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Optimismus : [Lexikon-Eintrag]

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Academic year: 2022

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Optimismus, Begriff, unter dem in der Literatur verschiedene Konstrukte subsumiert werden. 1)  unrealistischen Optimismus: Neil Weinstein forderte Studenten auf, ihr Erkrankungsrisiko im  Vergleich zum Durchschnitt einzuschätzen, und stellte fest, daß die Befragten im Mittel ihr Risiko als  unterdurchschnittlich bezeichneten. Da der Durchschnitt nicht unterdurchschnittlich gefährdet sein  kann, hatte die Gruppe der Befragten ihr Risiko unrealistisch optimistisch bewertet. Inzwischen  liegen über 200 empirische Untersuchungen vor, die diesen “optimistischen Fehlschluß” (optimistic  bias) oder “unrealistischen Optimismus” hinsichtlich zahlreicher Krankheiten replizieren konnten. Es  ist allerdings nur angemessen, auf Gruppenebene von einer Verzerrung zu sprechen – wie hoch das  eigene Risiko tatsächlich bewertet wird und ob es unterschätzt wird, bleibt ungeklärt. 2) naiver  Optimismus: Verzerrungen, die eine Unterschätzung der eigenen Gefährdung darstellen, werden  auch unter dem Begriff defensiver Optimismus zusammengefaßt oder als naiver Optimismus  bezeichnet. Wir sind defensiv oder naiv optimistisch, wenn wir die Augen vor dem Risiko  verschließen. 3) gelernter Optimismus: Von Seligman stammt das Konstrukt des “gelernten  Optimismus”. Allerdings wurde lediglich der bekannte “depressive Attributionsstil” als 

“pessimistischer Interpretationsstil” etikettiert, nämlich die internale, stabile und globale  Interpretation von negativen Ereignissen. Ein Optimist tendiere zur externalen, variablen und 

spezifischen Erklärung solcher Vorkommnisse, was ihm eher erlaube, positive Erwartungen zu hegen. 

Gemessen wird das Konstrukt mit Hilfe von hypothetischen Szenarien, bei denen sich die Befragten  vorstellen, diese seien bereits eingetreten. Es hat sich mehrfach gezeigt, daß Optimisten gesünder  waren oder sich gesünder verhielten als Pessimisten. Es gibt auch Hinweise darauf, daß Optimisten  über ein widerstandsfähigeres Immunsystem verfügen, und zwar unabhängig vom 

Gesundheitsverhalten. Das Konstrukt hat sich damit zwar empirisch bewährt, problematisch ist  jedoch, daß eine retrospektive Blickrichtung eingenommen wird, Optimismus sich jedoch auf  künftige, noch nicht eingetretene Ereignisse bezieht. 4) dispositionaler Optimismus: “Ich sehe stets  die guten Seiten der Dinge”. Solche generalisierten Ergebniserwartungen bilden das Konzept des 

“dispositionalen Optimismus” von Scheier und Carver. Optimisten blicken zuversichtlich in die 

Zukunft, wobei offengelassen wird, ob sich die Dinge von allein positiv entwickeln oder ob man selbst  dazu etwas beiträgt. Es handelt sich um eine Mischung aus Situations‐ und Konsequenzerwartungen  auf der Ebene eines Persönlichkeitsmerkmals. Gemessen wird dieses Persönlichkeitsmerkmal mit  Hilfe einer psychometrischen Skala (Life Orientation Test) von acht Items. Sowohl bei Bypass‐

Patienten als auch bei Patientinnen, die sich einer Brustkrebsoperation unterzogen hatten, verlief die  Genesung bei den Optimisten besser als bei den Pessimisten. Problematisch ist, daß der gemessene  Optimismus sehr hoch negativ mit Ängstlichkeit korreliert. Wie sich ferner zeigen ließ, ist das  Instrument nicht unidimensional und bipolar, sondern besteht aus zwei Dimensionen, einem 

Optimismus‐Faktor und einem Pessimismus‐Faktor, die nur mäßig miteinander korreliert sind (um r = 

‐.39). 5) funktionaler Optimismus: Verhaltensspezifische Kompetenzerwartung spielen bei der  Bewältigung von Streß, dem Ertragen von Schmerzen, dem Umgang mit chronischen Leiden, der  Entwöhnung von Abhängigkeit und dem Aufbau von Gesundheitsverhaltensweisen eine zentrale  Rolle. Je stärker die spezifische Kompetenzerwartung ist, desto schwächer fällt die Streßreaktion aus. 

Situationsspezifische Kompetenzerwartungen beziehen sich immer nur auf eine ganz konkrete  Situation, die eigenes kompetentes Handeln erfordert. Das Konzept der Allgemeinen 

Selbstwirksamkeitserwartung hingegen fragt nach der persönlichen Einschätzung der eigenen  Fähigkeiten, allgemein mit Schwierigkeiten und Barrieren im täglichen Leben zurechtzukommen. 

Damit wird versucht, die subjektive Verfügbarkeit von Handlungsressourcen auf der Trait‐Ebene  anzusiedeln. Personen, die ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten angesichts von Gefahren und  Barrieren generell leicht überschätzen, bezeichnet Schwarzer als funktional optimistisch. Ein 

Zuerst ersch. in: Lexikon der Psychologie / G. Wenninger (Hrsg.). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verl., 2001, Band 3, S. 187-189

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2009/7183/

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-71834

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Meßinstrument zur Erfassung von optimistischen Selbstüberzeugungen und perzipierter  Copingkompetenz ist die “Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung”. Die 10‐Item‐Skala enthält  Aussagen wie “Wenn ich mit einer neuen Sache konfrontiert werde, weiß ich, wie ich damit umgehen  kann”. Die Skala erlaubt Vorhersagen von perzipiertem Gesundheitsstatus und körperlichen 

Symptomen. Aufgrund dieses positiven Zusammenhangs wird die Allgemeine 

Selbstwirksamkeitserwartung auch als personelle Ressource bezeichnet. Problematisch hierbei ist,  daß empirisch nicht geprüft wird, inwieweit die eigene Kompetenz überschätzt wird. Eine Trennung  zwischen einer leichten Überschätzung der eigenen Kompetenz, die noch als funktional optimistisch  bezeichnet werden kann, weil sie angesichts schwieriger Aufgaben eine günstige motivationale  Ausgangslage schafft, und einer dysfunktionalen Überschätzung der eigenen Kompetenz, wird nicht  getroffen. Letztlich wird nur retrospektiv bestimmt, wer funktional optimistisch war: derjenige, der  eine hohe Kompetenzerwartung hatte und erfolgreich kritische Situationen meisterte. 

Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Konstrukten wurde bisher nur teilweise empirisch  untersucht. Funktionaler und dispositionaler Optimismus stehen erwartungsgemäß in einem 

positiven Zusammenhang (r =.56). Ein ebenfalls positiver Zusammenhang wurde zwischen gelerntem  Optimismus und optimistischem Fehlschluß (optimistischer Risikoeinschätzung) von Peterson und de  Avila berichtet. Dieser verringerte sich allerdings bei Konstanthaltung der subjektiven 

Handlungskontrolle von r = .30 auf r = .12. Zwischen dispositionalem Optimismus und optimistischem  Fehlschluß konnte hingegen kein Zusammenhang nachgewiesen werden: dispositionale Optimisten  und Pessimisten unterlagen im gleichen Ausmaß dem optimistischen Fehlschluß.  

B.Re. 

Literatur 

Schwarzer, R. (1994b). Optimistische Kompetenzerwartung: Zur Erfassung einer personellen  Bewältigungsressource. Diagnostika, 40, 105‐123. 

Schwarzer, R. & Renner, B. (1997). Risikoeinschätzung und Optimismus. In R. Schwarzer (Hg.),  Gesundheitspsychologie. Ein Lehrbuch (S.43‐66). Göttingen: Hogrefe. 

Seligman, M. E. P. (1991). Learned optimism. New York: Knopf. 

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