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Archiv "Personalabbau in der Pflege: Nebensache Patient" (17.08.2007)

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A2242 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 33⏐⏐17. August 2007

P O L I T I K

durch den Sanierungsbeitrag und das Arzneimittelversorgungs-Wirt- schaftlichkeitsgesetz. Mit dieser Summe könnten 14 000 Pflegekräf- te finanziert werden, gibt die DKG zu bedenken.

Das Bundesgesundheitsministe- rium sieht unterdessen die Kranken- häuser in der Pflicht. Die Studie könne für die Verantwortlichen in den Krankenhäusern eine gute Ori- entierung zur Bewältigung ihrer Ar- beit sein. Für die Regierung bestehe keine unmittelbare Handlungsmög- lichkeit. „Die gesetzlichen Rahmen- bedingungen zur Qualitätssicherung sind geschaffen und deutlich. Bei unzureichender Umsetzung sind hier erstmal die Krankenhausauf- sicht der Länder und die Kranken- häuser selbst gefordert“, betont auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn- Mengel. Vermehrte Beschwerden von Patienten wegen schlechter Pflege in Krankenhäusern hat sie bisher nicht festgestellt: „Natürlich wenden sich Patienten in diesem Punkt an mich, aber eine Zunahme ist nicht zu verzeichnen.“ Ganz an- ders sieht die Einschätzung von Ver- braucherschützern aus. „Wir haben mehr Anfragen und mehr Be- schwerden“, sagt Dieter Lang vom Verbraucherzentrale Bundesver- band. Dafür gebe es allerdings zwei mögliche Ursachen, räumt er ein:

veränderte Verhältnisse und die wachsende Bereitschaft der Patien- ten, ihrem Unmut Luft zu machen.

Durch die dip-Studie bestätigt sieht sich die Dienstleistungsge- werkschaft Verdi. Schon mehrfach habe man auf die mit den Stel- lenkürzungen in der Pflege verbun- denen Probleme hingewiesen. „Die Arbeitsbedingungen sind außerdem auch für die Mitarbeiter gesund- heitsschädlich“, kritisiert Dirk Völ- pel-Haus, Verdi-Bundesfachgrupen- leiter Krankenhäuser. Fehler, die auf Defizite in der Organisation in den Krankenhäusern zurückzuführen seien, kämen unterdessen nur selten ans Licht: „Da wird noch viel unter der Decke gehalten.“ I Dr. med. Birgit Hibbeler

Das „Pflege-Thermometer“ im Internet: www.aerzteblatt.de/plus3307

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Wer Schmerzen hat, bekommt nicht so- fort ein Schmerzmittel. Wer sich nicht drehen kann, liegt sich wund. Wer nicht selbst essen kann, wird zu schnell gefüt- tert. Sind das Einzelfälle in deutschen Krankenhäusern? Nein, meint das Deut- sche Institut für angewandte Pflegefor- schung (dip), solche Beispiele für schlechte Pflege gebe es häufig. In einer Studie, dem „Pflege-Thermometer“, kommt das dip zu dem Schluss, beson- ders Pflegebedürftige und frisch Ope- rierte seien gefährdet. Ist also die Qua- lität aus den Krankenzimmern ver- schwunden, während in den Eingangs-

bereichen der Kliniken die Qualitätssie- gel und Zertifizierungsurkunden an der Wand hängen?

Man kann daran zweifeln, ob die dip- Studie wirklich aussagekräftig ist. Aber die Zahlen des Statistischen Bundesamts sprechen für sich: Fast 50 000 Pflege- stellen sind in den letzten zehn Jahren weggefallen, die Belastung in den Kran- kenhäusern nimmt unterdessen zu. Die Fallzahlen sind gestiegen, die Verweil- dauer gesunken. Immer mehr multimor- bide Patienten müssen versorgt werden.

Und gerade die brauchen eine gute Pfle- ge. Sonst macht das Krankenhaus sie krank. Wenn alte Patienten nicht mobili- siert und Bettlägrige nicht umgelagert werden, dann ist das verheerend.

Trotzdem müssten Patienten künftig nicht damit rechnen, dass Krankenhäu- ser aus Sicherheitsgründen geschlossen werden, versichert die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft (DKG). Die Ergeb- nisse des Pflege-Thermometers will man nicht so recht bestätigen – immer- hin würde man damit ja die eigene Qua- lität anzweifeln. Dementieren will die DKG die Auswirkungen der Sparmaß- nahmen allerdings auch nicht. Denn die

„höhere Arbeitsverdichtung in der Pfle- ge“ ist ein gutes Argument gegen weite- re finanzielle Belastungen, die auf die Krankenhäuser mit dem Sanierungsbei-

trag und weiteren Spargesetzen zukom- men. Mit dem Geld, das den Kranken- häusern dadurch in diesem Jahr entzo- gen werde, könne man 14 000 Pflege- kräfte finanzieren. Aber will die DKG das überhaupt? Internationale Vergleichs- zahlen wertet die DKG wenige Tage nach der Veröffentlichung der dip-Umfrage als Beweis für die Effizienz deutscher Kran- kenhäuser. Da stört es plötzlich nicht mehr, dass man hierzulande mit relativ wenig Personal arbeitet. Dem Bundes- gesundheitsministerium kann es nur recht sein, dass die DKG argumentativ in der Zwickmühle steckt: So dramatisch

kann die Kostendämpfung ja nicht sein, wenn exzellente Qualität möglich ist.

Jeder versucht, dem anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das gilt auch für den Deutschen Pflegerat (DPR).

Denn wer ist indirekt schuld am Perso- nalabbau in der Pflege? Die Ärzte natür- lich, die haben schließlich zusätzliche Stellen bekommen. Dass mehr Ärzte dringend notwendig waren und noch sind, ignoriert der DPR, er beklagt lieber die Überstunden in der Pflege. Gelegen kommt es dem DPR, dass die Pflege- direktoren vom dip auch zu möglichen neuen Tätigkeitsfeldern für Pflegeberufe befragt wurden. Erwartungsgemäß be- fürworteten sie mit breiter Mehrheit, die Pflegekräfte sollten Arbeiten aus dem ärzt- lichen Aufgabenbereich übernehmen.

Die Verknüpfung beider Themen in einer Untersuchung ist widersprüchlich.

Was schließlich nutzt eine Pflegekraft, die alleinverantwortlich Wundmanage- ment betreibt, wenn niemand da ist, der den Patienten regelmäßig dreht? Ohne- hin scheint der Blick für den Patienten in der Debatte irgendwie verloren gegan- gen zu sein. Das ist bedenklich. Denn diejenigen, die unter einer schlechten Pflege leiden, sind Schwerkranke und Hilfsbedürftige. Gerade diese Patienten sind aber kaum dazu in der Lage, sich

zu beschweren. I

KOMMENTAR

Birgit Hibbeler

PERSONALABBAU IN DER PFLEGE

Nebensache Patient

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