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Kantonsgericht Schwyz

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Urteil vom 22. März 2021

ZK1 2020 40

Mitwirkend Kantonsgerichtsvizepräsidentin lic. iur. Daniela Pérez-Steiner, Kantonsrichter Pius Schuler, Jörg Meister,

Josef Reichlin und lic. iur. Jeannette Soro, Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis Bösch.

In Sachen Gemeinde Altendorf, Dorfplatz 3, 8852 Altendorf, Beklagte und Berufungsführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt A.________, gegen

B.________,

Kläger und Berufungsgegner,

vertreten durch Rechtsanwalt C.________,

betreffend privatrechtliche Baueinsprache (2. Rechtsgang)

(Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters am Bezirksgericht March vom 4. Juli 2018, ZEO 2017 48);-

hat die 1. Zivilkammer,

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nachdem sich ergeben:

A. B.________ ist Eigentümer des Grundstücks „R.________“, KTN zz, Altendorf, an dessen südwestlichen Grenze der rund drei Meter breite

„F.________weg“ verläuft (BB 3). Auf diesem Weg ist zu Gunsten der im Eigentum der Gemeinde Altendorf stehenden Liegenschaften KTN yy, xx, ww und vv jeweils ein Fuss- und Fahrwegrecht im Grundbuch eingetragen (BB 2).

Begründet wurde diese Dienstbarkeit mit am 21. September 1939 öffentlich beurkundetem Vertrag zwischen den Schweizerischen Bundesbahnen und dem Landwirt S.________ als „Fahrrecht auf dem Parallelweg“ (BB 4 Art. 6 Abs. 3). Das Recht wurde bei den Abparzellierungen der heute im Eigentum der Gemeinde Altendorf stehenden Grundstücke übernommen und als „Fuss- und Fahrwegrecht“ ins eidgenössische Grundbuch überführt (BB 6, 8, 10 und 12). Die Gemeinde plant, auf ihren Grundstücken am See einen öffentlichen, zu Fuss und mit dem Fahrrad zugänglichen Park mit Steganlage und Pavillon inkl. WC-Anlage und Unterhaltsraum zu errichten (KB 5, Abl Nr. uu vom ________). Die Baustellenzufahrt und die Notzufahrten sollen über den

„F.________weg“ erfolgen (KB 6, insbes. Ziff. 3.2 und 4.2.8).

B. Nach gescheiterter Sühneverhandlung reichte B.________ beim Einzelrichter am Bezirksgericht March am 30. Mai 2017 gegen die Gemeinde Altendorf Klage bzw. privatrechtliche Baueinsprache gestützt auf § 80 Abs. 2 aPBG und § 31 Abs. 2 aJG mit folgenden Begehren ein (Vi-act. A/1):

1. Es sei der Beklagten zu untersagen, das im Amtsblatt des Kantons Schwyz Nr. uu vom ________ publizierte Bauvorhaben auf KTN yy, xx, ww und vv, alle in der Gemeinde Altendorf gelegen, auszuführen, soweit das Baugesuch die Beanspruchung von KTN zz, in der Gemeinde Altendorf gelegen, als Baustellen- und Notzufahrt vorsieht.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

Mit Klageantwort vom 21. Juli 2017 (Vi-act. A/2) verlangte die Beklagte, die Klage abzuweisen.

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C. Nach Durchführung einer Hauptverhandlung am 20. April 2018 untersagte der Einzelrichter mit Urteil vom 4. Juli 2018 der Beklagten in teilweiser Gutheissung der Einsprache bei der Realisierung des Bauvorhabens das Grundstück KTN zz als Baustellenzufahrt zu benützen.

D. Mit rechtzeitiger Berufung vom 3. September 2018 beantragte die Beklagte dem Kantonsgericht, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventualiter die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (ZK1 2018 29). Der Kläger verlangte, die Berufung abzuweisen

(KG-act. 6). In weiteren Stellungnahmen hielten die Parteien an ihren Anträgen fest (KG-act. 9 und 12). Mit Urteil vom 9. Juli 2019 wies das Kantonsgericht die Berufung ab und bestätigte das angefochtene Urteil.

E. Das Bundesgericht hiess mit Urteil vom 18. September 2020 (BGer 5A_702/2019) die Beschwerde der Beklagten gut, hob das Urteil des Kantonsgerichts auf und wies die Sache zu neuem Entscheid an die Vor- instanz zurück. Die zweite zivilrechtliche Abteilung stellt (BGer 5A_702/2019 vom 18. September 2020) teilweise abweichend vom kantonalen Berufungsurteil (vgl. dazu oben wiederholt lit. A) vorab folgenden Sachverhalt fest:

A.a. B.________ ist Eigentümer des Grundstücks KTN zz "R.________”

in Altendorf, und die Gemeinde Altendorf ist Eigentümerin der im Jahr 2012 erworbenen Liegenschaften KTN yy, xx, ww und vv. Die Flächen dieser Grundstücke waren ursprünglich Teil der Liegenschaft KTN tt

"T.________” (vormals GB Nr. ss), von welcher sie direkt oder indirekt abparzelliert wurden. Diese und weitere Liegenschaften (KTN rr, qq, pp, oo), insbesondere die Liegenschaft KTN zz von B.________, liegen nordöstlich der in den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts erstellten Bahnlinie (KTN nn und mm). Nordseitig des Bahndamms verläuft der

"F.________weg"; dieser liegt auf den Parzellen KTN zz, oo, pp, qq und vv. In nordöstlicher Richtung stossen die meisten Liegenschaften an den Zürichsee.

A.b. Mit Vertrag vom 19. Juni 1939 tauschten S.________, Landwirt in Altendorf, und die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) gegenseitig

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Land. Hauptziel der Transaktion war, den SBB Land zu verschaffen, damit diese den bisherigen Bahnübergang durch eine Unterführung ersetzen konnten; gleichzeitig wurde das auf der Überführung gelegene Fuss- und Fahrwegrecht auf die Unterführung eingetragen. Ausserdem vereinbarten die Parteien, dass "der jeweilige Eigentümer der Liegenschaft GB Nr. ss [heute: Nr. tt und die davon abparzellierten Grundstücke Nr. yy, xx, ww und vv] Fahrrecht auf dem Parallelweg in den Grundstücken GB Nr. ll [heute: qq], kk [heute: oo], jj, ii [heute: zz] bis zur Liegenschaft E.________ [heute: KTN hh]" hat. Im Nachtrag vom 21.

September 1939 wurde folgende Ergänzung bzw. Präzisierung angebracht: "Andererseits erhält Nr. ss [heute: tt] durch Nr. ll [heute: qq], gg [heute: pp], kk [heute: oo], ii [heute: zz], ff [heute: ee], dd [heute: cc], bb [heute: hh] und aa [heute: za] (d.h. bis zur Liegenschaft E.________) das Fahrrecht, gemäss den mit den Eigentümern der genannten Grundstücke abgeschlossenen Verträgen. Nota: Nachdem der seeseitige Teil von Grundstück jj 'H.________ der Liegenschaft Nr. ii 'R.________' einverleibt wird, bleibt GB Nr. jj für das Fahrrecht unerwähnt." Entgegen dem Hinweis im Nachtrag wurde zwischen den Eigentümern der Liegenschaften

GB Nr. ss und GB Nr. ii kein gesonderter Vertrag abgeschlossen. Die Dienstbarkeit wurde 1997 als "Fuss- und Fahrwegrecht" in das eidgenössische Grundbuch überführt.

A.c. Die Gemeinde Altendorf beabsichtigt, auf ihren Grundstücken am See einen öffentlichen, zu Fuss und mit dem Fahrrad zugänglichen Park mit Steganlage und Pavillon inkl. WC-Anlage und Unterhaltsraum zu erstellen; sie hat um eine Baubewilligung ersucht. Die Baustellenzufahrt und die Notzufahrten sollen über den "F.________weg" erfolgen.

F. Den Parteien, die sich im ersten Rechtsgang vollumfänglich äussern konnten, wurde im zweiten Rechtsgang Gelegenheit zur Stellungnahme insoweit eingeräumt, als dies notwendig war, um den verbindlichen Feststellungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (ZK1 2020 40 KG- act. 2). Die Parteien haben Stellung genommen (KG-act. 5 und 7). Beide äusserten sich am 28. Januar 2021 bzw. 8. Februar 2021 nochmals (KG-act.

10 f.);-

und in Erwägung:

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1. Nach einem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts sind sowohl dieses selbst als auch die kantonalen Instanzen an die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet wurde, gebunden. Wegen dieser Bindung der Gerichte ist es ihnen wie auch den Parteien, abgesehen von allenfalls zulässigen Noven, verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden waren (BGE 143 IV 214 E. 5.3.3 S. 222 f.; ee III 334 E. 2 und 2.1 S. 335 m.H.). Wird die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts zurückgewiesen, so bedeutet dies nicht, dass auf jegliche verbindliche Sachverhaltsfeststellungen zurückgekommen werden könnte (vgl. BGE ee III 334 E. 2 und E. 2.1 S. 335 f.

mit Hinweisen). Vielmehr beschränkt sich die Neubeurteilung auf den Rahmen und die Elemente des Sachverhalts, zu deren Klärung die Sache im Rückweisungsentscheid zurückgewiesen wurde (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 4A_447/2018 vom 20. März 2019 E.

3). Mithin ist die rechtliche Beurteilung des Bundesgerichts laut Begründung des Rückweisungsentscheids für die Beurteilung der noch hängigen kantonalen Berufung massgebend. Noven müssen sich im zweiten Rechtsgang innerhalb des rechtlichen Rahmens des Rückweisungsentscheides bewegen, was voraussetzt, dass der von der Rückweisung erfasste Streitpunkt nicht ausgeweitet oder auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wird (Reetz in Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuen- berger, Kommentar, 3. A. 2016, Vorb. Art. 308-318 ZPO N 53 m.H.).

a) Neue Tatsachenbehauptungen der Beklagten nach Art. 97 BGG lassen sich dem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts nicht entnehmen.

b) Die vom Kläger im zweiten Rechtsgang eingebrachten Noven zur Mehrbelastung betreffen nicht das vorab zu behandelnde Thema des Rückweisungsentscheides, welches das Bundesgericht wie folgt absteckte

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(BGer, ebd. E. 2.7) und das dem von der Beklagten verlangten Zurückkommen auf den Eintrag bzw. die Klarheit des Erwerbgrundes in der Auslegungshierarchie von Art. 738 ZGB entgegensteht:

Welche Tatsachen feststehen müssen, um die geltend gemachte Rechtsfolge zu begründen, bestimmt das materielle Recht (BGE 123 III 35 E. 2b). Das Kantonsgericht wie auch der Beschwerdegegner übersehen, dass die streitgegenständlichen Liegenschaften KTN yy, xx, ww und vv im Zeitpunkt der Errichtung der streitgegenständlichen Dienstbarkeit Teil der Liegenschaft GB Nr. ss "T.________" (heute: KTN tt als Restparzelle) waren. Wird das berechtigte Grundstück geteilt, so besteht die Dienstbarkeit in der Regel in ihrem ursprünglichen Umfang und Zweck auf allen Teilen weiter (Art. 743 Abs. 1 ZGB). Im Verhältnis zwischen den heutigen Eigentümern muss der Erwerbsgrund so ausgelegt werden, wie er nach seinem Wortlaut und Zusammenhang sowie namentlich aufgrund der Bedürfnisse des damals herrschenden Grundstücks GB Nr. ss zum Zeitpunkt der Errichtung und mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durfte und musste (vgl. Urteile 5C.78/2006 vom 5. Oktober 2006 E. 2 Abs. 3, in:

ZBGR 89/2008 S. 113; 5C.38/2001 vom 10. Dezember 2001 E. 3c mit Hinweisen, in: Revue fribourgeoise de jurisprudence [RFJ] / Freiburger Zeitschrift für Rechtsprechung [FZR] 2002 S. 53 f.). Demgegenüber hat das Kantonsgericht nur geprüft, wie die zu einem späteren Zeitpunkt von der seinerzeitigen Liegenschaft GB Nr. ss abparzellierten Grundstücke KTN yy, xx, ww und vv im Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit genutzt wurden. Damit hat es bei der Anwendung der hier einschlägigen Gesetzesbestimmungen nicht auf den massgeblichen Sachverhalt abgestellt. Legt das Gericht dem Urteil nicht sämtliche zur Subsumtion notwendigen Tatsachen zugrunde, ist dieses bundesrechtswidrig.

Das Bundesgericht vermisst bei der Auslegung der Dienstbarkeit im Zeitpunkt ihrer Errichtung die Unterscheidung zwischen den massgeblichen Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks insgesamt und der nicht erheblichen damaligen Nutzung der später abgetrennten Teile.

2. In Verfahren, die wie hier vom Verhandlungsgrundsatz beherrscht sind, tragen die Parteien die Verantwortung für die Beschaffung des Tatsachenstoffes. Sie haben dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die Beweismittel anzugeben (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Die Parteien trifft die sog. Behauptungslast. Welche Tatsachen zu behaupten sind, hängt vom Tatbestand der Norm ab, auf die der geltend

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gemachte Anspruch abgestützt wird. Die Parteien haben alle Tatbestandselemente der materiellrechtlichen Normen zu behaupten, die den geltend gemachten Anspruch begründen (etwa BGer 4A_412/2019 vom 27.

April 2020 E. 4.1).

a) Im ersten Rechtsgang waren sich die Parteien, der erstinstanzliche Einzelrichter und die Berufungsinstanz einig, dass sich dem Grundbucheintrag keine Beschränkung auf eine landwirtschaftliche Nutzung entnehmen liesse.

Ebenso war unbestritten, dass sowohl die herrschende Liegenschaft als auch die von ihr später abparzellierten Grundstücke landwirtschaftlich genutzt wurden. Die Beklagte hielt dafür, dass diese Art der Ausübung den unbeschränkten Inhalt der Dienstbarkeit nicht begrenzen könne, weil ein nicht ausdrücklich genannter Zweck der Dienstbarkeit bedeute, dass für die Zweckbestimmung sämtliche Interessen massgebend seien, die bei der Dienstbarkeitserrichtung vernünftigerweise eine Rolle gespielt haben konnten.

Es sei nicht von Bedeutung, wie die Nutzung konkret gewesen sei, sondern vielmehr welche Nutzung möglich gewesen sei (ZK1 2018 29 KG-act. 1 S. 4 ff.). Es treffe nicht zu, dass sie dem Eintrag „Fuss- und Fahrwegrecht“ das Wort «unbeschränkt» hinzudichte. Der Kläger sei beweispflichtig für die behauptete Einschränkung des Zwecks (ebd. KG-act. 9 S. 3 f.).

b) Im zweiten Rechtsgang hält der Kläger die Feststellung des Kantonsgerichts im ersten Rechtsgang, wonach objektiviert betrachtet nicht ersichtlich sei, dass die von der Beklagten beanspruchte Nutzung der berechtigten Grundstücke als öffentlicher Park am See durch den ursprünglichen Zweck der Dienstbarkeit gedeckt sei (dazu ZK1 2018 29 vom 9. Juli 2019 E. 3.a/aa S. 7 f.), nach wie vor für korrekt. Er macht in prozessualer Hinsicht zudem sinngemäss geltend, die Beklagte habe nie gerügt, die Auslegung sei nicht unter Einbezug der ganzen ehemaligen Liegenschaft erfolgt, sondern nur argumentiert, dass aufgrund des klaren Eintrages weder Platz für eine Auslegung noch Einschränkung der

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Dienstbarkeit bestehe. Es sei indes Sache der Parteien dem Gericht die Tatsachen und Beweismittel anzugeben und den massgebenden Sachverhalt vorzutragen (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte verlangt die Prüfung, wie die Bedürfnisse des damals herrschenden Grundstückes GB Nr. ss zum Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit im Jahre 1939 und mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durften und mussten. Sie habe aufgrund des klaren Eintrags und des Erwerbgrunds „begriffsnotwendig“

die räumlich und funktionell unbeschränkte Erschliessung für objektiviert gehalten. Zudem legt sie Gewicht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Zweckbestimmung als offen für spätere Entwicklungen anzusehen sei (KG-act. 5).

c) Die Zivilkammer scheint nun zwischen Skylla und Charybdis verfangen:

Das Bundesgericht wirft ihr vor, in rechtserheblicher tatsächlicher Hinsicht übersehen zu haben, dass die streitgegenständlichen Liegenschaften KTN yy, xx, ww und vv im Zeitpunkt der Errichtung der streitgegenständlichen Dienstbarkeit Teil der Liegenschaft GB Nr. ss "T.________"

bzw. „D.________“ (heute: KTN tt als Restparzelle) waren. Indes haben die Parteien nie zwischen der Nutzung der Stammliegenschaft „T.________“ bzw.

„D.________“ im Jahre 1939 und derjenigen der später davon abparzellierten Grundstücksteile unterschieden, weil nämlich letztere wie auch die ganze Liegenschaft im Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit und auch später stets landwirtschaftlich bewirtschaftet wurden. Das Bundesgericht verlangt mithin hinsichtlich des Bedürfnisses der Benutzung Unterscheidungen zu treffen, welche bislang unterschiedslos unbestrittener Prozessstoff waren und für die Sachverhaltsfeststellung als unerheblich betrachtet wurden. Daher mag im ersten Berufungsurteil die Dienstbarkeit undifferenziert explaniert worden sein. Im Zusammenhang bezog sich die Auslegung zumindest implizit auf die Bedürfnisse des im Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit herrschenden ganzen Grundstücks, ausdrücklich mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der

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Dienstbarkeit, wie er losgelöst von der längeren Ausübung verstanden werden durfte (ZK1 2018 29 E. 3.a in fine m.H.).

aa) Das Bundesgericht bestätigte, dass eine „ungemessene“ Dienstbarkeit selbst bei klarem Wortlaut der Auslegung bedürfe, wenn ihr Umfang (Art. 737 ZGB) streitig sei. Seinem Entscheid lässt sich entnehmen, dass die Bedürfnisse des herrschenden Grundstückes in die Auslegung des Erwerbtitels, dem sich unbestrittenermassen hinsichtlich der Zweckbestimmung der Dienstbarkeit weiter nichts entnehmen lässt, einbezogen werden können bzw. müssen und zu unterstellen sei, die Parteien hätten mit der Errichtung der Dienstbarkeit denjenigen Zweck verfolgt, der sich aufgrund der damaligen Verhältnisse aus den Bedürfnissen der Benutzung des herrschenden Grundstücks vernünftigerweise ergab (BGer ebd. E. 2.3, Hervorhebung nicht original). Mithin sind die Bedürfnisse der Gemeinde als heutige Eigentümerin nicht erheblich.

bb) Während des ganzen kantonalen Verfahrens wurde durch die Parteien im ersten Rechtsgang nie thematisiert, dass die später abparzellierten Grundstücke im Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit je einmal anders genutzt worden wären als damals das herrschende Grundstück als Ganzes.

Ebenso wenig wurde den kantonalen Gerichten gestützt auf den Erwerbstitel vorgetragen, welche konkreten, von dieser Nutzung abweichende Bedürfnisse die Stammliegenschaft früher gehabt hätte. Die vom Bundesgericht thematisierte Unterscheidung wäre dann rechtserheblich, wenn damals nicht alle Teile die in der damaligen Bewirtschaftung liegenden Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks geteilt hätten, was die Parteien indes nie behaupteten. Aufgrund der Parteivorbringen war unbestritten und galt mithin als bewiesen, dass 1939 bei der Errichtung der Dienstbarkeit sowie seither das Stammgrundstück als auch die später abparzellierten Teile landwirtschaftlich bewirtschaftet wurden. Es war bislang das einzig sichtbare Interesse und es sind keine anderen Determinanten dargetan, welche dem

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naheliegenden Schluss, dass diese Nutzungsweise bei der Errichtung der Dienstbarkeit das für die Erschliessung ausschlaggebende Bedürfnis war, entgegenstehen könnte.

cc) Da die Parteien dem Kantonsgericht hinsichtlich der Bedürfnisse abgesehen von den aktuellen Interessen der beklagten Gemeinde nichts anderes als die unbestritten ständige landwirtschaftliche Nutzung seit der Begründung der Dienstbarkeit vortrugen und dabei nicht zwischen dem ursprünglichen Umfang des herrschenden Grundstückes 1939 und den Teilen, welche später davon abparzelliert worden sind, unterschieden, bestand im ersten Rechtsgang kein Anlass in dieser Hinsicht zu differenzieren. Neue Tatsachen und Begehren dürfen dem Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 BGG).

Wie bereits nach Art. 64 OG ist eine Ergänzung des Sachverhalts auch gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG möglich, wenn die Vorinstanz nicht alle relevanten Tatsachen für die korrekte Anwendung des materiellen Rechts feststellt. Das Bundesgericht kann ein Urteil wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellung aufheben, soweit es deswegen an der richtigen Anwendung des Bundesprivatrechts gehindert ist, vorausgesetzt, die Partei, welche sich auf die unvollständige Sachverhaltsfeststellung beruft, weise nach, dass sie entsprechende Behauptungen im kantonalen Verfahren prozesskonform aufstellte, damit aber zu Unrecht nicht gehört wurde (BGer 4A_432/2011 vom 18. Oktober 2011 E. 1.2 m.H.; vgl. auch BGE za IV 293 E.

3.4.2; differenzierter Dormann, BSK, 3. A. 2018, BGG, Art. 105 BGG N 65 m.H.; Kneubühler, ZBJV 2019 S. 472). Nachdem die Parteien auch im zweiten Rechtsgang nicht behaupten, bei der Errichtung der Dienstbarkeit hätten an den später abparzellierten Grundstücksteilen andere Bedürfnisse der Benutzung bestanden als an der herrschenden Liegenschaft als Ganzes, braucht der Prozessstoff auf eine Unterscheidung im Tatsächlichen nicht weiter untersucht zu werden, welcher die Parteien nach wie vor angesichts der unbestrittenen landwirtschaftlichen Nutzung keine Bedeutung beimessen.

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3. Aus diesen Gründen bleibt die Beurteilung der Berufungsinstanz aus dem ersten Rechtsgang inkl. Kosten- und Entschädigungsfolgen unverändert und kann auf die Begründung des aufgehobenen Urteils verwiesen werden (ZK1 2018 29 vom 9. Juli 2019). In Anlehnung daran bzw. in teilweiser Übernahme deren Erwägungen kann in der Sache zusammengefasst werden:

Die Parteien behaupteten weder im ersten noch im zweiten Rechtsgang andere Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks bei der Errichtung der Dienstbarkeit als diejenigen der damaligen landwirtschaftlichen Nutzung.

Ebenfalls machten sie nicht geltend, dass der Landabtausch am 19. Juni 1939 mit der SBB zwecks Ersatz des bisherigen Bahnüberganges durch eine Unterführung zu einer Änderung dieser Bedürfnisse geführt hätte. Mithin ist weiterhin losgelöst von der längeren Ausübung der Dienstbarkeit nach dem ursprünglichen Sinn und Zweck der Dienstbarkeit gefragt festzustellen, dass damals Dritte nicht zu erwarten brauchten, dass in Zukunft das für die öffentlich-rechtliche Nutzungsplanung vor Ort zuständige Gemeinwesen die berechtigten Grundstücke erwerben und darauf für die Öffentlichkeit einen Park erstellen will. Objektiviert betrachtet bleibt daher nicht ersichtlich, dass die von der Berufungsführerin beanspruchte Nutzung der berechtigten Grundstücke als öffentlicher Park am See durch den ursprünglichen Zweck der Dienstbarkeit gedeckt ist. Insofern ist nicht zu beanstanden, dass der Vorderrichter den Inhalt der Dienstbarkeit auf landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt sah und der Berufungsführerin verbot, das klägerische Grundstück als Baustellenzufahrt zu benutzen. Nicht nur bei objektiver Betrachtung, wozu das Wegrecht zur Zeit seiner Errichtung diente, sondern auch für die Berufungsführerin war im Zeitpunkt des Erwerbs der berechtigten Liegenschaften objektiv erkennbar, dass die Dienstbarkeit – entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung – für die private landwirtschaftliche Bewirtschaftung unbebauten Wieslands nutzbar war.

Selbst wenn die neu vorgesehenen (öffentlichen) Nutzungen keine Mehrbelastung zur Folge haben sollten, ist die Beanspruchung des Fuss- und Fahrwegrechts unzulässig, da sie zu einem anderen Zweck als dem

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ursprünglich vorgesehenen ausgeübt wird (vgl. Hinweise in aufgehobenen ZK1 2018 29 E. 3.b). Zweck des Fuss- und Fahrwegrechts war die Erreichbarkeit der ursprünglich berechtigten Liegenschaft für (private) landwirtschaftliche Betreiber, indes nicht die Erstellung von Bauten und Anlagen, welche die Nutzung durch die Öffentlichkeit attraktiv machen. Auch wenn die hier nicht streitgegenständliche spätere Bewirtschaftung des erstellten Parks sich in ihrer Art und Weise von einem landwirtschaftlichen Betrieb nur wenig unterscheidet und das Grundstück des Klägers nicht mehr als die ursprüngliche landwirtschaftliche Bewirtschaftung belasten sollte, dient der Baustellenverkehr der Herbeiführung einer nicht durch die Dienstbarkeit gedeckten neuen Zweckbestimmung, wofür das belastete Grundstück seinerzeit nicht dienstbar gemacht worden ist, und ist daher unzulässig.

4. Die Berufung ist daher abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Die Kosten des zweiten Rechtsganges haben die Parteien nicht verursacht. Sie verbleiben ohne Auswirkungen auf das Dispositiv abweichend vom Verteilungsgrundsatz nach Obsiegen und Unterliegen (Art. 107 Abs. 1 lit.

f ZPO) beim Kanton, da sie nicht durch eine Partei oder eine Dritte im Sinne des Gesetzes veranlasst wurden (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Ebenso sind die Parteikosten des zweiten Rechtsganges wettzuschlagen. Art. 107 Abs. 2 ZPO ist nicht auf Parteientschädigungen anwendbar und der Kläger wirft der Beklagten nicht vor, die vom Bundesgericht für erheblich gehaltene Unterscheidung unnötigerweise weitergezogen zu haben (Art. 108 ZPO);-

erkannt:

1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil bestätigt.

(13)

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 4‘000.00 werden der Berufungsführerin auferlegt.

3. Die Berufungsführerin wird verpflichtet, den Berufungsgegner für das Berufungsverfahren mit Fr. 1‘500.00 (inkl. Auslagen und MWST) zu entschädigen.

4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden; die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert beträgt Fr. 35'000.00.

5. Zufertigung an die Parteivertreter (je 2/R) und die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) und die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).

Namens der 1. Zivilkammer

Die Kantonsgerichtsvizepräsidentin

Der Gerichtsschreiber

(14)

Versand 22. März 2021 kau

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