A1812 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008
A K T U E L L
Nach Ansicht der Bundesregierung steht eine ordnungsgemäße Versor- gung mit Hilfsmitteln durch die Neu- regelungen im Gesetz zur Stärkung des Wettbwerbs in der gesetz- lichen Krankenversicherung (GKV-WSG) außer Frage.
Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Klei- ne Anfrage der FDP-Fraktion zum Wettbewerb in der Hilfs- mittelversorgung hervor. Ef- fizientere Strukturen, die ei- ne wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ermöglich- ten, seien im Interesse der So- lidargemeinschaft.
Vom 1. Januar 2009 an soll die Versorgung mit Hilfsmit- teln gemäß GKV-WSG aus- schließlich durch Vereinba- rungen zwischen Krankenkassen und festen Vertragspartnern organi- siert werden. Bei welchem Sanitäts- haus oder Homecare-Unternehmen Patienten Hilfsmittel wie Rollstühle, Bandagen oder Prothesen beziehen, steht ihnen von diesem Zeitpunkt an nicht mehr frei. Bei den Ausschrei- bungen nach § 127 Absatz 1 SGB V können Krankenkassen sich für den Hilfsmittelanbieter entscheiden, der
das Ausschreibungsverfahren ge- wonnen hat.
Nach Ansicht der Bundesregie- rung schränkt die Neuregelung die Versorgung der Patienten mit Hilfs- mitteln nicht ein. Schließlich müss- ten Krankenkassen auch im Fall von Ausschreibungen auf eine aus- reichende Vielfalt der Leistungser- bringer und auf eine flächendecken- de Versorgung ihrer Versicherten achten, heißt es in der Antwort der Regierung. Gleichzeitig macht die Regierung in ihrem Schreiben deut- lich, dass der Sinn einer Ausschrei- bung darin bestehe, Wirtschaftlich- keitspotenziale zu erschließen.
Immerhin räumt die Regierung ein, dass die Versorgung des Patien- ten „zumutbar“ bleiben sollte. Der Patient sollte also nicht, wie es die FDP schreibt, „auf Gedeih und Ver- derb“ einem einzigen Anbieter aus- geliefert sein, nur weil dieser die Ausschreibung gewonnen hat. „Im Fall von Ausschreibungen können Versicherte ausnahmsweise auch ei- nen anderen Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Inter- esse besteht“, so die Regierung.
Die Neuregelung tritt zwar offizi- ell zum Januar 2009 in Kraft, bis
Ende 2009 gilt aber eine Übergangs- frist. Soweit während dieser Über- gangszeit keine Ausschreibungen durchgeführt wurden, „ist die wei- tere Versorgungsberechtigung der Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach al- tem Recht verfügten, aufgrund der Übergangsregelung in § 126 Ab- satz 2 SGB V unstreitig“, heißt es im Antwortschreiben. MM
VORWURF DER CHOLESTERINLÜGE ENTKRÄFTET
Wissenschaftler eines internationalen Konsor- tiums haben eine Variante im Gen für den Low-Density-Lipoprotein(LDL-)Rezeptor ent- deckt, die lebenslang mit geringeren LDL-Cho- lesterinwerten im Blut assoziert ist. Die For- scher unter Federführung der Medizinischen Klinik II der Universität zu Lübeck haben außerdem nachgewiesen, dass Träger dieses Merkmals ein geringeres Herzinfarktrisiko haben als Menschen ohne diese Variante (http://dx.plos.org/10.1371/ journal.pone.
0002986).
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkt wird als sogenann- te Cholesterinlüge immer wieder angezweifelt.
Das Hauptargument: Erhöhte Cholesterinkon- zentrationen im Blut seien nicht die Ursache für kardiovaskuläre Ereignisse, sondern bildeten nur einen ungünstigen Lebensstil oder schädli-
che Umwelteinflüsse indirekt ab; ungesunder Lebensstil und Umweltfaktoren seien Verursa- cher von Herzinfarkten.
Die jetzt publizierten Daten gehen auf das Cardiogenics und Wellcome Trust Case Control Consortium zurück. Mehr als 10 000 Men- schen aus der deutschen und britischen Bevöl- kerung in allen Altersgruppen wurden unter- sucht, vom Kleinkind bis ins hohe Lebensalter.
Erniedrigtes Myokardinfarktrisiko Die neu entdeckte Variante des LDL-Rezeptor- gens findet man bei elf Prozent der europä- ischen Bevölkerung. Sind die Träger homozygot für das Merkmal, sinkt das LDL-Cholesterin im Durchschnitt um 14 mg/dl. Dies ließe theore- tisch eine Abnahme des Herzinfarktrisikos um 21 Prozent vermuten, aber nur dann, wenn LDL-Cholesterin auch die Ursache ist. Ernäh-
rung und Umwelteinflüsse haben keinen Ein- fluss auf diese Art der vererbten Absenkung des schädlichen LDL-Cholesterins.
Die Beziehung zum Herzinfarktrisiko unter- suchten die Wissenschaftler an 7 000 Teilneh- mern populationsbasierter Studien. Das Ergeb- nis: Träger der Genvariante hatten ein um 23 Prozent niedrigeres Herzinfarktrisiko.
„Die Bedeutung der neuen Erkenntnisse liegt vor allem darin, dass diese Genvariante vom frühen Kindesalter bis in die hohen Le- bensjahre den Cholesterinspiegel in gleichem Maß beeinflusst und sich eins zu eins in ei- ner Erniedrigung des Herzinfarktrisikos abbil- det. Umwelteinflüsse und andere Faktoren spielen für diesen Zusammenhang keine Rol- le“, resümieren die Autoren. Der Vorwurf der Cholesterinlüge könne nun zu den Akten ge-
legt werden. hil
Prof. Dr. med. Joachim Grifka, Re- gensburg, ist zum Präsidenten der neu gegründeten Deutschen Gesell- schaft für Orthopädie und Unfall- chirurgie (DGOU) gewählt worden.
Sein Stellvertreter ist Prof. Dr. med.
Axel Ekkernkamp, Berlin/Greifs- wald. Grifka ist bereits seit Januar Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). In Heft 33/2008 berichteten wir fälschlicherweise, Grifka habe das Amt des DGOOC- Präsidenten neu übernommen. BH HILFSMITTELVERSORGUNG
Regierung hält an mehr Wettbewerb fest
BERICHTIGUNG
Grifka ist Präsident der neu gegründeten DGOU
Weniger Einfluss auf die Wahl des Anbieters von Hilfs- mitteln wie Roll- stühlen haben künf- tig die Patienten.
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