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Archiv "Bürokratieabbau: Einfach kann sehr schwierig sein" (19.07.2010)

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BÜROKRATIEABBAU

Einfach kann sehr schwierig sein

Die ärztlichen Körperschaften wollen Bürokratieaufwand und -kosten in den Arztpraxen messen – vor allem, um weiteren Auswüchsen vorbeugen zu können.

Z

u wenig Honorar und zu viel Bürokratie – beides vergällt vielen Vertragsärztinnen und -ärzten die Freude am Beruf. Überflüssiger Papierkram in Form von Dokumen- tationen und Anfragen von Kranken- kassen und dem Medizinischen Dienst kostet Geld und vor allem wertvolle Zeit, die für die Arbeit mit den Patienten verloren geht. Eine überbordende Bürokratie in den Pra- xen droht zu einem Wettbewerbs- nachteil für die Kassenärztlichen Ver- einigungen (KVen) im Werben um den ärztlichen Nachwuchs zu werden.

Das Thema der Entbürokratisie- rung und der besseren Regulierung steht schon seit längerem auf der po- litischen Agenda. Die konkretesten Reformschritte hat die Bundesregie- rung 2006 mit der Einführung des Standardkosten-Modells (SKM) ein- geleitet. Ziel war es, zunächst die bürokratischen Belastungen durch Vorschriften zu messen, um diese dann bis 2011 um 25 Prozent zu re- duzieren. In einem zweiten Schritt wurde eine Ex-ante-Messung vorge- schrieben. Das heißt, dass seither al- le Bundesministerien die zu erwar- tenden bürokratischen Belastungen ermitteln müssen, bevor sie einen Gesetzentwurf einbringen.

Im Rahmen des SKM werden bürokratische Belastungen, die aus Informationspflichten resultieren, quantifiziert und die damit verbun- denen Kosten ausgewiesen. Für Ärzte stellt zum Beispiel das Aus- füllen von Formularen für Kranken- kassen oder die KV eine Informati- onspflicht dar. Gemessen wird die Zeit, die in der Regel benötigt wird, um eine Informationspflicht zu er- füllen, der Tarifsatz, die Zahl der von der Informationspflicht Betrof- fenen und die Häufigkeit der Er - füllung, um daraus die jährlichen Bürokratiekosten zu errechnen.

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) überwacht die Anwendung

des SKM auf der Bundesebene. Das Gremium, das im Bundeskanzler- amt angesiedelt ist, überprüft alle Gesetze und Verordnungen vor ih- rer Verabschiedung daraufhin, ob

die zu erwartenden Bürokra- tiekosten auf Grundlage des SKM klar ausgewiesen sind

weniger belastende Alternati- ven ausreichend geprüft wurden und

die am wenigsten belastende Alternative ausgewählt wurde.

Der NKR spricht sich seit Jahren dafür aus, dieses System auf die So- zialversicherungsträger auszuwei- ten. Einer Arbeitsgruppe für den Bereich der gesetzlichen Kranken- versicherung gehören unter ande- rem Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an.

Die KV Westfalen-Lippe (WL) hat in Kooperation mit der KBV im Jahr 2006 die Bürokratiekosten für Vertragsärzte gemessen. Diese be- liefen sich auf schätzungsweise 1,6 Milliarden Euro jährlich, wobei die

Dokumentation radiologischer Leistungen, der Einzug der Praxis- gebühr und die Dokumentation der Gesundheitsuntersuchung die kos- tenträchtigsten Normen darstellten.

Es hat sich allerdings gezeigt, dass der Versuch, Normen zu verein- fachen, ein komplizierter und lang- wieriger Prozess ist. Die KVWL und die KBV haben deshalb auf diesem Feld eine enge Zusammenarbeit ver- einbart. Nach dem Vorbild der Bun- desregierung wollen sie jetzt darüber hinaus mit der Ex-ante-Messung von Normen beginnen. So wird zum Bei- spiel die Einführung der Codierricht- linien in die ambulante Versorgung durch eine Bürokratiekostenmes- sung begleitet, um Belastungen zu identifizieren und diese möglichst zu minimieren. Neben einer Verminde- rung der Bürokratielast für die Ärzte erhoffen sich die Körperschaften von dieser Strategie langfristig einen Wandel der Regulierungsmentalität.

Denn bislang sind Bürokratiekosten unsichtbare Kosten. Werden diese künftig offengelegt, könnte das zu einer besseren Kosten-Nutzen-Ab- wägung bei der Festlegung neuer Rechtsnormen führen. Langfristig will die KBV auch den Gemeinsa- men Bundesausschuss als unterge- setzlichen Normgeber in diesen Pro- zess einbinden. Sie schlägt deshalb vor, analog zum NKR ein Kontroll- gremium für bessere Regulierung im Bereich der gesetzlichen Kranken- versicherung einzurichten. Denn auch in Sachen Bürokratie gilt: Vor- beugen ist besser als heilen. ■ Dr. med. Carl-Heinz Müller, KBV Dr. rer. soc. Thomas Kriedel, KV-WL

Foto: Georg J. Lopata

Bürokratieabbau: Das Deutsche Ärzteblatt befragte in einem Video-Interview Dr. med. Carl-Heinz Müller (KBV):

www.aerzteblatt.de/video41944 video.aerzteblatt.de

A 1390 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 28–29

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19. Juli 2010

P O L I T I K

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