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SWR2 Musikstunde. Lübeck als Musikstadt (1) SWR2 MANUSKRIPT. Mit Wolfgang Sandberger. Sendung: 26. Februar 2018 Redaktion: Dr.

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SWR2 MANUSKRIPT

SWR2 Musikstunde

Lübeck als Musikstadt (1)

Mit Wolfgang Sandberger

Sendung: 26. Februar 2018 Redaktion: Dr. Ulla Zierau

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SWR2 Musikstunde mit Wolfgang Sandberger 26. Februar – 02. März 2018

Lübeck als Musikstadt,

Teil 1

…in dieser Woche entführen wir Sie gen Norden, nach Lübeck, in die alte Hansestadt an der Ostsee. Herzlich willkommen, ich bin Wolfgang Sandberger

Titelmusik

Holstentor und Hanse, Marienkirche und Marzipan: Lübeck weckt viele Bilder und Assoziationen: Die alte Hansestadt an der Ostsee, die in diesem Jahr ihren 875.

Geburtstag feiert - mit Stolz und einem ambitionierten Programm. Thomas Mann darf dabei nicht fehlen, der in Lübeck geborene Literaturnobelpreisträger, der Jahr für Jahr Tausende von Touristen in das Buddenbrookhaus lockt. Oder Willy Brand, der im Lübecker Arbeitermilieu groß geworden ist; an den Friedensnobelpreisträger und früheren Bundeskanzler erinnert in Lübeck eine Ausstellung im Willy Brand- Haus. Oder: Günter Grass, der Autor der Blechtrommel, der bis zu seinem Tod im April 2015 vor den Toren der Hansestadt lebt.

Auch diesem Literaturnobelpreisträger ist in einem historischen Ensemble auf der Altstadtinsel ein eigenes Kulturforum gewidmet. Die bedeutendste Persönlichkeit aus musikalischer Sicht ist Dieterich Buxtehude. Ein historischer Stadtführer mit dem illustren Titel „Die Beglückte und geschmückte Stadt Lübeck“ bezeichnet Buxtehude um 1700 als einen „Welt-berühmten Organisten und Componisten“ und rühmt die „Abendmusiken“ in St. Marien als eine Veranstaltung, die so „nirgends wo geschiehet.“ Und so beginnen wir diese Lübeck-Woche in der SWR 2

Musikstunde natürlich mit Dieterich Buxtehude:

Musik 1 CD 1 Track 1 3.36‘‘

Dieterich Buxtehude:

Sonata, aus: Das jüngste Gericht, Amsterdam Baroque Orchestra

Ltg. Ton Koopman Challange CC72241 SWR M0272739 001

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Die Einleitung zum Oratorium „Das jüngste Gericht“ von Dieterich Buxtehude mit dem Amsterdamer Barockorchester unter Ton Koopman, der auf über 30 CDs die erste Gesamtaufnahme der Werke Buxtehudes vorgelegt hat. Um Lübeck soll es in dieser Musikstunden-Woche gehen. Doch ist die einstige „Königin der Hanse“

überhaupt eine Stadt der Musik?

Ganz sicher ist das einstige Haupt der Hanse zuerst eine Stadt der Kaufleute. Im großen Lübeck-Roman „Buddenbrooks“ von Thomas Mann steht die Musik denn auch eher für den Verfall: Der Sprössling Hanno Buddenbrook, der „Verfallsprinz“, ist der einzige wirklich Musikalische in dieser Kaufmannsfamilie. In seiner Liebe zur Musik spiegelt sich vor allem eins: der Untergang, das Ende des geschäftlichen Erfolgs. Doch Wirtschaft und Kultur, Handel und Musik müssen ja keine

Gegensätze sein, in Lübeck gehören sie eng zusammen. Unternehmerisch denken schon Franz Tunder und Dieterich Buxtehude, die mit den legendären

Abendmusiken einträgliche Kirchenkonzerte organisieren, so spektakulär und erfolgreich, dass selbst der junge Händel und Bach an die Trave reisen. Auch später ziehen die Norddeutschen Musikfeste dann viele große Namen an: Felix Mendelssohn, Franz Liszt, Clara Schumann, Johannes Brahms oder Peter Tschaikowsky. Das Engagement finanzkräftiger Bürger sorgt dafür, dass Lübeck 1904 mit der Stadthalle ein Konzerthaus und wenig später mit dem Jugendstilbau in der Bäckergrube ein zauberhaftes Theater bekommt. Hermann Abendroth und der junge Wilhelm Furtwängler gehören zu den ersten Dirigenten. Heute ist Lübeck Sitz des Schleswig-Holstein-Musikfestivals und der einzigen Musikhochschule im Bundesland zwischen den Meeren. Zu den renommiertesten Dozentinnen gehört die Klarinettistin Sabine Meyer:

Musik 2 Track 2 4.51‘‘

Johannes Brahms:

Appasionato, ma non troppo allegro

2. Satz aus der Klarinettensonate Es-dur op. 120,2 Sabine Meyer, Klarinette, Lars Vogt, Klavier

EMI 557524 2 SWR M0027436 002

…mit Sabine Meyer, Professorin an der Musikhochschule Lübeck.

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Lübeck ist eine über Jahrhunderte gewachsene Stadt. Die Gründer haben den Ort einst strategisch klug gewählt: Auf einer Hügelinsel, von Trave und Wackenitz umgeben, nah zur Ostsee und doch geschützt im Hinterland. In der 875-jährigen Geschichte wurzelt die Faszination der Stadt. Die steinernen Monumente prägen das Bild bis heute, allen voran die eindrucksvollen Bauten der sogenannten Backsteingotik. Aus verheerenden Bränden hatte die Stadt einst gelernt. Nach 1250 baut man mit dem roten, leuchtenden Backstein - das sogenannte

„Klosterformat“ wird alsbald zur Norm erhoben: Ein solcher Stein ist 29 cm lang und gut 15 cm breit und wiegt an die 7 Kilo. Rund 5 Millionen solcher Ziegel sind allein in der Marienkirche verbaut, der Ratskirche der reichen Kaufmannsleute. St.

Marien im Zentrum der Altstadt wird ganz bewusst einen Meter höher gebaut als der Dom, der altehrwürdige Sitz des Bischofs.

Bürgerliches Selbstbewusstsein zeigen auch die anderen Hauptkirchen, zudem das Heiligen-Geist-Hospital am Koberg oder das Holstentor, 30 Jahre lang ist das Wahrzeichen der Hansestadt auf dem 50 Markschein zu sehen, heute gibt es immerhin noch Abbildungen auf einigen 2 Euro-Münzen. Das Holstentor ist von Westen her das Tor zur Altstadt - dort erwartet den Besucher eine Fülle

verwinkelter Gassen und Gänge, mittelalterlich und frühneuzeitlich in ihrem

Gepräge. Wer all das wandernd und schauend erlebt, versteht, warum die Altstadt von Lübeck vor 30 Jahren zum Weltkulturerbe der UNESCO erhoben wurde: Der größte Schatz der Stadt heute ist die Stadt selbst! Schätze im Kleinen gibt es natürlich auch: dazu gehört als Kronjuwel der Stadtbibliothek der kostbare

Kantaten-Band mit Werken von Dieterich Buxtehude, ein Band in Tabulaturschrift, der nach einer abenteuerlichen Reise erst seit 1989 wieder in der Stadtbibliothek zu Hause ist:

Musik 3 CD 1 Track 1 6‘55 Dieterich Buxtehude:

Frohlocket mit Händen. Kantate für Soli und Instrumentalensemble BuxWV 29 Bettina Pahn (Sopran) - Miriam Meyer ( Sopran) - Klaus Mertens (Bass) Patrick van Goethem (Countertenor) - Jörg Dürmüller (Tenor)

Amsterdam Baroque Orchestra Leitung: Ton Koopman

M0301530 010

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Lübeck als Musikstadt - so unser Thema in dieser SWR 2 Musikstunde. Einst wurde die Lübeck als Königin der Hanse gefeiert, in ihrer langen Geschichte aber hat die Stadt so manche Perle aus ihrer Krone verloren. Doch sind in jüngster Zeit auch neue Edelsteine hinzugekommen: Im Mai 2015 hat Angela Merkel das neue Europäische Hansemuseum eröffnet, ein hochmodernes Themenmuseum, das die Kanzlerin als „neues Juwel in Lübeck“ feierte. Im Norden der Altstadtinsel liegt der international beachtete und preisgekrönte Neubau direkt an der Trave, dort wo einst die Hanse-Kaufleute ihre Schiffe beladen haben, um von hier aus zu fremden Menschen und Ländern aufzubrechen. Die Dachterrasse des neuen

Hansemuseums bietet denn auch einen spektakulären Blick auf den Lübecker Hafen. Drinnen erzählt das Museum den Besuchern die Geschichte der Hanse und es macht die Bedeutung dieses Handels-Netzwerkes bis in unsere Zeit

anschaulich. Kostbare Seidenbrokatstoffe sind da zu sehen, Stoffe, die nach historischen Mustern eigens in Madagaskar für das Europäische Hansemuseum nachgewebt worden sind. Mit jedem Raum taucht der Besucher in eine neue Welt ein: Wo und in welchem Jahrhundert bin ich hier gelandet? Wie haben die

Kaufleute da gelebt? Ein Raum zeigt bis in Details das Leben mit der Pest, die mit dem Handel auch Einzug in die Hansestädte hält. Hier ein Klaglied über das „heftig verwundete, durch Krieg, Pest und Hunger äusserst geplagte und nunmehro mit dem Tode ringende Teutschland“

Musik 4 CD 1 Track 4 5.00‘‘

Michael Jacobi:

Liedeinlage, Klaglied über das „heftig verwundete, durch Krieg, Pest und Hunger äußerst geplagte und nunmehro mit dem Tode ringende Teutschland“

Ensemble Weser-Renaissance Bremen Manfred Cordes

Cpo 999 571 2 M0340992 004

Ein Klaglied mitten aus der Zeit des 30-jährigen Krieges. Lübeck und die anderen Hansestädte erleiden – mit Ausnahme Magdeburgs – in diesem großen

europäischen Krieg eher geringe Schäden. Auch die wirtschaftlichen Folgen halten

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sich in Grenzen. Was die Lübecker Kaufleute nach dem Krieg auszeichnet ist die Mixtur aus Wagemut, Innovationsbereitschaft und Wirtschaftsethos. Schon zu Beginn der Hanse wird der ganze Ostseeraum erschlossen - die Schiffe, die Koggen sind nach heutigen Maßstäben allerdings noch winzig.

Das immer dichter werdende Netzwerk fordert moderne Unternehmensstrukturen - mit effektiven Geschäftsleitungen, optimierter Buchführung, rationalen Münz-, Kredit- und Wägesystemen. Und die Handelspolitik muss mit den Kontoren, den Partnern in der Hanse abgestimmt werden. Dazu trifft man sich auf den

Hansetagen, den politischen Höhepunkten. Hier fließen die Netzwerke der Kaufleute zusammen und man verständigt sich auf eine Handelspolitik - im

Grundsatz nicht viel anders als heute in den Handelsabkommen der globalisierten Welt.

Im neuen Europäischen Hansemuseum ist auch dies zu erleben, rekonstruiert wird konkret der Lübecker Hansetag von 1518. Vertreter aus immerhin 21 Städten reisen damals an die Trave. Aus dem Protokoll einer Delegation aus Danzig geht hervor, dass ihr Schiff drei Wochen unterwegs ist, bis sie Travemünde erreichen.

Von der Ostseeküste geht es dann weiter landeinwärts mit Pferd und Wagen. Der Einzug der Danziger Delegierten in Lübeck gleicht einem politischen Großereignis:

Der Rat kredenzt den Ehrenwein, der nur für ganz hohe Gäste reserviert ist.

Trompeter, Paukenschläger, Fiedler, Flötenspieler und Gaukler heißen die Gäste lautstark willkommen…

Musik 5

Tielman Susato:

Fanfare

New London Consort Leitung: Philipp Pickett M0020297 001, 2’00

Schon in den alten Tagen der Hanse erklingt Musik in den Stadtmauern Lübecks:

vor allem natürlich in den Kirchen der Stadt, die ihre Ausstattungen dem Reichtum der Kaufleute verdanken. Zu den Hauptkirchen auf der Lübecker Altstadtinsel gehört St. Jakobi, erbaut um 1300 am Koberg, die Kirche der Seeleute und Fischer.

Auch dies ist eine typisch norddeutsche Backsteinkirche mit drei Hallen. An der

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Nordseite befindet sich bis heute eine der schönsten und bedeutendsten Orgeln in ganz Europa: die sogenannte Stellwagenorgel, die kleine Jakobi-Orgel. Glauben wir den Urkunden, dann existierte an dieser Stelle schon seit Mitte des 15.

Jahrhunderts ein Instrument, das mitten im Dreißigjährigen Krieg aber von Friedrich Stellwagen erweitert wird: Stellwagen baut den wunderschönen Prospekt, die Windladen und ergänzt das Instrument um ein Rückpositiv und ein Brustwerk.

Die nicht überdimensionierte Architektur des Kirchenraums bietet für diesen Klangkörper bis heute eine einmalige Akustik, mit einer seltenen Ausgewogenheit von Nachhall und Transparenz. Schon Buxtehude dürfte auf dieser Orgel gespielt haben, denn der Weg des Marienorganisten zum Koberg ist wahrlich nicht weit.

Hier das kleine e-moll Präludium von Dieterich Buxtehude, gespielt an der Stellwagen Orgel in Lübeck von Armin Schoof, und diese Musik spiegelt uns ein klangliches Wunderwerk des Orgelbaus…

Musik 6 Track 1 5.11‘‘

Dieterich Buxtehude:

Präludium e-moll Bux 143

Armin Schoof an der Stellwagen-Orgel in St. Jakobi Lübeck Programmaustausch NDR

Außerhalb der kirchlichen Gemäuer sind repräsentative Klänge in Lübeck lange ein Luxusartikel. Die kostspielige Musik bei Verlöbnissen, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen ist denn auch akkurat von der Obrigkeit geregelt - in den

sogenannten Luxusordnungen, die gerade für Hochzeiten gelten. Eingehalten werden diese Regeln in Lübeck allerdings selten, denn eine Hochzeit ist im eher grauen Alltag des 17. Jahrhunderts einer der wenigen Anlässe, mal so richtig über die Stränge zu schlagen. Und: Die vornehmen Familien halten auf sich. Das Repräsentationsbedürfnis jedenfalls dürfte die privaten Schatullen doch

einigermaßen belastet haben. Eine norddeutsche Hochzeitsordnung von anno 1609 beklagt denn auch, dass bei der Musik „viel und mannichfältige

Übermäßigkeiten häuffig eingerissen“ seien. Penibel vorgeschrieben wird in der Ordnung, dass in einer großen Brautmesse für die oberen Stände nicht mehr als drei Stücke musiziert werden dürfen. Den übrigen Ständen wird lediglich eine kleine Brautmesse mit zwei Musikstücken zugebilligt. Für den weltlichen Teil mit

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Hochzeitszug, Tafelmusik und Tanz werden ebenfalls Honorare und Gebühren fällig:

Der Anführer der Lübecker Ratsmusiker, der sogenannte Spielgreve, hat bei Hochzeiten denn auch gleich noch obrigkeitliche Aufgaben. Er muss die Zahl der Gäste festhalten und zählt genau die Speisen, insbesondere die Pasteten. Aus den Protokollen der Behörde lässt sich so heute noch erahnen, wie opulent die Musik jeweils gewesen ist. Bei einer großen Hochzeit der noblen Stände sind in der Regel acht Instrumentalisten zugelassen, für die übrigen Hochzeiten nur die Hälfte:

Die folgende Paduan von Johann Schop, geschrieben 1635 für einen Hochzeitszug im benachbarten Hamburg, ist demnach für eine feinere Gesellschaft bestimmt:

mindestens sechs Spieler nämlich werden für diesen Tanz benötigt:

Musik 7 CD Track 1 2.35''

Johann Schop:

Paduan

Ensemble Weser-Renaissance Ltg. Manfred Cordes

Cpo 999396-2, LC 8492 M0130992 001

Hanseatische Hochzeitsklänge aus dem Jahre 1635: Das Ensemble Weser- Renaissance spielte diese Paduan von Johann Schop.

Die Brautkleider für solche Hochzeiten sind - bei begüterten Lübecker Familien - vielleicht sogar aus Brügge importiert: Neben Waren, wie Salz, Getreide und Honig, Erzen und Bernstein, Tuchen und Pelzen, werden nämlich auch Musik und Malerei, Dichtung und Mode zwischen den Hansestädten ausgetauscht. Kunst und Kultur blühen auf. Kaufleute lassen sich und ihre Frachtschiffe, die Koggen, portraitieren.

Künstler, wie Meister Bertram und Meister Franke, schaffen Auftragswerke für die Flandern- und Englandfahrer. Bernd Notke verhilft mit seinen Kunstwerken den Kaufleuten in Lübeck zu großem Ansehen. Monumentale Kirchen mit kunstvollen Altären und eindrucksvollen Orgeln künden vom Reichtum der Hanse. Die ersten Bestseller kommen in Umlauf, Legenden, wie jene über den Piraten Störtebeker kursieren bis in heutige Tage.

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Dabei ist dieser legendäre Seeräuber, dieser norddeutsche Robin Hood wohl nur eine Legende. Gregor Rohmann, Experte für Mittelalterliche Geschichte, hat das

„Making of“ dieses Helden zusammengetragen und in mehreren Beiträgen veröffentlicht. Demnach ist die Geschichte dieses Piraten in Lübeck in Umlauf gesetzt worden - über den Erfinder wissen wir wahrscheinlich sogar mehr als über Störtebeker selbst. Hermann Korner, so heißt unser Geschichtenschreiber, wird in Lübeck geboren und er ist um die 30, als er in den Dominikanerorden eintritt.

Davor jedoch wird er bei einer Fehde seiner Stadt als Führer eines Söldnerhaufens aktenkundig, vielleicht also hat er sich mit seinem Störtebeker durchaus selbst identifiziert. Dann jedoch ist er Mönch, 1417 wird er Lesemeister im Lübecker Burgkloster. Korner ist offenbar ein fleißiger und ehrgeiziger Mensch, noch mit 70 wird er zum Doktor der Theologie promoviert. Er stirbt in Lübeck. Unsterblich aber ist fortan seine Störtebeker-Figur… Reinhard Keiser, der Hamburger

Barockkomponist hat später sogar eine große, zweiteilige Störtebeker-Oper geschrieben, doch leider hat sich davon nur das Libretto erhalten. Da müssen wir uns also ein bisschen Seesturmmusik vom Zeitgenossen Telemann borgen: der stürmende Aeolus aus der Wassermusik „Hamburger Ebb‘ und Flut‘

Musik 8 Track 7 2.05‘‘

Georg Philipp Telemann:

Der stürmende Aeolus aus der Ouvertüre C-dur Musica Antiqua Köln, Reinhard Goebel

Archiv Prod. 413788 2 M0016790 007

…aus der Wassermusik Hamburger Ebb und Flut. Hamburg ist heute natürlich die Weltstadt im Norden, Lübeck ist da kleiner, viel, viel kleiner und vielleicht auch ein bisschen piefig, wie man im Norden sagt. Doch zur Zeit der Hanse ist das

umgekehrt, da ist Lübeck die Königin. Schon Ende des 30-jährigen Krieges aber ist auch das Ende der Hanse abzusehen. Jede Stadt versucht nun irgendwie allein zurecht zu kommen. Da die Kommunikation immer schwieriger wird, beschließt der Hansetag 1629, dass fortan nur noch Hamburg, Bremen und Lübeck das Bündnis vertreten sollen. Man ist bemüht, mehrfach berufen die drei Städte einen neuen

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Hansetag ein. Doch erst 40 Jahre nach dieser letzten Zusammenkunft folgt ein erneutes Treffen. Immerhin noch 6 Städte folgen der Einladung - das ist 1669. Wie immer wird viel diskutiert, einen bedeutsamen Beschluss fassen die Delegierten aber nicht mehr. Manches wird gar vertagt, denn die Vertreter ahnen natürlich nicht, dass dies das letzte Treffen sein wird. Damit zerfällt das einst so

einflussreiche Handelsbündnis in zahlreiche kleinere Netzwerke.

Musik 9 Track 4 2.20 C. Ph. E. Bach:

Presto, Finale aus der Hamburger Sinfonie h-moll WQ 182 Nr. 5 Il Giardino armonico

Ltg. Giovanni Antonini Naive op 30399 M0042056 004

Das Finale, Presto, aus der Hamburger Sinfonie h-moll von dem Hamburger Bach, Carl Philipp Emanuel, eine Aufnahme mit il giardino armonico unter Giovanni Antonini.

Heute wird in Lübeck an die alte Tradition der Hanse wieder angeknüpft. Die Idee, die Hansetage wieder aufleben zu lassen, kommt 1980 aus der niederländischen Stadt Zwolle. Vertreter aus mehr als 40 ehemaligen Hansestädten treffen sich bei diesem ersten Hansetag der Neuzeit. Und schnell ist man sich einig, dass der Lübecker Bürgermeister in Zukunft den Vorsitz bei den Zusammenkünften führen soll. Einig ist man sich auch, dass für die Tagungen neue Inhalte gefunden werden müssen. Die Hansetage sollen nicht nur der Bereicherung von Stadtjubiläen oder ähnlichen Festivitäten dienen. Das neue zentrale Thema lautet: „Die Stadt als Lebensform“, Gegenwartsprobleme also werden diskutiert, Erfahrungen

ausgetauscht. Auch das Europäische Hansemuseum in Lübeck knüpft auf neue Weise an die Hanseidee an: im Museum wird zwar vor allem die Geschichte der Hanse vermittelt, man will aber auch eine neue Plattform für Jugendliche aus ganz Europa bieten - in Zeiten, in denen es der Europagedanke schwer hat, vielleicht keine schlechte Idee.

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Und so verabschiedet sich die Musikstunde heute mit europäischen Klängen aus der Feder von Marc-Antoine Charpentier. Auch morgen geht es dann hier wieder um „Lübeck als Musikstadt“. Vielen Dank fürs Zuhören sagt: Wolfgang Sandberger

Musik 10 1‘35 Marc-Antoine Charpentier:

Te Deum, Prelude (Eurovisionshymne) Orchestre de Chambre

Leitung: Paul Kuentz M0124090 041

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