuzzug (dharmavigraha !) 26 und Tod 27.
Heinrich der Löwe. Der Bau gothischer Kirchen; Dichtkunst. —
VH: Nach wechselvollen Schicksalen, die aber Deutschlands Glanz
nicht verdunkeln konnten, erhebt sich in Prankreich der Held
5 Bonäpärti , der wie ein Komet der ganzen Welt mit Vernichtung
droht. Er besiegt zwar Deutschland, kann aber dessen Heldenmut
nicht vertilgen. — VIII. Abdankung Friedrich Wilhelms IV., Schilde¬
rung Wilhelms I. ( Uyiliyäm) und seines Ratgebers Bismärka. Krieg
mit Österreich und Frankreich:
10 Nepoliyärmämadheyah Pharäsido mahäbalah
tnene Järmanisaubhägyam hj-di ialyam ivärpitam (VIII, 20).
Schilderung der Erhebung des Volkes 25ff. :
senäpatir Moltakinämadheyas
tasyäbkavan mukhyatamah sahäyah |
15 udarciso digdahanäya vahner
yathä nabhasvän atibhimavegah || 28 ||
Schlacht bei Sedan {Sedäna) 34fF. ; Gefangennahme Napoleons 43;
Belagerung von Paris (Pyärisa) 44—58; Friedensschluß; Kaiser¬
proklamation präsäde Bhärsalis(Veisai\\es)-nämnt Sutnerusumano-
20 hare 67 flf. Das einige Deutschland 79—88; Segenswünsche 89—96.
yävac candradiväkaräv udayatah prodbhäsayantau divam
yävat sthävarajangamäm vasumatlm dhatte patir bhoginäm |
yävad dhemagirau vasanti ca surä Garigä ca pfthvltale
tävad bhuvalaye dadähkadhavalä jägartu kirtis tava \\
25 IX: Lobpreisung Wilhelms I. (1—26) und Bismarcks (27—29). —
X: Priedrich III.; Wilhelm IL; seine ruhmvolle Regierung 5—12;
Kronprinz Phredrig Uyiliyäm 13—16; seine Vermählung mit
Sisili, der Tochter des ,Großkönigs' von Mäklinbarga-Suyirina
17—19; Geburt des ersten Sohnes (20):
so Uyiliyäm iti paitfkanäma yat
tadabhidham krtaväfi jaruzko *pi tam \
tam api Järrtwmiräjamahäsanam
apatfsam satrsam paripaäyati \\ 21 ||
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Anzeigen.
Samuel A. B. Me rcer, The Ethiopic Liturgy, its Sources,
Development, and present Form. Milwaukee, London 1915.
XVI, 487 SS. 80.
Das vorliegende Buch führt von den öffentlichen Gebeten früher s
vorchristlicher Jahrtausende und Jahrhunderte üher die frühchrist¬
liche Zeit hinweg zur äthiopischen Liturgie der Gegenwart und
schließt mit der photographischen Wiedergabe einer dem Verfasser
gehörigen, aus der Gegenwart stammenden äthiopischen Liturgie-
Handschrift (S. 393—465). Voraufgeht (S. 295 ff.) eine Übersetzung lo
derselben. Auf die Wichtigkeit der äthiopischen Literatur für
liturgische Studien hat u. a. Guidi hingewiesen, Oriens cbristianus, Jahrg. 1911, S. 20: ,Un aiuto per tale studio si ha nella letteratura etiopica, maggiore forse di quello che potrebbe credersi". Femer V. d. Goltz in Zeitschr. für Kirchengeschichte, Bd. 27, S. 1 ff. ünd als 15
ein diesen Studien freilich ganz fernstehender möchte ich glauben,
daß auch, die umfassende Arbeit Mercer's nicht nutzlos gewesen ist.
So weise ich für die äthiopische Literaturgeschichte auf S. 290 hin.
Völlig unzureichend sind aber zur Zeit noch des Verfassers
Kenntnisse der äthiopischen Sprache. Die von ihm hier verübten 20
zahlreichen Übersetzungsfehler wirken zuweilen wie erheiternde
Scherze. <Dj,?»ft-><; : -t-anfP •■'t^Cdl •• K^f^tf •• -tihöfl > MfiOf 1 (O
iiÖPC ' übersetzt Mercer ,and after the oblation is received , it
is not fitting that he break it with his hands or feet"; weiter flin^d : a»•ft'^ i 'flM ••••nA.d ' aih:^p ' HMflA ■•h^V •■tn+^Vin ' rh 25 A ' "flJiAil* ' n^nd shall come among us eating and drinking , but he shall not stand and associate with women" ; weiter . . . {BM\K '
■hh ••• f'^MxX^ ■•(\i.&\r^r\\ ■■h-ttib^ •■AN-fl « (Dweiß: • <dod->^a i 4.^/1:
,and npon those who minister, in thy glorious fear, to the Father etc."
Dies und noch manches andere allein auf S. 373 = 465. Bei der so
großen Liebe, mit der Verfasser sich offenbar in sein Thema ver¬
senkt hat, wird es ihm später vielleicht möglich sein, eine kritische
Ausgabe statt einer Photographie zu veranstalten, und dabei auch
der von ihm S. 142 angeregten Frage näher zu treten, ob die
äthiopische Liturgie direkt aus dem Griechischen, oder indirekt aus S5
dem Koptischen übersetzt sei. p Praetorius