Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Streit um Pflegepersonal würde niemandem dienen
Zu einer Versachlichung der Dis- kussion um die Personalschlüssel für pflegebedürftige Heimbewoh- ner hat der Bundesverband priva- ter Alten- und Pflegeheime, Ham- burg, aufgerufen.
Gelegenheit hierzu biete die
„Denkpause", die dadurch einge- treten ist, daß der Bundesgesund- heitsminister die geplante „Heim- Mindest-Personal-Verordnung"
vorerst nicht zu erlassen beab- sichtigt, nachdem der Bundesrat jeweils eine Pflegekraft für fünf pflegebedürftige Heimbewohner verlangte; die Bundesregierung wollte einen Schlüssel von eins zu vier festsetzen.
Der Bundesverband meint, man solle sich hinsichtlich der Min- destanforderungen nicht an schweren Pflegefällen orientieren, sondern an der in der Verordnung so definierten „Pflegebedürftig- keit": „ . . . wer infolge Krankheit oder Behinderung . . . für die ge- wöhnlichen und regelmäßig wie- derkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in er- heblichem Umfang der Hilfe ande- rer dauernd bedarf."
Nach dieser Definition, erklärt der Bundesverband, könne der bisher übliche, vom Deutschen Städtetag stammende Schlüssel von eins zu acht als auch heute noch ausrei- chend angesehen werden.
Für Heimbewohner „mit gestei- gerter Betreuungs- oder Pflegebe- dürftigkeit" müssen laut Verord- nungsentwurf die genannten Zah- len ohnehin „angemessen erhöht"
werden — und dies könne bedeu- ten, daß in manchen Fällen auch eine Schlüsselzahl von eins zu zwei erforderlich ist.
Nur in solchen Ausnahmefällen, heißt es in der Stellungnahme wei- ter, sei es auch erforderlich, eine Relation zwischen ausgebildeten und nicht ausgebildeten Pflege-
kräften festzusetzen. Anderenfalls könnten Pflegeheime sich ge- zwungen sehen, den ohnehin schon unter Personalmangel lei- denden Krankenhäusern qualifi- zierte Pflegekräfte abzuwerben.
Mit einer solchen Entwicklung wä- re aber niemandem gedient. EB
Entwicklungspolitische Arbeit der Hochschulen verbessern
Eine entwicklungspolitisch sinn- vollere Ausbildung für Studenten aus Entwicklungsländern an deut- schen Hochschulen forderte das 130. Plenum der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) in sei- ner Stellungnahme vom 11. Fe- bruar.
Das Studium der 30 000 Studenten aus Entwicklungsländern sei den Bedürfnissen der Herkunftsländer nicht angepaßt, der an der deut- schen Hochschule erworbene Grad werde dort möglicherweise nicht anerkannt oder falsch einge- schätzt. Außerdem werde der Stu- dent seinem Heimatland ent- fremdet.
Eine Alternative zum Vollzeitstu- dium solcher Studenten sieht die WRK darin, im Rahmen von Uni- Partnerschaften Postg radu ierten aus Entwicklungsländern die Möglichkeit zu bieten, an deut- schen Hochschulen ihr Studium zu vervollständigen. Die dabei zu erwartenden Probleme — mangeln- de sprachliche Vorbereitung.
Nichtanerkennung ausländischer Diplome beziehungsweise Lei- stungsnachweise in der Bundesre- publik — müßten gelöst werden.
Deutschen Wissenschaftlern soll- ten, so die WRK, mehr Anreize für eine Arbeit an Hochschulen in Ent- wicklungsländern geboten wer- den. Eine höhere Bewertung sol- cher Aufgaben von deutschen Hochschulen sowie die Reintegra- tion des Wissenschaftlers in der Bundesrepublik müßten gewähr- leistet sein. Hä
DIE GLOSSE
Alternatives
Mümmelschlau, der Führer unse- rer Grünen, soll gestern im Fern- sehen sein Programm erläutert ha- ben. (Es war nicht zu empfangen, da die alternativen Energiequellen bei der vorherrschenden Wetterla- ge — bedeckt, kalt, windstill gera- de mal verstopft waren.) Also der Gründonnerstag wird anstelle des 17. Juni zum höchsten Festtag des Jahres erklärt (Alternativer Natio- nalfeiertag). Anstelle von Sauer- kraut und Eisbein wird . Grünkohl — naturgedüngt — mit Rindswurst — von naturgezeugten Ochsen — zum deutschen Festschmaus (Al- ternatives Nationalgericht).
Herbizide werden verboten, damit wieder etwas Mutterkorn auf dem Getreide wächst, das soll dann zum Ergotismus führen (Alternati- ve Gefäßkrankheit). Lues, Angina, Tripper und Scharlach dürfen nur noch mit Kaltwassergüssen — lin- ker Oberschenkel, notabene — be- handelt werden (Alternative Thera- pie), weil Trigodpetroleum als Ausgangsmaterial der Penicillin- herstellung zu fünfbeinigen Mai- käfern führt.
Die bisherige Zweitstromversor- gung von Operationsräumen und Frühgeborenenstationen — Diesel- generatoren, Leute: Diiiiiiesel!! — wird durch speziell trainierte Dy- namotreter sichergestellt (Alterna- tiver Notstrom). Herzschrittma- cher mit Atombatterie — Kernkraft, nein danke! — sind sofort zu entfer- nen und durch herkömmliche Au- tobatterien, 80 Ah (Alternative Energiequelle), im Rucksack zu tragen (Alternatives Trimmen), zu ersetzen. All dies geschehe, um die Lebensqualität für den hommo zappiens zu verbessern (Alternati- ve Orthographie).
Abschließend dankte Mümmel- schlau den Studenten von Heidel- berg, Freiburg, Konstanz, Tübin- gen und Ulm, die seiner Zivilisa- tionsromantik zum Durchbruch verholfen hätten (Alternative Intel- ligenz). Michael Arnold
1016 Heft 16 vom 17. April 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT