baren Impfstoffen etwa bei ein bis zwei pro 1 000 000 geimpfter Menschen. Das würde bedeuten, dass bei einer Impfung aller Bundesbürger (rund 80 Millionen Menschen) mit circa 80 bis 160 tödlichen Zwischenfällen zu rechnen wäre. Schwe- rere Impfschäden, wie zum Beispiel Hirn- hautentzündungen, sind etwas häufiger, es müsste bei 80 Millionen geimpften Menschen mit einigen Hundert schweren Impfschäden gerechnet werden.
Postexpositionelle Impfung: Kommt man mit einer pockeninfizierten Per- son in Kontakt, kann der Betreffende noch innerhalb der nächsten vier Tage wirksam geimpft werden. Eine post- expositionelle Impfung erlaubt, die Krankheit zu verhindern oder die Sym-
ptome zu mildern, und kann somit ge- zielt exponierten Personen verabreicht werden.
Die Impfung ist kontraindiziert bei:
> Patienten mit abgeschwächter oder unterdrückter Immunreaktion (Krebs, HIV-Infektion, Aids, Strahlentherapie, Chemotherapie, Kortisontherapie, an- dere immunsuppressiveTherapien),
> Patienten mit juckenden Haut- entzündungen und/oder Schäden der Hautintegrität,
> Schwangeren,
> Säuglingen unter einem Jahr,
> Kindern bis zum 12. Lebensjahr,
> Patienten mit Diabetes mellitus, Asthma bronchiale, schweren Herz- Kreislauf-Erkrankungen, schweren Nie-
renerkrankungen, Autoimmunerkran- kungen,
> Patienten mit Allergien gegen Be- standteile des Impfstoffes,
>Patienten mit akuten behandlungs- bedürftigen Erkrankungen,
>Patienten mit akuten entzündli- chen Erkrankungen des ZNS sowie mit chronischen ZNS-Erkrankungen (Epi- lepsie, Lähmungen).
Größte Vorsicht ist geboten, wenn ei- ne Person geimpft werden soll, die mit einer der genannten Risikopersonen im gleichen Haushalt lebt.
Ablauf einer Massenimpfung: Wird eine Massenimpfung angeordnet, sollten innerhalb von vier bis fünf Tagen alle Menschen in Deutschland geimpft sein.
Die erforderliche Logistik wird gerade vorbereitet. Es werden je nach den örtli- chen Gegebenheiten so viele Impfstellen ausgewiesen, wie erforderlich sind, um alle Personen innerhalb einer Woche zu impfen. In den dicht besiedelten Räu- men wird man größere Impfstätten vor- bereiten können, in den ländlichen Gemeinden braucht man kleinere Impf- stätten und wird unter Umständen die niedergelassenen Ärzte einbeziehen.
Ebenfalls müssen die Betriebsärzte großer Betriebe mit einbezogen werden.
Bioterroristisches Potenzial: Da die Pockenviren relativ stabil sind, bleiben sie bei einer Lagerung bei –20 °C über Jahrzehnte hin infektiös, bei Raumtem- peratur immerhin noch über Wochen, eventuell sogar Monate. Ein Versprühen – aus einem Sportflugzeug oder mithilfe von normalen Sprühdosen – läge daher durchaus im Bereich des Möglichen. Al- lerdings ist die Gefahr durch bewusst in- fizierte Selbstmordattentäter, die sich da- zu an zahlreichen belebten Orten aufhal- ten würden, vernachlässigbar gering.
Der Grund ist, dass eine infizierte Per- son erst nach der Bildung der ersten Pockenbläschen auf der Haut an- steckend wird. Dann aber ist ein Betrof- fener bereits so krank, dass er kaum noch in der Lage wäre, umherzulaufen, um an- dere Menschen zu infizieren. Außerdem würde eine derartig erkrankte Person so- fort auffällig werden. Sollte es dennoch zu Pockeninfektionen kommen, könnte die Entstehung einer Pockenepidemie durch sofortige Massenimpfungen stark begrenzt beziehungsweise ganz verhin- dert werden. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn P O L I T I K
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A824 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003
Suche nach dem Virus des schweren
akuten respiratorischen Syndroms (SARS)
Nach Angaben des Robert Koch-Institutes (RKI) sind in Deutschland derzeit
„wahrscheinlich“ vier Personen am schweren akuten respiratorischen Syn- drom (SARS) erkrankt (Stand: 24. März). Der Erreger der Infektionskrankheit konnte bisher noch nicht eindeutig definiert werden. Vor einigen Tagen waren bei SARS-Patienten in Deutschland und Hongkong Partikel eines nicht weiter bestimmten Virus aus der Familie der Paramyxoviren gefunden worden. Es sei aber noch nicht gesichert, dass dieses Virus die tatsächliche Ursache für SARS sei. Auch das RKI weist darauf hin, dass Hinweise auf Paramyxoviren bei Pati- enten mit SARS hinsichtlich einer krankheitsverursachenden Bedeutung einer weiteren Abklärung bedürfen. „Vor allem die Kausalität muss geprüft werden“, so eine Sprecherin des RKI (siehe auch „Medizin“ in diesem Heft).
Zur Familie der Paramyxoviren gehört eine Reihe menschen- und tierpa- thogener Viren, die gemeinsame Struktur- und Genmerkmale aufweisen. So fal- len die Erreger von Masern und Mumps in diese Virusgruppe, aber auch weite- re Viren, die als Ursache von Atemwegsinfektionen lange bekannt sind. Auf- grund der gemeinsamen Strukturmerkmale der Viruspartikel können die ein- zelnen Vertreter der Paramyxoviren elektronenmikroskopisch nicht eindeutig differenziert werden. Eine Virusanzucht ist daher erforderlich.
Zu den Erregern von Atemwegsinfektionen gehören die Parainfluenzaviren und das respiratorische Syncytial-Virus (RSV). Diese Erreger lösen bei Säug- lingen und Kindern häufig schwere Infektionen der Atemwege und der Lunge aus, während Infektionen bei Erwachsenen nur sehr selten schwerwiegend sind.
In den Neunzigerjahren wurden zwei neuartige Paramyxoviren tierischer Herkunft identifiziert, die beim Menschen lebensgefährliche Erkrankungen auslösen können. Dabei handelt es sich um das in Australien entdeckte Hendra- virus und das in Malaysia aufgetretene Nipahvirus. Das Hendravirus ist bei australischen Flughunden verbreitet. Es löst nach Übertragung auf Pferde und Menschen eine schwere Infektionen der Atemwege und Nierenversagen aus.
Vor zwei Jahren wurde ein weiteres Paramyxovirus entdeckt, das humane Metapneumovirus. Auch dieser Erreger führt bei Kindern zu Atemwegsinfek- tionen verschiedener Schweregrade. Bei gesunden Erwachsenen verursacht es – ähnlich dem RSV – in der Regel keine schweren Verläufe. zyl