Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 49⏐⏐5. Dezember 2008 863
M E D I Z I N
An Sarkomzentren überweisen
Die beiden Fallbeispiele belegen eindrücklich die Probleme, die bei fehlerhafter Biopsie entstehen.
Nach eigener Erfahrung wird nur jeder zweite Sar- kompatient vor dem Eingriff vorgestellt.
Folgende zusätzliche Punkte möchten wir daher von unserer Seite betonen:
cBiopsie erst nach Anfertigung der Schnittbildge- bung
cOperationsbericht mit detaillierter Beschreibung des Vorgehens erstellen (zum Beispiel Eröffnung der Faszie)
cLokalanästhesie-Infiltration stellt keine adäquate Vorgehensweise bei der Inzisionsbiopsie dar cbei Auftreten einer Fraktur ohne adäquate Trau-
maanamnese mit Osteolysen (pathologische Fraktur) Vervollständigung des Stagings vor der Stabilisierung.
Entsprechend der Praxis in den skandinavischen Ländern, sollten auch in Deutschland Patienten mit Weichteiltumoren der Extremitäten mit einem Durchmesser von mehr als 5 cm oder einem subfaszi- al gelegenen Tumor, direkt an ein ausgewiesenes In- terdisziplinäres Sarkomzentrum überwiesen werden (www.ssg-org.net). Gründe hierfür sind die dort vor- liegende Expertise, auch vonseiten der Patho- und Ra- diologie, die sinnvolle Abstimmung diagnostischer und therapeutischer Schritte und die Verfügbarkeit sämtlicher Therapieoptionen. Im Ergebnis führt dies zu einer raschen Einleitung einer qualitativ besseren Behandlung. Darüber hinaus lassen sich nur bei einer genügenden Anzahl von Sarkompatienten Therapie- studien durchführen und damit Verbesserungen für zukünftige Patienten mit einer seltenen Erkrankung erzielen (1).
Als Nebenbemerkungen seien erlaubt, dass die Strahlentherapie dem Grading entsprechend Anwen- dung findet, dass nach monozentrischen Ergebnissen die Inklusion von präoperativer Radio-Chemothera- pie (und/oder regionaler Hyperthermie als Phase III) zu einer klinisch bedeutsamen Verbesserung des Langzeitüberlebens bei Hochrisikopatienten führt (2, 3) und dass bei einigen Weichteilsarkomsubtypen mit spezifischen onkogenen Mutationen molekular ba- sierte Therapien zur Verfügung stehen, die die Be- handlung revolutioniert haben (Dermatofibrosarcoma protuberans, Gastrointestinaler Stromatumor).
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0863a
LITERATUR
1. Bauer S, Hartmann JT: Locally advanced and metastatic sarcoma (adult type) including gastrointestinal stromal tumors. Crit Rev Oncol Hematol 2006; 60(2): 112–30.
2. Mack LA, Crowe PJ, Yang JL et al.: Preoperative chemoradiotherapy (modified Eilber protocol) provides maximum local control and mini- mal morbidity in patients with soft tissue sarcoma. Ann Surg Oncol 2005; 12(8): 646–53.
3. Issels RD, Lindner LH, Wust P et al.: Regional hyperthermia (RHT) im- proves response and survival when combined with systemic chemo- therapy in the management of locally advanced, high grade soft tis- sue sarcomas (STS) of the extremities, the body wall and the abdo- men: A phase III randomised prospective trial. J Clin Oncol 2007; 25 18S (20 Suppl.): 10009.
Dr. med. Torsten Kluba Universitätsklinik für Orthopädie Hoppe-Seyler-Straße 3 72076 Tübingen
Prof. Dr. med. Jörg Thomas Hartmann Medizinische Universitätsklinik Otfried-Müller-Straße 10 72079 Tübingen
Schlusswort
Ich bedanke mich für die ergänzenden Mitteilungen aus dem Zentrum für Weichteilsarkome, GIST und Kno- chentumoren im Südwestdeutschen Tumorzentrum CCC Tübingen. Diese ergänzenden Mitteilungen las- sen mich vermuten, dass die Problematik um die Biop- sien überall ähnlich zu sein scheint. Ich bedanke mich insbesondere für die Bemerkungen zur Lokalanästhe- sie, die auch nach unserem Verständnis keine adäquate Massnahme darstellt. Ganz besonders wichtig ist auch die Bemerkung hinsichtlich pathologischer Frakturen, die immer Anlass sein sollten, vor einer operativen Ver- sorgung hinsichtlich ihrer Ursache abgeklärt zu wer- den. Im Zweifelsfall ist besonders bei jungen Patienten ohne Karzinomvorgeschichte eine Biopsie durchzu- führen, um eine primäre Knochensarkomerkrankung nicht zu übersehen. Eine vorschnelle operative Stabili- sierung hätte hier fatale Folgen und sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Die Bemerkungen zur Strahlentherapie werden von mir als hilfreiche Ergänzungen eingestuft, gehören aber nicht zum Thema Biopsie.
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0863b
Prof. Dr. med. Jürgen Bruns
Schwerpunkt orthopädische Chirurgie des Bewegungsapparates Diakonieklinikum Hamburg – Krankenhaus „Alten Eichen“
Jütländer Allee 48 22527 Hamburg
E-Mail: juergen-b-bruns@web.de
Interessenkonflikt
Die Autoren beider Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Die Biopsie bei Tumoren des muskuloskeletalen Systems
von Prof. Dr. med. Jürgen Bruns, Prof. Dr. med. Günter Delling, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Dieter Kurt Hossfeld in Heft 27/2008