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Vorhersage von Studienerfolg in den Ingenieurwissenschaften über Learning Analytics? Aussagekraft von Lernerdaten in einem webbasierten Mathematik-Vorkurs

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Academic year: 2021

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Katja DERR, Reinhold HÜBL, Edith MECHELKE-SCHWEDE, Tatyana PODGAYETSKAYA, Miriam WEIGEL, DHBW Mannheim, DE

Vorhersage von Studienerfolg in den Ingenieurwissenschaften über Learning Analytics? Aussagekraft von Lernerdaten in einem webbasierten Mathematik-Vorkurs

1 Ausgangslage

In ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen werden solide Grundkennt- nisse in Mathematik vorausgesetzt; sind diese Kenntnisse lückenhaft, kann schon die Studieneingangsphase zu einer permanenten Überforderung wer- den. Vor- und Brückenkurse in Mathematik sollen angehende Studierende auf die Anforderungen eines Studiums vorbereiten und damit auch der wach- senden Zahl der Studienabbrüche entgegenwirken. Da diese Angebote dem Regelstudium vorgeschaltet sind und nicht alle Studienanfänger/-innen er- reichen ist es allerdings schwierig, ihren Einfluss auf den späteren Studien- erfolg zu analysieren.

An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim werden im Rah- men des QPL-Verbundprojekts optes die Daten von Teilnehmer/-innen an einem webbasierten Vorkurs analysiert und mit dem Studienerfolg im ersten Studienjahr und am Ende des Studiums in Beziehung gesetzt. Neben demo- grafischen und schulbezogenen Daten werden seit 2011 die Vorkenntnisse in Mathematik und der Lernerfolg im Vorkurs über einen Einstiegs- und ei- nen Kontrolltest erhoben; seit 2014 werden zusätzlich Fragebögen zur Ein- stellung gegenüber dem Fach Mathematik und den eingesetzten Lernstrate- gien ausgewertet, ergänzt durch Logfiles des Lernmanagementsystems. Der Vorkurs ist modular aufgebaut, d.h. zusätzlich zum Selbststudium können Studierende an Präsenzkursen oder einem betreuten eLearning Angebot teil- nehmen.

1 Leistungen im Fach Mathematik und Studienerfolg

Zunächst wurde untersucht, ob die Relevanz des Fachs Mathematik für den Studienerfolg in einem ingenieurwissenschaftlichen Studiengang für die Fa- kultät Technik der DHBW Mannheim belegt werden kann (Studiengänge In- formationstechnik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Mechatronik und Wirt- schaftsingenieurwesen). Für diese Untersuchung wurden die anonymisierten Datensätze von drei kompletten Jahrgängen betrachtet (2011: n= 660; 2012:

n = 779; 2013: n = 665). Als Maß für „Studienerfolg“ stand der kumulierte GPA (Grade Point Average) am Ende des Studiums zur Verfügung, sowie die dichotome Variable „Studium abgeschlossen (ja/nein)“. Fast alle Klau- surergebnisse korrelierten signifikant mit dem GPA; der stärkste Zusammen- hang mit Leistungen aus dem ersten Studienjahr wurde für die Klausur Ma- thematik I festgestellt, mit Korrelationen zwischen r = .62 und .70 (p < .01).

U. Kortenkamp & A. Kuzle (Hrsg.),

Beiträge zum Mathematikunterricht 2017. Münster: WTM-Verlag.

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In einer linearen Regression konnte über die Variable Mathematik I mehr als 30% der Varianz im kumulierten GPA erklärt werden, höhere Werte wurden nur für die Klausur Mathematik II erzielt, die im zweiten bzw. dritten Studi- enjahr geschrieben wird (R

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über 40%). Mathematik I zeigte auch einen Ein- fluss auf die Variable „Studienabbruch“: In einer logistischen Regression stieg mit jedem Anstieg in Mathematik I die Wahrscheinlichkeit das Studium abzuschließen signifikant und deutlich an (Werte für Exp. (B) zwischen 5 und 14). Allerdings war die Varianz in diesen Berechnungen sehr hoch; eine zuverlässige „Vorhersage“ des Studienabbruchs auf Basis der Mathematik I Klausur konnte aus den Daten nicht abgeleitet werden.

Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass ein starker Zusammenhang zwischen den Leistungen im Fach Mathematik und dem Studienerfolg in den fünf un- tersuchten ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen besteht – und dass die erste Mathematikklausur im Vergleich zu anderen Studienfächern einen guten frühen Indikator für den späteren Studienerfolg darstellt.

2 Eingangsvoraussetzungen und Studienerfolg

Im nächsten Schritt wurde der Einfluss der Eingangsvoraussetzungen der Studienanfänger/-innen auf den Studienerfolg im ersten Semester unter- sucht. Neben klassischen Prädiktoren wie der Abschlussnote im Zeugnis der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) oder der Schul-Mathematiknote wurde die Art der HZB erhoben, außerdem das Bundesland, in dem die HZB erworben wurde, das Alter der Studienanfänger/-innen, der Abstand zwi- schen Schule und Hochschule, sowie das Geschlecht.

Als zusätzliche fachbezogene Variable lagen die Ergebnisse in einem diag- nostischen Einstiegstest vor, der zu Beginn des Mathematik-Vorkurses on- line durchgeführt wurde. Inhaltlich deckte der Test den Schulstoff der Mittel- und Oberstufe ab (siehe Empfehlungen der cosh Arbeitsgruppe, 2014).

Über einfache und multiple Regressionen wurde der Einfluss der demogra- fischen und schulbezogenen Variablen auf die Leistungen im ersten Studi- enjahr analysiert. Den stärksten und in allen Berechnungen signifikanten Einfluss auf Mathematik I hatte das Ergebnis im diagnostischen Einstiegs- test, gefolgt von der Gesamtnote im Schul-Abschlusszeugnis (HZB-Note) (vgl. z.B. Faulkner et al., 2014; Greefrath & Hoever, 2016). Weniger deut- lich war der Effekt der Mathematik-Schulnote, diese Variable korrelierte zwar im einfachen linearen Vergleich mit Mathematik I, war im multiplen Modell aber deutlich schwächer als der Einstiegstest oder die HZB-Note.

Bezüglich der Hochschulzugangsberechtigung konnte ein signifikanter Un- terschied zwischen Studienanfänger/-innen mit gymnasialem Abitur und Fachhochschulreife festgestellt werden (z.B. Knospe, 2011), allerdings war

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Beiträge zum Mathematikunterricht 2017. Münster: WTM-Verlag.

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dieser Effekt weniger konsistent als der Einfluss der HZB-Note. Insbeson- dere in der Gruppe der Absolventen von Gymnasien mit Abitur (ca. 70% der Studienanfänger/-innen) waren große Leistungsunterschiede in Mathematik zu beobachten.

In der Literatur wurde wiederholt auf die Bedeutung von Mathematik-Leis- tungskursen auf Eingangstestergebnisse bzw. Studienerfolg hingewiesen (z.B. Knospe, 2011; Greefrath & Hoever, 2016). Diese Daten lagen für die vorliegende Untersuchung leider nicht vor. In Baden-Württemberg erhalten alle Oberstufenschüler/-innen vierstündigen Mathematik-Unterricht, eine Vertiefung über Leistungskurse ist nicht vorgesehen. Vor diesem Hinter- grund sind die relativ schwachen Testergebnisse der Schüler/-innen aus Ba- den-Württemberg im Vergleich zu den beiden anderen Einzugsgebieten von Mannheim (Rheinland-Pfalz und Hessen) sicherlich erwähnenswert.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Vorkenntnisse in Mathematik einen guten Prädiktor für den späteren Studienerfolg darstellen, und dass Studien- anfänger/-innen mit einem unterdurchschnittlichen Einstiegstestergebnis eine schlechtere Startposition im Studium haben. Über das multiple Modell konnte 33% der Varianz in Mathematik I erklärt werden (n = 465; R

2

= .33;

R

2

adj. = .31; F (13, 451) = 16.67; p < .01), ein Wert der vergleichbaren Studien zum Zusammenhang zwischen Eingangsvoraussetzungen und aka- demischer Leistung entspricht (Ackerman et al., 2013).

3 Vorkurs-Teilnahme

Im Zentrum der Vorkurs-Evaluation stand die Frage, ob „Risiko“-Studie- rende durch die Teilnahme am Mathematik-Vorkurs ihre Startposition ver- bessern konnten. Tatsächlich zeigte die Variable „Lernerfolg“ (Differenz zwischen Kontrolltest und Einstiegstest) in der multiplen Regression einen signifikanten, wenn auch nicht sehr starken Effekt auf die Leistungen im ers- ten Semester. Das heißt, nur eine erhebliche Verbesserung zwischen Ein- stiegs- und Kontrolltestergebnis führte zu einem sichtbaren Anstieg der Ma- thematik I Note.

Der Lernerfolg im Vorkurs wiederum war abhängig vom Engagement der Lernenden. Ein zuverlässiger Faktor zur „Messung“ dieses Engagements war die Anzahl der durchgeführten Selbsttests. Es konnte ein linearer Zu- sammenhang zwischen der Anzahl der Abschlusstests der Online Lernmo- dule und dem Lernzuwachs im Vorkurs beobachtet werden. Diese Variable zeigte sogar einen signifikanten Einfluss auf die Mathematik I Ergebnisse im multiplen Modell. Ein weiteres Indiz für Lernerfolg im Vorkurs war die an- gegebene Lernzeit, während andere lernerbezogene Daten, wie der effektive

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Beiträge zum Mathematikunterricht 2017. Münster: WTM-Verlag.

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Einsatz von Lernstrategien, die Einstellung dem Fach Mathematik gegen- über oder die Anzahl der besuchten Lernmodulseiten, keinen Einfluss auf die Leistungen der „Risiko“-Studierenden hatte.

Die Analysen legen nahe, dass es für Studierende mit lückenhaften Vor- kenntnissen in Mathematik sehr schwer ist, ihre Startposition zu verbessern bzw. den Abstand zu Studienanfänger/-innen mit guten Vorkenntnissen zu verringern. Der Mathematik-Vorkurs zeigte nur dann einen positiven Effekt auf die Leistungen im ersten Studienjahr, wenn die Teilnehmer/-innen zu in- tensivem Selbststudium bereit waren. Generell ist zu sagen, dass ein Vorkurs nicht das geeignete Mittel ist, um den Schulstoff der Mittel- und Oberstufe neu zu erarbeiten; für angehende Studierende, die in fast allen Themenge- bieten Nachholbedarf haben, sollte über weitergehende Maßnahmen nach- gedacht werden.

In Bezug auf das Datenmodell ist zu sagen, dass ein großer Teil der Varianz in Mathematik I unerklärt bleibt und dass weitere Einflussfaktoren erhoben werden müssten, um auf Basis der Vorkurs-Daten individuelle Prognosen für den Studienverlauf zu erstellen. In der Gesamt-Betrachtung sind die Er- gebnisse dennoch sehr aufschlussreich. Der Vergleich der Einstiegstester- gebnisse der letzten vier Jahrgänge lässt beispielsweise den Schluss zu, dass die Heterogenität der Vorkenntnisse der Studienanfänger/-innen zunimmt, so dass die Vorkursangebote möglicherweise noch deutlicher ausdifferen- ziert werden müssen.

Literatur

Ackerman, P. L., Kanfer, R. & Beier, M. E. (2013). Trait Complex, Cognitive Ability, and Domain Knowledge Predictors of Baccalaureate Success, STEM Persistence and Gender Differences. Journal of Educational Psychology, 105 (3), 911–927.

cosh cooperation schule:hochschule (2014). Mindestanforderungskatalog Mathematik (2.0) der Hochschulen Baden-Württembergs für ein Studium von WiMINT-Fächern Faulkner, F., Hannigan, A. & Fitzmaurice, O. (2014). The role of prior mathematical

experience in predicting mathematics performance in higher education. Interna- tional Journal of Mathematical Education in Science and Technology, 45 (5), 648–

667.

Greefrath, G. & Hoever, G. (2016). Was bewirken Mathematik-Vorkurse? Eine Unter- suchung zum Studienerfolg nach Vorkursteilnahme an der FH Aachen. In: A. Hop- penbrock et al. (Hrsg.), Lehren und Lernen von Mathematik in der Studieneingangs- phase. Herausforderungen und Lösungsansätze (S. 517–530). Berlin: Springer Spektrum.

Knospe, H. (2011). Der Eingangstest Mathematik an Fachhochschulen in Nordrhein- Westfalen von 2002 bis 2010. Proceedings des 9. Workshops Mathematik für inge- nieurwissenschaftliche Studiengänge. Wismarer Frege-Reihe (2), 8–13.

U. Kortenkamp & A. Kuzle (Hrsg.),

Beiträge zum Mathematikunterricht 2017. Münster: WTM-Verlag.

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