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ie Niederlande, einst be- kannt wegen ihrer her- ausragenden Maler, be- geistern sich zunehmend für Skulpturen: Die Museen „Be- elden aan Zee“ und „Kröller- Müller“ geben davon ebenso Zeugnis wie eine Vielzahl von Exponaten im öffentlichen Raum. Für Liebhaber von Skulpturen bietet sich in der Umgebung des grenznahen Maastricht bis zum 3. Oktober wieder einmal die Gelegen- heit, sich einen Überblick über zeitgenössische Bildhauerei zu verschaffen. In den Gärten des Château Neercanne bei Maas- tricht sind 51 großformatige Skulpturen aus Stahl, Bronze, Granit und Marmor von nam- haften holländischen Bildhau- ern zu sehen.Gefühl und Harmonie
Château Neercanne ist als Treffpunkt der Väter der Maas- trichter Verträge bekannt. In den Gärten des Château St.
Gerlach bei Valkenburg sind in diesem Jahr 80 Skulpturen aus- gestellt. Dort gibt es auch Wer- ke aus Alabaster, Messing und Travertin. Die Patina der Bronzen lässt selbst für Ken- ner offen, wie diese so gleich- mäßig aufzutragen ist. Aber das wird „Betriebsgeheimnis“
bleiben. Ferner die glatte Oberfläche des 210 Zentime- ter großen stilisierten „Body- guard“ von Joris Gaymans, perfekt in gleichmäßigem Dunkelrot patiniert, oder die schwarz-grüne Patina der Skulpturen des Luc Bemel- mans. Brillant! Die Wildheit der Stiere von Jos Dirix lässt diese explodieren, kraftvoll und ungestüm um sich schla- gen, gleich den Stieren in der Arena, die noch glauben, sich in ihrem heiligen Zorn frei- kämpfen zu können. Einige Arbeiten von Nic Jonk lassen Assoziationen zu denen von Hans Arp aufkommen. Die Tierbronzen Jan Desmarets haben hingegen eine raue Oberfläche, oftmals auseinan- der gerissen.
Der Initiator der Ausstel- lung, Emile Cornelis, ist selbst Bildhauer und betreibt in sei- nem Atelierhaus in Maastricht
die sehenswerte Skulpturenga- lerie „Bell’Arte“, wo auch ein Lageplan der Skulpturen in den Schlossgärten erhältlich ist. Dort sind neben seinen ei- genen Werken auch kleinere Skulpturen (circa 75 Expona- te) der in Neercanne und St.
Gerlach vertretenen Bildhauer zu sehen. Cornelis bevorzugt die Darstellung menschlicher Körper. Das Schlüsselerlebnis seines Schaffens ist die Bild-
hauerkunst des Altertums. Als sich seine Leidenschaft für die Kunst abzeichnete, empfahl sein Vater, er müsse „doch et- was Ordentliches aus seinem Leben machen“. Das ist ihm mit seiner Kunst gelungen. Er arbeitet nicht nach Skizzen;sei- ne Werke entstehen direkt un- ter seinen Händen. Gefühl,
Harmonie, nicht Logik sollen vorherrschen. Bei ihm führt der Weg vom Modell in Wachs oder Ton direkt zur Bronze, ei- ne „Art Geburt“. Gleichwohl bewundert Cornelis die Fähig- keiten eines Nic Jonk und Piet van Gherden,ihre Gefühle und Vorstellungen allein durch die Harmonie ihrer Formen aus- drücken zu können.
Figurativer Stil
Cornelis arbeitet meist im figu- rativen Stil. Die Realität ist für ihn lediglich ein Ausgangs- punkt. Dann beginnt für ihn der kreative Prozess, das Spiel, die Realität zu transformieren.
Cornelis ist ganz Künstler:
Noch heute ist eine Uhr das Letzte, was er anlege. Seine Frau Doret, einst Kranken- schwester in der Psychiatrie, Mutter ihrer drei Kinder, erle- digt die Dinge des Alltags und ermöglicht Emile Cornelis ein überaus produktives Schaffen.
Im Sommer arbeitet er häufig in den Marmorbrüchen von Carrara. Einige dieser in Stein gehauenen Werke dienen als Grundlage für limitierte Bron- zeabgüsse.
Wenn bei einem Besuch in der Galerie „Bell’Arte“ ein sympathischer Mann in anre- gendem Gespräch begeistert auf die ausgestellten Werke al- ler anderen Künstler hinweist, deren Besonderheiten und Be- deutung erklärt, aber einen Bildhauer völlig übergeht,dann ist es Cornelis selbst. Er ver- sucht von seinen eigenen Wer- ken abzulenken, weil er sie nicht zum Nachteil der anderen Künstler hervorheben möchte.
Dr. med. Stephanie Krannich V A R I A
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A2134 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3023. Juli 2004
Informationen:Gallery Bell‘Arte, Je- kerweg 51 (hinter dem Polizeipräsidi- um), 6212 GA Maastricht, Telefon und Fax: 00 31//0/43-3 21 17 02, www.
gallerybell-arte.com, Öffnungszeiten:
dienstags bis samstags 11 bis 17 Uhr, sonntags nach Absprache. Château Neercanne, Cannerweg 800, 6213 NP Maastricht, Château St. Gerlach, Jo- seph Corneli Allee 1, 6301 KK Bad Val- kenburg. Beide Schlossgärten sind bis zum 3. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Maastricht
Meister der Bildhauerkunst
In den Gärten des Château Neercanne bei Maastricht sind 51 großformatige Skulpturen von namhaften
holländischen Bildhauern zu bewundern.
Der Bildhauer und Initiator der Ausstellung Emile Corne- lis bei der Arbeit. Rechts die in klassischer Manier erstellte Bronzeskulptur „Torso“
Feuilleton
Fotos:Gallery Bell’Árte,Maastricht
Nic Jonk, Levensvreugd, Bronze