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Elastische Eigenschaften eines zweidimensionalen Kolloidsystems

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Academic year: 2022

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zweidimensionalen Kolloidsystems

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften

an der Universit¨at Konstanz

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Physik

Lehrstuhl Prof. Dr. G. Maret vorgelegt von Axel Wille

Tag der m¨undlichen Pr¨ufung: 8.11.2001 Referent: Prof. Dr. G. Maret

Referent: PD. Dr. C. Bechinger

(2)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Theoretische Grundlagen 5

2.1 Elastizit¨atstheorie . . . 5

2.1.1 Definition des Verzerrungstensors . . . 5

2.1.2 Definition des Spannungstensors . . . 6

2.1.3 Freie Energie der Verzerrung . . . 7

2.1.4 Isotrope, zweidimensionale K¨orper . . . 7

2.1.5 Elastische Konstanten in zwei Dimensionen . . . 8

2.2 Theorie des Schmelzens in zwei Dimensionen . . . 9

2.2.1 Die KTHNY Theorie - Defektinduziertes Schmelzen . . . 10

2.2.2 Elastische Konstanten am Phasen¨ubergang kristallin-hexatisch . 12 3 Experimenteller Aufbau 15 3.1 Pr¨aparation des 2D Kolloidsystem . . . 15

3.1.1 Superparamagnetische Suspension . . . 15

3.1.2 Probenhalterung und Spritze . . . 16

3.1.3 Magnetfeldspule . . . 17

3.2 Partikelerkennung . . . 19

3.2.1 Strahlengang des Mikroskops . . . 19

3.2.2 Bildverarbeitung und Partikelerkennung . . . 20

3.2.3 Spritzensteuerung . . . 20

3.3 Optische Pinzette . . . 22

3.3.1 Strahlengang . . . 24

3.3.2 Galvanometerscanner . . . 25

3.4 Bestimmung des Wechselwirkungparameters Γ . . . 26

4 Bestimmung des Schermoduls 28 4.1 Experimentelle Details . . . 28

4.2 Messungen . . . 30

4.3 Elastisches Kontinuum-Modell . . . 30 1

(3)

4.4 Ergebnisse und Diskussion . . . 33

5 Bestimmung des Kompressionsmoduls 38 5.1 Experimentelle Details . . . 38

5.2 Messungen . . . 39

5.3 Elastisches Kontinuum-Modell . . . 39

5.4 Ergebnisse und Diskussion . . . 42

6 Elastische Konstanten aus den Volumenfluktuationen 47 6.1 Theoretischer Hintergrund . . . 47

6.1.1 Volumenfluktuationen . . . 47

6.1.2 Methode der Blockgr¨oßenanalyse . . . 49

6.2 Ergebnisse und Diskussion . . . 50

7 Abschließende Diskussion 55 7.1 Ideale Gitter-Theorie . . . 55

7.1.1 Volumenfluktuationen . . . 56

7.1.2 Manipulation mit optischer Pinzette . . . 56

7.2 2D Schmelzszenario . . . 57

7.2.1 Volumenfluktuationen . . . 57

7.2.2 Manipulation mit optischer Pinzette . . . 58

8 Zusammenfassung 61 Literaturverzeichnis 62 A Anhang 65 A.1 Herstellung einer Suspension . . . 65

A.2 Berechnung des Kompressionsmoduls f¨ur ein ideales Gitter . . . 66

A.3 Berechnung des Schermoduls f¨ur ein ideales Gitter . . . 67

Danksagung 70

(4)

Kapitel 1 Einleitung

”Elastische Eigenschaften eines zweidimensionalen Kolloidsystems“– der Titel dieser Arbeit enth¨alt Stichworte zu drei wissenschaftlichen Gebieten: Physik der elastischen K¨orper, der zweidimensionalen Systeme und kolloidaler Suspensionen. Womit befassen sich diese Gebiete ?

Die Anf¨ange der Elastizit¨atstheorie (1638) gehen auf G. Galilei zur¨uck, der sich mit der Bruchfestigkeit von Festk¨orpern besch¨aftigt hat. Ein Meilenstein ist von R. Hoo- ke (1660) gesetzt worden durch die Entdeckung des Hookeschen Gesetzes. Die heute benutzte klassische Elastizit¨atstheorie wurde im Wesentlichen w¨ahrend des 19. Jahr- hunderts von Cauchy, Navier, Poisson und St. Venant entwickelt. Sie besch¨aftigt sich damit, wie sich K¨orper unter dem Einfluss ¨außerer Kr¨afte verformen. Fl¨ussigkeiten sind im Allgemeinen inkompressibel, lassen sich aber leicht verformen. Festk¨orper sind strukturbedingt wesentlich h¨arter, verhalten sich aber je nach Zusammensetzung v¨ollig unterschiedlich (vergleiche Stahl und Gummi). Dieses Spektrum der elastischen Eigen- schaften f¨uhrt zu der Frage, wie die makroskopischen Verformungen von der Tempe- ratur und den mikroskopischen Materialeigenschaften (z.B. Gitterkonstante, Struktur, Wechselwirkungspotential der kleinsten Bausteine) abh¨angen.

Die Physik zweidimensionaler (2D) Systeme ist in erster Linie nicht durch nat¨urlich vorkommende Ph¨anomene begr¨undet, sondern durch die technischen und theoretischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Erst die Entwicklung neuer Methoden, die Abbildungen und Manipulationen bis in den atomaren Bereich erm¨oglichen (z.B. Elek- tronenmikroskopie, atomare Kraftmikroskopie), erlauben die Erforschung von Ober- fl¨achen und daran adsorbierten Teilchen. Als Beispiel sollen die 2D Elektronensysteme hervorgehoben werden. 1980 entdeckte K. von Klitzing den Quanten-Hall-Effekt in einem Feldeffekttransistor, der auf die besonderen Eigenschaften einer 2D Ladungs- tr¨agerschicht zur¨uckzuf¨uhren ist. C. Grimes und G. Adams konnten erstmals einen Phasen¨ubergang von der fl¨ussigen zur kristallinen Phase eines 2D, klassischen Cou- lombsystem aus Elektronen nachweisen (1979)[1]. Von der theoretischen Seite her ist durch N. Mermin seit 1968 bekannt, dass ein 2D Kristall im Gegensatz zu einem dreidi-

3

(5)

mensionalen keine langreichweitige Ordnung zeigen kann [2]. Die 2D Theorien wurden in den 70er Jahren durch die Entwicklung der KTHNY-Theorie (Kosterlitz, Thouless, Halperin, Nelson, Young) vorangetrieben, die sich mit dem Schmelzverhalten von 2D Systemen besch¨aftigt [3, 4, 5, 6, 7].

Alle diese untersuchten Systeme, die aus Atomen und Elektronen aufgebaut sind, haben gemeinsam, dass die Zeit, die ben¨otigt wird, um mit den verwendeten Mikroskopen eine Abbildung zu erstellen, wesentlich gr¨oßer ist, als die Zeit, in der physikalische Prozesse in den Systemen ablaufen. Dieser Nachteil besteht bei den kolloidalen Suspensionen nicht. Solch ein Kolloidsystem besteht aus festen Partikeln, deren Gr¨oße von einigen Nanometern bis einigen Mikrometern reicht, die in einer fl¨ussigen Umgebung (Suspen- sion) verteilt (dispergiert) sind. Aufgrund der Gr¨oße der Teilchen sind viele kolloidale Suspensionen mit optischer Mikroskopie beobachtbar. Gleichzeitig liegt die Zeit, damit z.B. ein Kolloidpartikel mit einem Mikrometer Radius in der Gr¨oßenordnung seines eigenen Radius diffundiert, im Sekundenbereich. Digitale Videomikroskopie erg¨anzt damit die kolloidalen Suspensionen zu einem idealen Modellsystem. Die Eigenschaften von Kolloiden sind seit Jahrzehnten Gegenstand der Forschung. Ein zweidimensionales Kolloidsystem ist allerdings erst 1980 von P. Pieranski [8] erstmals realisiert worden. In den folgenden Jahren wurde in erster Linie das r¨aumliche Verhalten in Form von Paar- und Winkelkorrelationsfunktionen untersucht, das im Rahmen der 2D Schmelztheorie von KTHNY beschrieben ist [9, 10, 11, 12, 13, 14].

Die Theorie von KTHNY basiert auf dem temperaturabh¨angigen Verhalten der elasti- schen Moduln des 2D Systems. Das elastische Verhalten der bisher untersuchten 2D Kolloidsysteme war nicht zug¨anglich. Es gibt einige dreidimensionale kolloidale Suspen- sionen, deren Schermodul mit makroskopischen Methoden gemessen worden ist. Diese Arbeit besch¨aftigt sich deshalb mit dem Problem, wie in einem 2D Kolloidsystem der Schermodul und der Kompressionsmodul aus dem mikroskopischen Verhalten der ein- zelnen Partikel bestimmt werden kann. In einem zweiten Schritt sollen die Ergebnisse im Rahmen der KTHNY-Theorie ausgewertet werden und einen kritischen Test f¨ur das 2D Schmelzszenario bieten.

Dazu werden zwei Methoden entwickelt, um aus dem zeitlichen Verhalten der Teilchen- positionen die elastischen Moduln zu bestimmen. Kapitel 4 und 5 stellen das Prinzip vor, wie mit einer optischen Pinzette der Kolloidkristall mikroskopisch deformiert wird, um aus dem Relaxationsverhalten auf die elastischen Eigenschaften zu schließen. Der verwendete Versuchsaufbau ist in Kapitel 3 erkl¨art. Die theoretischen Voraussetzungen f¨ur das Verst¨andnis dieser Experimente im Bereich der Elastizit¨atstheorie und des 2D Schmelzszenarios werden in Kapitel 2 geschaffen. In Kapitel 6 wird die zweite Methode vorgestellt, die auf der Auswertung der Partikelfluktuationen basiert. Beide Methoden und deren Ergebnisse werden in Kapitel 7 im Rahmen der KTHNY-Theorie diskutiert.

Schließlich folgen in Kapitel 8 Zusammenfassung und Ausblick.

(6)

Kapitel 2

Theoretische Grundlagen

Die Mechanik eines elastischen Kontinuums ist Gegenstand dieses Kapitels. Zuerst werden grundlegende Begriffe wie Verzerrungs- und Spannungstensor eingef¨uhrt, die dann zur Definition des Kompressions- und Schermoduls f¨uhren. Im zweiten Teil werden Vorhersagen ¨uber das Verhalten zweidimensionaler Systeme vorgestellt, die im Rahmen der KTHNY-Theorie (Kosterlitz, Thouless, Halperin, Nelson, Young) ¨uber das 2D- Schmelzen getroffen wurden.

2.1 Elastizit¨ atstheorie

Dieser Abschnitt befasst sich mit der klassischen Elastizit¨atstheorie, um eine Grundla- ge f¨ur die physikalischen Gr¨oßen Schermodul und Kompressionsmodul zu schaffen. Da dieses Thema in der Lehrbuchliteratur ausreichend vertreten ist, werden an dieser Stel- le nur die n¨otigen Definitionen und Gleichungen zusammengestellt, um ein Verst¨andnis dieser Arbeit zu erm¨oglichen. Ein detailliertes und grundlegendes Werk ist die Elasti- zit¨atstheorie von Landau und Lifschitz [15]. Als sehr praxisnahes Werk versehen mit einem Kapitel ¨uber zweidimensionale Systeme hat sich die Elastizit¨atstheorievon H.G.

Hahn erwiesen [16].

2.1.1 Definition des Verzerrungstensors

Wirken ¨außere Kr¨afte auf einen K¨orper, kommt es zu Deformationen (Form- und/oder Volumen¨anderung) und Spannungen innerhalb dieses K¨orpers. Um diese quantitativ zu beschreiben, werden hier der Verschiebungsvektor, der Verzerrungstensor und der Spannungstensor definiert.

Die Lage eines K¨orperpunktes sei durch einen Vektorxbeschrieben. Wird dieser Punkt durch eine Deformation verschoben, sei seine neue Position durch den Vektor x0 gege-

5

(7)

ben. Die Differenz wird als Verschiebungsvektor u bezeichnet:

u=x0−x.

Im Allgemeinen ist dieser Vektor orts- und zeitabh¨angig. Seine Komponenten werden im Folgenden als ui bezeichnet. F¨ur diese Arbeit gen¨ugt es, den Verzerrungstensor f¨ur kleine Deformationen zu definieren:

εik = 1 2

µ∂ui

∂xk

+ ∂uk

∂xi

. (2.1)

Dabei seien die xi die Komponenten des benutzten Koordinatensystems mit n Raum- dimensionen (i= 1..n). Damit ist der Verzerrungstensor einen×n-Matrix, deren zeit- und ortsabh¨angige Komponenten (dieεik) vollst¨andig durch die Verschiebungsvektoren u gegeben sind. Der Tensor ist symmetrisch, es gilt εikki.

Die im Verlauf der Arbeit vorkommenden Berechnungen werden in zwei Dimensionen und Polarkoordinaten durchgef¨uhrt. Die Komponenten des Verzerrungstensors in 2D- Polarkoordinaten lauten:

εrr = ∂ur

∂r , εϕϕ = ur

r + 1 r

∂uϕ

∂ϕ , (2.2)

= 1 r

∂ur

∂ϕ + ∂uϕ

∂r − uϕ

r .

2.1.2 Definition des Spannungstensors

Ein K¨orper deformiert sich durch die Wirkung ¨ausserer Kr¨afte. Dies f¨uhrt zu Span- nungen in seinem Innern, die sich mit dem Spannungstensor σik beschreiben lassen.

Analog zur Definition des Verzerrungstensors (abgeleitet von den Verschiebungsvek- toren u) l¨asst sich der Spannungstensor aus den Kr¨aften auf kleine Volumenelemente aufbauen. An dieser Stelle wird auf ein detaillierte Herleitung verzichtet und nur die Beziehung zwischen Spannung und Verzerrung angegeben.

σik =X

l,m

Ciklmεlm (2.3)

Hier istCiklmein Tensor 4. Stufe, der auch als Tensor der Elastizit¨atsmoduln bezeichnet wird. Seine Eigenschaften werden im n¨achsten Abschnitt besprochen. Die angegebene Beziehung (2.3) wird auch als verallgemeinertes Hookesches Gesetz bezeichnet.

(8)

2.1. ELASTIZIT ¨ATSTHEORIE 7

2.1.3 Freie Energie der Verzerrung

Als Verzerrungsenergiedichte bezeichnet man die bei der Verformung pro Volumen- einheit geleistete Arbeit. Unter der Voraussetzung linear-elastischen Verhaltens (siehe letzter Abschnitt) l¨aßt sich f¨ur einen K¨orper, der sich im thermischen Gleichgewicht befindet, folgende freie Energiedichte angeben:

f =f0+X

i,k

1

ikεik .

Nach Einsetzen des Hookeschen Gesetzes (Gl. (2.3)) l¨aßt sich die Energiedichte auch schreiben als

f =f0+ X

i,k,l,m

1

2Ciklmεikεlm .

Da der Verzerrungstensor symmetrisch ist (εikki), ist das Produktεik·εlm invariant gegen¨uber Vertauschungen der Indizesimitk,lmitmund des Paaresi, kmit dem Paar l, m. Damit die freie Energie bei diesen Vertauschungen gleich bleibt, muss auch der Tensor der Elastizit¨atsmoduln Ciklm unver¨andert bleiben. Dies erf¨ullt die Bedingung Ciklm =Ckilm =Cikml =Clmik, so dass der Tensor im Falle gr¨oßtm¨oglicher Anisotropie in drei Dimensionen 21 verschiedene von m¨oglichen 81 Komponenten besitzt. In 2D reduzieren sich 16 Komponenten auf 6 unabh¨angige.

Ist der K¨orper homogen und isotrop, verringert sich die Zahl der elastischen Kompo- nenten sowohl in zwei als auch in drei Dimensionen auf 2.

2.1.4 Isotrope, zweidimensionale K¨ orper

Viele reale Materialien sind homogen und isotrop, d.h. ihre mechanischen Eigenschaf- ten sind in allen Punkten des K¨orpers und in allen Richtungen gleich. Aufgrund der hexagonalen Symmetrie ist dies auch f¨ur das in dieser Arbeit untersuchte kolloidale Modellsystem der Fall. Deshalb werden die oben genannten Beziehungen noch einmal f¨ur zweidimensionale, isotrope K¨orper dargestellt. Die Verzerrungsenergie lautet dann:

f =f0+ λ 2

à X

i

εii

!2

+µX

i,k

ε2ik . (2.4)

Terme h¨oherer Ordnung sind durch die Annahme kleiner Deformationen vernachl¨assig- bar. Die Entwicklungskoeffizienten λ und µwerden Lam´e-Koeffizienten genannt.

Das Hookesche Gesetz wird zu

σik = 2µεikikλX

l

εll . (2.5)

(9)

Das elastische Verhalten eines isotropen, homogenen K¨orpers l¨aßt sich also mit nur zwei unabh¨angigen Konstanten beschreiben. Wie schon erw¨ahnt, gilt dies nicht nur f¨ur zweidimensionale K¨orper, sondern auch f¨ur dreidimensionale. Im folgenden Abschnitt werden einige g¨angige Konstantenpaare vorgestellt.

2.1.5 Elastische Konstanten in zwei Dimensionen

In der Literatur sind einige Kombinationen aus zwei elastischen Konstanten bekannt, die aus verschiedenen Ans¨atzen her begr¨undet sind. In diesem Abschnitt kommt es weniger auf die Definitionen dieser Konstanten an, als auf die Umrechnungen zwischen ihnen, die in zwei Dimensionen eine besondere Form annehmen.

Im vorigen Abschnitt wurden bereits die Lam´e-Koeffizientenλundµeingef¨uhrt, die als Entwicklungskoeffizienten der freien Energie eines elastischen K¨orpers definiert sind.

Von der makroskopischen Seite her sind der Elastizit¨atsmodul E und die Poissonzahl oder Querkontraktionszahlν bekannt. Sie sind f¨ur den Fall einer homogenen Deforma- tion definiert, d.h. Deformationen, bei denen der Verzerrungstensor εik im gesamten K¨orper konstant ist. Betrachtet wird die einfache Streckung eines Stabes. L¨angs der z-Achse des Stabs wirke die Kraft σzz, die zu einer homogenen Dehnung (oder Kom- pression) f¨uhre, beschrieben durch die Verzerrung εzz. Der Elastizit¨atsmodulE ist aus dem Verh¨altnis dieser beiden Tensorkomponenten bestimmt:

E = σzz

εzz

.

Diese longitudinale Dehnung εzz f¨uhrt zu einer Querkontraktion εxx, ¨uber die die Pois- sonzahl definiert ist:

ν =−εxx

εzz . E und ν h¨angen wie folgt von λ und µ ab:

3D: E = µ(3λ+ 2µ)

µ+λ ν = λ

2(µ+λ)

2D: E = 4µ(λ+µ)

2µ+λ ν = λ

2µ+λ . (2.6)

Als weitere Konstanten sollen der Kompressions- oder VolumenmodulK und der Scher- modulGvorgestellt werden.K ist durch die hydrostatische Kompression definiert. Ein K¨orper stehe von allen Seiten unter dem Druck p= σii, der zu einer Kompression εii

f¨uhrt.

K = 1 d

X

i

σii/X

i

εii

(10)

2.2. THEORIE DES SCHMELZENS IN ZWEI DIMENSIONEN 9 Hier istd die Dimensionalit¨at des Systems. F¨ur den Kompressionsmodul gibt es durch die Kompressibilit¨at κ eine direkte Beziehung zur Thermodynamik:

κ= 1

K =−1 V

µ∂V

∂p

T

. (2.7)

Der Scher- oder Schubmodul wird ¨uber eine reine Scherung abgeleitet. Dabei greift eine Kraft parallel an einer Grenzfl¨ache an (σij) und f¨uhrt zu einer Parallelverschiebung von Schichten des K¨orpers relativ zueinander (εij). Das Verh¨altnis ergibt den Schermodul:

G= 1 2

σij

εij

. K und G sind mit λ und µverkn¨upft:

3D: K = λ+2

3µ G=µ

2D: K = λ+µ G=µ . (2.8)

2.2 Theorie des Schmelzens in zwei Dimensionen

W¨ahrend in drei Dimensionen Kristalle mit langreichweitiger Translationsordnung auf- treten, die deltaf¨ormige Braggpeaks im Strukturfaktor zeigen, ist dies in 2D f¨ur die meisten Potentiale prinzipiell nicht m¨oglich [2]. Fluktuationen spielen in nieder-dimen- sionalen Systemen eine grosse Rolle. In einer Dimension unterdr¨ucken sie den Pha- sen¨ubergang bei endlicher Temperatur komplett, w¨ahrend sie in 2D die thermische Anregung langwelliger Phononen erm¨oglichen, die die langreichweitige Translations- ordnung zerst¨oren. Die Dichte-Dichte-Korrelationsfunktiong(r), die in langreichweitig geordneten 3D Systemen gegen eine Konstante strebt, zerf¨allt algebraisch g(r)∼ r−η und charakterisiert damit die f¨ur 2D typische quasi-langreichweitige Ordnung (QLRO).

Schmilzt der Kristall zu einer isotropen Fl¨ussigkeit, verliert er jegliche Translationsord- nung, die Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion zerf¨allt exponentiell g(r) ∼ exp(−r/ξ) (kurzreichweitig).

Im Gegensatz dazu ist die langreichweitige Ordnung der Bindungswinkel in 2D nicht zerst¨ort. Auch im unendlich ausgedehnten System sind die Kristallachsen im gesam- ten Gitter gleich orientiert. Ein Mass daf¨ur ist die Bindungswinkelkorrelationsfunktion, die im Kristall r¨aumlich konstant ist und in der Fl¨ussigkeit exponentiell zerf¨allt. Der- artige Korrelationsfunktionen wurden z.B. von Kusner[12], Marcus[13] und Zahn[14]

gemessen.

(11)

2.2.1 Die KTHNY Theorie - Defektinduziertes Schmelzen

Im Jahre 1972/73 ver¨offentlichten Kosterlitz und Thouless [3, 4] eine Theorie, die den Phasen¨ubergang geordnet-ungeordnet in 2D mit der Dissoziation von paarweise ther- misch angeregten Defekten erkl¨art. Halperin, Nelson und Young [5, 6, 7] erweiterten diese Theorie und fanden zwei Phasen¨uberg¨ange 2. Ordnung und nannten die zwi- schen Kristall und Fl¨ussigkeit liegende Phase hexatisch. Die hexatische Phase zeichnet sich durch eine kurzreichweitige Translationsordnung und eine quasi-langreichweitige Bindungswinkelordnung aus.

Der Schmelzmechanismus wird an den in 2D auftretenden Defekten erl¨autert. Soge- nannte Dislokationen k¨onnen im Kristall unterhalb der ¨UbergangstemperaturTmpaar- weise thermisch angeregt werden. Isolierte Dislokationen bestehen aus zwei nebenein- ander liegenden Disklinationen, die die Koordinationszahl 5 und 7 besitzen (vergl. Abb.

2.1).

Abbildung 2.1:Isolierte topologische Defekte in einem 2D hexagonalen Gitter. Die Krei- se stehen f¨ur Gitterpunkte mit 6 Nachbarn, schwarze Kreise mit 7 Nachbarn und Kreuze mit 5 Nachbarn. (links) Dislokation bestehend aus einer 5er und einer 7er Disklination - der Pfeil repr¨asentiert den Burgersvektor dieses Defektes. (mitte) Disklination mit Koordinationszahl 5. (rechts) Disklination mit Koordinationszahl 7.

Dislokationen werden durch einen Burgers-Vektor b(r) beschrieben, der durch ein Konturintegral ¨uber den Verschiebungsvektor u um die Dislokation herum, das nicht gechlossen werden kann, definiert ist:

a·b(r) = I

du. (2.9)

Hier ist adie Gitterkonstante. In einem perfekten hexagonalen Gitter ließe sich das In- tegral schließen und es w¨urdeb(r) = 0 gelten. Wie schon erw¨ahnt, treten diese Defekte unterhalbTm nur paarweise auf. Am Phasen¨ubergang dissozieren die Dislokationspaa- re (siehe Abb. 2.2) und die Translationsordnung wird durch die einzeln auftretenden

(12)

2.2. THEORIE DES SCHMELZENS IN ZWEI DIMENSIONEN 11 Dislokationen zerst¨ort. Eine isolierte Dislokation entspricht einer halben Gitterreihe, die in das Gitter eingef¨ugt (oder entfernt) wird, so dass offensichtlich die Translations- ordnung verloren geht, w¨ahrend die Bindungswinkel korreliert bleiben. Dies sind die Charakteristika der hexatischen Phase.

Abbildung 2.2: Dissoziation eines Dislokations-Paares. Die Linien stellen eine der drei Kristallachsen dar. Die Kreuze repr¨asentieren Gitterpl¨atze der Koordination 5, w¨ahrend die schwarzen Kreise f¨ur eine Koordinationszahl von 7 stehen.

Der Phasen¨ubergang von hexatisch zu isotrop-fl¨ussig findet statt, wenn die Disloka- tionen, die aus einer gebundenen 5er und 7er Disklination bestehen, dissozieren. Freie Disklinationen diffundieren dann durch das 2D System, womit auch die Bindungswin- kel nicht mehr korreliert sind. Anschaulich wird das klar, wenn man sich einen Kristall mit 6er Koordination vorstellt, in den ein 60 Keil eingef¨ugt oder entfernt wird (vergl.

Abb. 2.1) und die Bindungswinkel verschiedener Gitterpl¨atze vergleicht.

Das vorgestellte Schmelzszenario von KTHNY wurde viel diskutiert, und Alternativen wurden entwickelt, die Phasen¨uberg¨ange 1. Ordnung pr¨aferierten. Kleinert [17, 18] f¨uhr- te eine Rotationssteifigkeit als Schmelzkriterium ein, w¨ahrend Chui [19] das Schmelzen durch spontanes Entstehen von Korngrenzen untersuchte. Einen guten ¨Uberblick ¨uber das Thema und die vorhandene Literatur bieten die Artikel von Strandburg [20], Nelson [21] und Glaser [22].

Die Ordnung der Phasen¨uberg¨ange der experimentell untersuchten Systeme [8, 10, 12, 13, 14] und durchgef¨uhrten Computersimulationen [9, 23, 24] hing stark von der Wechselwirkung der Teilchen und den Randbedingungen abzuh¨angen. Saito [25] und

(13)

Chui [19] fanden einen Zusammenhang zwischen dem KTHNY-Schmelzszenario und den Systemen, die Phasen¨uberg¨ange 1. Ordnung zeigten, in Abh¨angigkeit von der Kern- Energie EC einer Dislokation. Die Energie 2EC muss aufgewendet werden, um den Kern eines Dislokationspaares zu bilden. Ist die Kern-Energie gr¨osser als 2.84 kBTm

schmilzt das System laut Chui nach dem KTHNY-Szenario, ist sie kleiner gibt es einen Phasen¨ubergang 1. Ordnung.

2.2.2 Elastische Konstanten am Phasen¨ ubergang kristallin- hexatisch

Um die ¨UbergangstemperaturTmabzusch¨atzen, bei dem Dislokationspaare dissozieren, gen¨ugt ein einfaches Argument, das auf der freien Energie einer isolierten Dislokation beruht[4]. Diese l¨asst sich mit der Elastizit¨atstheorie angeben. Die Energie einer freien Dislokation im Gitter betr¨agt:

U = a2µ(µ+λ) 4π(2µ+λ)ln

µA a20

¶ ,

wobei µ und λ die Lam´e-Koeffizienten sind, wie sie in 2.1.4 definiert wurden, a die Gitterkonstante und A die Fl¨ache des Systems ist. a0 ist eine L¨ange in der Gr¨ossen- ordnung der Gitterkonstanten und stellt den Durchmesser des Dislokations-Kerns dar.

F¨ur ein sehr grosses System A → ∞ gibt es A/a20 m¨ogliche Orte f¨ur die Dislokation, so dass f¨ur die Entropie folgt S =kBln(A/a20). Damit ist die freie Energie

F =U −T S=

µa2µ(µ+λ)

4π(2µ+λ) −kBT

¶ ln

µA a20

¶ .

Bei niedrigen Temperaturen dominiert die innere Energie, es existieren keine isolierten Dislokationen bis zur ¨Ubergangstemperatur Tm (F = 0):

kBTm = a2µ(µ+λ) 4π(2µ+λ) .

Erst ab dieser Temperatur entstehen isolierte Dislokationen, das System verliert seine Schersteifigkeit. Die ¨Ubergangstemperatur ergibt sich bei dieser einfachen Absch¨atzung direkt aus den Lam´e-Koeffizienten λ und µ.

Dieses einfache Bild ist unvollst¨andig, da unterhalb der Schmelztemperatur paarwei- se Dislokationen auftreten, die durch die Gitterenergie nicht erfasst werden. In der KTHNY-Theorie werden nun die Kern-Energien der Dislokationen und ihre Wechsel- wirkung untereinander ber¨ucksichtigt. Die Energie des defektfreien, elastischen Gitters (Gl. (2.4)) wird durch den Dislokationsteil HDisl (nach [5]) erweitert:

(14)

2.2. THEORIE DES SCHMELZENS IN ZWEI DIMENSIONEN 13

HDisl

kBT = −K 8π

X

r6=r0

·

b(r)·b(r0) ln

µ|r−r0| a

−b(r)·(r−r0)b(r0)·(r−r0)

|r−r0|2

¸

+ EC

kBT X

r

|b(r)|2 (2.10) mit den Burgers-Vektoren b(r) eines Dislokationspaares nach Gl. (2.9). In den ecki- gen Klammern sind die Wechselwirkungen der Fehlstellen ber¨ucksichtigt, w¨ahrend der letzte Term die Entstehungsenergie der Dislokationspaarkerne darstellt. Die elastischen Koeffizienten sind in der Konstanten

K= 4a2 kBT

µ(µ+λ)

2µ+λ (2.11)

zusammengefasst. Mit der Renormierungsgruppentheorie lassen sich nun Rekursions- relationen f¨ur die Kopplungskonstante K und die Entstehungswahrscheinlichkeit einer Dislokation y= exp(−EC/kBT) finden:

dK1

dl = 3

2πy2eK/8π

· I0

µK 8π

− 1 2I1

µK 8π

¶¸

, dy

dl = µ

2− K 8π

y+ 2πy2eK/16πI0

µK 8π

¶ .

Hier sind I0 und I1 Besselfunktionen und l reskaliert den Dislokationsdurchmesser a0

zu a0el. Mit diesen Relationen werden die angegebenen Gr¨oßen durch den Beitrag der Dislokationen zur Energie des Gitters renormiert. Abb. 2.3 zeigt den Renormierungsfluß in der y-K1 Ebene.

Abbildung 2.3:Renormierungsfluß der Kopplungs- konstanten K und der Dislokationswahrscheinlich- keit y. Die gestrichelte Linie (Separatrix) trennt den Bereich der geordneten Phase (y → 0) von der ungeordneten Phase (y → ∞). Die Kreise markieren Startpunkte der Rekursionsrelationen.

Die Flußlinien k¨onnen in zwei Kategorien eingeteilt werden: die geordnete Phase mit y → 0 f¨ur l → ∞ und die ungeordnete Phase mit y → ∞ f¨ur l → ∞. Diese Bereiche

(15)

werden durch die Separatrix (gestrichelte Linie) getrennt, die den Phasen¨ubergang markiert. Auff¨alligerweise ergibt sich ein Schmelzpunkt Tm identisch zu der einfachen Absch¨atzung, K nimmt dort den Wert 16π an. Die renormierten Werte f¨ur die Lam´e- Koeffizienten und die Kopplungskonstante K ergeben:

µR(T) ≈ µR(Tm)(1 +const|T −Tm|ν)

λR(T) ≈ λR(Tm)(1 +const|T −Tm|ν) (2.12) KR(T) ≈ 16π

1−C¯

¯¯T−TTmm

¯¯

¯

ν .

Darin ist C eine nicht universelle Konstante, die das Verh¨altnis des Dislokationskern- durchmessers und der Gitterkonstanten a beschreibt. Der Exponent wird numerisch zu ν = 0.3696... bestimmt. Die systemabh¨angige Gr¨oßeC liefert die Kern-Energie der Dislokation:

EC = 2(C+ 1)kBT

1−C|1−T /Tm|ν . (2.13) Diese Ergebisse sowie das Verhalten der spezifische W¨arme und der Korrelationsl¨angen am Schmelzpunkt, die Renormierung der freien Energie bei h¨oheren Temperaturen un- ter Ber¨ucksichtigung der Disklinationen und das Verhalten des Systems am ¨Ubergang hexatisch zu fl¨ussig, sind detailliert in dem Artikel von Nelson und Halperin [6] darge- stellt.

(16)

Kapitel 3

Experimenteller Aufbau

Die Beschreibung des Versuchsaufbaus gliedert sich in drei Teile: zum einen das zweidi- mensionale magnetische Kolloidsystem, zum anderen die Erkennung der Partikel und schließlich der Strahlengang der Optischen Pinzette.

Am Ende des Kapitels wird der Wechselwirkungsparameter Γ eingef¨uhrt, der in dieser Arbeit ben¨otigt wird, um die St¨arke oder Steifigkeit des 2D Systems zu charakterisieren.

Γ ist als inverse Temperatur interpretierbar.

3.1 Pr¨ aparation des 2D Kolloidsystem

Die Probe bestand aus einem Tropfen Kolloidsuspension, der sich mit der Grenzfl¨ache nach unten in einer Zelle befand (

”H¨angende Tropfen-Geometrie“). Die Partikel sedi- mentierten und ordneten sich an der Suspensions/Luft-Grenzfl¨ache an. ¨Uber eine Spule wurde ein Magnetfeld senkrecht zu dieser Grenzfl¨ache angelegt, so dass die superpara- magnetischen Teilchen sich durch magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung abstiessen.

Mittels einer motorgesteuerten Spritze konnte das Volumen des Tropfens kontrolliert werden, das ¨uber den Fokus der Teilchen geregelt wurde. Abbildung 3.1 zeigt die Um- gebung der Zelle.

3.1.1 Superparamagnetische Suspension

Die verwendeten Proben bestanden aus superparamagnetischen Teilchen, die in Was- ser dispergiert waren. Bei den Kolloidteilchen handelte es sich um Polystyrolkugeln (erh¨altlich bei der Firma Dynal1) mit einem Durchmesser von 4.5µm. Darin eingebet- tet waren ferromagnetische Eisenoxidpartikel mit einer maximalen Gr¨oße von 30 nm.

Aufgrund der Verteilung und der Gr¨oße der K¨orner verhielten sich die Partikel nicht ferromagnetisch sondern paramagnetisch, allerdings mit der hohen Magnetisierbarkeit

1Dynabeads M-450, uncoated; Deutsche Dynal GmbH Postfach 111965 D-20419 Hamburg.

15

(17)

Abbildung 3.1: Umgebung der Zelle. Die Kr¨ummung des 2D-Systems wurde ¨uber das Tropfenvolumen geregelt. Idealerweise sp¨urten die Partikel nur ein magnetisches und kein gravitatives Potential.

eines Ferromagneten. Die Suszeptibilit¨at lag bei χ= 7.37·1011 Am2/T f¨ur ein Teil- chen. Desweiteren war die spezifische Dichte der Teilchen durch das Eisenoxid auf 1.5 g/cm3 erh¨oht. Dies f¨uhrte zu einer schnellen Sedimentation der Partikel in der Sus- pension von ca. 6 µm/s, so dass sich nach ungef¨ahr einer Minute alle Partikel an der Grenzfl¨ache befanden.

Zur Stabilisierung der Kolloide wurde Sodium Dodecyl Sulfat (SDS) dem Wasser zu- gegeben. Die Suspension verblieb einige Stunden im Ultraschallbad, so dass sich die SDS-Molek¨ule an die Partikeloberfl¨ache heften konnten. Dies bewirkte eine sterische Abstoßung, so dass die Kolloide nicht aggregierten. Eine detaillierte Beschreibung, wie eine typisch konzentrierte Suspension hergestellt wurde, findet sich im Anhang.

3.1.2 Probenhalterung und Spritze

Abbildung 3.2: Zelle. Das Probenreservoir (Durchmesser 8mm) war durch einen Kanal mit dem kleineren Wasseraus- tauschreservoir (Durchmesser 4mm) verbunden.

Die benutzte Probenhalterung (siehe Abb. 3.2) war eine speziell angefertigte, quadra- tische Zelle aus Glas mit einer Kantenl¨ange von 20 mm und einer H¨ohe von 2 mm.

In die Mitte war ein zylindrisches Loch mit 8 mm Durchmesser und 1 mm Tiefe ge- bohrt. Diese Vertiefung wurde mit der kolloidalen Suspension gef¨ullt. Ein d¨unner Kanal verband dieses Loch mit einem kleineren Reservoir, welches ebenfalls 1 mm tief war und einen Durchmesser von 4 mm aufwies. In dieses Reservoir konnte mittels einer Spritze und einer Kapillare Wasser zugegeben oder abgezogen werden. Damit ließ sich

(18)

3.1. PR ¨APARATION DES 2D KOLLOIDSYSTEM 17 die Kr¨ummung des Suspensionstropfens ¨uber den Spritzenhub einstellen. Die Spritze wurde ¨uber einen Mikrometermotor von einem Computer gesteuert.

Die Vertiefungen der Zelle zeigten nach unten, so dass die Partikel in dem Suspensi- onstropfen an die Wasser/Luft-Grenzfl¨ache sanken. Mittels der Spritze war es m¨oglich, die Grenzfl¨ache so eben einzustellen, dass die Teilchenzahldichte der Partikel an ver- schiedenen Stellen der Probe unter 5% variierte.

Die Ebenm¨aßigkeit der Wasser/Luft-Grenzfl¨ache war durch das Oberfl¨achenverhalten der Zelle begrenzt. Damit der Tropfen nicht ¨uber den Rand des Probenreservoirs leckte, musste zwischen den innen liegenden Fl¨achen des großen Reservoirs und der luftzuge- wandten Unterseite der Zelle ein deutlicher Benetzungskontrast vorliegen. Unbehandel- tes Glas verh¨alt sich hydrophil, da es polare OH-Gruppen an seiner Oberfl¨ache vorweist (vergl. Abb. 3.3). Um die Zellenunterseite wasserabweisend (hydrophob) zu machen, wurde diese silanisiert. Das bedeutet, ein Silan in Kontakt mit der Oberfl¨ache zu brin- gen, so dass auf chemischem Wege die nach außen zeigenden Sauerstoffbindungen mit unpolaren Methylgruppen ges¨attigt werden. In dieser Arbeit wurde Dimethyldichlor- silan ((CH3)2SiCl2) verwendet. Das fl¨ussig vorliegende Silan wurde in einer d¨unnen Schicht auf der Unterseite der Zelle verteilt, ohne dass Teile davon in die Reservoirs gelangten. F¨ur 20 Minuten wurde die Zelle mit der behandelten Fl¨ache nach unten aufgeh¨angt. Dann wurden die Reste des Silans mit Ethanol und Wasser abgesp¨ult. Um sicher zu gehen, dass das Innere der Probenreservoirs bei dieser Behandlung nicht mit- silanisiert wurde (das Silan verfl¨uchtigt sich bei 20 C), wurde ein hochkonzentriertes Detergens 2 f¨ur eine halbe Stunde in die zylindrischen L¨ocher gegeben.

Abbildung 3.3: Silanisierung. Unbe- handeltes Glas (oben) ist aufgrund der polaren Oberfl¨achengruppen hydrophil.

Durch eine Veresterung der Sila- nolgruppen mit Dimethyldichlorsilan werden Dimethylsilylgruppen gebildet.

Diese bilden eine unpolare Oberfl¨ache (unten), so dass sich das behandelte Glas hydrophob verh¨alt.

3.1.3 Magnetfeldspule

Senkrecht zur Grenzfl¨ache wurde mittels einer Spule ein homogenes Magnetfeld B angelegt. Abbildung 3.4 zeigt die Strom-Magnetfeld-Kennlinie. Der Innendurchmesser

2RBS 35, ph11, 20%ige-w¨assrige L¨osung, wirkt emulgierend und abl¨osend, nicht zersetzend und aufl¨osend.

(19)

der Spule betrug 45 mm, so dass die Abweichungen der Feldst¨arke in der Probenebene uber die Breite des kolloidalen 2D Systems unter 1% lagen.¨

Abbildung 3.4: Strom-Magnetfeld-Kennlinie der Spule

Das Magnetfeld B induziert magnetische Dipolmomente mi = χiB in den Partikeln, die zu einer repulsiven Dipol-Dipol Wechselwirkung zwischen zwei Teilchen mit dem Abstand r=r1−r2 f¨uhren:

u(r) = µ0

3(r·m1)(r·m2)−r2m1·m2

2r5 .

Die Suszeptibilit¨atenχiund damit die magnetischen Momente der Kolloide sind mono- dispers verteilt. Durch die Geometrie des Magnetfeldes sind diemisenkrecht zur Grenz- fl¨ache orientiert und parallel zueinander. Dies f¨uhrt zu dem Potential

u(r) = µ0

4π χ2B2

r3 (3.1)

zwischen zwei Partikeln mit dem Abstand r. Voraussetzung f¨ur dieses Potential ist, dass die Teilchen in einer Ebene liegen. Wie K. Zahn [26] in seiner Arbeit zeigte, ist sowohl die Deformation der Wasser/Luft-Grenzfl¨ache durch das Gewicht der Teilchen als auch die thermische Bewegung senkrecht zur Grenzfl¨ache vernachl¨assigbar.

(20)

3.2. PARTIKELERKENNUNG 19

3.2 Partikelerkennung

In Abbildung 3.5 ist der Versuchsaufbau schematisch dargestellt. Die Partikel des 2D- Systems wurden mit einer CCD-Kamera und einem Objektiv beobachtet. Die Kamera- bilder wurden an eine Bildverarbeitungskarte 3 weitergeleitet und analysiert. So erhielt man die Teilchenkoordinaten zur weiteren Verarbeitung.

3.2.1 Strahlengang des Mikroskops

Zur Beleuchtung des Mikroskops wurde ein K¨ohlerscher Strahlengang benutzt. Als Lichtquelle wurde eine Leuchtdiode verwendet, die gegen¨uber einer Gl¨uhlampe einen wesentlich konstanteren zeitlichen Verlauf der Helligkeit aufwies. Die Bedeutung einer konstanten Hintergrundhelligkeit wird in Abschnitt 3.2.3 erl¨autert.

Die Partikel wurden mit einer CCD-Kamera durch ein Mikroskopobjektiv beobachtet.

Das verwendete Objektiv hatte einen Vergr¨oßerungsfaktor von 100 und eine numerische Apertur von 0.80. Als Okular fungierte ein Kameraobjektiv. Der CCD-Chip der Kamera hatte 768x572 Pixel, die alle 40 ms von einer Bildverarbeitungskarte ausgelesen wurden.

Der beobachtete Probenausschnitt hatte eine Fl¨ache von 186 x 137 µm2.

3Matrox Pulsar Board, Anschrift: Matrox International, Attn: Software Registration, Imaging Pro- ducts Group, Trimex Building, P.O. Box 219, Mooers, NY 12958-0219

Abbildung 3.5:Schema des experimentellen Aufbaus

(21)

3.2.2 Bildverarbeitung und Partikelerkennung

Die Kamerabilder (siehe Abb. 3.6 oben) konnten mit der Bildverarbeitungskarte und dem zugeh¨origen Softwarepaket auf vielf¨altige Weise verarbeitet werden. Repr¨asentativ wird hier beschrieben, wie aus dem digitalen Bild die Partikelkoordinaten extrahiert wurden.

Das Kamerabild hatte 256 Graustufen. Mittels eines Schwellenwertes, der von der Hin- tergrundhelligkeit abhing, wurde das Bild binarisiert (siehe Abb. 3.6 Mitte). Es folgte eine Erosion und zwei Dilatationsschritte, die Pixelfehler gl¨atteten und Ungleichm¨aßig- keiten in der Beleuchtung ausglichen (siehe Abb. 3.6 unten). Erosionen und Dilata- tionen sind morphologische Operationen, die ein Pixel aufgrund seiner Nachbarn auf schwarz oder weiss setzen. Die Operationen basieren auf einer 3 × 3 Nachbarschaft.

Die Erosion setzt das mittlere Pixel auf schwarz wenn nicht die gesamte Nachbarschaft weiss ist. Bei der Dilatation reicht ein weisser Nachbar, um das mittlere Pixel auf weiss zu setzen. Dadurch werden Objekte (zusammenh¨angende Bereiche gleicher Pixelfarbe) vom Rand her abgetragen bzw. ausgedehnt. Dann wurden Randteilchen entfernt und eine sogenannte Blobanalyse (Erkennung von zusammenh¨angenden Gebieten) durch- gef¨uhrt. Die Blobs wurden nach der Gr¨oße aussortiert, so dass nur Partikel ¨ubrig blieben und Bruchst¨ucke oder Aggregate ignoriert wurden. Der Schwerpunkt jedes Blobs er- gab dann die Teilchenkoordinaten. Bei 100 Teilchen lag die Verarbeitungszeit f¨ur die Bildanalyse bis zur Speicherung der Koordinaten zwischen 180 und 200 ms. Auf diese Weise konnte die Bewegung der Teilchen verfolgt und analysiert werden.

3.2.3 Spritzensteuerung

Die Partikelerkennung hatte nicht nur die Aufgabe die Teilchenkoordinaten zu ermit- teln, sondern auch die Kr¨ummung der Wasser/Luft-Grenzfl¨ache zeitlich konstant zu halten. Das Wasser verdampfte kontinuierlich, so dass sich das Volumen des Suspensi- onstropfens st¨andig ¨anderte. Dazu wurde die scheinbare Teilchengr¨oße in Abh¨angigkeit der Objektivposition relativ zur Grenzfl¨ache bestimmt. Abb. 3.7 zeigt den funktionalen Zusammenhang zwischen Kameraposition und Teilchengr¨osse. Der Arbeitspunkt wur- de auf eine Flanke gelegt, so dass eine eindeutige Zuordnung m¨oglich war, ob Wasser zugegeben oder abgezogen werden musste abh¨angig von der scheinbaren Teilchengr¨oße.

Die n¨otige Wassermenge wurde direkt durch den Computer mit der motorgesteuerten Spritze ver¨andert.

Wie die Spritze wurde auch das Objektiv per Mikrometermotor gesteuert. Hing z.B. der Tropfen durch, so dass die Teilchenzahldichte in der Probenmitte gr¨oßer als am Rand war, wurde das Objektiv ein St¨uck nach oben gezogen. Die beschriebene Spritzensteue- rung zog Wasser ab, bis der Arbeitspunkt wieder erreicht war. Die Dichte passte sich der neuen Situation an.

Zusammenfassend wurde die Kr¨ummung des Tropfens ¨uber die scheinbare Teilchen-

(22)

3.2. PARTIKELERKENNUNG 21

Abbildung 3.6: Bildverarbeitung: Das Kamerabild (oben) wurde binarisiert (Mitte), morphologische Operationen wurden durchgef¨uhrt und Randteilchen entfernt, so dass letzten Endes die Partikel ¨ahnlicher Gr¨oße ¨ubrig blieben (unten).

(23)

Abbildung 3.7: Scheinbare Teilchengr¨oße in Abh¨angigkeit der Objektivposition zur Grenzfl¨ache. Bei Null auf der x-Achse sind die Teilchen im Objektivfokus.

gr¨oße mit der Spritze konstant gehalten. Die Teilchenzahldichte ließ sich mit dieser Tropfenkr¨ummung, die durch den Objektivabstand reguliert wurde, einstellen. Die scheinbare Teilchengr¨oße (siehe 3.2.2) hing von der Konstanz der Beleuchtung ab. Mit der beschriebenen Apparatur konnte die Tropfenh¨ohe in der Probenmitte auf 1 µm genau (in der Mitte der Probe) eingestellt werden.

3.3 Optische Pinzette

In der Literatur ist die optische Pinzette als

”Optical Tweezer“ bekannt. Dabei han- delt es sich um einen stark fokussierten Laserstrahl, der mittels der optischen Kr¨afte in der Lage ist, kleine Objekte dreidimensional zu fixieren. Diese werden in das Maxi- mum des elektromagnetischen Feldes gezogen, da sie einen h¨oheren Brechungsindex als ihre Umgebung aufweisen. Dieses Prinzip ist weit verbreitet, um z.B. in der Biologie Molek¨ule oder in der Physik Partikel von Nano- bis Mikrometergr¨oße zu manipulieren.

F¨ur eine ausf¨uhrliche Beschreibung der optischen Pinzette sei auf die Literatur verwie- sen. Als erster setzte Ashkin [27] einen Optical Tweezer ein, um Kolloide zu levitieren.

Es folgten verschiedene Anwendungen [28, 29, 30] und theoretische Beschreibungen [31, 32, 33, 34] in den letzten 15 Jahren.

Die theoretische Beschreibung des Tweezers h¨angt von der Gr¨oße der manipulierten Ob- jekte d und der Wellenl¨angeλ des Lasers ab. Man unterscheidet den Rayleigh-Bereich

(24)

3.3. OPTISCHE PINZETTE 23 (d¿ λ), den Mie-Bereich (d≈ λ) und den Bereich der geometrischen Optik (d Àλ).

In dieser Arbeit wurden ausschließlich Partikel mit einem Durchmesser von 4.5 µm von einem Laser der Wellenl¨ange 514.5 nm manipuliert, so dass die Beschreibung des Tweezers auf die geometrische Optik beschr¨ankt wird.

Im Experiment wurde der Laser durch dasselbe Objektiv, welches zur Beobachtung des Kolloidsystems verwendet wurde, in die Probenebene fokussiert. Um das Prinzip der optischen Pinzette zu verstehen, werden zwei Randstrahlen betrachtet, die durch ih- ren Kreuzungspunkt den Fokus definieren (vergl. Abb. 3.8). Da die Teilchen durch die Wasser/Luft-Grenzfl¨ache eingeschr¨ankt sind und die Brennebene der Beobachtungs- ebene entspricht, kann der Schwerpunkt eines Teilchens nur lateral von der optischen Pinzette abweichen. Angenommen der Fokus liegt neben dem Teilchenschwerpunkt aber noch innerhalb der kolloidalen Kugel. Das Licht wird beim Eintritt in die Kugel und beim Austritt gebrochen. Der ¨ubertragene Impuls bewegt den Schwerpunkt der Kugel in Richtung Tweezerfokus.

Abbildung 3.8: Geometrische Erkl¨arung der optischen Pinzette. (links) Die Rand- strahlen a und b des Lasers werden zweimal von der Kugel gebrochen. Der R¨uckstoß (F =Fa+Fb) bewegt die Kugel in Richtung des Laserfokus (+).(rechts) Die Strahlen a und b werden komplett absorbiert. Der ¨ubertragene Impuls ist immer vom Fokus weg gerichtet.

Die andere Wirkung des Laserlichtes auf das Kolloid entsteht durch Absorption. Abb.

3.8 (rechts) verdeutlicht, dass die Absorption der Randstrahlen immer zu einem Im- puls¨ubertrag f¨uhrt, der die Kugel vom Fokus entfernt. Beide Effekte treten nat¨urlich nicht nur bei den Randstrahlen auf, sondern ¨uber das ganze Strahlprofil. Die latera- len Kr¨afte sind am Rand aber am st¨arksten und sind deshalb zur Veranschaulichung gew¨ahlt worden.

Je nach den optischen Eigenschaften der Partikel (Brechungsindex und Absorptions- koeffizient) und der numerischen Apertur des Objektives dominiert einer der beiden

(25)

Effekte das Verhalten der kolloidalen Kugel. Bei den benutzten superparamagnetischen Kolloiden ist dreidimensionales Tweezen prinzipiell nicht m¨oglich, da die Absorption mit anderen Worten der Strahlungsdruck entlang der z-Achse (senkrecht zur Grenz- fl¨ache) viel zu gross ist, um von dem Impuls¨ubertrag durch die Lichtbrechung kompen- siert zu werden. Erst durch die Anwesenheit der Wasser/Luft-Grenzfl¨ache wurde ein zweidimensionales Fixieren der Partikel m¨oglich. Der Strahlungsdruck und das Gewicht der Kugel wurden durch die Oberfl¨achenspannung der Grenzfl¨ache aufgefangen. Der Anteil der Brechung in der Ebene ¨ubertraf den Absorptionsteil, so dass ein laterales Manipulieren der Kolloide m¨oglich war.

Aber auch dieses 2D-Tweezen war nur f¨ur bestimmte Laserleistungen m¨oglich. War die Leistung zu gering, konnte das Teilchen aufgrund seiner thermischen Energie nicht fixiert werden. Bei zu großen Leistungen nahm die Absorption und damit die depo- nierte W¨arme so stark zu, dass die umgebenden Nachbarteilchen beeinflusst wurden.

(vergleiche Doktorarbeit von F. Valmont [35]). Es kam zu lokalen Dichtegradienten und Konvektionen. Durch systematische Versuche konnte die Tweezereffizienz bei ei- ner Leistung von 0.5 mW maximiert werden, ohne dass das umgebende Gitter gest¨ort wurde.

3.3.1 Strahlengang

Der Strahlengang des Tweezers ist im experimentellen Aufbau (Abb. 3.5) dargestellt.

Der Strahl eines Argon-Ionen Lasers 4 wurde mittels desselben Objektivs, das auch f¨ur die Partikelerkennung benutzt wurde, stark fokussiert (Fokusdurchmesser ca. 1-2 µm).

Die Verwendung desselben Objektivs hatte den Vorteil, dass Beobachtungsebene und Tweezerebene immer identisch waren. Der Laser wurde mit einem speziell beschichteten Spiegel in die Objektivapertur eingekoppelt. Der Spiegel reflektierte gr¨unes Licht sehr gut und transmittierte andere Wellenl¨angen mit ¨uber 80% (Transmissionsspektrum siehe Abb. 3.9).

Um den Laserfokus in der Probenebene bewegen zu k¨onnen, wurde ein Galvanome- terscanner in den Strahlengang gestellt. Dieser bestand aus zwei beweglichen Spiegeln, die ¨uber eine PC-Karte galvanisch gesteuert wurden. Damit konnte der Laserstrahl in der Ebene senkrecht zu seiner Ausbreitungsrichtung beliebig positioniert werden. Zwei Linsen wurden wie ein Teleskop angeordnet, so dass der Strahl mit unterschiedlichen Winkeln in das Objektiv eingekoppelt werden konnte. Dies f¨uhrte zu unterschiedlichen Positionen des Laserfokus in der Probenebene.

4Innova 304,λ=514.5 nm, Apertur 0

(26)

3.3. OPTISCHE PINZETTE 25

Abbildung 3.9: Transmission des Bandfilterspiegels, der den Laserstrahl in das Mikro- skopobjektiv einkoppelte, unter 45 Einfallswinkel.

3.3.2 Galvanometerscanner

Der Scanner wurde ¨uber die zugeh¨orige Schnittstellenkarte vom Computer gesteuert.

Die Spiegel waren vom Hersteller 5 so geeicht, dass Punkte auf einer virtuellen Ebene senkrecht zur Auskopplungsrichtung des Scanners direkt kartesisch anvisiert wurden.

Um bestimmte Partikel in der Probenebene mit dem Tweezer zu treffen, mussten die Bildschirmkoordinaten in Scannerkoordinaten transformiert werden. Dazu wurde fol- gende Eichung durchgef¨uhrt: Die Mikroskopbeleuchtung wurde ausgeschaltet. So war der Laserfokus der einzige helle Fleck auf dem Kamerabild und konnte wie bei der Partikelerkennung (vergl. Abschnitt 3.2.2) mittels der Blobanalyse vom Hintergrund unterschieden werden. Der Scanner bewegte den Fokus zu zwei Punkten, die sich so- wohl in der x- als auch in der y-Achse stark unterschieden, dann wurden jeweils die Koordinaten berechnet. Daraus liessen sich Offset und Skalierung beider Achsen be- rechnen. Damit war die Kopplung Bildschirm-Scanner vollzogen und ein beliebiger Bildschirmpunkt konnte mit dem Tweezer direkt anvisiert werden.

5SCANLAB GmbH Optical Scanning, Benzstrasse 28, D-82178 Puchheim

(27)

3.4 Bestimmung des Wechselwirkungparameters Γ

Um die Teilchenwechselwirkung im System zu charakterisieren, wurde der Wechselwir- kungsparameter Γ benutzt. Er ist als Verh¨altnis von potentieller (vergl. Gl. (3.1)) zu thermischer Energie definiert:

Γ = u([πρ]1/2) kBT = µ0

4π χ2B2

kBT (πρ)32 . (3.2)

Hier bezeichnet ρ die Teilchenzahldichte. Γ ist damit ein Mass f¨ur die St¨arke oder Steifigkeit des Kristalls. Gleichzeitig ist das Reziproke von Γ als Systemtemperatur Tsys = Γ1 interpretierbar. Aus den Vorarbeiten von K. Zahn [14, 26] ist bekannt, das der Phasen¨ubergang in diesem 2D-System von kristalliner zu hexatischer Phase bei Γm = 60 und von hexatischer zu isotrop fl¨ussiger Phase bei Γi ≈57 stattfindet.

Die Bestimmung von Γ reduzierte sich im Experiment im Wesentlichen auf die Bestim- mung der Teilchenzahldichte. Die Suszeptibilit¨at der Partikel wurde in einem Diffu- sionsexperiment gemessen und zu χ= 7.37·1011 Am2/T bestimmt. F¨ur die Details dieser Methode sei auf die Arbeit von K. Zahn verwiesen [26]. Das Magnetfeld wurde ausgemessen und war ¨uber die Strom-Feldst¨arken-Kennlinie (siehe Abb. 3.4) zug¨ang- lich.

Die Dichte konnte, w¨ahrend das Experiment lief, aus den Teilchenkoordinaten bestimmt werden. Dazu wurde die sogenannte Voronoikonstruktion durchgef¨uhrt, um die Fl¨ache der Wigner-Seitz-Zellen zu bestimmen. Dazu wurden alle Mittelsenkrechten zwischen dem betrachteten Teilchen und seinen Nachbarn berechnet. Die eingeschlossene Fl¨ache war die Elementarzelle des Partikels. Abb. 3.10 zeigt so eine Konstruktion. Dies wur- de f¨ur alle Teilchen durchgef¨uhrt außer den Randteilchen, um daraus die Dichte zu berechnen.

Obwohl alle Randteilchen bei dieser Konstruktion vernachl¨assigt wurden, gab es Teil- chen in der N¨ahe des Randes, deren Elementarzelle nicht korrekt berechnet wurde.

Dies lag daran, dass f¨ur diese Teilchen nicht alle Nachbarkoordinaten vorlagen. Diese Teilchen besassen dadurch f¨ur die Konstruktion nur 5 Nachbarn, da der 6. Nachbar von der Bildverarbeitung nicht erkannt werden konnte. Die Elementarzellen ergaben dann ein F¨unfeck (vergleiche Abb. 3.10) statt eines Sechsecks. Dies f¨uhrte zu einer syste- matischen Vergr¨oßerung der mittleren Zellenfl¨ache beziehungsweise Verkleinerung des berechneten Wechselwirkungparameters Γ. Bei einer Teilchenzahl von 100 lag dieser Fehler bei 1%.

Desweiteren konnte die Teilchenzahldichte ρ durch die Kontrolle der Grenzfl¨achen- kr¨ummung zeitlich konstant gehalten werden. Diese Kr¨ummung wurde durch die H¨ohe des Objektivfokus bestimmt, da die Spritzensteuerung (Abschnitt 3.2.3) jederzeit daf¨ur sorgte, dass die Partikel im Fokus waren. Wurde die H¨ohe des Fokus ver¨andert, f¨uhr- te die Spritzensteuerung die Partikel und damit die Grenzfl¨ache in einigen Sekunden automatisch nach. Mit einer PID-Regelung konnte die Grenzfl¨achenkr¨ummung und da-

(28)

3.4. BESTIMMUNG DES WECHSELWIRKUNGPARAMETERS Γ 27

Abbildung 3.10: Voronoikonstruktion. Bestimmung der Einheitszelle aus der Berech- nung der Mittelsenkrechten.

mit die Teilchenzahldichte auf einen beliebigen Wert gesetzt und ¨uber mehrere Tage konstant gehalten werden. Die Schwankungen dieser PID-Regelung bzw. der Teilchen- zahldichte lagen im Bereich einiger Stunden.

(29)

Bestimmung des Schermoduls

Dieses Kapitel befasst sich mit der Messung des Schermoduls, wobei mit der optischen Pinzette der Kristall lokal geschert wurde. Aus der Relaxation dieser Deformation liessen sich Aussagen ¨uber das Scherverhalten des 2D-Systems ableiten.

Zun¨achst wird der Ablauf des Experimentes detailliert erkl¨art. Es folgen Messungen und deren Interpretation im Rahmen einer elastischen Kontinuumstheorie. Am Schluss des Kapitels werden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.

4.1 Experimentelle Details

Um eine hohe Qualit¨at dieses Experimentes zu erzielen, mussten viele Messungen durchgef¨uhrt und gemittelt werden. Eine vollst¨andige Automatisierung des experimen- tellen Ablaufs war deshalb n¨otig. Die einzelnen Schritte einer Messung, von der Aus- wahl dreier Teilchen mittels der Partikelerkennung, ¨uber deren Manipulation durch die optische Pinzette, bis zur Datenerfassung der Teilchenkoordinaten, wurden alle vom Computer ausgef¨uhrt.

Der Kristall wurde in diesem Experiment lokal geschert, indem drei Teilchen auf einem Kreis, dessen Mitte der gemeinsame Teilchenschwerpunkt war, um 20 Grad ausgelenkt wurden (siehe auch Abb. 4.1). Dazu wurden mit der Partikelerkennung drei Teilchen ausgew¨ahlt, die sich in der N¨ahe der Mitte des beobachteten Probenausschnitts be- fanden. Die Koordinaten wurden an den Scanner weitergegeben, so dass der Tweezer abwechselnd die drei Teilchen einfangen konnte. Dazu wurde der Laser 50 ms auf ein Teilchen gerichtet und sprang dann in wenigen Mikrosekunden zum n¨achsten, um dort wieder 50 ms zu verharren und das Teilchen an dieser Stelle zu fixieren. ¨Uber einen Zeitraum von 45 s wurden die drei unterschiedlichen Positionen des Tweezers konti- nuierlich ver¨andert, so dass die drei Partikel 20 Grad aus ihrer Ruhelage ausgelenkt wurden. Der Laser wurde f¨ur dieses Experiment mit 0.5 mW betrieben. Nach Ausschal- ten des Lasers wurden f¨ur 60 s die Teilchenkoordinaten aufgezeichnet. Alle 200-250 ms wurde ein Koordinatensatz aufgenommen.

28

(30)

4.1. EXPERIMENTELLE DETAILS 29

Abbildung 4.1: Ausschnitt (165 x 110 µm) eines Kristalls. Drei Teilchen auf einem Dreieck wurden aus ihrer Gleichgewichtsposition kreisf¨ormig ausgelenkt, angedeutet durch die Pfeile. Die eingezeichneten Gitterlinien sollen diese Rotation hervorheben.

Oben links ist der Winkelα(t)eingezeichnet, dessen zeitliche Relaxation gemessen wur- de.

Die Erkennung und Speicherung der Teilchenkoordinaten wurde im Abschnitt 3.2.2 beschrieben. Aus den so gewonnen Daten wurde wie folgt der zeitliche Verlauf der Winkelrelaxation bestimmt. Der Winkelα(t) (vergl. Abb. 4.1) wurde f¨ur alle drei Teil- chen zu jedem Zeitpunkt bestimmt und gemittelt.

Die Differenz des aktuellen Teilchenwinkels zu seinem Gleichgewichtswinkel (Winkel vor der Deformation) definierte den Deformationswinkel α(t). Der aktuelle Winkel ei- nes Teilchens war durch die Verbindungslinie von Partikel und dem Schwerpunkt des Dreiecks festgelegt. Der GleichgewichtswinkelαmGGdes Teilchensm = 0,1,2 war relativ zum Gitterwinkel ϕ0 (mit 0 ≤ ϕ0 < 60) definiert. Die Kristallachsen lagen auf den Winkelnϕ0+n·120 mit n= 0,1,2. Die drei Gleichgewichtswinkel waren um 30 ver- setzt αGGm0+m·120±30. F¨ur jedes der drei Partikel wurde nun die Differenz zu diesem Gleichgewichtswinkel berechnet, gemittelt und zeitlich aufgetragen (α(t) siehe Abb. 4.1).

(31)

4.2 Messungen

Mit der beschriebenen PID-Regelung (Abschnitt 3.4) wurde die Teilchenzahldichte f¨ur die Dauer des Experimentes konstant gehalten. So konnten ca. 200 Messungen zu einer gegebenen Wechselwirkungsst¨arke Γ durchgef¨uhrt und gemittelt werden. Abb. 4.2 zeigt solche Winkelrelaxationen f¨ur Γ = 219 und 334.

Die Relaxationskurven wurden f¨ur verschiedene Kristallsteifigkeiten aufgenommen (von Γ = 68 bis 441). Im folgenden Abschnitt wird der Verlauf der beobachteten Kurven vom Standpunkt eines elastischen Kontinuums aus erkl¨art und in Zusammenhang mit dem Schermodul gebracht.

4.3 Elastisches Kontinuum-Modell

Um das diskrete 2D-Kolloidsystem mit der elastischen Kontinuumstheorie betrach- ten zu k¨onnen, wurde angenommen, das 2D-System sei eine unendlich ausgedehnte elastische Membran mit gegebenem Kompressionsmodul K und Schermodul µ. Das Analogon zu dem oben beschriebenen Experiment in dieser Membran ist eine Scheibe mit dem Radius RS, die um den Winkel α verdreht und deren Relaxation beobach- tet wird. Es folgt die Berechnung der Energie, die aufgewendet werden muss, um eine derartige Deformation zu erzeugen.

Wie aus der Literatur bekannt ist [16], ist der Verzerrungstensor, induziert durch eine Scheibe, die einem DrehmomentM ausgesetzt ist, invers proportional zum Schermodul µ und f¨allt mit 1/r2 ab:

εrrϕϕ= 0 , ε = M

4πµr2 . (4.1)

Diese Verzerrung ist ¨uber die elementaren Elastizit¨atsgleichungen (2.2) mit dem Ver- schiebungsvektor uϕ verbunden. Bei dieser speziellen Deformation ergibt sich:

= ∂uϕ

∂r − uϕ

r . Diese Gleichung wird durch den Verschiebungsvektor

uϕ =− M 4πµr

gel¨ost. Aus der Bedingungεrrϕϕ= 0 folgt ur = 0. Wie aufgrund der rotationssym- metrischen Problemstellung zu erwarten war, h¨angen die auftretenden Verschiebungen

(32)

4.3. ELASTISCHES KONTINUUM-MODELL 31

Abbildung 4.2:Relaxation des Deformationswinkels α(t), normiert auf 1, f¨ur zwei ver- schiedene Wechselwirkungsparameter Γ.

nur vom Radius r ab. Am Scheibenrand muss uϕ nun gerade RS·α sein, womit sich das Drehmoment M aus den Gleichungen eliminieren l¨asst. Es folgt

uϕ(r) = αRS2

r , ε =−αRS2

r2 . (4.2)

(33)

Die in der Membran gespeicherte Verzerrungsenergie l¨asst sich nun mit Gl. (2.4) be- rechnen, die sich zuf(r) = 2µε2vereinfacht. Es wird ¨uber die gesamte verzerrte Fl¨ache integriert:

E = Z

RS

f(r) 2πr dr ,

was zu folgender Gesamtenergie der verdrehten Scheibe f¨uhrt:

E = 2πµα2R2S . (4.3)

Diese Energie f¨uhrt zu einem r¨uckstellenden Drehmoment, das proportional zum Aus- lenkungswinkel α ist. Die Kraft am Rand der ScheibeRS betr¨agt:

FR= 4πµαRS .

Gehen wir zur¨uck ins konkrete Kolloidbild, dann f¨allt auf, dass die repr¨asentative Fl¨ache der drei Teilchen kein Kreis ist, sondern aus drei Einheitszellen des hexagonalen Gitters besteht. Wird deren Fl¨ache berechnet und als Kreisfl¨ache interpretiert (vergl. Abb. 4.3), ergibt sich der effektive Scheibenradius zu

RS =a· s

3√ 3

2π = 0.91·a (4.4)

mit a als Gitterkonstante.

Abbildung 4.3: Der Kreis mit dem Radius 0.91·a hat dieselbe Fl¨ache, wie die drei Elementarzellen.

Um die Dynamik des Systems zu beschreiben, muss noch die Stokessche Reibungskraft ber¨ucksichtigt werden, die aufgrund des umgebenden Wassers auf die drei Teilchen wirkt:

FS = 3·6πηRP

√a 3

∂α

∂t . (4.5)

(34)

4.4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION 33 Hier ist η die Viskosit¨at der Suspension und RP = 2.25µm der Partikelradius. Die Geschwindigkeit der Teilchen setzt sich aus der Winkelgeschwindigkeit ∂α/∂t und dem konstanten Bahnradius a/√

3 zusammen. Aufgrund der hohen Viskosit¨at ist der Tr¨agheitsterm vernachl¨assigbar, und die Kr¨afte beschreiben einen ¨uberd¨ampften, har- monischen Oszillator mit der Bewegungsgleichung:

α(t) =α0·exp(−t/τ).

Die Relaxationszeit τ ist direkt mit dem Schermodul µverkn¨upft:

τ = ηRP

µ

s 9π 2√

3 . (4.6)

Diese exponentielle Relaxation des Deformationswinkels α wurde in den Messungen gefunden (vergleiche Abb. 4.4).

4.4 Ergebnisse und Diskussion

Im letzten Abschnitt wurde demonstriert, dass die mikroskopische Deformation be- stehend aus drei Partikeln exponentiell relaxiert. Die Relaxationszeit τ wurde direkt mit dem Schermodul verkn¨upft µ = 2.857 ·ηRP/τ. Dass die Messungen (Abb. 4.2) tats¨achlich mit einer Exponentialfunktion beschreibbar sind, verdeutlicht die logarith- mische Auftragung in Abb. 4.4.

Aus dem exponentiellen Fit der Messungen ließ sich die Relaxationszeit τ bestimmen.

Dieser Fit wurde f¨ur alle Relaxationskurven (68 <Γ <441) vom Zeitpunkt t = 0 bis t = 2τ durchgef¨uhrt. Zur Zeit 2τ war der Deformationswinkel α auf 13.5 % (= e2) seines Anfangswertes abgeklungen. Bei gr¨oßeren Zeiten machte sich die thermische Be- wegung der Partikel um ihre Gleichgewichtsposition bemerkbar. Die deutlich erkenn- baren Exponentialfunktionen, wie sie in Abb. 4.2 dargestellt sind, sind um Null herum leicht verrauscht. Deshalb ist ein aussagef¨ahiger Fit nur bis zur Zeit 2τ sinnvoll.

In Abb. 4.5 istτ /a2 gegen Γ aufgetragen. Diese Darstellung wurde gew¨ahlt, daτ ∼µ1 und der Schermodul µin 2D eine Energie pro Fl¨ache ist. Die Gr¨oßeτ /a2 h¨angt damit nur von der Wechselwirkungsenergie Γ·kBT ab. Die tats¨achlich gemessenen Relaxati- onszeiten liegen zwischen 6 und 30 s. Diese Zeiten sind kleiner als die Entstehungszeit der Deformation (siehe 4.1). Der Tweezer war 45 s eingeschaltet, um die drei Par- tikel um ihren Schwerpunkt zu rotieren. Diese Experimentdauer war Voraussetzung daf¨ur, dass die Gitterumgebung ausreichend Zeit hatte, um einen deformierten Gleich- gewichtszustand einzunehmen. Erst dann konnte der Tweezer ausgeschaltet werden, und die Relaxation beobachtet werden.

(35)

Abbildung 4.4: Logarithmische Darstellung der normierten Winkelrelaxation α(t) f¨ur Γ = 73 (¤), 111 (°), 334 (O) und 441 (×). Die eingezeichneten Linien sind Fitfunk- tionen der Form exp (−t/τ) und best¨atigen das exponentielle Relaxieren der Deforma- tion.

Im vorigen Abschnitt wurde in Gl. (4.5) die viskose Reibung des Gitters beim Relaxie- ren ins Gleichgewicht angegeben. Dabei wurde nur die Bewegung der drei manipulierten Teilchen ber¨ucksichtigt. Theoretisch setzt sich die Deformation aber ins Gitter fort, so dass auch entferntere Partikel zur Stokesschen Reibung beitragen. In dem vorgestellten Experiment war dies nicht der Fall. Wahrscheinlich waren die Verschiebungen uϕ zu gering, so dass sie in der Brownschen Bewegung der Partikel um ihre Gleichgewichts- lage untergingen. Eine Fehlfarbendarstellung (Abb. 4.6) der Teilchenpositionen belegt diese Argumentation.

In die Reibung der Partikel beim Relaxieren geht die Viskosit¨at der Suspension ein.

Im dreidimensionalen Fall betr¨agt diese f¨ur Wasser1 η = 1.0025·103 N s m2. Durch die besondere Geometrie der Wasser/Luft-Grenzfl¨ache muss die Viskosit¨at vom dreidi- mensionalen Fall abweichen. K. Zahn bestimmte in seiner Arbeit [26] mit demselben experimentellen Aufbau die Kurzzeitdiffusionskonstante, die an der Grenzfl¨ache um 8%

h¨oher ist als in 3D. Die effektive Viskosit¨at f¨ur die Teilchenrelaxation ist damit um 8%

verringert.

1997 untersuchten K. Zahn et al. [36, 37] die hydrodynamische Wechselwirkung kol-

1Dieser Wert f¨ur die Viskosit¨at gilt f¨ur T=20C. Diese Temperatur wurde durch eine Klimaanlage stabil gehalten.

(36)

4.4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION 35

Abbildung 4.5:Relaxationszeitτ in Einheiten der Gitterkonstanten a2. Die gemessenen Zeiten lagen zwischen 6 und 40 s. Es zeigen sich kurze Relaxationszeiten f¨ur steife Kristalle (hohes Γ), w¨ahrend weiche Kristalle (kleines Γ) l¨anger brauchen, um ins Gleichgewicht zur¨uckzukehren.

loidaler Partikel an einer Wasser/Luft-Grenzfl¨ache. Durch die Brownsche Bewegung der Partikel werden mikroskopische Str¨omungsfelder erzeugt, die zu einer zus¨atzlichen Wechselwirkung zwischen den Teilchen f¨uhren. Die Relaxation der mikroskopischen Deformation bei der Bestimmung des Schermoduls induziert sicher Str¨omungen, die allerdings keinerlei stochastischen Charakter haben verglichen mit der Brownschen Be- wegung, da es sich um eine gerichtete Bewegung ins Gleichgewicht handelt. Die Frage, ob und wie die dabei erzeugten Str¨omungsmuster die Messung des Schermoduls be- einflussen, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Abweichungen der Expe- rimente von der Theorie k¨onnten aber durchaus auf den hydrodynamischen Einfluss zur¨uckzuf¨uhren sein.

Mit Gl.(4.6) l¨aßt sich aus den gemessenen Relaxationszeiten der Schermodul bestim- men. Dieser ist in Abb. 4.7 in Einheiten von kBT /a2 gegen Γ dargestellt.

Prinzipiell bleibt die Frage offen, wie stark dieser mikroskopisch bestimmte Schermodul von seinem makroskopischen Wert abweicht. Tats¨achlich wird hier eine Kontinuums- theorie auf ein diskretes Kolloidsystem angewandt. Aus großer Entfernung betrachtet sieht das 2D-System sicher wie eine Membran aus. Aber wie weicht sein Verhalten von

(37)

Abbildung 4.6: Fehlfarbendarstellung der H¨aufigkeit, wie oft bei der Relaxation der lo- kalen Scherung ein Teilchen eine Position eingenommen hat. F¨ur dieses Bild wurden die Teilchenpositionen von 400 Messungen ¨uber die Messzeit von 60 s addiert. Gitter- winkel und -konstante wurden normiert. In den weißen Bereichen ist die H¨aufigkeit null, in den blau bis rot markierten Positionen steigt die H¨aufigkeit logarithmisch an.

Die ¨außeren Partikel zeigen deutlich eine isotrope Diffusion um ihre Gleichgewichts- lage, w¨ahrend die drei inneren Partikel, die vom Tweezer manipuliert wurden, eine anisotrope H¨aufigkeitsverteilung aufweisen, die die gerichtete Relaxationsbewegung wi- derspiegelt. Die Abbildung belegt außerdem, dass die optische Pinzette das Gitter nicht durch ungewollte Effekte (z.B. Konvektion durch Absorption, vergl. 3.3) st¨ort, da sonst Gitterrelaxationen durch anisotrope H¨aufigkeitsverteilungen sichtbar w¨aren.

der Membran ab, wenn man in den Bereich der

”atomaren“ Aufl¨osung kommt? Am deutlichsten zeigt sich dies an dem geometrischen Faktor des ScheibenradiusRS. In der Membran ist der Wert f¨ur RS kontinuierlich w¨ahlbar. Im Kolloidkristall ist er ein Viel- faches der Gitterkonstanten aund es stellt sich automatisch die Frage, was als Scheibe in dem diskreten System interpretiert werden kann. Als repr¨asentative Fl¨ache der drei Partikel wurden die zugeh¨origen Elementarzellen gew¨ahlt (siehe Abb. 4.3). Der Vor- faktor von 0.91 in Gl. (4.4) kann aber um einige Prozent variieren. Das es sinnvoll ist, die Elementarzellen als Scheibenfl¨ache zu w¨ahlen, wird offensichtlich, wenn man sich eine gr¨oßere Scheibe vorstellt. Je mehr Teilchen darin enthalten sind, um so geringer ist der Unterschied des gezackten Zellenrandes zu einem Kreis. Im ¨Ubrigen w¨are es

(38)

4.4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION 37

Abbildung 4.7: Inverser Schermodul aufgetragen ¨uber Γ. µ wurde aus der gemessenen Relaxationszeit τ (Abb. 4.5) mit Gl.(4.6) bestimmt. Zum Vergleich ist das lineare Ver- halten eines idealen hexagonalen Gitters eingezeichnet (siehe Anhang). Der lineare Fit wurde nur ¨uber die ersten 5 Datenpunkte f¨ur niedrige Systemtemperaturen durchgef¨uhrt, da in der N¨ahe des Schmelzpunktes Γm1 kein linearer Zusammenhang zu erwarten ist.

eine interessante Fortf¨uhrung des vorgestellten Experimentes, die Anzahl der Teilchen, die an der Deformation beteiligt sind, zu erh¨ohen und damit den Scheibenradius zu vergr¨oßern.

Die Diskussion der Schermodulmessungen im Zusammenhang mit der KTHNY-Theorie und den Berechnungen bei T = 0 K erfolgt gemeinsam mit den Daten zum Kompres- sionsmodul in Kapitel 7.

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