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Archiv "Das Gesundheitsamt - unverzichtbar im gegliederten System" (24.06.1983)

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DEUTSCHES ZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst

Das Gesundheitsamt unverzichtbar im

gegliederten System

Am gleichen Ort wie der 86. Deutsche Ärztetag, in der Kasseler Stadthalle, trafen sich wenige Wochen später die Amtsärzte zur Mitgliederversammlung und zum 33. Wissenschaftlichen Kon- greß des Bundesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. Deutschlands Amtsärzte beob- achten seit langem, wie die ärztlichen Aufgaben in den Gesundheitsämtern reduziert werden. Die aus Bonn ange- reiste parlamentarische Staatssekretä- rin beim Bundesgesundheitsministe- rium, Irmgard Karwatzki, erklärte zwar einen „funktionsfähigen Öffentlichen Gesundheitsdienst als unverzichtbar im gegliederten System des Gesundheits- wesens". Man will aber endlich mehr als Lippenbekenntnisse dazu hören;

der Öffentliche Gesundheitsdienst, hieß es in Kassel, werde nur zu retten sein, wenn er qualifizierten Ärzten die Möglichkeit gibt, sich ärztlich zu ver- wirklichen. Daß und wie dies möglich ist, habe unter anderem das Modell- gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf überzeugend bewiesen.

„Wir im Öffentlichen Gesundheitsdienst müssen endlich wissen, wie zukünftig unsere Aufgaben und unsere Strukturen aussehen sol- len ... Nur wenn ausreichend ärztliche Aufgaben im Öffentlichen Gesundheitsdienst verbleiben, wird es qualifizierten ärztlichen Nachwuchs dafür geben. Sonst wird der Öffentliche Gesundheits- dienst unserer Prägung mit den Gesundheitsämtern untergehen."

Dramatisch klingende Worte des Vorsitzenden des Bundesverban- des der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ltd. Medizinal- direktor Dr. Eberhard Pfau, Olpe, über die Krise des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Er zählt die „Einbrüche" auf, die sich schon mehr als zwei Jahrzehnte zurückverfolgen lassen und sich in letzter Zeit häufen. Jetzt soll das Nebentätigkeitsrecht der Beamten — und damit die Gutachtertätigkeit der Amtsärzte — eingeschränkt werden, überall droht Personalabbau, die Jugendzahnpflege wandert in die freie Praxis ab.

Die 30prozentige Unterbesetzung der Arztstellen in den Gesund- heitsämtern, der noch bestehende Nachwuchsmangel, die weiter sinkende Attraktivität der Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheits- dienst, wurde in Kassel betont, hätten nur wenig mit Einkommenser- wartungen zu tun, sondern seien die Folge davon, daß ein Konzept fehlt. „Wir brauchen endlich eine klare Abgrenzung zwischen Indivi- dual- und Bevölkerungsmedizin", sagte Ltd. Medizinaldirektor Dr.

Klaus-Peter Faerber, der Leiter des Oberhausener Gesundheits- amtes.

Diesen Klagen stehen die wohlwollend klingenden Worte der Politi- ker gegenüber. Begriffe wie „unverzichtbar", „Weiterentwicklung",

„neue Anstöße" für den Öffentlichen Gesundheitsdienst fand man in den Äußerungen aller Politiker, die für den Kasseler Kongreß schrie- ben oder sprachen: beim hessischen Ministerpräsidenten Holger Börner, beim Bundesgesundheitsminister Dr. Heiner Geißler, beim Staatssekretär im hessischen Sozialministerium Dr. Günter Stein- häuser, bei Geißlers Parlamentarischer Staatssekretärin Irmgard Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 13

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Öffentlicher Gesundheitsdienst

Karwatzki (ebensolche Worte liest man im Abschlußbericht zum Mo- dellversuch Marburg-Biedenkopf von Geißlers Vorgängerin Antje Huber und vom hessischen Sozial- minister Armin Clauss).

Dabei hat sich die gesetzliche Ge- schäftsgrundlage des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gar nicht ge- ändert. Es ist nach wie vor der — inzwischen fortgeschriebene — Aufgabenkatalog aus dem „Ver- einheitlichungsgesetz" von 1934 und seinen Durchführungsverord- nungen; in neun Bundesländern gelten sie noch, in Schleswig-Hol- stein und Berlin gibt es entspre- chende Nachfolgegesetze. Ist es von daher etwa unberechtigt, daß sich Deutschlands 2600 Amtsärzte wie die verlorene Rotte fühlen?

Darauf könne man nur bei ober- flächlicher Betrachtungsweise kommen, sagte Dr. Pfau in Kassel.

Es gehe weder in erster Linie um Einkommensverbesserungen noch etwa um „Konkurrenzsitua- tionen" zu den in Praxis und Klinik tätigen Kollegen. Sondern es gehe darum, daß trotz rechtlicher Grundlagen und politischer Be- teuerungen die Aufgaben des Öf- fentlichen Gesundheitsdienstes und seine Stellung im Gesund- heitswesen unklar geworden sind.

So sind schon seit 1960 die nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen Untersuchun- gen Aufgaben der gesamten Ärzte- schaft geworden. Dies möge einen individualmedizinischen Effekt ha- ben; aber die traditionellen Schul- entlassungsuntersuchungen der Gesundheitsämter verloren damit ihre Bedeutung, und gleichzeitig ging auch der Gesamtüberblick über den Gesundheitszustand un- serer Jugend verloren, eine ge- sundheitspolitisch relevante Aus- wertung kann nicht mehr erfolgen.

Ähnliches gilt seit zehn Jahren für die Früherkennungsuntersuchun- gen. Die Amtsärzte wären men- genmäßig gar nicht in der Lage gewesen, alle diese neuen Unter- suchungen durchzuführen. Aber

sie hätten Koordination, Koopera- tion und Auswertung übernehmen können, selbst unter den Kriterien eines modernen DatenschuLaz,.

Heute fragen sich aber junge Müt- ter — mit einigem Recht —, warum sie außer zu den Vorsorgeuntersu- chungen ihres Hausarztes noch zur Säuglingsfürsorge beim Ge- sundheitsamt gehen sollen.

Dann kam 1974 das Schwerbehin- dertengesetz, das die Begutach- tung der Erwerbsfähigkeit den versorgungsärztlichen Diensten übertrug. Groteskerweise konnten diese die Arbeit gar nicht schaffen und mußten Amtsärzte zu vertrau- ensärztlichen Gutachtern bestel- len. In Nordrhein-Westfalen sollen neuerdings Amtsärzte nachprü- fen, ob die bereits amtlich testier- ten gesundheitlichen Vorausset- zungen für die Befreiung Schwer- behinderter von der Rundfunkge- bühr gegeben sind.

Gutachtertätigkeit muß erhalten bleiben

Was also die Amtsärzte hauptamt- lich tun könnten, sollen sie in Ne- bentätigkeit tun; gleichzeitig soll aber das Nebentätigkeitsrecht für alle Beamten eingeschränkt wer- den. Deshalb fordern die beamte- ten Ärzte auf diesem Gebiet eine Sonderstellung. Sie brauchen die- se Nebentätigkeit nicht nur wegen der Nebeneinnahmen (die ja auch entsprechende Mehrarbeit voraus- setzen), sondern vor allem zur Er- haltung ihrer ärztlichen Leistungs- fähigkeit: Durch die Gutachtertä- tigkeit bleibt der Amtsarzt ständig in Kontakt mit Diagnose und The- rapie. Bei diesen Bemühungen, hob Dr. Pfau hervor, seien die Übereinstimmung mit dem Mar- burger Bund und die entsprechen- de Entschließung des 85. Deut- schen Ärztetages in Münster 1982

„sehr hilfreich" gewesen.

So sieht der Verband an vielen Stellen Grund zum Mißtrauen. In Bayern haben die Gesundheitsäm- ter das Impfen verloren, nachdem es mit Hilfe der Krankenkassen zur

kassenärztlichen Leistung gewor- den ist. In Nordrhein-Westfalen sollen die Gesundheitsämter Arz- neimittel für die Rachitisprophy- laxe nicht mehr abgeben dürfen.

Kommunen streichen die Finanz- mittel für die Sozialhygiene erheb- lich zusammen — aber Frau Kar- watzki erklärte in Kassel: „Die Bundesregierung bedauert diese Entwicklung sehr", und fuhr fort:

„Die Bundesregierung hat stets darauf hingewiesen, daß ein Per- sonalabbau am wenigsten geeig- net ist, um den Öffentlichen Ge- sundheitsdienst für junge Ärzte at- traktiv zu machen" — aber gleich- zeitig muß der Verband Überle- gungen zur Kenntnis nehmen, die Eingangsbesoldung im Öffentli- chen Dienst abzusenken, die Be- amtengehälter einzufrieren oder die Beamten zur Sanierung der Rentenversicherungen heranzu- ziehen.

Trotz allem: Es gibt einige Licht- blicke. Namens des Vorstandes der Bundesärztekammer versi- cherte Dr. Peter Krein, Präsident der Ärztekammer Berlin, der gan- zen Ärzteschaft würden die Per- spektiven der dritten Säule unse- res Gesundheitswesens niemals gleichgültig sein. Die Einschrän- kungen der Aufgaben der Gesund- heitsämter zum Beispiel in der Mütterberatung und der Tuberku- losefürsorge seien nicht akzepta- bel, ebenso die „Unterwanderung des Öffentlichen Gesundheits- dienstes durch Juristen" (eine An- spielung auf Vorgänge in Baden- Württemberg).

Erste „Spritzer" der herannahen- den Ärzteschwemme scheinen nun auch den Öffentlichen Ge- sundheitsdienst zu erreichen: Die Düsseldorfer Akademie für öffent- liches Gesundheitswesen muß zum ersten Male seit vielen Jahren zwei Kurse parallel laufen lassen.

Allerdings bedauerte der langjäh- rige Leiter des Modellgesund- heitsamtes Marburg-Biedenkopf, Ltd. Medizinaldirektor Dr. Kurt-Ro- derich Nittner, daß in Düsseldorf der frühere Managementkurs nicht mehr angeboten wird.

14 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung

0

Gesamtzahl der Mitglieder (Anfang 1983)

35,8 Mio

Mitglieder

in 1 000 59 486 827 991

tt ttft +Mt

See- Ersatz- Landw. Bundes- Innungs- Betriebs- Ersatz- Orts- kranken- kassen Kranken- knapp- kranken- kranken- kassen kranken- kasse (Arbeiter) kassen schaft kassen kassen (Angest.) kassen

I ZAHLENB LDEFTI 146 160

Rund neunzig Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland sind als Mitglieder oder mitversicherte Familienangehörige bei einer der 1260 gesetzlichen Krankenkassen versichert. Fast zwei Drittel aller gesetzli- chen Krankenkassen sind Betriebskrankenkassen. Anfang 1983 gab es 801 Einrichtungen dieser Art, außerdem 270 Ortskrankenkassen, 155 Innungs- krankenkassen, 19 landwirtschaftliche Krankenkassen und 17 weitere Kran- kenkassen. Nach der Mitgliederzahl standen die Ortskrankenkassen mit rund 16,3 Millionen Versicherten an erster Stelle. Es folgten mit 11 Millionen Mitgliedern die sieben Ersatzkassen für Angestellte und mit 4,2 Millionen die Betriebskrankenkassen. Zusammen zählten die gesetzlichen Krankenkas- sen Anfang 1983 rund 35,8 Millionen Mitglieder „Zahlenbilder"/EB

Anzahl

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Die Information:

Bericht und Meinung Öffentlicher Gesundheitsdienst

Dafür ist Nittner Experte — und in dem mehr als 500 Seiten starken Abschlußbericht des Modellversu- ches Marburg-Biedenkopf liegt ei- ne weitere große Hoffnung der Amtsärzte. An diesen Ergebnissen werde niemand vorbeigehen kön- nen, der sich über die Zukunft der Gesundheitsämter Gedanken macht, hieß es überall in Kassel.

Vorgetragen wurde von Kurt Mar- quardt, Diplom-Ökonom am Insti- tut für Medizinische Informatik, Gießen, das Ergebnis einer be- triebswirtschaftlichen „Nutzwert- analyse" am Sachgebiet Mütterbe- ratung beim Modellgesundheits- amt Marburg-Biedenkopf. Teile des methodischen Ansatzes wur- den allerdings in der Diskussion in Frage gestellt, und man sollte da- her die folgenden Zahlen nicht bis auf die letzte Stelle hinter dem Komma wörtlich nehmen; die er- rechneten Relationen sind jedoch eindeutig. Unter der Annahme, daß eine Untersuchung in der Müt- terberatung einen Zeitaufwand von 13,5 Minuten erfordert, betra- gen die Kosten im Modellgesund- heitsamt 16,30 DM; die gleiche Leistung müßte nach BMÄ mit 29,81 DM und nach GOÄ mit 34,73 DM abgerechnet werden. Dem steht der von den Betriebswirt- schaftlern errechnete „Nutzwert"

gegenüber, definiert als „die durch die primäre Prophylaxe quantifizierten verhinderten Fol- geschäden". Diese „Rendite" je eingesetzter 1 DM beträgt nach dieser Untersuchung im Modellge- sundheitsamt Marbu rg-Bieden- kopf 265,05 DM.

„Primäre Versorgung"

und „Volksgesundheit"

Bedauerlicherweise fehlte den in Kassel versammelten Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst einer der beiden Festredner:

Staatssekretär a. D. Professor Dr.

Ludwig von Manger-Koenig war wenige Tage vorher verstorben. Er hatte über die Mitwirkungsmög- lichkeiten der Ärzte des Öffentli- chen Gesundheitsdienstes bei der

primären Gesundheitsversorgung sprechen wollen. So blieb der an- regende Vortrag, der in dieses Thema einführte: Dr. Hannu Vuori, Regionalreferent für primäre Ge- sundheitsversorgung beim Regio- nalbüro für Europa der Weltge- sundheitsorganisation (WHO), un- tersuchte die Frage, ob das Kon- zept der primären Gesundheits- versorgung für die europäischen Industriestaaten überhaupt an- wendbar ist, und benutzte die Ge- legenheit, sich mit der Kritik an den WHO-Parolen wie „Gesund- heit für alle bis zum Jahre 2000"

auseinanderzusetzen.

Dr. Vuori meinte, es sei nie die Absicht gewesen, diesen Slogan wörtlich nehmen zu lassen. Die WHO sei jedoch verpflichtet, das Banner der Gesundheit hochzu- halten, und man habe einfach die Gesundheitspolitiker, die Gesund- heitsberufe wie auch die Öffent- lichkeit vor eine Herausforderung

stellen wollen. Das Jahr 2000 sei gewählt worden, „weil es noch weit genug weg ist, daß wir bis dahin etwas tun können, und doch nah genug, uns herauszufordern und uns zu zwingen, dieses Etwas gerade jetzt zu tun". Man solle die Losung „Gesundheit für alle" viel- leicht vergleichen mit „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" oder

„Proletarier aller Länder, vereinigt Euch" — auch diese politischen Ziele wurden als utopisch bezeich- net, aber es lasse sich nicht be- streiten, daß sie die Welt verändert haben.

Eine primäre medizinische Versor- gung ist in den europäischen In- dustriestaaten zum Teil reichlich gegeben, aber trotzdem gibt es Probleme: Überernährung, Ver- schmutzung von Luft und Wasser, Epidemien, Unterschiede in der Säuglingssterblichkeit, alternative Ideen. Man könne das Konzept der primären Gesundheitsversorgung Ausgabe A DEUTSCHES AR,ZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 15

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Die Information:

Bericht und Meinung

Öffentlicher Gesundheitsdienst

wahlweise definieren als eine be- stimmte Denkweise, als Strategie zur Organisation der Gesundheits- versorgung, als Betreuungsebene, als ein System zusammenhängen- der Aktivitäten. In jedem Falle müßten berücksichtigt werden so- ziale Gleichheit und Gerechtigkeit, Eigenverantwortung, internationa- le Solidarität und ein weitgefaßtes Gesundheitskonzept. Es sei auch auf die neue Erkenntnis hinzuwei- sen, nach der es schon aus Ko- stengründen nicht möglich ist, das Recht jedes Bürgers auf die An- wendung aller Mittel einer aufwen- digen, technisch hochentwickel- ten Medizin zu verwirklichen — ein weiteres Argument Dr. Vuoris für eine Neubesinnung über die pri- märe Gesundheitsversorgung. Im Grunde genommen, schloß Dr.

Vuori, sei dieses Konzept als Leit- prinzip voll im Einklang mit dem Konzept der Volksgesundheit, das gerade in Deutschland und gerade bei den deutschen Amtsärzten ei- ne so ehrwürdige Tradition hat.

Zum Stichwort „Tradition" noch ein Zusatz: 1883, vor genau hun- dert Jahren, wurde der Preußische Medizinalbeamtenverein gegrün- det; seine Nachfolger waren der Bund der Deutschen Medizinalbe- amten und jetzt der Bundesver- band der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Der Bun- desverband nimmt sicherlich mit Recht für sich das Verdienst in Anspruch, daß in der födera- tiv gegliederten Bundesrepublik Deutschland im Öffentlichen Ge- sundheitsdienst bis auf den heuti- gen Tag noch nach weitgehend einheitlichen Gesichtspunkten ge- arbeitet wird. Dazu gehört auch als eine sehr wesentliche Aufgabe die vielfältige Aktivität auf den Ge- bieten der Aus-, Weiter- und Fort- bildung der Ärzte und anderer Ge- sundheitsberufe. Diesen wichti- gen Aspekt unterstrich auch Frau Karwatzki in Kassel besonders.

Die Frage sei nur, schloß Dr. Eber- hard Pfau in Kassel, wenn es nicht bald ein Konzept gibt: „Halten wir das noch einmal hundert Jahre durch?" Günter Burkart

NACHRICHTEN

Wieder-Eröffnung der Fortbildungskongresse der Bundesärztekammer in Montecatini Terme

„Mit dem Wort Streß ist heute kein Staat mehr zu machen"; durch Po- pularisierung sei der Streßbegriff unbrauchbar geworden. Dies sag- te Prof. Dr. Manfred Steinbach, Leiter der Abteilung Humanmedi- zin im Bundesgesundheitsministe- rium und selbst ehemaliger Lei- stungssportler, in seinem Festvor- trag zur Eröffnung des 17. Interna- tionalen Fortbildungskongresses der Bundesärztekammer in Mon- tecatini Terme. Am Beispiel des Sportes zeigte Prof. Steinbach die Wirkung von Streß als eines Me- chanismus zur Erzielung erhöhter Leistungsbereitschaft und Lei- stungsfähigkeit. Sobald man aber den Streß auch zu den Risikofak- toren für die Gesundheit zähle, die es im präventiven Sinne zu beseiti- gen gelte, ist nach Prof. Stein- bachs Meinung der Begriff „ver- braucht". Alles, was uns nicht paßt, ist heute Streß, aber ohne die Anregung durch Streß bleibe dem Menschen nur die völlige Frustra- tion: Kultur, Zivilisation und Ge- sundheit müßten schweren Scha- den nehmen.

Dr. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer, hatte zuvor den Montecatini-Kongreß in Ge- genwart der italienischen Erzie- hungsministerin, Franka Falcucci, eröffnet nach einer fünfjährigen Unterbrechung der Kongreßserie an diesem Ort. Vilmar betonte, daß gerade Montecatini Terme beson- ders für das intensive Gespräch zwischen Referenten und Teilneh- mern und für die interdisziplinäre Verständigung geeignet ist — letz- teres sei gerade in einem Augen- blick notwendig, wo es darum ge- he, den Ärzten den Bereich der gesamten Medizin auch im Notfall- dienst zu erhalten.

Primarius Dr. Richard Piaty, Präsi- dent der Österreichischen Ärzte- kammer, nannte den anderen

Aspekt, der für Montecatini Terme spreche: die Lage in einer „Ver- dichtungszone der europäischen Kultur". Es sei auch eine Aufgabe der Ärzte, gegen Entwicklungen anzukämpfen, die sich aus dem Beiseiteschieben des Geschichts- bewußtseins im Bildungswesen ergeben haben.

Kongreßleiter ist Prof. Dr. Dr. h. c.

Ernst Fromm — er hat vor genau 30 Jahren anläßlich einer Sitzung ei-

nes europäischen Ärztegremiums Montecatini Terme als einen her- vorragend geeigneten Kongreßort ausfindig gemacht. bt

Vier Milliarden DM Steuern belasten Arzneimittel

Mit rund zwei Milliarden DM Mehr- wertsteuer und weiteren 100 Mil- lionen DM Monopolabgaben (für in Arzneimitteln verarbeiteten rei- nen Alkohol) wird zur Zeit der Me- dikamentenverbrauch der sozial- versicherten Bundesbürger bela- stet. Darüber hinaus hatten im ver- gangenen Jahr die pharmazeuti- sche Industrie, der pharmazeuti- sche Großhandel und die Apothe- ken zwei Milliarden DM Gewinn- steuern an den Fiskus abzuführen.

Insgesamt fließen demnach dem Finanzamt aus dem Verbrauch von Arzneimitteln, der Arzneimit- telproduktion und -verteilung jähr- lich insgesamt vier Milliarden DM direkte Steuern zu.

Zählt man zu den dem Fiskus di- rekt zufließenden Steuern noch die parafiskalischen Abgaben — nämlich die Sozialversicherungs- beiträge — hinzu, die die rund 160 000 Mitarbeiter in der pharma- zeutischen Industrie, im Großhan- del, in den Apotheken und die Ar- beitgeber an die gesetzliche Kran- ken-, Renten- und Arbeitslosen- versicherung sowie in Form von Einkommen- und Lohnsteuer ab- führen müssen, so erhöht sich der Gesamtbetrag aus Steuern und Sozialabgaben auf insgesamt 5,7 Milliarden DM pro Jahr. EB 16 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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