• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Rehabilitation: Berechtige Kritik" (17.09.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Rehabilitation: Berechtige Kritik" (17.09.2010)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1754 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 37

|

17. September 2010 medizinischen Reha zur Arbeitswelt

vollständig aus. Medizinische Reha könnte entscheidende Beiträge zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit älterer Erwerbstätiger leisten. Hier- zu bedarf es aber einer Bereitschaft der Rehaeinrichtungen, sich mit der Arbeitswelt ihrer Patienten konkret auseinanderzusetzen, sie in der er- folgreichen Bewältigung von An- forderungen gezielt zu trainieren und Betriebsärzte als Partner einzu- binden. Bei der Deutschen Bahn ist schon heute jeder zweite Mitarbei- ter über 50 Jahre alt. Es wird große und wachsende gemeinsame An- strengungen von Beschäftigten, Ar- beitgebern und Sozialversicherungen kosten, die Mitarbeiter trotz ihrer vielfältigen chronischen Erkrankun- gen und Behinderungen möglichst bis zur Altersgrenze wert- und sinn- stiftend im Erwerbsleben zu halten.

Schade, dass die Autoren diese not- wendige und erst in zarten Ansätzen bestehende Vernetzung von medizi- nischen Rehaeinrichtungen und Arbeitswelt in ihrem Artikel kom- plett weggelassen haben.

Dr. Christian Gravert, Leitender Arzt der Deutschen Bahn AG, 10785 Berlin

Eine Fülle guter Studien

Es ist schade, wenn selbst erfahre- ne Chefärzte aus Rehakliniken die Fortschritte der Rehaforschung nicht zur Kenntnis nehmen und das beklagte Imageproblem der Reha- bilitation auf diese Weise selbst perpetuieren. Im Förderschwer- punkt „Rehabilitationswissen- schaften“, den die Rentenversiche- rung gemeinsam mit dem Bundes- forschungsministerium durchge- führt hat, entstand eine Fülle von Studien, welche die Wirksamkeit der Rehabilitation und ihrer Kom- ponenten oft eindrucksvoll belegt haben . . .

Das hohe forschungsmethodische Niveau, das die Rehaforschung in- zwischen erreicht hat, lässt sich un- ter anderem auch an der großen Zahl von erfolgreichen Projektan- trägen ablesen, die im Rahmen neu- er Förderinitiativen zum Beispiel zur Versorgungsforschung gestellt werden. Das hat auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft erkannt,

die inzwischen Offenheit für Reha- und Versorgungsforschung signali- siert.

Die Ergebnisse der Rehaforschung aus Deutschland stimmen oft mit Erkenntnissen aus internationalen Studien überein. Da, wo solche Er- kenntnisse fehlen oder kaum auf andere Länder übertragbar sind, wie zum Beispiel in der psycho soma - tisch-psychotherapeutischen Reha- bilitation, unterstreichen deutsche Forschungsergebnisse die Wirksam- keit der Rehabilitation – ablesbar an den Schlussfolgerungen einer um- fangreichen Metaanalyse zu diesem Forschungsfeld.

Auch die Entwicklung der Reha- therapiestandards dient der Stär- kung der Evidenzbasierung in der medizinischen Rehabilitation . . . Die Rehatherapiestandards unter- scheiden sich von Leitlinien der Fachgesellschaften insbesondere durch ihre Perspektive. Betrachtet wird nicht der einzelne Patient mit einer individuellen Problemkonstel- lation, sondern die Gesamtheit aller Rehabilitand(inn)en einer Indikati- on in einer Rehaeinrichtung. In der empirischen Überprüfbarkeit der Rehatherapiestandards liegt der große Vorteil dieses Qualitätspara- meters . . .

Dr. med. Christiane Korsukéwitz, Leiterin des Geschäftsbereiches Sozialmedizin und Rehabilita - tion, Deutsche Rentenversicherung Bund, 10709 Berlin

Zu viel Bürokratie

Dem Beitrag der Autoren ist in vol- lem Umfang beizupflichten. Die Steuerung der medizinischen Reha- bilitationsstrategie liegt in den Hän- den von Ärzten und Wissenschaft- lern, die über ein profundes Wissen der wissenschaftlichen und statisti- schen Methodik verfügen, jedoch den direkten Patientenkontakt im Allgemeinen vermissen lassen. Dar - aus resultieren Vorgaben zur Er - stellung von etwa zwölfseitigen Arztbriefen, die Hausärzte und Operateure verärgern. Beim „Peer- review“-Verfahren müssen die Brie- fe brillant formuliert werden; dies hilft dem Patienten aber nur wenig, wenn differenzialdiagnostische Überlegungen dabei in den Hinter- grund rücken. Leitlinien wurden für

verschiedene Krankheitsbilder erar- beitet, die einerseits dem medizini- schen Fortschritt nachlaufen, ande- rerseits nur für wenige Patienten tatsächlich zutreffen. So ist es nur eingeschränkt sinnvoll, ein geräte- gestütztes Krafttraining bei allen Menschen mit Wirbelsäulenschäden zu fordern. Eine Fülle von Fragebö- gen und von neuen Klassifikationen (ICF u. a.) vervielfachen die ärztli- che Bürokratie, ohne dass der Sinn medizinisch und wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen werden konnte . . .

Dr. Christoph Schönle, Klinik Lindenplatz, Ortho- pädische Rehaklinik mit sportmedizinischer und biomechanischer Abteilung, 59505 Bad Sassendorf

Berechtige Kritik

. . . Die Kontrolle über die Rehabili- tation von den Kostenträgern auf die niedergelassenen Ärzte zu ver- lagern, würde die Zahl der Rehabi- litanden sicher vergrößern, die Qua- lität aber nicht zwangsläufig ver- bessern. Künftige Zuweiserprämien in diesem hart umkämpften Markt, besonders der ambulanten Rehabili- tation, wären zu erwarten, weshalb wir als Rehaeinrichtung die neutrale und von Beziehungen unbelastete Steuerung über die Kostenträger als Ausdruck eines fairen Wettbewerbs über die Qualität und die Zufrieden- heit unserer Patienten gerne beibe- halten würden. Der niedergelassene Arzt als wohlwollender Freund sei- nes Patienten kann auch heute schon sein Budget durch eine medi- zinische Rehabilitation entlasten, sofern er für die Kassen das Formu- lar 60/61 oder einen Befundbericht an die DRV ausfüllt. In der Regel werden diese Anträge auch bewil- ligt.

Die Vernetzung der medizinischen und beruflichen Rehabilitation und damit die Einbindung der Betriebs- ärzte krankt an der Freiwilligkeit all dieser Maßnahmen und fristet nur ein Nischendasein, welches zwar zum Ansehen der Rehaeinrichtung, aber nichts zum betriebswirtschaft- lichen Ergebnis beiträgt, es sei denn, man arbeitet mit sehr großen Betrieben (Autoindustrie u. a.) oder den Berufsgenossenschaften in grö- ßerem Maßstab zusammen.

B R I E F E

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 37

|

17. September 2010 A 1755 Die Kritik an der Rehaforschung ist

berechtigt. Es wird ständig nach neuen Wegen der Patientenschulun- gen und Nachsorgeformen gesucht, ohne dass wir wissen, ob unsere Rehabilitation auch ein messbares Ergebnis bringt. Dies ist jedoch nicht primär der Rehabilitation an- zulasten, vielmehr wäre dies bei den Heilverfahren Aufgabe der Kostenträger, in der AHB entweder federführend einer Kasse oder eines operativen Zentrums . . .

Dr. med. Bernd D. Johnigk, Ärztlicher Direktor, ZAR Berlin-Mitte, 10115 Berlin

Qualitätssicherung beispielhaft

Rehabilitationsleistungen werden in Deutschland zulasten der Deut- schen Rentenversicherung und der Krankenkassen durchgeführt. Ins- besondere in den Fachkliniken zu den Indikationen Orthopädie, Psy- chosomatik, Kardiologie, Neurolo- gie und Onkologie werden Rehabi- litationsmaßnahmen im Rahmen der Anschlussrehabilitation (AHB) sowie des stationären Heilverfah- rens heutzutage auf hohem Niveau angeboten. Kein anderer medizini- scher Bereich in Deutschland unter- liegt einem derartigen Qualitätssi- cherungsprogramm wie die Rehabi- litationskliniken. In keiner Weise werden im akutmedizinischen als auch niedergelassenen Bereich die- se Qualitätsstandards, wie sie im Bereich der Rehabilitation vorge- halten werden, angewandt. Die Durchführung des Qualitätssiche- rungsprogramms obliegt dabei maßgeblich der Deutschen Renten- versicherung Bund. Trotz aller Kri- tik an diesem Programm haben wir damit ein Instrument, welches die Rehabilitationsleistungen in den letzten Jahren deutlich verbessert

hat. Dabei stehen seit geraumer Zeit, was den Autoren offensicht- lich nicht bekannt ist, nicht nur die Prozesse, sondern auch die Behand- lungsergebnisse im Fokus der Eva- luierung. Dieser hohe Qualitäts- maßstab, soweit ich dies aus onko- logischer Sicht beurteilen kann, hat dazu geführt, dass zunehmend mehr Kolleginnen und Kollegen in den akutmedizinischen Einrichtungen auf diese Nachsorgemaßnahme zu- rückgreifen und den Patientinnen und Patienten eine AHB anbieten.

Dies ist gut belegbar durch die stei- gende Zahl an Maßnahmen durch die DRV Bund. Ein allgemeines Desinteresse der Ärzteschaft kann ich diesbezüglich nicht nachvollzie- hen und halte dies auch unseren Kolleginnen und Kollegen in der Akutmedizin gegenüber nicht für gerechtfertigt . . .

Prof. Dr. med. Oliver Rick, Vorsitzender des Arbeitskreises Onkologische Rehabilitation der DGHO, Klinik Reinhardshöhe, 34537 Bad Wildungen

Aus Erfahrung

. . . 1.) Dass Rehaeinrichtungen heutzutage noch zu zwei Dritteln mit Heilverfahren (HV) belegt sind, reflektieren weder die eigenen Er- fahrungen im Bereich Kardiologie noch im Besonderen die Erfahrun- gen aus Ostdeutschland (wo ich zwölf Jahre tätig war). Das Verhält- nis ist genau umgekehrt (zwei Drit- tel Anschlussheilbehandlung [AHB]

zu einem Drittel HV – wenn es hoch kommt).

Dies betrifft speziell auch die am- bulanten kardiologischen Rehaein- richtungen (deutschlandweit 28) . . . 2.) Nicht erst seit dem GKV-WSG vom 1. April 2007, aber seitdem be- sonders deutlich strukturiert, kann der Kostenträger nicht einfach eine

„wohnortferne Rehaklinik“ als The-

rapiestandort festlegen, sondern es ist die wohnortnahe ambulante Re- ha alternativ vorgesehen, die nach der gesetzlichen Regel „ambulant vor stationär“ bei gleichwertigen Bedingungen vorzuziehen ist. Auf die Entscheidung, ob ambulant oder stationär, hat der Patient bei Antrag- stellung maßgeblichen Einfluss.

Die ambulante wohnortnahe Reha ist den betreuenden Hausärzten in der Regel bekannt, und zwar mit al- len Attributen der Struktur-, Pro- zess- und Ergebnisqualität. Dass die Hausärzte dennoch nicht mehr von der Rehabilitation Gebrauch ma- chen, liegt an dem bürokratischen Aufwand (für HV durch DRV) und an den „Eignungskriterien“ (für HV durch Krankenkassen) zum Ausfül- len der Anträge 60/61.

3.) Es ist hoffentlich ein „lapsus lin- guae“, dass es wissenschaftlich noch nicht gelungen sei, den Nach- weis zu führen, dass die Reha das Renteneinstiegsalter herabsetze.

Die Zielsetzung ist selbstverständ- lich genau das Gegenteil, vorzeitige Berentung zu verhindern . . . 4.) Dass Patienten nach wie vor die Kategorien Kur/Wellness mit Reha- bilitation verbinden, liegt in der Tat an der einzig in Deutschland und Österreich traditionell üblichen sta- tionären und – ebenfalls –traditio- nell wohnortfernen Vorgehenswei- se, die es europaweit in dieser Form nicht gibt. Speziell im kardiologi- schen Bereich stammen alle Evi- denzen zur Wirksamkeit der Thera- piemaßnahmen explizit aus ambu- lanten Therapiezentren.

Was wir brauchen, sind nicht neue wohnortnahe Kliniken, sondern der Ausbau der derzeit vorhandenen ambulanten Strukturen, die bei der Vernetzung zwischen Akutbereich und Hausärzten mittlerweile eine tragende Rolle spielen.

5.) Den Schlussfolgerungen, was sich alles ändern sollte, kann ich nur zustimmen mit Ausnahme des letzten Punktes: Möge uns ein Mi- nisterium für Rehabilitation erspart bleiben! Der tägliche bürokratische Wahnsinn reicht, er muss nicht ver- mehrt werden! . . .

Dr. med. Albrecht Charrier, Ärztlicher Geschäftsführer, Alice Park Reha Darmstadt, 64287 Darmstadt

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen.

Sie können jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leser- brief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne wei- tere Mitteilung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu

kürzen.

E-MAIL

B R I E F E

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

hat. Dabei stehen seit geraumer Zeit, was den Autoren offensicht- lich nicht bekannt ist, nicht nur die Prozesse, sondern auch die Behand- lungsergebnisse im Fokus der Eva-

Einsatz in Point Pedro: Die äußeren Wunden sind behan- delbar, die inneren bedürfen einer langfristigen Hilfe. Langfassung

Wir verteilen als Frakti- on keine Stadtpläne und veranstalten auch kein Gratiskino, weil das nach unserer Ansicht nicht die Aufgabe der Studentenvertretung sein kann. •

Die Führungskräfte der Kreisverwaltung sind in diesem Prozess doppelt gefordert: als Vorgesetzte, die eine bessere Vereinbarkeit im Alltag fördern und unterstützen und als

Das Audit berufundfamilie ist ein wichtiges Programm der Kreisverwaltung und leistet einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung einer familienbewussten

Seit es stark geregnet hat, steht das Wasser überall – war seit Jahren nicht der Fall?. Auf dich warte ich seit Stunden – hast du mich denn

Allmählich werden sich auch dort die Menschen der Tatsache bewusst, dass eine bessere Hygiene, Medizin und Er- nährungsversorgung einen höheren Anteil der Kinder überleben lässt,

zu einer jedes Jahr um ein paar Planstellen wachsenden Organisation begeben oder zu einem Care, das den Cap- Anamur-Typus ins Großarti- ge übersetzen wollte, nach dem Motto: