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Archiv "Frühe Prognose nach schwerer Schädel-Hirn-Verletzung: Schlusswort" (30.09.2005)

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noidalblutungen, Hirninfarkte, Hirn- tumoren) von anderen großen Volks- krankheiten (Diabetes mit Komplika- tionen, KHK, viele Bereiche der On- kologie) ganz zu schweigen, bei denen man sich unter sozioökonomischen Aspekten um die Therapiebegrenzung Gedanken machen müsste.

Dr. med. Martin Schorl Sachsenstraße 14/4 89564 Nattheim

Präzisierung

Den Autoren ist zu danken für diesen klaren und übersichtlichen Beitrag zur Prognose des Schädel-Hirn-Traumas, immerhin die häufigste Todesursache des Menschen bis zum 40. Lebensjahr.

Die Bemerkungen zur prognostischen Bedeutung der Kernspintomographie bedürfen einer Präzisierung.

Die Mitteilung, „[. . .] Verletzungen des Corpus callosum [. . .] und der Ba- salganglien sind in statistisch signifi- kanter Häufung mit einem ungünsti- gen Ausgang verknüpft ebenso Anzahl und Gesamtvolumen der Kontusion“

stimmt nicht ganz mit der von den Au- toren hierzu zitierten und bisher welt- weit größten Untersuchung zur prog- nostischen Bedeutung der Kernspin- tomographie (2) überein. Nach diesen in unserer Klinik erhobenen Befun- den kann weder den Verletzungen des Corpus callosum noch den Basal- ganglien eine bedeutende Rolle beige- messen werden, weil sie gleich häufig bei den Überlebenden wie auch bei den verstorbenen Patienten nachweis- bar waren.

Bereits im initialen Computertomo- gramm war keine Korrelation zwi- schen der Größe der Kontusionen und der Letalität nachweisbar (3). Die ei- genen Erfahrungen bestätigen: Nicht die Gesamtmenge verletzten Hirnge- webes, sondern die Lokalisation der Hirnverletzungen ist verlaufsentschei- dend. Punktförmige Verletzungen in Mesencephalon oder Pons können zum Tod führen, wohingegen groß- flächige Verletzungen der Hemisphä- ren gelegentlich geringe neurologische Ausfallserscheinungen zur Folge ha- ben. Diese eigenen MR-Befunde ste- hen damit im diametralen Gegensatz

zum „Modell der Pathophysiologie der Schädelhirnverletzungen von Om- maya und Gennarelli“. Der Pathologe kann für die verschiedenen Hirnverlet- zungen beim Menschen nicht bewei- sen, welche überlebt werden können und welche nicht. Dieser Nachweis ge- lingt nun mit der Kernspintomogra- phie, weil sowohl die überlebbaren Verletzungen als auch die nicht über- lebbaren dargestellt und statistisch er- fasst werden können.

Im Jahr 1982 empfahl Gennarelli, grundsätzlich die Diagnose „diffuse brain lesion“ zu stellen, wenn sich im Computertomogramm keine Verlet- zungen mit einer raumfordernden Blutung darstellten und der Patient mehr als sechs Stunden bewusstlos war (4).

Sein neuropathologischer Mitarbei- ter Adams warnte im gleichen Jahr, ei- ne Diagnose histologischer Art an- hand einer computertomographischen Bildgebung zu stellen, sei nicht ge- rechtfertigt, weil diffuse Hirnschädi- gungen nur durch den Neuropatholo- gen mikroskopisch sicher diagnosti- ziert werden könnten (1). Trotzdem werden jährlich mehr als 1 000 wissen- schaftliche Mitteilungen zum diffusen Hirnschaden, der mittels Computer- tomographie „diagnostiziert“ wurde, publiziert, ohne dass diese histologisch verifiziert wären.

Im MR sind nun überwiegend Hirn- stammschäden nachweisbar, die fast ausnahmslos dem CT entgehen, gleich- zeitig prognostisch aber sehr wichtig sind. Demgegenüber weisen die Ver- letzungen der weißen Substanz der Hemisphären einschließlich des Cor- pus callosum, die als Kennzeichen ei- nes diffusen Hirnschadens bezeichnet werden (1), keine Korrelation mit dem Behandlungsergebnis auf. Der „diffu- se“ Hirnschaden kann daher außer- halb des Hirnstammes nur eine nach- geordnete prognostische Bedeutung haben.

Literatur

1. Adams et al.: Diffuse axonal injury due to non missi- le head insury in humans: an analysis of 45 cases.

Ann Neurol 1982; 12: 557–563.

2. Firsching R, Woischneck D, Reissberg S, Döhring W, Peters B: Die prognostische Bedeutung der MRT bei Bewusstlosigkeit nach Schädelhirnverletzung. Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1868–1874 [Heft 27].

3. Frowein RA, Stammler U, Firsching R, Friedmann G, Thun F: Early dynamic evolution of cerebral contu- sion and laceration. In: Vigouroux RP (Editor): Clini- cal and radiological findings. Advances in Neurotrau- matology. New York: Springer Verlag 1991; 3: 201–

208.

4. Gennarelli et al.: Influence of the type of intracranial lesion on outcome from severe head injury. J Neuro- surg 1982; 56: 26–32.

Prof. Dr. med. Raimund Firsching Klinik für Neurochirurgie

Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg

Schlusswort

Herrn Prof. Ulrich ist für den Hin- weis zur ipsativen Trendermittlung zu danken. Diese Methode wurde für die evozierten Potenziale bereits prakti- ziert (zum Beispiel [1]). Tatsächlich handelt es sich um ein Verfahren mit erheblichem apparativen und perso- nellen Aufwand, der unter Routine- bedingungen kaum zu gewährleisten ist. Die täglich wiederholte Ableitung der evozierten Potenziale und Hirn- stammreflexe bietet nach unserer Er- fahrung und den Mitteilungen in der beim Artikel zitierten Literatur eine ausreichend verlässliche Basis für die Prognose.

Die von Herrn Kollegen Schorl geäußerte Kritik bezüglich der „pseu- dostatistischen Aussagen“ spiegelt einmal mehr das für die klinische Me- dizin nie zu lösende Dilemma des na- turwissenschaftlichen Ansatzes einer- seits und des individuellen Patienten- schicksals andererseits wider. „Frühe“

posttraumatische Prognose gründet sich auf Parameter, die in unmittelba- rem zeitlichen Zusammenhang mit dem Trauma, also Stunden bis Tage danach, verfügbar sind. Wir stimmen Herrn Kollegen Schorl zu, dass die Wirklich- keit der Versorgung von Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma viel- fach hinter dem aktuell Möglichen, Effektiven und Wünschenswerten zu- rückbleibt. Die Frage der Therapie- begrenzung stellt sich nach unserer Einschätzung nur bei infauster Pro- gnose; in allen anderen Fällen müssen auch nach unserer Meinung alle An- strengungen auf eine Verbesserung der Versorgung gerichtet sein, die aber M E D I Z I N

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A2648 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 39⏐⏐30. September 2005

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auch die Verfügbarkeit diagnostischer Verfahren nach dem Stand der Wis- senschaft umfasst. Die sozioökonomi- schen Aspekte von Erkrankungen und die daraus zu ziehenden Konsequen- zen sind Angelegenheit der Politik.

Das Interesse des Arztes zielt auf die bestmögliche Versorgung des Patien- ten; hierzu gehört nach unserer Auf- fassung auch die Beendigung sinnloser Therapien im Fall einer infausten Pro- gnose.

Die von Herrn Prof. Firsching erho- benen Einwände stehen im Gegensatz zu den von anderen im Beitrag zitier- ten Autoren und von uns selbst ge- machten Beobachtungen in Bezug auf das Outcome bei Läsionen in Corpus callosum und Basalganglien. Die Größe der Kontusionsherde ist in der Tat in ihrer Bedeutung für den Lang- zeitverlauf umstritten. Dies alles steht jedoch nicht „im diametralen Gegen- satz“ zu dem pathophysiologischen Modell von Ommaya und Gennarelli;

Letzteres besagt nämlich, dass die

„Tiefe“ der Läsion im Gehirn mit dem Ausmaß der Gewalteinwirkung eben- so wie mit der Schwere des Verlaufs korreliert, sodass eine Läsion im Hirn- stamm, der eine „tiefe“ Struktur des Gehirns darstellt, mit einem ungünsti- gen Langzeitverlauf verbunden ist – was genau durch die MRT-Untersu- chungen von Firsching et al. bestätigt wird.

Das Ausmaß einer Schädelhirnver- letzung allein computertomographisch erfassen zu wollen, ist sicher nicht mehr zeitgemäß. Hier sind heute sowohl eine MR-tomographische als auch eine elektrophysiologische neben der klinisch-neurologischen Untersu- chung zu fordern.

Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.

Literatur

1. Garcia-Larrea L, Artru F, Bertrand O, Pernier J, Mauguiè- re F: The combined monitoring of brain stem auditory evoked potentials and intracranial pressure in coma. A study of 57 patients. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1992; 55: 792–798.

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Wedekind Klinik für Allgemeine Neurochirurgie Universität zu Köln

50924 Köln

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 39⏐⏐30. September 2005 AA2649

Die Entschlüsselung der Variabilität des menschlichen Genoms ermöglicht einen vertieften Einblick in die evolutionäre Dimension von Gesundheit und Krank- heit. Die Variabilität an einem Locus kann auf die evolutionäre Bedeutung eines Gens hinweisen. Ein Genomabschnitt mit einer Genvariante, die für ihren Trä- ger vorteilhaft ist, breitet sich im Genpool übermäßig schnell aus. Die Variabi- lität in diesem Genomabschnitt ist dann eher gering.

Die vorliegende Arbeit knüpft an die Thrifty-Genotype-Hypothese bei Dia- betes mellitus Typ 2 von James Neel an. Hiernach prädisponieren Genotypen, die in Jäger- und Sammlergesellschaften einen raschen Abbau von Energie- reserven bei Nahrungsmangel verhinderten, beim heutigen Lebensstil mit Be- wegungsmangel und Nahrungsüberangebot zu Adipositas und Typ-2-Diabetes.

Aufbauend auf dieser Hypothese analysierten die Autoren die genetische Varia- bilität am CALPAIN-10-Locus (CAPN10). Wie zuvor an großen Fall-Kontroll- Kollektiven gezeigt wurde, ist ein bestimmtes Allel einer CAPN10-Gen-Varian- te mit Diabetes mellitus Typ 2 assoziiert.

Das mit Diabetes assoziierte Allel ist evolutionär älter; Menschenaffen tragen beispielsweise ausschließlich dieses Risikoallel. Das andere Allel des CAPN10- Polymorphismus ist in der Menschheitsgeschichte jünger und wirkt protektiv gegenüber Diabetes. Der genomische CAPN10-Abschnitt mit dem protektiven Allel wies nun eine im Vergleich zu seiner Häufigkeit beim Menschen vermin- derte Variabilität auf, er scheint sich evolutionär in kurzer Zeit stark ausgebrei- tet zu haben. Worin der evolutionäre Vorteil des protektiven Allels liegt, ist un- klar. Die Autoren erwägen, dass das Geburtsgewicht von Trägern mit dem pro- tektiven Allel vorteilhafter sein könnte. Der evolutionäre Vorteil dürfte jeden- falls nicht durch ein geringeres Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus Typ 2 vermittelt werden, da sich die Erkrankung erst im höheren Lebensalter manife-

stiert. shm

Vander Molen J, Frisse LM, Fullerton SM et al.: Population genetics of CAPN10 and GPR35: Implications for the evolution of type 2 diabetes variants. Am J Hum Genet 2005; 76: 548–560.

Dr. Anna Di Rienzo, 920 East 58th Street, CLSC 507F Chicago, IL 60637, USA, E-Mail: dirienzo@genetics.uchicago.edu

Einblicke in die Evolution des Diabetes mellitus Typ 2

Referiert

Der 13C-Harnstoff-Atemtest wird, nicht zuletzt aus Kostengründen, zunehmend durch den Stuhlantigen-Test abgelöst, obwohl der Atemtest ab dem dritten Le- bensjahr auch bei Kindern eingesetzt werden könnte.

Die Autoren führten eine Metaanalyse bezüglich der diagnostischen Wertig- keit von Helicobacter-pylori-Stuhlantigen-Tests durch, in die 89 Studien mit 10 858 unbehandelten Patienten eingingen. Die mittlere Sensitivität, Spezifität und der positive prädiktive und negative prädiktive Wert betrugen 91 Prozent, 92 Prozent, beziehungsweise 87 Prozent beziehungsweise 93 Prozent. Auch nach einer Eradikationstherapie, vier bis acht Wochen nach Behandlungsende durch- geführt, lagen diese Werte in einem vergleichbaren Bereich (86 Prozent, 92 Pro- zent, 76 Prozent beziehungsweise 93 Prozent).

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Stuhlantigen-Tests, insbeson- dere in der monoklonalen Variante, sich gut bei Kindern eignen und eine ko- steneffektive Methode zur Helicobacter-pylori-Diagnostik darstellen. w Gisbert J P, J M Pajares: Stool antigen tests for the diagnosis of Helicobacter pylori infection: A systemic review. Heli- cobacter 2004; 9: 347–368.

Dr. J. P. Gisbert, Playa de Mojácar 29, Urb. Bonanza, E-28669 Boadilla del Monte, Spanien, E-Mail: gisbert@meditex.es

Stuhlantigen-Tests zur H.-pylori-Diagnostik?

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