A-1858 (26) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 27, 4. Juli 1997
P O L I T I K AKTUELL
C
omputer und Netzwerke neh- men in der heutigen Arztpra- xis einen stetig wachsenden Stellenwert ein. Immer größe- re Mengen an Daten werden durch sie erfaßt und auf Knopfdruck ver- fügbar gemacht. Dabei sind die ge- speicherten Daten oft hochsensibel und dürfen nur durch autorisierte Personen eingesehen wer-den. Berichte, Röntgenbil- der und Untersuchungser- gebnisse werden ebenfalls zunehmend in Rechnern gespeichert. Sollen diese EDV-Informationen aussa- gekräftig und authentisch sein, müssen eine Reihe von Faktoren sichergestellt wer- den: Es muß klar ersichtlich sein, wann ein Dokument verfaßt worden ist, wer der Urheber ist. Berichte oder andere patientengebunde- ne Informationen müssen zweifelsfrei zuzuordnen sein. Es muß sichergestellt
sein, daß eventuelle Veränderungen im vollen Umfang protokolliert wer- den.
All diese Voraussetzungen kön- nen mit den derzeit in den Praxen und Kliniken eingesetzen Geräten nicht gewährt werden.
Die elektronische Unterschrift
Hier setzt der neue Arztausweis an. Er enthält, neben Foto, Namen und den notwendigen Arztinforma- tionen, einen Mikrochip. Ähnlich der Telefonkarte werden auf diesem Chip Daten gespeichert. Diese Infor-
mationen sind der Schlüssel zu den auf einem Rechner gespeicherten Daten. Nur der Inhaber der Karte, al- so der Arzt, ist nach dem Einführen der Karte in ein Lesegerät und nach der Eingabe einer Geheimnummer in der Lage, die auf dem Computer ge- speicherten Daten zu lesen und zu bearbeiten. Ohne die „Smart-Card“
ist das Auslesen der Informationen laut Entwickler nicht möglich. Zu- sammen mit der Karte und der Ge- heimnummer ermöglicht die Pla- stikkarte eine elektronische Unter- schrift. Entsprechende Dokumente können mit dieser Technik authenti- fiziert werden. Sämtliche Schreiben, Berichte oder auch personenbezoge- ne Datensätze (beispielsweise elek- tronisch gespeicherte Röntgenfotos), die auf diese Weise erstellt und
„unterschrieben“ wurden, sind sicher vor fremdem Zugriff. Veränderungen sind nicht möglich oder werden in al- len Einzelheiten protokolliert. Mit den zum Einsatz kommenden Ver- fahren ist es auch möglich, die Anzahl
der Zugriffe auf ein Dokument fest- zustellen. Ist die Technik voll ent- wickelt und ihr Standard anerkannt, erlangen die so gespeicherten Daten die Aussagekraft eines normalen un- terschriebenen Dokuments oder ei- nes herkömmlich erstellten Röntgen- fotos.
Europaweite Forschung
Derzeit arbeiten Ärzte und Wis- senschaftler in ganz Europa an der Entwicklung und Einführung des elektronischen Arztausweises und ähnlicher Identifikationskarten. Diese HPC (Health Professional Cards) be- finden sich derzeit an verschiedenen Instituten, Universitäten und Kliniken in Feldversuchen im Einsatz. Je nach Art der Einrichtung stehen der prakti- sche Einsatz, die weitere Verbesse- rung des Datenschutzes oder der Nutzen auf speziel- len Fachgebieten im Vorder- grund. Dem Arbeitskreis Health Professional Card der Arbeitsgemeinschaft Karten im Gesundheitswe- sen gehören Vertreter ver- schiedener Arzt-, Kassen- und Apothekerverbände an sowie verschiedene Anbie- ter der Elektroindustrie. Ei- ne Schlüsselrolle spielt dabei das Institut für Medizinische Informatik in Göttingen.
Wichtig bei der weiteren Entwicklung sei das Ein- bringen von Wünschen und individuellen Anforderungen aller durch die Nutzung der Karte invol- vierten Personenkreise, um später ein- mal den optimalen Einsatz zu gewähr- leisten, so Prof. Dr. O. Rienhoff, Insti- tut für Medizinische Informatik, Göt- tingen.
Der flächendeckende Einsatz der Karte soll frühestens 1999 mög- lich sein, so Rienhoff. Eine erste Grundlage, das Gesetz zur digitalen Signatur, wurde im Rahmen des In- formations- und Kommunikations- gesetzes gerade im Bundestag be- schlossen. Die Arztpraxen benötigen neben einem PC neuerer Genera- tion ein entsprechendes Kartenlese-
gerät. Marc Seidel
Der neue Arztausweis
Schlüssel zur Kartei
Ob im täglichen Bankgeschäft, beim Telefonieren oder zum Öffnen von Türen, immer häufiger kommen Chipkarten zum Einsatz. Diese Entwicklung macht auch vor den Ärzten nicht halt. Die Versicherten nutzen bereits seit Jahren anstelle des Krankenscheins die Krankenversichertenkarte. Gegenwärtig laufen zudem Versuche mit elektronischen Arzt- ausweisen. Wesentliche Funktion: Der Arzt soll mit Hilfe der Karte und seiner digitalen Signatur Zugang zu sensiblen Patientendaten erhalten und diese gleichzeitig schützen.
So soll der zukünftige Arztausweis aussehen. Der aufgebrachte Chip enthält die notwendigen Daten für eine elektronische Signatur und die Verschlüsselung.