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Archiv "Politik und Medizin: Der kubanische Patient" (23.03.2007)

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A758 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007

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s war nur eine kurze Wortmel- dung, doch das Echo war über- wältigend. Ein Auftritt des kubani- schen Präsidenten Fidel Castro in der Radiosendung seines venezola- nischen Amtskollegen Hugo Chávez machte Ende Februar weltweit die Runde. Weniger der Inhalt des halbstündigen Gesprächs spielte da- bei eine Rolle. Für Aufsehen sorgte

das Lebenszeichen an sich. Denn seit Castro Ende Juli letzten Jahres kurz vor seinem 80. Geburtstag die Amtsgeschäfte an seinen Bruder Raúl abtrat, hatten seine politischen Gegner immer wieder erklärt, der greise Staatschef liege im Sterben.

Kubas Regierung hat den Gesund- heitszustand des „Comandante en Jefe“ derweil zum Staatsgeheimnis erklärt und lässt immer wieder ver- lauten, dem Patienten gehe es gut.

Ferndiagnosen der CIA

Der letzte große Coup war Havanna im Dezember 2006 gelungen. Nach einem Krankenbesuch in der kuba- nischen Hauptstadt hatte der spani- sche Chirurg José Luis García Sabri- do die These dementiert, Castro lei-

de an „Darmkrebs im Endstadium“.

Diese Diagnose hatte der US-Ge- heimdienst CIA bereits im Oktober über das US-Nachrichtenmagazin

„Time“ verbreiten lassen. Redakteur Tim Burger schränkte zwar ein, dass die Annahme sich als falsch erwei- sen könne. Diesmal aber lägen „ge- nauere“ Angaben vor, die eine „ge- wisse Glaubwürdigkeit“ herstellten.

Das Interesse des US-Geheim- dienstes am Gesundheitszustand Ca- stros ist nicht neu. Seit Mitte der 90er-Jahre hat die CIA mehrfach Ferndiagnosen mit dem Ziel er- stellt, seinen baldigen Abtritt vor- herzusagen. So berichtete die US- Tageszeitung „Miami Herald“ En- de 2005 von einem CIA-Führungs- treffen im Jahr 1998. Schon damals seien medizinische Gutachten vor- gelegt worden, die eine Parkinson- Erkrankung belegen sollten. Ent- sprechende Anzeichen – eine „un- deutliche Aussprache“ und „plötzli- che Pausen beim Reden“ – hätten bei der CIA beschäftigte Mediziner in Fernsehaufnahmen erkannt.

Als Fidel Castro am 26. Juli ver- gangenen Jahres bekannt gab, die

Amtsgeschäfte „vorübergehend“ ru- hen zu lassen, erhielten die Spe- kulationen neue Nahrung. Nach offi- ziellen Angaben musste sich der Politiker einer Darmoperation unter- ziehen. Die französische Nachrich- tenagentur AFP befragte daraufhin Pariser Fachärzte, die eine – in Anbe- tracht des Alters des Patienten wenig überraschende – Divertikulitisdia- gnose erstellten. Die franzö- sischen Mediziner schlossen aber auch die Darmkrebsdia- gnose nicht aus. Weniger wahrscheinlich sei die Ent- fernung eines Angioms.

Während in den USA die Nachricht vom baldigen Tod Castros synonym für einen bevorstehenden Regimewech- sel auf Kuba verwendet wird, sehen die Reaktionen international anders aus. Der Sprecher der brasilianischen Regierung etwa, André Sin- ger, dementierte kurz nach Castros Amtsübergabe einen Bericht der Tageszeitung

„Folha“, nach dem Präsident Luis Inácio da Silva von dem ernsten Zustand des Kubaners unter- richtet sei. Da Silva wünsche „un- serem Freund“ gute Genesung, so Singer. Diese Äußerung spiegelt die Mehrheitshaltung der lateinameri- kanischen Staaten wider. Doch auch Spaniens sozialdemokratische Re- gierung schickte im Dezember den Chirurgen García Sabrido nach Ha- vanna. Außerdem sandte Madrid medizinisches Material, das in Kuba nicht verfügbar ist, und liefert seit Juni Medikamente zur Behandlung des Erkrankten.

Dass besonders Vertreter der US- Regierung auf der tödlichen Darm- krebsdiagnose bestehen, hat einen politischen Hintergrund. Seit An- fang der 60er-Jahre haben zehn US-Präsidenten versucht, die sozia-

POLITIK UND MEDIZIN

Der kubanische Patient

Seit Monaten halten die Spekulationen um den Gesundheitszustand Fidel Castros an – Streit um Diagnosen mit politischem Hintergrund.

Fidel und Raúl Castro:

Ende Juli 2006 übertrug der greise Staatschef die Amtsgeschäfte auf

den jüngeren Bruder. Foto:dpa

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007 A759

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listische Regierung rund 90 Seemei- len vor der eigenen Küste zu beseiti- gen. Nachdem sie gescheitert sind, hat sich Washington auf eine Warte- position zurückgezogen. Im Fall des Todes Fidel Castros, so war seither wiederholt in offiziellen Dokumen- ten zu lesen, werde ein System- wechsel ohnehin einsetzen. Ganz so sicher scheint sich die US-Führung aber doch nicht zu sein. Das Helms- Burton-Gesetz, mit dem 1996 die US-Blockade gegen den Inselstaat verschärft wurde, schließt jegliche Beteiligung des amtierenden Präsi- denten Raúl Castro an einer Regie- rung aus, die Washingtons Akzep- tanz finden soll.

Symbolische Beerdigung

Es liegt an der hohen symbolischen Bedeutung der Person Fidel Castros, dass keine der beiden Seiten nachge- ben will – auch weil man sich seiner Wirkung bewusst ist. Gezeigt hat sich das am 31. Juli 2006, als Hunder- te Exilkubaner in Miami den Rückzug des verhassten Staatschefs mit einer symbolischen Beerdigung feierten.

Das Schauspiel ging selbst Gesin- nungsgenossen zu weit: „Es war ein geschmackloses Spektakel“, schrieb die Journalistin Ana Menendez im Castro-kritischen „Miami Herald“.

Doch nicht alles ist nur Symbolik.

Regierung und Geheimdienst in den USA haben für den Fall eines baldi- gen Todes Fidel Castros militärische Pläne parat, die sich im Kern auf die Reaktion der exilkubanischen Ge- meinde stützen. Mitte Dezember hatten mehr als 400 Polizisten, Mit- glieder der US-Küstenwache und Vertreter des Heimatschutzministe- riums in Miami ihre Einsatzpläne für diesen Fall durchgespielt. Das Manöver – in dem von Unruhen in Kuba und Florida ausgegangen wird – sah drastische Maßnahmen vor:

Schließung der Häfen und Flug- häfen, Mobilisierung der Polizei und Rationierung von Treibstoff.

„Im Militärischen geht man im- mer von schlimmsten Szenario aus“, begründete ein Armeevertreter die Pläne gegenüber US-Medien. Die vorhergesagte Eskalation könnte zur selbsterfüllenden Prophezeiung

werden. I

Harald Neuber

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ie schlechte Nachricht kam Anfang des Jahres vom Bad Homburger Wirtschaftsforschungs- institut „Feri“: Berlin gehöre zu den höchstverschuldeten Städten Deutschlands; zugleich habe die deutsche Kapitale eine der schlech- testen Entwicklungsperspektiven.

Hauptproblem ist die enorme Schul- denlast von derzeit 62 Milliarden Eu- ro – fast sechsmal so viel wie 1991.

Kein Wunder also, dass die Aussich- ten auf wirtschaftliche Entwicklung ein ständiges Streitthema im Berli- ner Abgeordnetenhaus sind. So auch Mitte März: In einer öffentlichen Sitzung prangerte die FDP-Fraktion

den vermeintlich hemmenden Ein- fluss der medizinischen Forschungs- kontrolle auf den „Pharma- und For- schungsstandort Berlin“ an. Die Sit- zung im Wissenschaftsausschuss, zu der neben den Mitgliedern aller Frak- tionen Vertreter der Universitätskli- nik Charité, des Verbandes Forschen- der Arzneimittelhersteller (VFA) und der Ethik-Kommission des Landes Berlin (EKLB) geladen waren, of- fenbarte einen tief greifenden Dis- sens zwischen den Beteiligten. Im Kern geht es dabei um die Haltung zur EKLB, die im Oktober 2005 als übergeordnete Kontrollinstanz ge- schaffen worden war: Schadet ihre Arbeit der Wirtschaft?

„Wer die Pharmaindustrie in der Stadt haben will, muss die richti- gen Rahmenbedingungen schaffen“, hatte der Vorsitzende der FDP-Frak- tion, Martin Lindner, vorab in einer Mitteilung an die Presse gefordert.

Charité und VFA beklagten „massiv

erschwerte Bedingungen für kli- nische Forschungsvorhaben durch die Politik“. Sie forderten „konkre- te Schritte“, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Würden Pharmaunternehmen verschreckt, so verhindere dies die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Akquise von Drittmitteln.

Die Debatte um die Kontrolle der klinischen Forschung nach dem Arz- neimittelgesetz (AMG) in Berlin hält an, seit die EKLB im Oktober 2005 gegründet wurde. Nötig wurde dies durch die zwölfte AMG-Novelle, mit der Deutschland im Vorjahr 2004 der Verpflichtung nachgekom- men war, die Verwaltungs- vorschriften für die Durch- führung klinischer Arz- neimittelstudien den EU- Richtlinien anzupassen.

Erklärtes Ziel der Überarbeitung des AMG war damals die Schaffung ei- nes einheitlichen, transparenten und effizienten Verfahrens. Gut ein Jahr später entstand die EKLB als dritte Kommission ihrer Art in der Haupt- stadt. Neben dem Landesgremium ist eine zweite Kommission bei der Berliner Ärztekammer angesiedelt, eine weitere in der Charité. Wäh- rend diese beiden Ausschüsse aber nur bei epidemiologischen Studien- vorhaben und solchen nach dem Medizinproduktegesetz beratend tä- tig sind, müssen alle pharmazeu- tischen Forschungsvorhaben nach dem AMG von der Landeskommis- sion bewilligt werden. Die ausgela- gerte Kontrolle der Arzneimittelfor- schung wird von der FDP ebenso wie von Vertretern der Pharmain- dustrie und einzelnen Vertretern der Charité als Hemmnis bei der Ent- wicklung von Forschung und Ge-

schäft angesehen.

KONTROLLE VON ARZNEIMITTELFORSCHUNG

Ein tief greifender Dissens

In Berlin spitzt sich ein Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Ethikkommission des Landes zu.

Die EKBL wurde als übergeordnete

Kontrollinstanz geschaffen.

Referenzen

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