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Archiv "Smog- Bürokratie" (13.03.1985)

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ines hat der Smog Mitte Januar gezeigt: Die Diskussion über die Luftverschmutzung hat nichts an Aktualität eingebüßt. Eine lang an- haltende Inversionswetterlage hat wieder einmal deutlich vor Augen geführt, daß Schadstoffe aus anthro- pogenen Quellen ständig an die uns umgebende Luft abgegeben wer- den. Normalerweise entfernen sich die Schadstoffe in höhere Luft- schichten oder werden durch Winde von den Quellen weggeweht. Doch bei Inversionen werden die Gifte wie in einer Käseglocke in Bodennähe gehalten, so daß sie sich dort anrei- chern und auf den Menschen einwir- ken können.

Die Smog-Verordnungen wurden von Bundesland zu Bundesland un- terschiedlich gehandhabt, obwohl sich die Länder auf eine gemeinsa- me Musterverordnung mit verschärf- ten Grenzwerten für verschiedene Schadstoffe verständigt haben. Nur Nordrhein-Westfalen folgte dieser Empfehlung und wandelte noch vor dem großen Smog dieses Muster in eine verbindliche Verordnung um.

Auf dieser Basis sah sich das dortige Gesundheitsministerium veranlaßt, Smog-Alarm — in einigen Gebieten sogar bis zur höchsten Stufe III — aus- zurufen. In Hessen mußte auch nach einer alten Verordnung Smog-Alarm ausgerufen werden.

Doch zur Selbstzufriedenheit be- steht in den anderen Ländern keiner- lei Anlaß, zumal auch dort in einigen Regionen dicke Luft herrschte. Für die Bürger ist es schwer verständ- lich, daß hier nach verschiedenerlei Maß Smog-Alarm gegeben wird.

Statt dessen sind die Bundesländer aufgerufen, den Beschluß der Um- weltministerkonferenz in die Tat um- zusetzen.

Unverständlich ist es auch, daß man in einigen Regionen keine zwingen- den Gegenmaßnahmen ergreifen, sondern nur zur Minderung der Schadstoffemission appellieren kann, nur weil für diese Gebiete kei- ne amtlichen Alarmpläne vorgese- hen sind. Dies betraf im Januar unter anderem den Köln-Bonner und den Düsseldorfer Raum. Dort herrschte

teilweise ähnlich dicke Luft wie im angrenzenden Ruhrgebiet. Selbst in Waldgebieten, die für ihre reine Luft bekannt sind, wurden tagelang fern- ab von großindustriellen Emittenten sehr hohe Schadstoffgehalte — in ei- nigen Fällen sogar höhere als in Bal- lungszentren — nachgewiesen. Des- halb müssen weitere Gebiete in die Smog-Verordnungen mit aufgenom- men werden.

Erst wenn bundeseinheitliche Bedin- gungen zum Ausrufen des Smog- Alarms bestehen, dürften die Ver- handlungen mit Nachbarländern mehr Erfolg versprechen, um der grenzüberschreitenden Luftver- schmutzung Einhalt zu gebieten. Be-

Smog-

Bürokratie

kanntlich haben in diesem Winter ne- ben der Grundlast aus bundesdeut- schen Quellen auch DDR-Braunkoh- lereviere mit ihren Abgasen zu der dicken Luft über Westdeutschland beigetragen, da in dieser Zeit boden- nahe Winde aus östlicher Richtung vorherrschten.

Andererseits waren die Informatio- nen, die die Behörden der Öffentlich- keit gaben, häufig schwer verständ- lich. Auslösekriterien zum Ausrufen des Smog-Alarms waren die Gehalte an Schwefeldioxid und Schwebstaub in der Luft. Warum es aber zu Fahr- verboten während der Alarmstufen II

und III kam, wurde nicht ausreichend erklärt. Bekanntlich trägt der Kraft- verkehr kaum zur Belastung mit Schwefeldioxid bei. Vielmehr produ- zieren die Motoren große Mengen an Stickoxiden, deren Konzentrationen während des Smogs aber relativ niedrig lagen. Hier ist in Zukunft mehr Aufklärungsarbeit notwendig.

Die Medien begleiteten die Smogla- ge teilweise mit hysterischer Panik- mache. Anstatt sachlich zu informie- ren, suchten einige Reporter nach Menschen, die während des Smogs

auf der Straße zusammenbrachen.

Hierzu gehört auch die Entschei- dung des Kölner Senders, den alten Horrorfilm „Smog" in seinem dritten Fernsehprogramm wieder auszu- strahlen. Dies alles trug dazu bei, die Menschen zu verängstigen.

Natürlich gehören Herz-Kreislauf- Kranke und Patienten mit Atemwegs- erkrankungen zur Risikogruppe, die Anstrengungen und den Aufenthalt in belasteter Luft möglichst meiden sollten. Doch sollten die Patienten nicht durch Hysterie noch zusätzlich psychisch belastet werden.

Sehr unterschiedlich legten die kom- munalen Behörden die Smog-Ver- ordnungen aus. Dies äußerte sich auch beim Ausstellen von Fahrer- laubnissen während des Fahrverbo- tes. Skandalös war, daß Ärzte, die zu einem Hausbesuch oder Notfall fah- ren wollten, in manchen Gegenden erst im Ordnungsamt eine Sonderge- nehmigung beantragen mußten.

Warum verfahren die Behörden hier anders als bei Taxifahrern, die bisher keiner Sondererlaubnis bedürfen und während des Fahrverbotes sogar Gäste ungehindert zur nächsten Gaststätte fahren dürfen?

Bei aller Kritik an den Smog-Verord- nungen: Vor allem gilt es, in Zukunft den Smog nicht bürokratisch zu ver- walten, sondern seinen anthropoge- nen Ursachen mehr Augenmerk zu schenken. Dr. Jürgen Vogt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 11 vom 13. März 1985 (43) 723

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