Z
ur Frage des Auskunfts- oder Mit- teilungsrechtes des Arztes gegen- über Versicherten während und nach der Begutachtung sind zum Teil sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten worden. So wird einerseits dem begutachtenden Arzt unter Beru- fung auf das ärztliche Berufsrecht und mit Blick auf ein zukunftsfähiges Leit- bild der ärztlichen Sachverständi- gentätigkeit das Recht eingeräumt, den Versicherten im Rahmen von Begut- achtungen auf Anfrage auch ärztlich- diagnostische Feststellungen sowie ar- beits- und sozialmedizinisch daraus ab- zuleitende Bewertungen mitzuteilen.Andererseits wird ein so weit gehendes Auskunftsrecht des Arztes unter Beru- fung auf die ärztliche Schweigepflicht als Nebenpflicht aus dem Begutach- tungsvertrag abgelehnt.
Zu diesem für die begutachtenden Ärzte wesentlichen Problem hat die Geschäftsführerkonferenz des Haupt- verbandes der gewerblichen Berufsge- nossenschaften (Bonn) Standpunkte vertreten, die die Rechtsbeziehungen zwischen Unfallversicherungsträgern, ärztlichen Gutachtern und Versicherten klären helfen sollen:
„ Maßstäbe für den Umgang des medizinischen Gutachters mit den Versi- cherten im Rahmen der Begutachtung ergeben sich aus dem Begutachtungs- (Werk-)Vertrag zwischen Berufsgenos- senschaft und Gutachter. Dessen Inhalte werden geprägt durch das Gebot der ob- jektiven Sachverhaltsermittlung, durch Verfahrens- und Informationsrechte der Versicherten ebenso wie deren Mitwir- kungspflichten und durch das Gutach- ter- und das ärztliche Standesrecht.
Zwischen medizinischem Gutach- ter und Versicherten ist ein Vertrauens- verhältnis anzustreben, das auf der ob- jektiven und sachkundigen Wahrneh-
mung der Aufgabe des Gutachters be- ruht.
Vor Beginn der Untersuchungen informiert der Gutachter den Versicher- ten über Inhalt und Ziel der Begutach- tung, über seine Vorgehensweise und über den Verlauf der erforderlichen Un- tersuchungen. Über körperliche Ein- griffe ist der Versicherte aufzuklären, insbesondere auch über eventuelle Risi- ken und Beeinträchtigungen. Bei nicht duldungspflichtigen Eingriffen (§ 65
SGB I) ist zu klären, ob der Versicherte mit dem Eingriff einverstanden ist.
Durch das Anamnesegespräch mit dem Versicherten gewinnt der Gutach- ter, soweit erforderlich, Informationen zur Krankheits-, Familien- und Arbeits- vorgeschichte sowie zu den Lebensge- wohnheiten. Ergibt sich daraus eine Abweichung von den Ermittlungser- gebnissen der Berufsgenossenschaft, ist bei dieser rückzufragen, oder es sind Alternativbeurteilungen abzugeben.
Über die bei der Untersuchung er- hobenen medizinischen Tatsachen (Befunde, Funktionsbeschränkungen) kann der Gutachter den Versicherten informieren; Mess- oder Laborergeb- nisse, Röntgenbilder usw. kann er dem Versicherten erläutern.
Der Gutachter informiert den Ver- sicherten, wenn dieser behandlungsbe- dürftig ist oder wenn weitere, nicht zum Begutachtungsumfang gehörende Un- tersuchungen geboten erscheinen.
Beratung des Versicherten im berufgenossenschaftlichen Verfahren gehört nicht zu den Aufgaben des Gut- achters. Auf ausdrückliches Verlangen kann der Gutachter den Versicherten über seine Vorschläge zu Fragen wie Vorliegen einer Berufskrankheit oder Höhe der Minderung der Erwerbs- fähigkeit informieren, sofern dies be- reits im Zeitpunkt der Untersuchung möglich ist. Er weist dabei darauf hin, dass es sich um ärztliche Vorschläge
handelt, die der abschließenden Beur- teilung durch den Unfallversicherungs- träger bedürfen.
Äußert der Versicherte den Wunsch auf Übermittlung des vollstän- digen Gutachtens, so weist der Gutach- ter ihn auf sein Recht hin, Einsicht in die Akten der Berufsgenossenschaft zu nehmen (§ 25 SGB X). Eine Übermitt- lung durch den Gutachter an den Versi- cherten ist vom Gutachtenauftrag nicht
gedeckt.“ HJM
P O L I T I K
A
A2826 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 43½½½½27. Oktober 2000
Ärztliche Begutachtung
Auskunfts-
und Mitteilungsrecht
Berufsgenossenschaften geben Hinweise.
´ TabelleC´
Prävention und Wirtschaftlichkeit: Aufwendungen der Unfallversicherungsträger für Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten 1998
Unfallversicherungsträger Leistungen für Arbeits- Leistungen für Aufwendungen für die und Wegeunfälle 1) Berufskrankheiten 1) gesetzliche
Unfallversicherung 2) in 1 000 DM
Gewerbliche
Berufsgenossenschaften 12 742 4482 757 589 19 408368 Landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaften 1 481 090 38 422 1 964 127 Unfallversicherungsträger
der öffentlichen Hand 1 588 073 46 894 2 062 144
Gesamt 15 811 611 2 842 905 23 434 639
1)Heilbehandlung: Medizinische, berufsfördernde und soziale Rehabilitation; Geldleistungen an Versicherte und Hinterbliebene und Prävention
2)Hier sind neben den Leistungen für Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten auch Verwaltungs- und Verfahrenskosten und Aufwen- dungen wie Zuführungen zu Betriebsmitteln und Rücklagen enthalten. Quelle: Unfallverhütungsbericht 1998