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Straßenschule Kompetenzbildung. Konzept. Kompetenzbildung, Beratung und Begleitung von (jungen) Menschen in schwierigen Lebenslagen.

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Straßenschule Kompetenzbildung

Konzept

Kompetenzbildung, Beratung und Begleitung

von (jungen) Menschen in schwierigen Lebenslagen.

Dresdner

STRAßENSCHULE

arbeitsweltbezogener Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII)

!

Mai 2018

(2)

Inhaltsverzeichnis

1. Der Verein Treberhilfe Dresden...3

2. Straßenpädagogik...3

2.1. Allgemeine Bedarfsanalyse...4

2.2. Straßenschule ist Soziale Arbeit und mehr als Bildung...5

3. Dresdner Straßenschule ist Kompetenzbildung...7

3.1. Erfolge mit Erfolglosen...8

3.1.1. Besondere Lebenserfahrungen...8

3.1.2. Bedarfsspezifische Arbeitsweise...9

3.1.3. Straßenschule ist Lernort & Motivation...10

3.1.4. Prozessziele der Straßenpädagogik...13

3.1.5. Erreichte Teilnehmende und Vermittlungen...14

3.2. Building & Bonding ist Beziehungsarbeit...15

3.2.1 Erstkontakte & Zugänge...16

3.2.2. Schnupperkurs und Sprechstunde...16

3.2.3. Kompetenzscan & Lernstand...18

3.3. Process Designing & Bridging in Lern-Werkstätten...18

3.3.1. Sozialarbeit mit Einzelnen...19

3.3.2. Unterstützer-Netzwerk-Arbeit...20

3.3.3. Subjektorientierte Modulplanung & Prozess-Designing...21

3.3.4. Lernwerkstätten...22

3.3.5. Kompetenzwerkstätten...23

3.3.6. Modularer-Zeitplan & Abschluss...25

3.4. Rahmenbedingungen und Ausstattung...26

3.5. Ergebnisse und Meilensteine...27

3.5.1. Preise & Anerkennung...28

3.5.2. Qualitätsentwicklung...28

3.6. Ausblick...29

3.6.1. Verlässlichkeit durch Kontinuität...29

3.6.2. Ausgewählte Partnerschulen zur Schulfremdenprüfung...30

3.6.3. Traumasensibilität...30

3.6.4. Ausschlusskriterien & Abgrenzung oder ämterübergreifende Förderung?...30

Anlagen...32

Organigramm THD im Prozess...32

Wochenplan...33

Literaturverzeichnis...34

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1. Der Verein Treberhilfe Dresden

Der Treberhilfe Dresden e.V. (THD) ist gemeinnützig und anerkannter Träger der Jugendhilfe und wur- de 1995 gegründet. Die THD ist im Bereich der Sozial- und Jugendarbeit tätig. Der Vereinsname beruft sich auf „Rumtreiber*innen“ und „Getriebene“. Trebe, Trester oder Maische bleibt beim Weintrauben-, Obst-Stampfen übrig. Im metaphorischen Sinne sind (junge) Menschen gemeint, die sich „herumtrei- ben“, „übrigbleiben“ bzw. auf denen die „Gesellschaft rumtrampelt“.

Vereinszweck ist, (jungen) Menschen in besonderen Lebenslagen Beratung, Begleitung und Unterstüt- zung anzubieten und präventive Maßnahmen zu entwickeln (vgl. Satzung). Das Leitbild beruft sich auf ein humanistisches Weltbild.

Die THD ist aktives Mitglied im ...

Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen e.V.

sowie in weiteren Fachverbänden ...

➢ DGSF (Deutsche Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie)

➢ BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft) Streetwork/ Mobile Jugendarbeit e.V.

➢ BfSK (Bündnis für Straßenkinder in Deutschland e.V.) - Gründungsmitglied

➢ BdJA (Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V.)

➢ LAK (Landesarbeitskreis) Mobile Jugendarbeit Sachsen e.V.

➢ AGJF (Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten) Sachsen e.V.

➢ SJR (Stadtjugendring Dresden e.V.)

Die THD betreut offen und flexibel. Angeboten wird Offene Arbeit mit Kindern und Jugendliche, bspw.

auf dem Abenteuerspielplatz Panama, Mobile Jugendarbeit/ Streetwork in unterschiedlichen Stadtteilen und Hilfen zur Erziehung. Beteiligungs- und Betätigungs-, Medien- oder Theater-Projekte entstehen mit Mitteln aus EU, Bund oder über Stiftungen. Einige junge Menschen werden über Sozialstunden be- gleitet und beschäftigt. Die Straßenschule wurde als Modellprojekt über Drittmittel aufgebaut.

Eine Besonderheit der THD ist die Unterstützung der hauptamtlichen Sozialpädagog*innen durch ein hohes ehrenamtliches Engagement, welches sich oft auf das zuvor absolvierte Praktikum im Studium Sozialer Arbeit stützt. Der Verein hat 30 Mitglieder, einen ehrenamtlichen Vorstand und etwa 40 Haupt- amtliche in Voll- und Teilzeit sowie unterschiedliche Kontaktstellen und Einrichtungen in Dresden (vgl.

Organigramm).

2. Straßenpädagogik

Straßenschule und Straßenpädagogik ist eine Entwicklung, die sich aus der zielorientierten aufsuchen- den Jugendsozialarbeit ergibt. Seit Entwicklung des Konzeptes gab es bereits Interessent*innen für die Beschulung im sozialpädagogischen Kontext, da hier individuell, subjektorientiert - außerhalb des Schulsystems – im niedrigschwelligen Kontaktladen der Straßensozialarbeit - Fachlernen verbunden wird mit eigenen Lebenserfahrungen und Zukunftsperspektiven. Gerade dieser Fokus auf Ausbil- dungs- und Arbeitsweltbezug, verbunden mit der Gestaltung von partizipativer Mitarbeit erhöht den Leistungs- und Lernwillen. Die Lernphasen wiederum werden mit Lebensberatung, Zieldefinitionen und Zukunftsgestaltung begleitet.

Im Besonderen seit 2014, seit die Straßenschule als KLuB (Kompetenzen Leben und Bilden) in eige- nen Räumen eröffnet wurde, wachsen die Anfragen interessierter junger Menschen nach einem frei-

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en Teilnehmerplatz kontinuierlich. Resultierend aus der starken Nachfrage wurde die Platzkapazität von 2014 bis 2017 verdreifacht. Auf einer Warteliste wurden zudem potentielle Teilnehmende erfasst, welche als Nachrücker*innen auf einen Platz warteten.

Die Straßenschule Dresden ist im Sinne des § 13 SGB VIII und im Besonderen der Absätze 1 und sozi- alpädagogische Unterstützung. Die Ansätze und Methoden der Straßenpädagogik und Kompetenzförde- rung, sorgen für Integration und fördern somit den Prozesse die zur Überwindung sozialer Benachteili- gung bzw. individueller Beeinträchtigungen junger Menschen notwendig sind.

(1) Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individu- eller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbil- dung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern.

(2) Soweit die Ausbildung dieser jungen Menschen nicht durch Maßnahmen und Programme anderer Träger und Organisationen sichergestellt wird, können geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbil- dungs- und Beschäftigungsmaßnahmen angeboten werden, die den Fähigkeiten und dem Entwick- lungsstand dieser jungen Menschen Rechnung tragen.

(...)

(4) Die Angebote sollen mit den Maßnahmen der Schulverwaltung, der Bundesagentur für Arbeit, der Träger betrieblicher und außerbetrieblicher Ausbildung sowie der Träger von Beschäftigungsangebo- ten abgestimmt werden.

Hiermit ergibt sich eine sinnvolle Zuordnung zur Leistungsart der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozial- arbeit (kurz: AJS).

2.1. Allgemeine Bedarfsanalyse

Nach den Ergebnissen der Vodafone Studie 2015 sind ca. 20.000 junge Leute in Deutschland "Entkop- pelt vom System". Sie fallen nicht nur aus Schule und Ausbildung, sondern auch aus sozialen Einrich- tungen komplett heraus und laufen Gefahr einer dauerhaften Obdachlosigkeit und Drogensucht. Sie übernachten bei Freunden, sog. „Sofa-Hopper“ (vgl. DJI 2015). Eine weitere Studie des DJI fasst den Begriff der Straßenjugendlichen, der erstmals mit einer Anzahl von 2.000 bis 29.000 Betroffenen an- gegeben wird. Diese zahlenmäßigen Unterschiede entstehen, weil unterschiedliche Kriterien zur Be- stimmung von Gruppen verwandt werden, mangelnde Statistik und Dunkelziffer. Die Schätzungen be- ziehen sich auf Hochrechnungen und erfassen eine Gesamtanzahl von 37.000 Straßenjugendlichen und Gefährdeten bis einschließlich 26 Jahre. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosen- hilfe schätzt die Anzahl der minderjährig wohnungslosen Jugendlichen auf 32.000, das sind 8% der sich in Wohnungsnot befindenden Menschen. In der DJI Studie 2017 werden vor allem die hohen Zah- len der 18 bis 20jährigen und 21 bis 24jährigen jungen Volljährigen und jungen Erwachsenen deut- lich. Hieraus ergibt sich in diesem Alter des Selbständig-Werdens ein hoher niedrigschwelliger Bera- tungs- und Begleitungsbedarf. In dieser Altersgruppe nimmt die Beratung junger Volljähriger durch das Job-Center eine zentrale Rolle ein. Erzieherische und somit Aspekte der Jugendhilfe verschwinden hin- ter den Anforderungen des „Fordern und Förderns“. Junge Menschen werden durch die Anforderungen und kürzeren Beratungs- und Zuwendungszeiten überfordert. Pflichtverletzungen führen zu Leistungs- einschränkungen bzw. zum Wegfall der Leistung und führen somit in die Perspektiv- und Wohnungslo- sigkeit (vgl. DJI 2017, S. 27). In Dresden wird seit 1999 von etwa 400 bis 800 „junger Menschen in besonderen Lebenslagen“ gesprochen (vgl. AG), eine statistische Erhebung mit klarer Definition liegt nicht vor.

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Ähnliche Dunkelziffern erhalten wir, wenn wir uns dem Thema Schul-Abbrecher*innen bzw. -Ver- weiger*innen zuwenden. Ergebnisse der Bertelsmann Studie von 2014 belegen - insbesondere für Sachsen – einen großen präventiven und fördernden Handlungsbedarf. So liegt die Zahl von Schüler*innen, die die Schule abbrechen hier im deutschlandweiten Vergleich besonders hoch. Der An- teil der Schulabbrecher*innen betrug laut Studie 9,1 Prozent und lag damit 3 Punkte über dem Schnitt (vgl. Bertelsmanstudie „Chancenspiegel 2014“ 2014)

Auch in Dresden leben Jugendliche und junge Erwachsene ohne festen Wohnsitz. Genaue Zahlen gibt es nicht. Einige suchen u.a. die Anlaufstellen der THD auf. Dort wurde ihr besonderer Bildungsbedarf festgestellt, der über die zur Verfügung stehenden Angebote der Mobilen Jugendarbeit und Streetwork hinaus geht. (Junge) Menschen in besonderen Lebenslagen werden als benachteiligt, defizitbelastet und schwer erreichbar wahrgenommen und beschrieben. Diese Zuschreibung spitzt das Risiko sozialer Ausgrenzung und Benachteiligung weiter zu.

2.2. Straßenschule ist Soziale Arbeit und mehr als Bildung

Die Straßenschule ist ein straßenpädagogisches Bildungsprojekt zur Förderung vor allem der sozia- len, schulischen und beruflichen bzw. zukunftsorientierten Entwicklung (vgl. § 13 SGB VIII) mit dem Fokus auf außerschulische, also sozial-pädagogische Bildung, Projektarbeit und Unterstützung.

Der straßenpädagogische Arbeitsansatz folgt den Ausführungen Paulo Freires. Bewusstseinsbildung, entsteht durch Demokratie-lernen im dialogischen Prinzip mit Aufklärung und Kompetenzerwerb.

Durch die Begleitung in und mit der Lebenswelt und Lebensrealität der (jungen) Menschen gelingt (Selbst-) Bewusstseinsbildung. Chancengleichheit wird erst durch besondere Schulformen hergestellt, die subjektorienitert fokussieren.

Wir integrieren systemische Haltung, suchen Lösungen und gestalten so Zukunftsperspektiven. Durch (Gruppen-)Lernen wird Kompetenzerwerb möglich. Gegenüber didaktischer Schulpädagogik bezieht sich Straßenpädagogik einerseits auf die aktuellen Lebenslagen und arbeitet mit den Erfahrungen und Ressourcen der Lernenden und deren Umfeld. (Junge) Menschen in schwierigen Lebenslagen haben (Über-) Lebenskompetenzen. Junge Menschen befinden sich in Entwicklungsphasen. Somit wird - nach Chelestin Freinet – Spieltrieb und Lernwille als natürliche Gabe des Kindes vorausgesetzt. Auch wenn Handlungen als illegitim, auffallend oder als besonders – gegenüber normierten Werten - wahrgenom- men und als solche bewertet werden, konzentrieren wir uns auf Zukunft, nicht auf Vergangenheit, beto- nen Stärken, anstatt Defizite. Lösungen und alternative Handlungskonzepte werden vermittelt.

Straßenpädagogik nutzt kommunikative, animative1 und somit vitalisierende Didaktik. Sie ist ziel- und themenorientierte Sozialpädagogik in der Gruppen- und Einzelarbeit. Sie arbeitet mit dem dialo- gischen Prinzip (vgl. Buber oder Freire). Sie ist Arbeits- und Anschauungspädagogik2. Die Verwen- dung partizipierender und aktivierender Methoden fördert selbstregulierende Lernprozesse und Kompetenzgewinnung. Soziale Kompetenzen und Teamarbeit werden erlernt und trainiert. Rück-

1 Didaktik ist einerseits die Lehre vom Lehren und Lernen; Unterrichten; Theorie der Bildungsinhalte, Methode des Unter - richtens (vgl. Duden); In diesem Sinne ist Sozialpädagogik animative, vitalisierende und kommunikative Didaktik, als Leh - re der Gestaltung von Lern- bzw. Entwicklungsprozessen, Motivations-, Betätigungs- bzw. Kommunikationslehre (vgl.

Geub 1980).

2 Vgl. Ausführungen von Pestalozzi u.a. Reformpädagogen, die Einfluss auf die moderne Entwicklung einerseits der didak- tischen Pädagogik und somit auf die Entwicklung und Erweiterung der Sozialpädagogik nehmen. Bspw. beeinflussen Jean Jacques Rousseau, John Dewey oder Kurt Hahn Erlebnis-, Abenteuerpädagogik, Gruppenpädagogik und Gemeinwesenar- beit oder Alice Salomon emanzipiert Soziale Arbeit, vom helfenden Frauenberuf zur eigenständigen Profession und Diszi- plin (vgl. Tenorth, Koch).

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schritte sind Lernmöglichkeiten und somit Ressourcen (vgl. Miller/Rollnik). Besondere Bedeutung hat Paulo Freier. Seine Befreiungspädagogik beschreibt eine aufsuchende Pädagogik, die in der Le- benswelt der Menschen Bildungsporzesse organisiert und somit in Verbindung mit Aufklärung, Be- wusstseinsbildung und Bewsstwerden von sog. Unterdrückungs- bzw. Benachteiligungsstrukturen ver- deutlicht. Lernen bedeutet somit vor allem auch gesellschaftliches und gemeinschaftliches, also sozia- les Lernen. Das Ziel ist Chancengleichheit und Inklusion die zur „Befreiung“ des Menschen beiträgt (vgl. Freire).

Von Bedeutung ist die Kompetenzgewinnung. Fertigkeiten und Fähigkeiten werden erkannt, neu kon- struiert, erlernt und somit Stärken, Interessen, Neigungen und letztendlich Zukunftsvisionen offen ge- legt und somit Ziele gemeinsam entdeckt bzw. erarbeitet und verstärkt.

Abbildung 1: Graffiti SchaufenstergestaltungDie Kunst des Schreibens bzw. sozialpädagogische Team- und Gruppenarbeit (Kompetenz-Werkstatt)

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3. Dresdner Straßenschule ist Kompetenzbildung

Mittlerweile gibt es einige Konzeptanpassungen und Differenzierungen, weil Anträge an Sozialamt und Jugendamt gestellt und unterschiedliche Konzeptansätze diskutiert wurden. In diesem Zusammen- hang sammelten wir Erfahrungen mit jungen Menschen ab 16 Jahren und mit Erwachsenen über 27 Jahren. Die Arbeitsweise ist ähnlich. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf Jugendliche, junge Voll- jährige und junge Erwachsene ab dem 16ten und bis zum vollendeten 26ten Lebensjahr.

Die Wirksamkeit des straßenpädagogischen Ansatzes für Zielgruppen in unterschiedlichen Kontexten und Lebensphasen ermöglicht ein Spektrum von Differenzierungen und Schwerpunktlegungen. Die Dresdner Straßenschule hat diese seit 2014 in verschiedenen Umsetzungsmodellen mit jeweils spezifi- schen Konzeptausrichtungen erfolgreich erproben können, so z.B. als Modell, das Benachteiligte mit sozialpädagogischen und bildungsorientierten Möglichkeiten fördert (Aktion Mensch) und als alter- gruppenübergreifendes Angebot für entkoppelte bzw. wohnungslose Menschen unter der Förderung des Sozialamtes. In diesen Zusammenhängen sammelten wir Erfahrungen mit jungen Menschen ab 16 Jah- ren und mit Erwachsenen über 27 Jahren. Die praktische Arbeitsweise ist ähnlich.

Aus dem besonderen Schwerpunkt junger Menschen entsprechend § 13 SGB VIII, denen im Übergang Schule-Beruf noch keine Integration gelungen ist, ergibt sich die logische Folge einer entsprechenden konzeptionellen Schwerpunktlegung und Zuordnung in die Kinder- und Jugendhilfe. Dementsprechend konzentrieren wir uns im Folgenden auf Jugendliche, junge Volljährige und junge Erwachsene ab dem 16ten und bis zum vollendeten 26ten Lebensjahr.

Straßenpädagogik wendet sich an Einzelne, an besondere Menschen. Die Straßenschule ist kreativ. Sie ist Kompetenz-Bildung und -Stärkung bzw. Prozessgestaltung. Junge Menschen machen aufgrund der angestrebten Heterogenität, also dem Streben nach Andersartigkeit, interkulturelle und somit inte- grierende Gruppen-Erfahrungen, eben weil sie – um anders als Erwachsene zu sein – einerseits ausbre- chen und andererseits (noch) Peer-Groups suchen. Junge Menschen lernen im Gruppenkontext.

Die Platzkapazitäten betragen für die Kurs-Module jeweils max. 10 Plätze.

Wir gliedern in …

➢ Schnupperkurs

Der Schnupper-Kurs ist für Ein- steiger*innen und findet z.Zt. einmal wöchentlich statt.

➢ Lernwerkstatt zur Vorbereitung auf den (quali.) Hauptschul- abschluss

➢ Lernwerkstatt zur Vorbereitung auf den Realschulabschluss Die Angebote der Lernwerkstätten sind montags bis freitags und bereiten i.d.R.

jährlich auf die Schulfremdenprüfung vor.

➢ Kompetenz-Werkstätten

Die Kompetenzwerkstätten sind er-

gänzende Module für die Teilnehmen- Abbildung 2: Malen Schaufenstergestaltung

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den. Sie besuchen, die oben genannten Kurse bzw. Lernwerkstätten, kommen aber auch aus der Street- work oder sind Teilnehmer*innen anderer sozialpädagogischer Projekte. (Offenes Angebot).

Grundsätzlich ist die Straßenschule Emanzipations- und Demokratieerziehung bzw. -bildung. Denn:

Der Umgang zwischen den Geschlechtern und in den Gruppen der Lernenden und Lehrenden wird im dialogischen Prinzip trainiert. Interkulturelle Kompetenz, Diversity und Inklusion sind Ziel der Ar- beit, werden theoretisch, im Gespräch vermittelt und im Miteinander diskutiert. Es entsteht immer wie- der Reibung, die sich durch eine paritätische Besetzung im Team ausgleichen und reflektieren lassen.

Es werden deeskalierende Methoden angewandt, um mit allen Teilnehmenden passende Lösungen zu entwickeln, andere Meinungen zuzulassen und offen miteinander zu reden. Im weiteren Sinne ist dies Sprach-Aneignung. Somit ist Deutsch mehr als ein Lern-Fach, Begleitungs- und Verkehrssprache, sondern Sprach- und Dialog-Ermächtigung.

Wie wir in den folgenden Ausführungen aufbauen, ergänzen die Basis- und Profilmodule bzw. die sozi- alpädagogischen Ansätze, Methoden und Kompetenz-Werkstätten, die Lern-Werkstätten bzw. Vorberei- tungsfachkurse für Haupt- und Realschule. Kompetenz- und Lernwerkstätten, Basis- und Profilmodule werden von unterschiedlichsten ehrenamtlichen Lehrer*innen und dozierenden Honorarkräften unter- schiedlicher Fachrichtungen und Professionen, von Lehramt bis Psychologie begleitet.

3.1. Erfolge mit Erfolglosen

Straßensozialarbeit wendet sich an Entkoppelte, die sich als Erfolglose begreifen. Jugendliche verän- dern sich und werden erwachsen. Sie suchen ihren eigenen Weg. Nicht selten rückt Schule in den Hin- tergrund. Freunde, die Straße und Szene werden spannend. Experimentierfreude und Risikoverhalten sind eng verbunden. Der erste Kontakt zu Beziehungen bringt Liebeskummer. Erste illegale und legale Drogen werden konsumiert. Für 18 bis 21jährige beginnt der Ernst des Lebens. Viele werden nicht mehr über die Jugendhilfe begleitet und müssen – gerade mit einschneidenden Lebenserfahrungen - früh erwachsen werden. Werden Entwicklungen und Förderungen verzögert angenommen oder angebo- ten, werden alternative Handlungskompetenzen entwickelt. Ziele werden mit illegitimen Mittel er- reicht. soziologische Theorien, wie die Anomietheorie, erklären deviantes bzw. illegitimes Verhalten, weil gesellschaftlich propagierte Zielen, für Einige nicht mit legitimen Mitteln erreichbar erscheinen (vgl. Durkheim, Merton u.a. in Lamnek).

3.1.1. Besondere Lebenserfahrungen

Unsere Teilnehmer*innen haben in der Vergangenheit negative und zum Teil traumatische Erfahrungen im Kontext von Familie, Gruppe(n) und/oder Schule gesammelt. Einige haben komplexe Mehrfachbe- darfslagen. Manche sind faktisch oder seelisch heimat- bzw. obdachlos. Sie haben kaum emotionale Bindungen zu ihrer Familie, weil sie z.B. vernachlässigt, misshandelt oder missbraucht wurden. Gerade Verdrängung wird mit Drogen-Konsum erreicht, dieser ist mit Beschaffungskriminalität, Überschul- dung und/oder physische oder psychische Erkrankungen verbunden. Konsum und Konsumverhalten spielen oft eine Rolle und bedingen den Umgang mit Beziehungen. Viele sind von Sozialhilfe abhän- gig. Sie gelten als relativ Arme und kommen aus bestimmten Stadtteilen oder gehören marginalisierten Gruppen, Gesellschaftsschichten oder Ethnien an.

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Beziehungen, Freundschaften und somit Vertrau- en zu sich und anderen fällt mit zunehmender Sonderheit und Ausgrenzung schwer. Wir be- zeichnen dies allg. als „Risikoverhalten“ (vgl.

AG). Hieraus resultieren Benachteiligt-sein bzw.

das Gefühl der Chancenlosigkeit wird bestätigt.

Dies schürt Verunsicherung, (Auto-) Aggressio- nen, und wird oft auch an die Nachkommen wei- ter gereicht. In diesem Falle sprechen wir von der

„Generation der Asphaltkinder“. Vielen bleibt auf Grund einschneidender Erlebnisse und be- nachteiligter Sozialisation wiederum die Chance auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auf Bildung und Erwerbsbeschäftigung verwehrt. Ar- mut und Benachteiligung wird ebenso vererbt, wie Reichtum und Wohlstand.

Unsere Teilnehmer*innen zeigen solches Risiko-, verbunden mit Delinquenzverhalten. Einige werden als sog. Straßenkinder, Schulverweigerer*innen oder Kriminelle früh stigmatisiert, kriminalisiert und ausgegrenzt. Bestimmten Ethnien, Kulturen, Geflüchtete bzw. Menschen mit Migrationshintergrund haben zudem noch schlechtere Zugangschancen. Einige unserer Teilnehmer*innen sind noch obdach- los oder bekommen keine Sozialhilfe. Viele beziehen ALG II, „haben Sanktionen“ oder sind abhängig von Unterstützungsmaßnahmen und -leistungen. Andere gehen „containern“, „schnorren“ und/oder sammeln Flaschen. Manche haben lange Erfahrungen in der Jugendhilfe und suchen freie Settings.

Im Kontext ihrer Schullaufbahn erlebten (junge) Menschen anstelle verlässlicher, fördernder Beziehun- gen, Herabsetzungen, soziale Ausgrenzung, Überforderungen, vor allem Leistungsdruck. In unserer Arbeit müssen somit Ängste abgebaut, Stärken gefördert, Fähigkeiten entdeckt, Kreativität genutzt werden.

3.1.2. Bedarfsspezifische Arbeitsweise

Straßenpädagogik begleitet lebenspraktisch. Sie wird durch Vielfältigkeit, Flexibilität und Ideenreich- tum geprägt und bietet diese gleichzeitig mit und eben durch die Lernenden und Lehrenden an. Partizi- pation und Empowerment sind Arbeitsgrundlagen. Straßenpädagogik bezieht systemische und vor al- lem lösungsorientierte Ansätze mit ein. Grundlage ist der Positivismus: „Wir schaffen das!“ Zwar er- scheinen solche Sätze als Phrasen und sind durch politische Diskussionen überstrapaziert. Dennoch pri- märe Ziele sind – auch insgeheim - ein guter Mensch zu werden, ein eigenes Zuhause und Familie zu haben. Diese Zielvisionen werden wiederum mit Ausbildung und Beruf erreicht.

Die Gruppe(n) lernen mit- und voneinander. Die Teilnehmenden sowie die Dozent*innen und Lern- begleiter*innen treten wechselseitig sowohl als Lehrende als auch als Lernende auf. Die Dozent*innen haben meist bürgerliche Werte, die Teilnehmenden Straßen- bzw. Szenen-Erfahrungen. Krisen, Not- lagen, Behinderung, Flucht, Wohnungslosigkeit, instabile familiäre Verhältnisse u.v.m. werden erfolg- reich und im gemeinsamen Lernen bewältigt.

Die Teilnehmer*innen nehmen den/die Dozent*innen nicht als Lehrer wahr, sondern als „Lernbeglei- ter*in“ bzw. Lern-Coach. Die wird einerseits geschult (vgl. Freire), andererseits bewusst-erlebbar, weil viele Lehrende und Lernende im nahe zu gleichen Alter sind. Studierende sind noch Lernende. Beide

Abbildung 3: Kompetenzbildung im kreativen Work- shop (erst Foto-, dann Kunstprojekt „Lebenswelt“)

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haben unterschiedliche Lebenserfahrungen, z.B. Staßen-, Jugendhilfe- bzw. Bildungskarriere begonnen bzw. beendet.

Menschen sind Experten ihrer Lebensrealität. Kompetenzen, Fertigkeiten und Fähigkeiten werden erprobt. Durch das gemeinsame mit- und voneinander Lernen und dem alltäglichen Umgang miteinander, bereichern sich die (jungen)

Menschen im Sinne einer integrativen und sensiblen Öffnung gegenseitig. Regeln werden gemeinsam erarbeitet. Einzelne und Gruppen sind im Dialog. Handlungen und Haltungen werden thematisiert, in Diskussionen reflektiert und so überdacht und überarbeitet (Reflexion).

Politik und Weltlage, Zuwanderung und Fremd- heit werden in unterschiedlichen Modulen the- matisiert. Bewusst-werden reflektiert Fremdheit oder demokratiealternative Haltungen. Gruppen- pädagogik ist Demokratiebildung und Partizipa- tion.

Das Konzept der Straßenpädagogik geht erfolg- reich das Phänomen der „Bildungs- und Systemverweiger*innen und -verlierer*innen“

an. In der Straßenschule werden die Ansätze der Sozialen Arbeit, Beratungsmethoden und

Reformpädagogik verbunden und umgesetzt. Wirksamkeit wird durch das Zeugnis dokumentiert. Das Bestehen der Prüfungen löst Glücksgefühle aus, die nachhaltig wirken. Die Zeugnisübergabe steigert dies. Jedoch sammeln wir weit mehr Erfahrungen in der Vermittlungsarbeit und Übergangsbegleitung.

Ex-Teilnehmende besuchen uns und berichten so über die weitere selbstbestimmte Lebensführung.

3.1.3. Straßenschule ist Lernort & Motivation

Junge Menschen sind Expert*innen ihrer Lebensrealität. Sie haben Stärken und Fähigkeiten, trotz di- verser Schwächen, entwickelt. Es wird also davon ausgegangenen, dass in jeder individuellen Vergan- genheit unterschiedliche Kompetenzen ausgebildet wurden. Erfahrungen sind einzigartig und machen jeden Menschen zu etwas ganz Besonderem. Stärken gilt es somit zu definieren, zu erkennen und sicht- bar zu machen.

Leitmotivation ist subjektorientiertes bzw. individuelles und soziales Lernen, das die Lebenslage mit den Fähigkeiten der (jungen) Menschen erkennen lässt und weitere Neigungen findet und Fertig- keiten ausbildet. Auswege, Visionen und Ideen werden erarbeitet. Neue Wege werden gefunden. Ziel ist die ganzheitliche Förderung (junger) Menschen, welche negative Erfahrungen im Kontext von Familie, Schule und/oder Ausbildung sowie Gesellschaft gesammelt haben.

Die Straßenschule ist ein Lern-Ort einerseits und umfasst die Bereiche Schnupperkurs, Lernwerk- stätten und Kompetenzwerkstätten. Wir sprechen nicht vom Hilfeprozess, denn dies suggeriert wie- der Hilfsabhängigkeit (vgl. Lutz in FES 2018), sondern vom Kompetenz-Lernen und von Entwick- lungsphasen. Es werden praktische, außerschulische und soziale Kompetenzen vermittelt. Dieses Zu- sammenspiel motiviert und schult praktisches und somit berufsvisionäres Geschick. Das gemeinsame

Abbildung 4: Lernen in der Pause

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(Projekt-) Arbeiten und Lernen in Kleingruppen schult und trainiert den Zusammenhalt, gegenseitige Hilfe und Unterstützung und somit werden bisherige Handlungs- konzepte verändert. Der Ent- wicklungsprozess wird gemeinsam gestaltet.

Mit anderen Worten: Kompetenz- Bildung verläuft von Building (Kon- taktaufbau), Bonding (Beziehungs- und Vertrauensintensivierung), Pro- cess Designing (subjektorientierte Prozessgestaltung verbunden mit Kompetenzlernen) in Bridging (Be- züge schaffen zu anderen Milieus bzw. zur realen Ausbildungs- bzw.

Arbeitswelt) (vgl. DJI 2017).

Ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt liegt in der engmaschigen sozialarbeiterischen Betreuung und Begleitung. Durch Nähe- und Distanzreflexion ist es möglich stabile soziale Beziehungen aufzubauen, sich auf individuelle Lebenswelten einlassen. Die anlassbezogen befristete Intensivierung der Begleitung durch Sozialpädagog*innen und Dozent*innen ist wirkungsvoll, wenn im Fall von Krisensituationen flexible Unterstützung schnell und effektiv (durch Sozialarbeiter*innen) realisiert werden kann (vgl. Abb. 6). Wirkungsvoll ist somit die personelle Struktur, die sich aus den hauptamtlichen Sozialarbeiter*innen bzw. Sozialpädagog*innen sowie aus ehrenamtlichen und Honorar-Dozent*innen zusammensetzt. Diese Unterschiedlichkeit und Kooperation prägen das Hilfe- bzw. Lernsetting.

Wie im Vergleich der Schaubilder (5 und 6) kehrt sich die Wertigkeit und Motivation um. Während die An- fangsmotivation auf die Erlangung des Schulabschlusses (von jungen Menschen, Helfenden bzw. Eltern) fi- xiert ist, kehrt sich die Arbeit um und wird „klassisch sozialpädagogisch“

geprägt und strukturiert: Building - in Kontakt kommen, Vertrauen aufbau- en; Bonding - Bindung bzw. gute (Arbeits-) Beziehung herstellen; Pro- cess designing - Prozess bzw. Ent- wicklung und Zukunft gestalten, (Zwischen-) Ziele vereinbaren sowie

Abbildung 6: Basis: Schnupperkurs - Profil: Gruppenarbeit - Quali: HS-RS - Zukunft: Coaching

Abbildung 5: Prozessgestaltung in der Straßenschule (frei nach Beierle 2017 in DJI 2017 im Bezug zu Mobiler Jugendarbeit/ Streetwork)

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Bridging - Übergänge und andere Bezüge schaffen, vermitteln in andere Angebote, Dienste, im Beson- deren in Ausbildung und Beruf.

Building (Kontakt-/Beziehungsaufbau, Lebensberatung)

➢ Sicherung existenzieller Grundbedürfnisse (z.B. Wohnungsbezug, Schuldenreduzierung durch Vermittlung zur Rechtsfeldwerkstatt und Beratung und Begleitung durch Rechtsanwalt)

➢ Stabilisierung der Lebenslage

➢ Rechtsberatung

➢ Beziehungen aufbauen und zulassen

➢ Willkommenskultur erfahren

➢ Einhalten und gemeinsames Erarbeiten von Regeln Bonding (Beziehungsvertiefung und Vertrauensbildung)

➢ Aufbau und Festigung verlässlicher Beziehungen/ Bindungen

➢ Tagesstrukturierung

➢ Verbesserung der Schlüsselkompetenzen (z.B. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ernsthaftigkeit, Verantwortlichkeit, soziale Kompetenzen, Team-Arbeit, [Selbst-]Reflektiertes Handeln durch Selbst-Controlling)

➢ Partizipative Mitgestaltung (vgl. Partizipationsleiter vgl. Hardt)

➢ Einlassen auf gruppenpädagogische Arbeitsprozesse (Team-Lerning) Process Designing (Prozess Gestaltung, Zielplanung)

➢ Abbau von Lernhemmnissen bzw. Entdeckung der Freude am Lernen

➢ kontinuierliche Bearbeitung sozialpädagogische Gespräche zur Stabilisierung

➢ Integration mit Vermittlung zu Freizeitaktivitäten und Aufbau von Gruppenangeboten (Basis- und Profilmodule)

➢ Erwerb persönlicher bzw. sozialer Kompetenzen in der Gruppenarbeit (Basis-, Profil- und Lern- modulen)

➢ Entwicklungs- und Bildungsprozesse aktiv selbst gestalten

➢ Lernen (wieder) lernen; Experimentierfreude statt Risikoverhalten; Arbeit ist Lernen, Lernen ist Arbeit (vgl. Ch. Freinet)

➢ Stärkung des Selbstwertgefühls

➢ Verbesserung kreativer, schulischer, berufsorientierender Kompetenzen

➢ Erlangung anerkannter Schulabschlüsse und oder Bestätigung (s.o.) Briging (Vermittlung, Übergänge schaffen)

➢ sinnvolle Freizeitgestaltung bzw. Betätigung

➢ Annahme von Unterstützungs- und Hilfeangeboten (auch von Dritten)

➢ Weiterleitung zu passgenauen berufsorientierenden Angebotsträgern

➢ Berufsorientierung

➢ gelingende Gestaltung der Übergänge von der Straßenschule in den Ausbildungs- und Arbeits- markt

Dieser Empowerment-Ansatz ist ein Angebot, das auf die individuelle Lebenslage eingeht und Chan- cen zur Zukunftsentwicklung bietet. Gemeinsam mit dem Teilnehmenden wird ein sog. individueller Hilfeprozessverlauf organisiert. Wir bezeichnen diesen Prozess als Kompetenz-Bildung, da Bewusst- seinsbildung (vgl. Freire) im besten Falle zur realistischen Zukunftsvorstellungen führt. Wir verbinden Erfahrungen aus Hilfen zur Erziehung und Hilfeplanverfahren, mit Straßensozialarbeit.

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3.1.4. Prozessziele der Straßenpädagogik

Die Hauptziele der Straßenschule und allgemeiner Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) liegen in der so- zialen Integration, hierzu ist erst mal die

➢ Stabilisierung durch Struktur wichtig. Diese wird durch das Angebot Schnupperkurs und Basis- Module erreicht. Reflektiert wird Regelmäßigkeit, Verlässlichkeit oder Ernsthaftigkeit.

Ein Ausgleich sozialer Benachteiligungen und Überwindung individueller Beeinträchtigungen (vgl. SGB VIII § 13-1) wiederum gelingt mit der

➢ Stabilisierung der Lebenslage und

➢ Aufarbeitung der Kompetenz-, Lern-, Konzentrations- und Selbstwert-Defizite.

Defizit-Sicht wird im Prozess in Stärken-sehen umtransformiert (Transformationsprozess).

Gerade junge Menschen in besonderen Lebenslagen sollen wieder früh in den Ausbildungs- und Ar- beitsmarkt integriert werden und eine zweite und dritte Chance erhalten. Hierfür ist zur Orientierung das Ziel und die Aktivität zur Betätigung wichtig. Tätig-sein wirkt mit Beteiligung, Mitarbeit im Pro- jekt, Engagement bzw. Vereinsaktivitäten. Sie bringen positive Rückmeldungen. Im Prozess werden Ideen zu weiterer Beschäftigung entwickelt, z.B. Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), Freiwlliges Ökologisches Jahr (FÖJ) oder Bundesfreiwilligen Dienst (BuFDi).

Es werden in den einzelnen Stufen bzw. Phasen der Straßenschule folgende Teilziele im Bezug zum Prozess (Building, Bonding, Process Designing, Bridging) und Kompetenzbildung (Basis-, Proflil-, Haupt- und Realschul-Modul) verfolgt. Jugendsozialarbeit gewinnt Tagesstruktur zurück, die bspw.

durch (Schul-, Ausbildungs-, Familien-) Abbrüche verloren gingen. Sozialpädagogische Gruppenarbeit bringt durch Tätig-werden, Beteiligungs- und Mitwirkungskompetenz. Positive Gruppen- und Lerner- fahrungen, eröffnen Erfolgsbestätigung und Perspektiven, sogar wenn die Prüfungen am Ende nicht realisiert werden.

Der Mehrwert der Adressat*innen liegt darin, dass Perspektiven vermittelt werden, Lernen-lernen und die Beziehungen zu Familie, Freunden und zum Helfer*innen-System verbessern sich deutlich. Teilha- be gelingt durch die intensive und zielorientierte Projekt- und Gruppenarbeit.

Die Ziele und Maßnahmen der Straßenpädagogik sind sozialpädagogische Hilfen zur schulischen und beruflichen Ausbildung, um soziale Integration zu erreichen (vgl. § 13 SGB VIII).

Abbildung 7: Statistik Entwicklung B/B/PD/B (April 2018)

(14)

3.1.5. Erreichte Teilnehmende und Vermittlungen

In den letzten 4 Jahren wurde das Projekt Straßenschule aufgebaut, im lokalen Kontext verankert und mit lokalen Akteuren und Partner*innen vernetzt. Die organisatorischen Strukturen und Rahmenbedin- gungen wurden dabei stetig an die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden, sowie die kontinuier- lich steigenden Teilnehmer*innenanzahlen angepasst. In den ersten beiden Jahrgängen holten alle Teil- nehmenden, welche sich zur Schulfremdenprüfung anmeldeten auch ihren Schulabschluss erfolgreich nach. Im dritten Jahrgang 2016/2017 erlebte das Projekt, mit 8 nachgeholten Schulabschlüssen, seinen bislang größten schulischen Erfolg. Die Erfolgsquote (im Bezug zum Schulabschluss) der Vorjahre senkte sich. So erwarben von 14 angemeldeten Teilnehmenden 8 Absolventen ihren Schulabschluss.

Straßenschule 2014/2015 2015/2016 2016/2017 2017/20183

Teilnehmer gesamt 15 29 40 50

Schnupperkurs Plätze Ø 10 noch nicht

vorhanden 20 40 50

Sozialpädagogische Gruppenarbeit/ Kompetenzwerkstatt Basismodule (soz.arb. Begleitung [Kompetenz-Scan, Lernstand], Lernen-lernen, Zukunftsberatung)

15 25 35 45

Sozialpädagogische Gruppenarbeit/ Kompetenzwerkstatt Profilmodule

(soz.päd. Gruppenarbeit, Kreative Workshops, Aktionen) 10 12 25 31

Sozialpädagogische Beratung, Vermittlung (Lebensberatung;

Wohnungsvermittlung; Rechtsberatung; Existenzsicherung)

5 21 29 45

Vermittlung von Hilfen/ Unterstützungsangeboten (HzE [SPFH; BJW u.a.]/

Drogenberatung/ Schuldnerberatung) 3 12 16 19

Unterstützung beim Übergang 3 18 26 Prozess noch

nicht abge- schlossen!

Integration Ausbildungs-/Arbeitsmarkt 3 11 16

Vermittlung in FSJ, FÖJ, BuFDi, Volonteer, Au Pair, BVJ 0 5 8

Weiterführende Schulen 2 2

Vermittlung Therapie, psychosoziale Beratung 3 5

Lernwerkstatt Hauptschule Plätze Ø 10 noch nicht

vorhanden

7 9 20

Lernwerkstatt Realschule Plätze Ø 10 5 8 16 19

Prüfungsanmeldungen gesamt 3 5 14 13

Erfolgreich nachgeholte Schulabschlüsse insgesamt 3 5 8 Prozess noch

nicht abge- schlossen!

davon Hauptschulabschluss 0 1 2

davon qualifizierter Haupt- schulabschluss

0 1 0

davon Realschulabschluss 3 3 6

Tabelle 1: Ergebnisdarstellung der Projektdurchführungen 2014 bis 2018 anhand der Ergebnisindikatoren Belegung, Folgeintegration, Schulabschluss; Stand: April 2018)

3 Anm.: 2018 sind TN noch im Prozess; Es kommt somit zu weiteren Anfragen, Aufnahmen, Abbrüchen

(15)

Deutlich wird die steigende Nachfrage durch die Betreuungen im Jahresdurchschnitt. Im Schuljahr 2017/18 wurden bisher die meisten jungen Menschen betreut. Es kam zu Vermittlungen bereits im Schnupperkurs. Ab April wurde der Schnupperkurs in verlängerter Form angeboten. Teilnehmende des Schnupperkurses können als „Gasthörer*innen“ in den Lern-Werkstätten teilnehmen. Die Zahl der Lernwilligen stieg kontinuierlich, auch derer, die sich im Laufe des Schuljahres mit dringendem Be- darf nach einer „zweiten Chance“ melden. Seit der Migrationswelle im Frühjahr 2015 erhält die Stra- ßenschule vermehrt Anfragen von jungen Migrant*innen. Momentan kann dem gesteigerten Zuspruch von geflüchteten jungen Menschen nicht ausreichend gerecht werden.

Vermittlungen, Abbrüche & Beschäftigte 2018 Personen-Anzahl

Andere Schulen (Colleg/ Abendschule) 2

Ausbildung Helfende Berufe (wie Altenpfleger/ Erzieher/ Pysotherapeut) 3

Ausbildung Handwerk (Elekto-/KfZ-Mechadroniker) 2

Berufsbildungsmaßnahmen (BBW/ BTZ) 2

Arbeit/ Job (z.B. Gastro und Schul-Abbruch wg. „Gaststatus“) 4

Freiwilligen Dienst (BuFDi/ FSJ/ FÖJ/ Au Pair/ Volonteer) 2

Bundeswehr 2

Therapie, psychosoziale Beratung 2

JVA 1

Zuhause/ Nichts-machen! 1

Abbruch wg. Beziehung 2

Keine Kenntnis 4

Beschäftigte in Maßnahmen des Job-Center/ BuFDi (im Träger/ Angebot) 2

Tabelle 2: Ergebnisdarstellung der Vermittlungen und Abbrüche 2017/2018; Stand April 2018 (z.T. Befragung Ende März)

Hier wurden 5 Teilnehmer*innen (auch mit Fluchthintergrund) des vorigen Schuljahres mit begleitet und zeitweise beraten oder suchten mit regelmäßigem Informationsstand die Straßenschule weiterhin auf. Sie fanden nach einem Jahr eine Ausbildung bzw. Arbeitsstelle. Ein Teilnehmer nahm an den Mo- dulen nicht teil, sondern meldete sich erst in der Phase der Prüfungsvorbereitung (wieder). Zwei Teil- nehmer brachen den Schulprozess aus Angst vor Abschiebung/ Ausweisung ab und wurden in Jobs ver- mittelt. Eine Teilnehmerin kommt seit Beginn immer zum Schuljahresanfang und bricht auf Grund ih- res Straßenlebens im Prozess und vor Integration in die Lern-Werkstätten wieder ab.

Vermittlung und Abbruch machen deutlich, dass es in der Straßenschule um sozialpädagogische Über- gangsbegleitung geht und um die Erarbeitung von Zukunftsvision.

3.2. Building & Bonding ist Beziehungsarbeit

Der Kontaktaufbau und Vertrauen zu Sozialer Arbeit wird im besten Falle bereits im Vorfeld geleistet, bspw. über Streetworker*innen, Schulsozialarbeiter*innen oder Einzelfallhelfer*innen. Im Zusammen- hang mit den beschriebenen Adressat*innen, die als „Systemsprenger*innen“ oder „Entkoppelte“ be- zeichnet werden, sind bereits der Zugang, Kontaktherstellung und Beziehungs- und Vertrauensaufbau

(16)

eine maßgebliche sozialpädagogische Leistung und gleichzeitig ein Gradmesser für die Umsetzungs- qualität sozialpädagogischer Arbeitsprinzipien (Beziehungsqualität). Das Angebot der Straßenschule, auf den Erwerb eines Schulabschlusses vorzubereiten, knüpft an persönlichen Visionen der jungen Menschen an und stärkt (neue) erste Motivation - auch wenn in zahlreichen Fällen im Teilnahmeverlauf bzw. im Entwicklungsprozess Zielanpassungen vorgenommen werden und es im Ergebnis zu anderen bildungs- und berufsbiografischen Wünschen, Integrationszielen und Vermittlungen kommt und alter- native Übergänge gestaltet werden.

3.2.1 Erstkontakte & Zugänge

Die Zugänge zum Projekt Straßenschule sind sehr vielfältig. Zur Straßenschule wurde anfangs über die Straßensozialarbeit vermittelt. Von der Straßenschule aus wurde in arbeitsweltbezogene Angeboten, wie CoDi (Cooperation für Dich – Jugend stärken im Quartier) oder Jobbörse oder in andere Einrich- tungen und Dienste Kontakte hergestellt und Übergänge organisiert. Mittlerweile erhalten wir telefoni- sche Anfragen von Kolleg*innen, Kooperationspartner*innen, Eltern und interessierten jungen Menschen. Immer mehr spricht sich das Projekt „bei den jungen Menschen herum“, so dass auch ehe- malige Teilnehmende neue Interessent*innen motivieren sich bei der Straßenschule zu melden und so zur ersten Veränderung beitragen. Zahlreiche junge Menschen werden durch interne und externe Netz- werke, z.B. Beratungsstellen, Jugendgerichtshilfe u.a. über die Straßenschule informiert. Ein wichtiger Zugang für entkoppelte Jugendliche, erfolgt über Mitarbeiter*innen Offener und Mobiler Jugendarbeit/

Streetwork und Einzelfallhelfer*innen. Junge Menschen finden ihren Weg zur Straßenschule bspw.

über, Jugendgerichtshilfe, Job-Center, Schulsozialarbeiter*innen, Einzelfallhelfer*innen u.v.a.m.

3.2.2. Schnupperkurs und Sprechstunde Der Schnupperkurs als Einstiegs-

modul in die Straßenschule ist das Erstangebot. Es bietet den Teilneh- menden einen speziell auf ihre Le- benswelt zugeschnittenen nieder- schwelligen Lernort. Er wird schnell zum „Wohnzimmer“. Der Zugang ist freiwillig. Dies impli- ziert das Ladenlokal, der Straßen- laden, die Kontaktstelle und ist oft aus der Mobilen Jugendarbeit/

Streetwork vertraut. Wenig erinnert eben an die Institution Schule, ins- besondere beim niederschwelli- gen, durchlässigen Einstiegsmo- dul, dem Schnupperkurs. Sozialar- beiter*innen und Lernbegleiter*in- nen werden hier im besonderen Maße gefordert.

Junge Menschen beginnen, die u.U. akut in Wohnungsnot sind oder noch regelmäßig und stark legale und illegale Substanzen konsumieren oder deren Lebenslage noch sehr unstet ist. Sie kommen mit dem

Abbildung 8: Pausengespräche und Erfahrungsaustausch

(17)

ersten Ziel und Wunsches nach einem Schulabschluss. Dringende Bedarfe zeigen sich allerdings bald.

Die Sicherung existenzieller Grundbedürfnisse ist oft ein erster wichtiges Begleit-Ziel und wird u.U.

mit flankierenden Hilfen erreicht, Kontakt zur Streetwork, Einzelfallhelfer*innen, psychosoziale Bera- tung, andere Schulformen oder Jobsuche erreicht.

Vom Erstgespräch bis zum Prozess im Schnupperkurs findet soziale Bindung statt. Soziale Arbeit ist Beziehungsarbeit. Den Teilnehmenden wird die Straßenschule, die Sozialarbeiter*innen sowie die Lernbegleitenden bekannt. Vertrauen wird aufgebaut. Eine fördernde Lernatmosphäre entsteht. Dies er- reicht Soziale Arbeit mit kommunikativer Didaktik. Hierzu gehört auch die Beratung durch den So- zialarbeiter in schwierigen Lebenslagen. Somit wird regelmäßig und allen eine „Sozial-Sprechstunde“

angeboten. Ein Mal im Monat findet Rechtsberatung in der Rechtsfeldwerkstatt statt.

Der Schnupperkurs ist z.Zt. einmal pro Woche. Er ist niederschwellig konzipiert und ermöglicht jeder- zeit einen unverbindlichen Einstieg, Ausstieg oder Übergang in die Straßenschule.

Die zweijährige Projektlaufzeit bietet die Möglichkeit, diesen häufiger anzubieten und im Nachmittags- bereich anzubieten. Denn: Der Ausblick auf eine Zukunft mit Abschluss, ist die erste Verändungsres- source, es lohnt sich, somit die Selbstklärungsphase der Interessent*innen und den Übergang von un- verbindlichen Kontakt- in verbindlichere Teilnahmestrukturen individuell anzupassen. Wir arbeiten mit Zwischen- und Teilzielen und intensivieren viel Zeit in die Kompetenzklärung, vor allem sollen Defizi- te in Deutsch und Mathe sowie im Gruppenkooperationsverhalten, frühere Erfahrungen aufgearbeitet bzw. soziales Verhalten trainiert werden.

Als erstes werden Regeln abgestimmt und implementiert. In dieser Erst-Gruppe geht es primär ums Kennenlernen, Stabilisieren und Ankoppeln. Schwerpunkte des Bonding sind:

➢ Tagesstrukturierung

➢ Sicherung existenzieller Grundbedürfnisse und Stabilisierung der Lebenswelt

➢ Aufbau verlässlicher Beziehungen

➢ positive Identifikation mit den Sozialpädagog*innen, Lern-Begleitenden und Teilnehmenden

➢ Gestaltung bedarfsorientierter Gruppenangebote (spielerisch, kreativ, handwerklich musikalisch, sportlich) in Profilmodulen

➢ Schlüsselkompetenztraining oder Zielplanung in Basismodulen

➢ Vermittlung von Unterstützungsleistungen, in weiterführende Angebote bzw. in Beruf bzw. Aus- bildung

Die Verweildauer im Schnupper-Kurs orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Teilneh- menden. Hier wird ausprobiert, ob die Straßenschule das geeignete Veränderungsmodell ist, ob Regel- mäßigkeit zur Lebensrealität passt und ob die Gruppe hilfreich sein kann. Mit dem regelmäßigen Be- such des Schnupperkurses qualifiziert sich der/die Teilnehmende in Fächern in denen bisher große De- fizite vorhanden waren, für einen Wechsel in eine weiterführende Lerngruppe und zum ersten Über- gang in die Lernwerkstätten.

Übergänge zu gestalten wird früh trainiert und der Ablauf – da flexibel und offen – ist nicht immer li- near. Genau dies unterscheidet das Angebot der Straßenschule von anderen Bildungsangeboten, die mit festen Gruppen, im Gruppenprozess und mit klaren Sanktionen agieren. Manche kommen über ver- schiedene Jahre im Schnupperkurs an. Ihnen gelingt u.U. ein Einstieg später oder bei anderen Angebo- ten. Manche verlängern den Schnupperkurs, auch nach begonnenem Einstieg geänderten Zielorientie- rungen und mit gestärkter Motivation in die Fach-Gruppen bzw. Lern- und Prozess-Module. Wir arbei- ten mit Rückschritten, um Fortschritte weiter zu verfolgen und mit der Mitarbeit der (jungen) Men- schen. Straßenschule ist keine Alternative zur Regelschule oder zu anderen Bildungsmaßnahmen, son- dern zielt in ihrer Grundstruktur bereits auf die Ressource von Eigen-Sinn-Stiftung und Eigen-Motiva-

(18)

tion, auf die Stärkung personaler und sozialer Kompetenzen, auf die Befähigung zu Teilhabe und Ver- antwortung.

3.2.3. Kompetenzscan & Lernstand

Jede/r Einzelne wird individuell, bedürfnisorientiert gefördert. Vor Beginn des Schnupperkurses wird in einem Erstgespräch mit dem/r Sozialpädagog*in ein standardisierter Kompetenzscan durch- geführt.

Es werden personenbezogene Teilnehmerdaten erhoben und Stärken, Interessen und Visionen heraus- gearbeitet. In diesem Kontext werden die aktuelle Lebenssituation, die bisherige persönliche und schu- lische Entwicklung, individuelle Fähigkeiten, Neigungen, Stärken, Bedürfnisse, Erwartungen, - z.T.

auch einschneidene Erlebnisse – vor allem bisherige Ressourcen und Unterstützer*innen (Personen und Organisationen), sowie die persönlichen Ziele und Berufswünsche erfasst bzw. aufgenommen. Ziele und Zwischenziele werden formuliert.

Darüber hinaus erfolgt nach 4 bis 6 Wochen eine Lernstandserhebung, welche Lernstände, Lern-Wis- sen, Fähigkeiten in diversen Bereichen ermittelt. Dies erfolgt einerseits durch eine Selbsteinschätzung der Teilnehmenden sowie andererseits über teilstandardisierte Tests und die „Beurteilung“ bzw. trans- parente Einschätzung der Lernbegleiter*innen. Die Lernstandserhebung ermittelt den aktuellen Stand bezogen auf die zentralen Prüfungsfächer Deutsch (D), Mathe (M) und Englisch (E). Die für die Schul- fremdenprüfung, sowohl schriftlich als auch mündlich, beherrscht werden müssen. Im Anschluss an Kompetenzscan und Lernstandserhebung wird die weitere Förderung und Zielplanung individuell mit dem Teilnehmenden geplant. Building und Bonding werden im Workshop abgeschlossen und sind wei- terhin Beziehungs-Prozessarbeit.

3.3. Process Designing & Bridging in Lern-Werkstätten

Kompetenzscan und Lernstandserhebung sind die erstellte Stärken- und Schwächenanalyse der Teil- nehmenden. Prozesse werden mit den Einzelnen besprochen und mit ihnen kontraktiert. Damit sich Re- silienzen bilden wird das soziale Umfeld evaluiert und weitere Hilfesysteme oder Ressourcen-Gene- ratoren sichtbar gemacht.

Die Analysen ergeben die ausgewerteten sozialpädagogischen Erfordernisse (sozialpädagogische Kompetenz-Diagnostik). Die Teilnehmenden werden mit ihren individuellen Bedürfnissen den Haupt- bzw. Realschul-Modulen den Lernwerkstätten, zugeordnet. Es wird jedoch unter sozialpädagogi- schen Gesichtspunkten modularisiert und konzeptioniert. Je nach individuellem Bedarf und Lernstand werden so flexibel ein oder mehrere Module zur individuellen und subjektorientierten Förderung des jungen Menschen angeboten. Sozialarbeit beginnt mit den primären Arbeitsprinzipien, der Einzel- und Gemeinwesenarbeit. Der Prozess wird mit Sozialpädagogik und offener Gruppenarbeit gestaltet.

Nach der Einstiegsphase über den Schnupperkurs (Länge individuell; mind. 4-6 Wochen) kann unter definierten Voraussetzungen (Motivation, Platzkapazität, realistische Zielplanung) ein Wechsel in die unterschiedlichen Lernwerkstätten bzw. zwischen den Modulen erfolgen.

Einstieg

in die

Lern-Werkstätten

bzw. den

Entwicklungsprozess

Kompetenzscan

Schnupperkurs

Lernstandserhebung

(19)

Der Schnupperkurs wird für die denjenigen, die Defizite in Grundlagenfächern zeigen und angehen wollen für länger Angeboten, so dass erst mal ein bestimmtes Level in Rechnen, Lesen und Schreiben erreicht wird. Es wird Einzelunterricht, Lernen-lernen und sozialpädagogische Einzelgespräche ange- boten.

3.3.1. Sozialarbeit mit Einzelnen

Die Einzelarbeit startet mit der Aufnahme in die Straßenschule. Die Teilnehmenden beginnen ihren Entwicklungs- bzw. Lernprozess mit der Clearing-Phase. Einzelgespräche aus sozialpädagogischer Sicht strukturieren: Kompetensscan, Schnupperkurs und Lernstandeshebung). Sozialarbeiterische Ein- zelgespräche klären, die Lebenslage, Grundsicherung, Wohnungssituation, privates Umfeld. und psychosoziale Stabilität und Belastbarkeit. Beratung ist freiwillig. Sprechstunden werden öffentlich angeboten oder/und Termine vereinbart. Grundlage von Beziehung ist Vertrauen, Verbindlichkeit oder Verlässlichkeit. Die Teilnehmenden bestimmen Geschwindigkeit im Beratungsprozess, Intensität der Unterstützung und Begleitung. Sozialarbeiterische Begleitung wird vor allem kurz vor und während der Prüfungsphase notwendig, denn hier werden Prüfungs- und Versagensängste deutlichst. Abbrüche werden begleitet und auch ohne Abschluss in den Begleitungsphasen Übergänge organisiert.

Einzelarbeit als Basis-Modul ist ein bewusstes und bekanntes Angebot für Berater und Zuberatende.

Sie dient der emotionalen und motivationalen Stabilität. Einzelarbeit ist Krisenbegleitung. In der Bera- tung werden im Besonderen Techniken der

Gesprächsführung genutzt:

➢ Containing, zugewandtes und aktives Zuhören

➢ sozialraumorientierte Befragungen

➢ aktivierende, vitalisierende bzw.

motivierende Gesprächsführung (vgl.

Miller/ Rollnick)

➢ analoge Methoden zum

Perspektivwechsel, Zukunfts-Brain- storming, Feedback (z.B. durch erlebnispädagogische Methoden [Aktion, Reflexion, Transfer], Methoden der Fallarbeit/ Coaching [Reflecting Team], Zukunftswerkstatt u.v.a.m.)

➢ Themenzentrierte Interaktion (TZI)

➢ klientenzentrierte Kommunikation

➢ Psychodrama

➢ systemische und lösungsorientierte Methoden

Sozialarbeiterische Beratung erörtert Problem- und Lebenslagen. Visionen und Lösungen werden erar- beitet. Positivismus begleitet den Abbruch und definiert eine Um-Entscheidung als Erfolg. Es sollen nicht weiter Misserfolgserfahrungen Verhalten und Unsicherheiten prägen.

Sozialpädagogische Begleitung bietet sich als Nachhilfe für Einzelne und Kleingruppen an, z.B. im Lernen-lernen, Lern-, Prüfungs- und/oder Bewerbungscoaching. Die Arbeit mit Einzelnen findet in Kooperation mit anderen Einrichtungen und Diensten statt, um passgenaue Vermittlungen zu erreichen.

Abbildung 9: Blick in den Unterricht

(20)

3.3.2. Unterstützer-Netzwerk-Arbeit

Das Konzept baut auf den Erfahrungen des erfolgreichen Zusammenwirkens von Streetwork und Stra- ßenschule auf bzw. entwickelte sich auf Grund dieses Ansatzes. Das Konzept bezieht sich auf Resilienz. Demnach werden auch mit (oder gerade durch) einschneidende Lebenserfahrungen, Wider- standsfähigkeiten und besondere Fähigkeiten (Sozialverhalten, Teamkooperation, Durchsetzung, (Sprach-)Verhalten u.v.m.) möglich bzw. geformt. Bereits zu Beginn der Kontaktaufnahme wird mit Kooperationspartner*innen gearbeitet.

Der Ansatz der aktivierenden Gemeinwesenarbeit prägt die Straßenschule. Teilnehmer*innen werden von Einrichtungen und Dienste vermittelt, suchen Beratungs- bzw. Aufnahmegespräche (z.T. mit den jungen Menschen). Diese Beratung der Anderen ist eine Ergänzung im Kompetenzbildungsangebot.

Andererseits wird mit speziellen und exklusiven Angeboten und Diensten im Prozess oder bei Übergängen kooperiert. Die Einzelfallarbeit vermittelt in Therapie, psychosoziale Beratung, Einzelfallhilfe, weitere Maßnahmen oder in Freizeitaktivitäten. Die Lern- und Kompetenz-Werkstätten machen Exkursionen und kooperieren mit Schulen. Zur Vermittlung in Job und Beruf werden Partner benötigt, entweder weitere arbeitsweltbezogene Maßnahmen oder Arbeitgeber*innen. Ein gutes in- ternes und externes Netzwerk ist bereits aufgebaut.

➢ Streetwork/ Mobile Jugendarbeit bzw. Offene Jugendarbeit des Trägers

➢ Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff.), z.B. Familienhilfen, aufsuchende Familientherapie und betreu- tes Wohnen

➢ CoDi (Cooperation für Dich – Jugend stärken im Quartier) DAA mit und Jobbörse in Koopera- tion mit AWO in Gorbitz.

Externe werden Kooperationen und Zusammenarbeit gepflegt:

➢ Jugendamt und Sozialamt

➢ Job-Center und Agentur für Arbeit

➢ Kolleg*innen, Einrichtungen und Diensten im gesamten Stadtgebiet, die Leistungen gemäß SGB II/VIII oder XII anbieten.

Wir pflegen weitere Netzwerkbeziehungen zu unterschiedlichen Partner*innen

➢ IHK und HWK

➢ lokale Unternehmen

➢ Schulen (Oberschulen in Dresden)

➢ Landesamt für Schule und Bildung

Die Strukturen mit Akteuren aus Bildung, Wirtschaft und Sozialem werden intensiv genutzt. So konn- ten wir bereits viele Dozent*innen und/oder ehrenamtliche Lehrer*innen auch über Abend-, Volkshoch- schule oder Zentrum für Historische und Zeitgemäße Reformpädagogik e.V. gewinnen.

Konzeptionell und fachlich ist die Projektidee dem Jugendamt Dresden, Sozialamt und der Agentur für Arbeit vermittelt und wird unterstützt. Denn: Im Besonderen die Gruppe der 16 bis 30jährigen benötigt ämterübergreifende intensive sozialpädagogische Unterstützung, um Auswege aus dem Sog von Hilfe- abhängigkeit zu finden.

Wir veranstalten jährliche Fach- und Austauschtagungen, unter Anderem mit der Ev. Fachhochschule Dresden (ehs), Friedrich-Ebert-Stiftung, LAK (Landesarbeitskreis) Mobile Jugendarbeit Sachsen e.V., Ev. Akademie Meißen. Als Ergebnis entstand 2018 die Veröffentlichung: „Lernort Straße“. Seit Jahren pflegen wir einen engen Austausch zu Kolleg*innen der Straßenschule Freiburg i.B. und Mannheim (Ba.--Wü.) sowie Bellarett (Australien). Wir veranstalteten Praxisbesuche, Fachtage oder Workshops

(21)

für (semi-) professionelle Kräfte. Wir bieten Projektvorstellungen und Weiterbildungen an und nutzen den Erfahrungsaustausch zur Konzeptentwicklung.

3.3.3. Subjektorientierte Modulplanung & Prozess-Designing

Mit der Straßenschule wurde und wird ein Lehr- und Erfahrungsort geschaffen, an welchem sich Teilnehmende auf freiwilliger Basis und selbst-motiviert auf gruppenpädagogische Arbeits- und Lern- prozesse einlassen, um ihre Kompetenzen bedarfsorientiert zu erweitern. Das Leit-Ziel erst mal ist – von vermittelnden Erwachsenen sowie von den Teilnehmenden – nach der Begleitung und innerhalb ei- nem Jahr einen Schulabschluss zu erhalten. Dies wird erst im Schnupperkurs – wie dargestellt – und dann in Lernwerkstätten – ermöglicht. Der persönliche Modulplan enthält Haupt- und Teilmodule.

Lernen wird themenzentriert und für die Gruppe ausgerichtet. Neben den Lernwerkstätten werden Kompetenzwerkstätten angeboten. Während die ersten didaktisch, sind die Zweiten sozialpädago- gisch ausgerichtet. Mindestens in einem Themen-Bereich werden bspw. Aneignungstechniken im Spracherwerb, z.B. Deutsch bzw. Englisch als Fremdsprache, oder im Logikerwerb, z.B. mit Rech- nen oder Geometrie in Mathematik eingeübt. Je nach Bedarf durchlaufen die Teilnehmenden ein bis sechs Modulabläufe und belegen Module einzeln, aber meist mit anderen jungen Menschen gemein- sam.

Die Module werden nach didaktischen/methodischen Grundlagen der Straßenpädagogik entwickelt und durch fachspezifische Lernbegleiter*innen umgesetzt. Durch die flexible Modulplanung kann adäquat auf Heterogenität reagiert werden. Erfahrungsgemäß werden Pünktlichkeit, Anwesenheit oder Lern- stand bei Lernenden und Lernbegleiter*innen unterschiedlich definiert. Dieses Spannungsfeld begleiten und reflektieren die hauptamtlichen Sozialarbeiter*innen. Vermittelt wird motivierende Haltung und Gesprächsführung, die eben aus vermeintlichen Krisen, Rückschritten und Instabilität, Lernschritte entwickeln hilft (vgl. Miller/ Rollnick).

Die üblichen Zugangsbarrieren formaler Bildungssettings werden durch Workshoparbeit abgebaut und die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Modulabschlüsse erhöht. Die einzelnen Erfolgsschritte helfen, Erfolgserlebnisse, auch für das weitere berufliche bzw. Alltagsleben, den Ausstieg bzw. Übergang zu nutzen. So gelingt durch Reflexion, Erfolgsfixierung, Positivismus, Transformation in den Alltag Zu- kunftsgestaltung.

Der Heterogenität der Gruppe begegnet die Straßenschule bewusst mit der Haltung der interkulturel- len und persönlichen Öffnung. Ansätze des Diversity, Gendermainstreaming, Integration, Akzep- tanz, das Ziel der Inklusion, Emanzipation-, Demokratie-Erleben sind ebenso selbstverständlich wie das Dialogische Prinzip in der Auseinandersetzung und im Gruppenlernen oder partizipative An- sätze und Beteiligungsstufen.

Die Begleitung der Sozialpädagog*innen geht auf die Vielfältigkeit der Bedürfnisse und Ressourcen der Teilnehmenden ein. Die Bedürfnisse werden in den Lern-, Kompetenzwerkstätten, im Schnupper- kurs sowie in Sprechstunden eröffnet, reflektiert und Lösungen erarbeitet. Soziale Kompetenzen und die Artikulation von Bedürfnissen werden durch Spracherwerbsgewinnung in der Gruppenarbeit nach- haltig gestärkt. Eingebaut werden sozialräumliche Methoden der Einzel- und Gruppen-Befragung, um Ressourcen in Familie und Umfeld zu entdecken oder zu transportieren. Gruppenpädagogik ist im Pro- zess des Kompetenzerwerbs ziel-, beim Lernprozess themen- und in der sozialpädagogischen Beglei- tung lösungsorientiert.

(22)

3.3.4. Lernwerkstätten

Wichtiger Bestandteil sind die Lernwerkstätten, welche zur Vorbereitung auf den Haupt- und Real- schulabschluss zielen und welche von ca. 25 ehrenamtlichen Lern-Begleiter*innen bzw. Honorardo- zent*innen umgesetzt werden. Diese gestalten die Lernwerkstätten und vermitteln den Lernstoff. Hono- rardozent*innen und ehrenamtliche Lehrer*innen sind Lernbegleitende. Sie gestalten die Lernwerkstät- ten. Die Lernwerkstätten sind klassisch geprägt, d.h. Unterricht ist didaktisch und oft objektorientiert angelegt. Neue Dozent*innen werden durch die Sozialpädagog*innen in die Konzepte der Straßenpäd- agogik – sozialpädagogische Methoden und reformpädagogische Praxis - in den Lernwerkstätten und in ihre besondere Rolle als Lern-Begleitende eingeführt. Sie erhalten Breefing, Kurzkonzepte und Litera- turverzeichnisse. Die Lern-Begleitenden gestalten somit eine „neue sozialpädagogisch geprägte Form“

ihres Unterrichts, und verknüpfen bzw. reflektieren diese mit den ihnen bekannten Methoden und An- sätzen, die ihnen selbst objektorientiert vermittelt wurden/werden. Durch die Gruppe der Lernenden, die meist Hilfeerfahren sind, erfolgen direkte Rückmeldungen, somit werden Methoden und Ansätze wiederum subjektorientiert bzw. reformpädagogisch überdacht, erweitert und integriert und durch re- gelmäßiges Coaching der Sozialpädagog*innen reflektiert.

Das Lehren und Lernen in der Straßenschule findet in einer selbstmotivierten, positiv ansteckenden Lernatmosphäre und in wertschätzendem Umgang miteinander statt. Die Freude und Spaß am Ler- nen ist ein wichtiges Ziel unserer Straßenschule. Sie werden (wieder) erlernt. Lernen bedeutet Mühe und Anstrengung. Die Teilnehmenden lassen sich auf Beziehungen und Bindung auf Zeit ein. Die So- zialpädagog*innen reflektieren Verhalten im Prozess. Themen wie Nähe und Distanz, (Un-) Geduld im Entwicklungsprozess oder Rückschritte werden in Einzel- und Gruppenrunden reflektiert. Die Sozial- pädagog*innen begleiten die Lern-Begleiter*innen, die mit dem Verhalten der Teilnehmenden konfron- tiert sind. Die Sozialpädagog*innen prägen die Unterrichtsgestaltung der Lernwerkstätten durch Refle- xion, die Teilnehmenden durch Beteiligung im dialogischen Prinzip und durch Feedbackkultur. Re- flektiert wird, von den Sozialpädagog*innen, auch das „Nicht-Beteiligt-sein“ bzw. „Interessiert-sein“, denn gerade die Teilnehmenden die wir betreuen haben starke charakterliche Kompetenzen und bleiben Situationen, die sie nicht als bereichernd oder fördernd empfinden, fern. Dieses sog. schwierige Klien- tel, das bspw. als „entkoppelt“ bzw. „systemsprengend“ bezeichnet wird, wird durch stetige Entwick- lung neuer individueller Lösungsstrategien und im Aushandlungsprozess zwischen den Teilnehmenden, Lernbegleitenden und Sozialpädagog*innen erreicht. Die Lernbegleiter*innen lernen somit von den Teilnehmenden und Sozialpädagog*innen individuell und subjektorientiert auf die jungen Menschen einzugehen.

Die Lernwerkstätten dienen der Vorbereitung auf die Schulfremdenprüfung. Vorbereitet wird auf

➢ Hauptschulabschluss

➢ Qualifizierter Hauptschulabschluss

➢ Realschulabschluss.

Diese Lerngruppen (oder Unterrichtseinheiten) sind durchlässig. Es gibt keinen Zwang und keine Ver- pflichtung. Lernen soll (wieder) Spaß machen. Die Teilnehmer*innen lernen mit „alternativem Verhal- ten“ oder Ausfallzeiten eigenverantwortlich umzugehen. Die Gruppe reflektiert Verhalten in Gruppen- gesprächen in der Lernwerkstatt. Rückschritte sind Lern-Möglichkeiten.

Lernen erfolgt im HS/RS-Modul (Haupt- oder Realschul-Modul), in Lernwerkstätten, in den zentralen Prüfungsfächern Deutsch (D), Mathe (M) und Englisch (E). Die prüfungsrelevanten Fächer im Schrift- lichen und Mündlichen unterscheiden sich für die Hauptschulprüfungen (HS und qHS) und Realschul- prüfungen (RS) (vgl. SOMIA). Die Angebote der Lernwerkstätten zielen in ihrer Emergenz auf die Vor-

(23)

bereitung zur Schulfremdenprüfung für den Hauptschul- oder Realschulabschluss ab. Die Lernwerk- stätten werden von einer möglichst festen Gruppe besucht, die allerdings auch „Gasthörer*innen“, Neu- einsteiger*innen (aus Schnupperkurs, ggf. aus Kompetenzwerkstätten) akzeptiert.

Jedes abgeschlossene Teilmodul wird mit einem Zertifikat in einem persönlichen Kompetenzportfo- lio dokumentiert (Erfolgsstände). Die Umsetzung der Module erfolgt in den Räumen der Straßenschule.

Jedoch werden bedarfsabhängig einzelne Module auch außerhalb in bspw. Betrieben, Einrichtungen der Jugend- oder Sozialhilfe, in Schulen (Chemiesaal/ Physikraum) oder an Orten der Freizeitgestaltung eingeplant. Dazu sind Netzwerkpartner*innen und Kooperationen notwendig, die die extern angebote- nen Module möglichst auch zertifizieren. Im Anschluss an die Lernwerkstätten erfolgt eine standardi- sierte Unterrichtsreflexion im Reflexionsprotokoll durch den Lehrenden. Darüber hinaus finden regel- mäßige Reflexionsgespräche mit der ausgebildeten Sozialpädagogin bzw. dem Sozialarbeiter statt, um eine Evaluation und Auswertung des Unterrichts zu gewährleisten.

3.3.5. Kompetenzwerkstätten

Die Kompetenzwerkstätten bieten den Teilnehmenden vielfältige Angebote zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen bzw. zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen.

Während der gesamten Zeit erfolgt eine intensive Beratung und Begleitung der Teilnehmenden durch die Sozialpädagogen*innen. Es werden terminierte Sprechzeiten bzw. Beratungszeiten für Problem- und Lebenslagen angeboten (z.Zt. zwei Mal in der Woche).

Die umgebende Lebensrealität ist dem Lern- bzw. Entwicklungsprozess zuträglich. Hierzu gehören, z.T. auch Zwischengespräche der Sozialpädagog*innen mit Angehörigen, Einzelfallhelfer*innen, Be- kannten und Freunden.

Wir beraten, unterstützen, begleiten und betreuen (junge) Menschen und entwickeln mit ihnen passge- naue und nachhaltige Unterstützung. Wir sind Vermittlungsinstanz zwischen ihnen und der Mehr- heitsgesellschaft, dies begründen

➢ Fachstandards der Straßensozialarbeit,

➢ Methoden und Ansätze der Gruppen- und Reformpädagogik

Abbildung 11: SFP (qualifizierter) HS Abbildung 10: SFP RS

(24)

➢ Grundlagen des Empowerment und

➢ systemische bzw. lösungsorientierte Ansätze Sozialer Arbeit.

Den (jungen) Menschen soll es gelingen, soziale Schwierigkeiten zu überwinden, Lebensverhältnisse zu stabilisieren und Schritt für Schritt ihr Leben selbstverantwortlich und selbständig zu gestalten (vgl. § 1 SGB VIII). Wir wollen früh, präventiv unterstützend, beratend zur Seite stehen. Soziales Ler- nen in kleinen Gruppen, sowie die engmaschige Unterstützung durch Lernbegleiter*innen und Sozial- pädagogen*innen fördert den Aufbau vertrauensvoller, verlässlicher Beziehungen. Lernbegleiter*innen und Teilnehmende begegnen sich im gruppenpädagogischen Setting auf Augenhöhe (Horizontalität).

Sie lernen miteinander und voneinander.

Die Kompetenzmodule orientieren sich am individuellen Bedarf jeder/s Einzelnen. Sie sind subjekt- orientiert ausgerichtet und ergänzen die Lernwerkstätten methodisch. Sie bieten Raum für sozialpäd- agogische Intervention. Die Themen sind lebensweltnah und orientieren und sich am individuellen För- derbedarf des Einzelnen bzw. der Gruppe. Die Teilnehmenden werden im Tandem von Lernbegleiter*innen und Sozialarbeiter*innen begleitet. Kompetenz-Module sind lebensnahes Lernen.

Sie zielen auf die Interessen, Ziele und Bedarfslagen der (jungen) Menschen ab. Sie sind ganzheitliche Förderung. Sie bieten Freiraum für Partizipation, unterstützen die Selbstwirksamkeit und die Förde- rung der Selbständigkeit und -verantwortung.

Die Ergänzung und Vermischung von zusätzlichen Angeboten der Lernwerkstätten nennen wir Offe- ne und Geschlossene Kompetenz-Werkstätten. Sie sind gruppenpädagogische Angebote der Kompetenzmodule und haben die passgenaue Förderung der sozialen, schulischen bzw. beruflichen Fähigkeiten jeder/s Einzelnen sowie die Förderung der Gruppe im Blick. Offene Kompetenzwerk- stätten sind:

Neue Medien werden zur Recherche und Stärkung der Selbst-Kompetenz genutzt. (2 Tabletts, 1 Laptob)

Exkursionen: Experimentieren in Schulen mit Chemie-/ Physiklabore (mind. 2x im Jahr); Exkursionen in Betriebe.

Umweltlernen: Praktischer Unterricht im ASP Panama oder in der Natur.

Präsentation: spielerische Selbst- darstellung, kreative Selbstinszenierung, Vorträge, Referate, Prüfungscoaching mit Gruppenfeedback.

Geschlossene Kompetenzwerkstätten werden

den bestehenden Gruppen angeboten bzw. mit den Lern-Begleiter*innen als fächerübergreifende Themenarbeit bzw. Workshoparbeit entwickelt. Die folgendne Kurse hingegen sind offen für Interessierte von Außen (aus anderen Projekten), für Teilnehmende des Schnupperkurses bzw. der Lernwerkstätten.

Lernen lernen: Lerntypenanalyse; Methoden, Abbau von Prüfungsängsten sowie das Entwickeln eigener Lernstrategien. Trainieren eines Zeitmanagements. Hier stehen kreative Arbeiten und Reflexion im Fokus. Die Freude am Lernen und das Interesse an Wissen wird wieder/ entdeckt. Dieses Modul wurde in Zusammenarbeit eines Psychologen entwickelt und wird vom Sozialarbeiter angeboten.

Abbildung 12: Besuch außerschulischer Lernorte (30. OS) für chemisches Experimentieren

Referenzen

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