LANDWIRTSCHAFT U N D UMWELT
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Werner Berg, Günter Hörnig und Meno Türk, Potsdam-Born im
Gül l e beha n d l ung m it M i l c hsä u re
Integrierte Pflanzenbauverfahren in Verbindung mit umweltverträglicher Tierhaltung sind notwendig, um die Landwirtschaft nachhaltig zu betreiben.
Ein Beitrag zu einer umweltverträglichen Tierhaltung ist die Verminderung der von ihr ausgehenden Emissionen durch das Ansäuern der Exkremente mit Milchsäure.
Zum Ansäuern von Gülle mit Milchsäure liegen Ergebnisse in den Bereichen Tierstall, Güllelagerung und -ausbringung sowie zu den pflanzenbauliche Auswir
kungen vor.
D
ie Produ kte der Landwirtschaft sind vorrangig Nahrungsmittel. Aber a uch ihre ökologischen Leistungen sind für den Erhalt u nd d ie Gesta ltung unserer U mwelt unverzichtbar. Neben den positiv zu bewertenden Stoffumsätzen und Emissio
nen gibt es a be r auch solche, die mit ne
gativen Auswirkungen verbunden sind . Dazu zählen Ammoniak, Methan und Di
stickstoffmonoxid. Deren Em ission kann wirksam vermindert werden, indem man d ie Exkremente der Tiere mit M ilchsäure behandelt. Zum Ansä uern von Festmist wurden bislang lediglich Tastversuche d u rchgefü h rt. Ausführlichere U ntersu
chungen e rfolgten dagegen zur Zugabe von Milchsäure zu Flüssigmist Darüber wird i m Folgenden berichtet.
Zielstellung
Ausgehend von den bekannten , grundle
genden chemischen Zusammenhängen zwischen pH-Wert und Ammoniakfreiset
zung wässriger Lösungen [ 1 ,2) sowie U n tersuchungen niederländischer Kollegen mit Salpetersäure [3,4) und irischer Kol
legen mit Schwefelsäure [5) sol l eine Möglichkeit geprüft werden, Em issionen u rsächlich und effektiv zu verm i ndern.
Ein weiterer G rundgedanke ist, die emissionsmindernde Wirkung möglichst
Dr. -lng. Werner Berg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung " Technikbewertung und Stoffkreisläufe ". Prof Dr. sc. techn.
Günter Hörnig und Dr. -lng. habil Meno Türk sind wissenschaftliche Mitarbeiter der Abtei
lung " Technik in der Tierhaltung" am Institut für Agrartechnik Bornim e. V (ATB; Wissen
schaftlicher Direktor Prof Dr.-lng. J. Zaske), Max-Eyth-AI/ee 1 00, 14469 Potsdam, e-mail: w. berg@atb-potsdam. de
1 Der Agrargenossenschaft e.G. Quitzow danken wir für die Unterstützung dieser Messungen
2 Diese Untersuchungen wurden gemeinsam mit der Lehr- und Versuchsanstalt für Integrierten Pflanzenbau e.V. Güterfelde durchgeführt, der wir ön dieser Stelle dafOr danken
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über die gesamte Kette vom Stal l ü be r die Lagerung bis hin zur Dungausbringung zu erreichen. Dies ist einfacher, als in je
dem dieser Bereiche verschiedene Maß
nah men zu ergreifen, und sol lte sich auch in einem günstigen Kosten-N utzen
Verhältn is niederschlage n .
M it d e r M i lchsäure soll e i n Su bstrat zum Einsatz gelangen, das wirkungsvoll ist und dennoch im U mgang weit wen iger Gefahren i n sich birgt als M inera lsäuren, das im Boden ohne weiteres a bbau ba r ist und auch hi nsichtlich seiner Erzeugung a us nachwachsenden Rohstoffen oder Reststoffen gut in die Landwirtschaft und ihre Stoffkreislä ufe passt.
Material und Methoden
Entsprechend der Zielstellung erstreck
ten sich die U ntersuchu ngen a uf d ie Be
reiche Tierstall, G ü l lelagerung und G ü l le
ausbringung.
Die Messungen zum ersten Bereich fanden in einem Flatdeck für Ferkel mit Zwangslüftung und Rohrentmistung statt1 Der pH-Wert der unterhalb der Kunststoffroste lagernden Gülle sank d u rch die einmalige Zuga be 50 % iger M i lchsäure a uf einen Wert von 4,5. ln bei
den Stallabteilen wurden die Ammoniak-, Distickstoffmonoxid- und Methan konzen
trationen in der Luft, deren Tem peratur, die Luftwechsel rate, der pH-Wert der Gül
le u nd ihr Stickstoffgehalt gemessen . Die Anzahl der Tiere und ihre Lebendmasse wurden bestim mt sowie d ie Geruchs
schwellen der Stallluft ermittelt.
Die U ntersuchu ngen zum zweiten Be
reich, der Lagerung, erfolgten m it Schwei
ne- und mit R i ndergülle. Die ei ngelagerte Gülle hatte Trockenmassegehalte zwi
schen 5,5 und 10,4 %. Durch Zugabe 50 %iger M i lchsäu re wurden pH-Werte der Gülle um 5,0, 4,5 u nd 4,0 eingestellt.
Die Lagerdauer betrug 190 bis 200 Tage.
Wäh rend d ieser Zeit wurden folgende Pa
rameter bestimmt:
• Ammonium- u nd Gesamtstickstoffge
halt der G ülle zu Beginn und a m Ende sowie zum Teil wä hrend der Lagerung
• gasförmige Emissionen von Ammoniak ( N H3), Distickstoffmonoxid ( N20l und Methan (CH4) wöchentlich
• Temperatur q uasikontinuierlich
• pH-Wert wöchentlich
• Geruchsschwelle alle 14 Tage
• Sedi mentations- und Fließverhalten Es wurden jeweils 75 kg G ülle in offene Behälter eingelagert. Während der Gas-
messungen waren d ie Behälter ver
schlossen und defin iert belüftet. Zum Teil erfolgte ein Homogenisieren und chemi
sches Analysieren der G ülle wäh rend der Lageru ng.
Zur U ntersuchung d es d ritten Berei
ches wurd e die G ülle nach der Lagerung auf Ackerlandpa rzellen ausgebracht2.
Diese Messungen betrafen vier Va rianten:
unbehandelte Rindergülle, angesäuerte Rindergül le , M i nera l d ü nger und keine Düngung. Das Ausbringen der Dünger er
folgte nach der Saatbettbereitung ohne Eina rbeitung. Nach Abschluss der Gas
messungen wurde Ölrettich gedrillt. Die gemessenen Parameter waren d ie Emis
sionen der Gase Ammoniak, Distickstoff
monoxid und M ethan von den Parzellen, d ie Stickstoffgehalte und pH-Werte im Boden sowie der Ertrag u nd Stickstoffge
halt der Pflanzen:
Ergebnisse
Die Absen kung des pH-Wertes auf 4,5 ist bei Schweinegülle mit etwa 5 und bei R in
dergülle m it knapp 4 Volumenprozent 50% iger M i lchsäure realisierbar. Bei Schweinegü lle hatte der Trockenmasse
gehalt im unte rsuchten Bereich keinen nennenswerten Einfl uss auf den Säu
reaufwand, woh l a be r bei R i ndergülle. So waren bei einem Trockenmassegehalt der R i ndergü lle von 5,5 % nur 2,7 Volu
men prozent M i lchsä u re für die Absen
kung des pH-Wertes auf 4,5 erforderlich, bei einem Trockenmassegehalt von 10,4 % dagegen bereits 4,7 Volu menpro
zent.
Die Messungen in dem Ferkelstall wei
sen d ie große emissionsmindernde Wir
kung der pH-Wert-Absen kung aus ( Bild 1 ) . Am ersten M esstag nach dem Ansäu
ern betrug d ie Ammonia kemission weni
ger als 20 % der Em ission aus dem Ver
gleichsa bteiL Im Verlauf einer Woche stieg der pH-Wert der Gülle auf einen Wert von 5,0 an, da trotz permanenten Gülleanfalls keine weitere M ilchsäu re zu
gegeben wu rde. Dam it erhöhte sich die Ammoniakemission a uf etwa 30 % der Em ission a us dem Vergleichsa bteiL
Die U ntersuchungen zur Güllelagerung belegen, dass bereits pH-Werte u nter 5,0 eine Em issionsminderung um 80 bis 90
% bewi rken . Eine Em issionsminderung von mehr als 90 %, a uch bei höheren Tem peratu ren , erreicht man mit einem pH-Wert von 4,5 ( Bild 2) . Noch stärker als d ie Ammoniake missionen verringert das 53. Jahrgang LANDTEC H N I K 6/98
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date time
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> 9 0
I48 -
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Kumulative Ammonink
kon��mrntion in mglm>l cumulativc ammonla concentration in mg/t)t' ()<\;
Meßperiode /.measuring period -Kontrollabtei1 / control compartment
0
Kontrolle I control•
pH-Wert 4,5 1 pH 4.5 • pH-Wert 4,0 I pH 4.0 -+- Mi1chsäureabteil; Gülle-pR-Wert � 4,5 I acidified compartment; slurry pH � 4.5Bild 1: Ammoniakemission aus Ferkelabteilen mit unbehandelter und angesäuerter Gülle
Bild 2: Kumulative Ammoniakkonzentration in der Luft über den Güllebehältern während der Lagerung; Rindergülle mit einem Trocken
massegehalt von 7, 8 % F1g. 1: Ammonia emissions from compartments for piglets with and
without lactic acid Fig. 2: Cumulative ammonia concentration in the air a bove the slurry containers du ring storage; cattle slurry with 7.8 % dry matter content
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Düngungsvariante I ferti Lizing variant
Bild 3: Gasförmige Emissionen von Ackerlandparzellen unmittelbar nach der Düngung
Fig. 3: Gaseaus
1 ohne Dünger I without any ferlilizer 3 angesäuerte Gülle I acidified slurry emissions from arable land plots directly after manuring
2 unbehandelte Gülle I non-acidified slurry 4 Mineraldünger I mineral fertilizer
Ansäuern der Gülle m it M ilchsä ure die M etha nem issionen. Diese werden bei ei
nem pH-Wert von 4,5 nahezu vollständig unterbunden. Verkrustungen der Gü lle
oberfläche fü hren zwar bei nichtangesäu
erter Gülle zu einer deutlichen Abnahme der Emission von Ammon iak, jedoch nicht von Methan . M it der Verkrustung geht die zunehmende Emission von Di
stickstoffmonoxid einher.
Auch die Messu ngen der gasförmigen Emissionen nach der G ü l lea usbringung zeigten d ie Wirksam keit des Ansäuerns ( Bild 3). Ü ber den Parzellen, a uf denen die a ngesäuerte Gülle ausgebracht wor
den war, konnten lediglich etwas erhöhte Ammon iakwerte festgestel lt werden. Die Werte der anderen gemessenen Gase entsprachen denen der N u l lvariante . Da
gegen emittierte die u n behandelte Gülle erhebliche Mengen an Ammoniak u nd deutlich mehr Methan als die a nderen Va
rianten. Zum Teil wurden hier auch Di
stickstoffmonoxidem issionen gemessen . Die Boden-pH-Werte bl ieben von der ausgebrachten, angesä uerten G ü l le un
beei nflusst. Der oberste Bodenhorizont wies nach der Düngung mit der a ngesä u
erten Gülle und m it M inerald ü nger höhe- 53, Jahrgang LANDTEC H N I K 6198
re N03-Gehalte a uf als bei den beiden an
deren Varianten.
Die Frisch masseerträge des Ölrettichs zeigten kei ne U nterschiede zwischen der N u llvariante und der u n behandelten Gül
le. Bei der angesäuerten Gülle lag der Fri
schmasseertrag um etwa 7 % und bei der M i nerald ü ngervaria nte um mehr als 20 % ü ber dem der N u llvariante.
Aufgrund u nterschied licher Trocken
massegeha lte des Erntegutes der vier un
tersuchten Varianten gab es n u r bei der Mineraldüngung auch einen erhöhten Trockenmasseertrag. Dieser lag um 20 % ü ber dem der anderen Va rianten.
Schlussfolgerungen
Das Ansäuern von Gülle m it M ilchsä u re ist eine sehr wirksame Maßna h m e zur Em issionsminderung. Die Wirkung er
streckt sich sowohl a uf Ammoniak als a uch Metha n und Distickstoffmonoxid, deren Emissionen sich damit fast voll
ständig vermeiden lassen. Wird d ie M i lchsä u re bereits i m Stall beigegeben , reicht i h re em issionsmindernde Wirkung vom Sta l l ü ber d ie Lagerung bis zur Gül
leausbringung u nd pflanzenbauliehen Verwertung.
Die Absenkung des p H-Wertes der G ül
le a uf Werte u nter 5,0 ist aus der Sicht der Em issionsm inderung ausreichend . Eine an haltende Wirkung erreicht man besser bei Werten nicht ü ber 4,5, vor a l lem bei höheren Tem peraturen im Sommer. Da d ie Gülle im Stall q uasikontinuierlich an
fällt, ist es a ngebracht, d i ese dort i n kur
zen Zeitintervallen anzusä uern.
Die vorliegenden Ergebnisse zur G ü l le
a usbringung lassen keine negativen Aus
wirkungen der a ngesäuerten Gülle a uf Pflanze oder Boden erkennen. Es lassen sich a ber noch keine gesicherten Aussa
gen dazu treffen, inwieweit das Ansäuern der Gülle mit M ilchsäu re auch zu einer besseren Düngewirkung fü hrt.
B isherige Ka lkulationen zum Kosten
N utzen-Verhältnis zeigen, dass das An
sä uern von G ü l le m it M ilchsäure hinsicht
lich der M inderung der Am monia kem is
sionen m it etwa 50 DM pro gemindertes kg N H3-N den spezifischen Kosten von Biofiltern und B iowäschern nahe kommt [6] . Berücksichtigt man außerdem das große Emissionsminderu ngspotential des Ansäuerns m it M i lchsäure und die noch stärkere Wirkung a uf Methan, werden die Vorzüge d ieser Methode der Emissions
m i nderung deutlich.
Literaturhinweise sind vom Verlag unter LT 98 605 erhältlich.
Schl üsselwörter
Em issionsm i nderung, M ilchsäure
Keywords
Güllea nsä uern,
Em ission reduction, slurry acidification, lactic acid
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