DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Medizinische ‚Tatsachen'
doch ebenfalls der Klärung. Und dazu müssen Mediziner und Stati- stiker besser zusammenarbeiten als bisher. Nicht erst bei der Da- tenverrechnung, sondern bereits bei der Versuchsplanung muß die- se Zusammenarbeit beginnen!
Schlußfolgerung
Die aufgezeigten Probleme, die sich zunächst nur in einem unprä- zisen Sprachgebrauch offenba- ren, könnten auf den ersten Blick als relativ harmlos angesehen
werden. Über die Auswirkungen auf die alltägliche Praxis in der Medizin gibt es keine Untersu- chungen. Die Verwendung von nicht einheitlich zu deutenden Ad- jektiven in der medizinischen Lite- ratur in einer Form, die absolute Sicherheit verbreitet, selbst in Fäl- len von Unsicherheit, sollte je- doch stutzig machen. Daß sich auf diese Weise vage Aussagen zu Fakten „potenzieren" können, ist am Beispiel der Berichterstattung zum Krankheitsbild „AIDS" in den verschiedensten Medien beson- ders deutlich geworden.
Literatur
Borst, M.: Pathologische Histologie, Berg- mann München (1950) — Gross, R.: Medizini- sche Diagnostik-Grundlagen und Praxis, Springer Berlin (1969) — Gross, R.: Zur klini- schen Dimension der Medizin. Beiträge zu ei- nigen Grundlagen und Grundfragen, Hippo- krates Stuttgart (1976) — Hamperl, H.: 35. Ta- gung der Deutschen Gesellschaft für Patholo- gie in Hannover vom 11.-14. März 1951, Pisca- tor Stuttgart (1952)— Quellennachweis im Son- derdruck
Anschrift des Verfassers:
Diplom-Psychologe
Dr. med. Karlheinz Schneider Heinrich-Hertz-Straße 17 2000 Hamburg 76
FÜR SIE GELESEN
Kompensiert die Mammakarzinom- Zunahme den Zervixkarzinom- Rückgang?
In den letzten 20 Jahren ist an der Frauenklinik Erlangen der Univer- sität Erlangen-Nürnberg, einem Krankenhaus mit ziemlich kon- stantem Einzugsgebiet, die Zahl der klinischen Karzinome des Ge- bärmutterhalses zurückgegan- gen. Im selben Zeitrahm hat sich die Zahl der klinisch diagnostizier- baren Brustkrebse auf das Vierfa- che vermehrt! Eine Erklärung für diese Entwicklung kann im Au- genblick nicht gegeben werden.
Bemerkenswert erscheint die Tat- sache, daß aus dem Kollektiv der abdominal ausgedehnt operierten Cervixkarzinome rund 30 Prozent bei Präventivuntersuchungen übersehen wurden. Etwa 14 Pro- zent ließen sich mit diesen Metho- den aufspüren, rund 56 Prozent der Frauen mit Gebärmutterhals- krebs kamen allein aufgrund von Symptomen zur Behandlung; das- selbe gilt für die Gruppe der nur bestrahlten Patientinnen. Mam- makarzinome werden in der Re- gel in klinischen Phasen entdeckt.
Es gibt praktisch keine Methode, sie in größerer Zahl vorher aufzu- spüren. Der Prozentsatz der mit
Hilfe der Mammographie entdeck- ten, klinisch okkulten Krebse liegt unter 10 Prozent. ptr
Paterok, E. M.; Schneider, M. L.; Trotnow, S.:
Gegenläufige Tendenzen behandelter Cervix- und Mammakarzinome, Geburtsh. u. Frauen- heilk. 44 (1984) 32-33, Privatdozent Dr. E. M.
Paterok, Universitäts-Frauenklinik, Universi- tätsstraße 21-23,8520 Erlangen
Carcinoembryonales Antigen (CEA) und
Tennessee Antigen (TAG) in der Tumordiagnostik
Die klinische Relevanz der Be- stimmung des Tennessee Anti- gens (TAG) wurde im Vergleich zur Bestimmung des carcinoem- bryonalen Antigens (CEA) an 90 Patienten mit gastrointestinalen Tumoren, 40 Patienten mit ent- zündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) und 25 gesunden Probanden ge- prüft. Bei separater Auswertung jedes der beiden Antigene fand sich bei 45 Prozent aller Tumorpa- tienten eine erhöhte CEA- und bei 90 Prozent eine erhöhte TAG-Kon- zentration. Bei gesonderter Be- trachtung der Magenkarzinome wurde das TAG in 88 Prozent, das CEA jedoch nur in 22 Prozent in pathologisch erhöhter Konzentra- tion gefunden. Ähnlich verhält es
sich bei kolorektalen Karzinomen, wo 82 Prozent der Karzinomträger ein erhöhtes TAG, 40 Prozent je- doch nur ein erhöhtes CEA auf- weisen. Beim Pankreaskarzinom waren beide Positivraten hoch (TAG 100 Prozent, CEA 75 Pro- zent). Entzündliche Darmerkran- kungen hatten in 30 Prozent der Fälle erhöhte TAG und in 37 Pro- zent der Fälle erhöhte CEA-Kon- zentration. Eine Abhängigkeit zur Entzündungsaktivität konnte bei keinem der beiden Antigene ge- funden werden. Die Autoren kom- men zu dem Schluß, daß bei Pa- tienten mit gastrointestinalen Ma- lignomen das TAG dem CEA an diagnostischer Empfindlichkeit überlegen ist. Die Studie bestätigt ferner die Aussage anderer Auto- ren, daß TAG ein unspezifisches tumorassoziiertes Antigen dar- stellt, welches keine Organzuord- nung gastrointestinaler Maligno- me zuläßt. Da Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Patienten ein hö- heres Karzinomrisiko als die Nor- malpopulation aufweisen, bietet die Bestimmung des TAG darüber hinaus eine wertvolle Ergänzung in der diagnostischen Palette bei der Überwachung von Risikopa- tienten. ktt
Meryn, S.; Francesconi, M. u. Abel, B.: Tumor- Diagnostik & Therapie 4 (1983) 101-104 — Dr. S. Meryn, I. Universitätsklinik für Gastroen- terologie und Hepatologie, Lazarettgasse 14, A-1090 Wien
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 28/29 vom 13. Juli 1984 (65) 2177