Braucht der Arzt im „Irr- garten" der vielen bereits verfügbaren Antibiotika noch ein weiteres hoch- wirksames Chemothera- peutikum? Internationale Experten führten bei ei- nem von der Firma Bayer Ende letzten Jahres in Leverkusen veranstalte- ten Symposium verschie- dene Gründe dafür an, warum der neue Wirk- stoff Ciprofloxacin als ei- ne Bereicherung der an- tibakteriellen Palette an- zusehen ist.
Ciprofloxacin gehört zu den Chinolonen Das zur Substanzklasse der Chinolone zählende Ciprofloxacin hemmt in Bakterien das Enzym DNS-Gyrase, welches da- für sorgt, daß sich das lange Nukleinsäuremole- kül paßgerecht zusam- menknäult . — Gyrase- Äquivalente der Säuger- zelle bleiben glücklicher- weise unbeeinflußt. Die Folge der Enzym-Blocka- de ist für Bakterien ver- heerend: Die in der stoff- wechselaktiven Phase aufgefaltete DNS kann anschließend nicht wie- der auf kleinem Raum untergebracht werden.
Die Bakterienzelle platzt.
Wirksamkeit
gegen multiresistente Hospitalkeime
Die daraus resultierende starke bakterizide Wir- kung von Ciprofloxacin erfaßt ein außerordent- lich breites Spektrum gramnegativer und gram- positiver Erreger. Einge- schlossen sind auch sol- che Hospitalkeime, die gegen die neuesten Ce- phalosporine, Penicilline und Aminoglykoside mul- tiresistent sind.
Die plasmid-kodierte Re- sistenz spielt bei Chino- Ionen nach allen bisheri- gen Beobachtungen kei- ne Rolle. Mehr noch: Un- ter den Einfluß der Chino- lone — das war schon von der Pioniersubstanz Nali- dixinsäure bekannt — scheinen Bakterien mit Plasmiden eliminiert zu werden, auf denen häufig gleich mehrere Resi- stenzgene gegen unter- schiedliche Antibiotika lokalisiert sind. Dennoch ist auch bei Chinolonen eine Resistenzentwick- lung nicht ganz auszu- schließen. Ursache sind dann Mutationen auf dem Chromosom; allerdings dürfte eine so vermittelte Resistenz wesentlich langsamer als die plas- mid-vermittelte um sich greifen.
Als Indikationen für das gut verträgliche Ciproflo-
xacin wurden in Leverku- sen Harnwegsinfekte, aber auch Atemwegsin- fekte sowie nosokomina- le Infektionen in der In- tensivbehandlung her- vorgehoben. Außerdem könnte die Pseudomo- nas-Pneumonie der Mu- koviszidose-Patienten zu einem wichtigen Einsatz- gebiet werden, wenn auch, wie mit allen ande- ren Antibiotika, keine dauerhafte Keimelimina- tion möglich ist.
Verfügbar in
oraler und intravenöser Darreichungsform Ciprofloxacin steht so- wohl in oraler wie auch in intravenöser Darrei- chungsform zur Verfü- gung. Ein weiteres Plus dieses Gyrase-Hemmers:
das hohe Verteilungsvo- lumen. Im Gewebe wer- den binnen einiger Stun- den nach Applikation zwei- bis dreifach höhere Konzentrationen als im Serum erreicht. thü/vi
HGH steht weiter zur Verfügung
Das in der letzten Zeit in die Schlagzeilen gerate- ne humane Wachstums- hormon HGH ist weiter- hin verfügbar. Wie die Firma Serono, Freiburg, mitteilte, wurden in Ab- sprache mit dem BGA Veränderungen bei der Produktion von Grorm®
vorgenommen; auch der Beipackzettel wurde ge- ändert. Das aus mensch- lichen Hypophysen ge- wonnene HGH war in den Verdacht geraten, die Ja-
cob-Creutzfeldt-Krank- heit zu übertragen. Bei den ausschließlich in den USA aufgetretenen Ver- dachtsfällen wurde aller- dings laut Serono ein un- reines, nicht von der FDA registrierte Wachstums- hormon verwendet, das nach einem veralteten Verfahren hergestellt worden sei. In der Zwi- schenzeit sind ein Viertel aller in den letzten zwan- zig Jahren mit HGH be- handelten Kinder unter- sucht worden. Es wurden keine Anzeichen einer möglichen Erkrankung festgestellt. Weitere um- fangreiche Prüfungen sind im Gange. so
Die kleinste Insulinpumpe der Welt
Hoechst hat jetzt die kleinste Insulinpumpe der Welt in die Thera- pie eingeführt: H-Tron Hoechst mißt 75 mal 53 mal 18 Millimeter. Ge- genüber anderen Pum- pen besteht die Möglich- keit, die Insulin-Basalrate individuell anzupassen;
sie wird vom Arzt in die Pumpe einprogrammiert.
Vor den Mahlzeiten kann der Patient eine entspre- chende Zusatzrate (Bo- lus) abrufen. ht
Antibakterieller Fortschritt: Gyrase-Hemmer
Die Bakterienzelle platzt
Als zusätzliche Lichtquelle bei tieferen chirurgi- schen Eingriffen bietet die Firma Heraeus, Ha- nau, einen „leuchtenden Wundhaken" an.
Ebenfalls aus dem Hanaulux®-Programm oben im Bild die extrem höhenverstellbare OP-Leuch- te Amsterdam Foto: Heraeus
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
INDUSTRIE UND FORSCHUNG
352 (90) Heft 6 vom 5. Februar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A