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Archiv "Gesundheitserziehung in der Schule" (01.04.1976)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT:

Gesundheitserziehung in der Schule

BRIEFE

AN DIE REDAKTION

TAGUNGSBERICHT:

Der Kostenflut

im Gesundheitswesen gemeinsam

entgegenwirken

GESCHICHTE DER MEDIZIN:

Die Himmelsreisen der Schamanen

BLICK

ÜBER DIE GRENZEN:

Das Gesundheitswesen in Schweden,

von innen betrachtet

BEKANNTMACHUNGEN: Kassenärztliche

Bundesvereinigung:

Änderungsvereinbarung zum Vertrag über die stationäre kassenärztliche Behandlung

in Krankenhäusern Ersatzkassen-

Badearztvertrag; Anlage 1 - Liste der Badeorte

PERSONALIA

FEUILLETON:

Ein fürstlicher Braten

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Gesundheitserziehung in der Schule

Jürgen von Troschke

Der Autor analysiert - ausgehend von der Notwendigkeit einer frühzeitigen Gesundheitserziehung - die Möglichkeiten, bereits in der Schule auf ein verantwortliches Verhalten für die Gesundheit hinzuwirken. Die Inhalte einer solchen Erziehung wie die Realisie- rungschancen werden erörtert. Der Beitrag schließt an Ausführun- gen von Dr. med. Gerhard Jungmann in Heft 5/1976 an (Titel: "Mo- tivierung zur Gesundheit"). Seide Aufsätze gehen auf Ausführungen anläßlich einer Tagung der Friedrich-Thieding-Stiftung zurück.

ln der öffentlichen Diskussion um extreme Kostensteigerungen medi- zinischer Dienstleistungen wird im- mer häufiger an das "Gesundheits- bewußtsein" und die "Selbstverant- wortung" des Bürgers appelliert.

Es wird festgestellt, daß sog. Zivili- sationskrankheiten, die den Haupt- teil der Morbidität der Bevölkerung in den entwickelten Industrienatio- nen ausmachen, sich wesentlich auf gesundheitsschädigendes Verhal- ten zurückführen lassen. Falsche und übermäßige Nahrungsaufnah- me, Rauchen und Alkoholkonsum, mangelnde Bewegung, leichtsinni- ges Verhalten im Verkehr usw. sind direkt oder indirekt verantwort- lich für die Zunahme der Herz- Kreislauf-Erkrankungen, der Fett- sucht, des Bronchialkarzinoms, der

Leberzirrhose usw ...

Empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß

..,.. die Bevölkerung den Wert der Gesundheit sehr hoch einschätzt, ..,.. das Interesse an Gesundheits- fragen groß ist,

..,.. das Gesundheitswissen schon geringer ist,

..,.. die Bereitschaft, aktiv etwas für die eigene Gesundheit zu tun, deutlich geringer ist,

..,.. das Gesundheitsverhalten rela- tiv schlecht ist.

Je konkreter die Umsetzung der vorgegebenen hohen Wertschät- zung der Gesundheit gefordert wird, desto schlechter sind die Er- gebnisse. Die Bereitschaft, aktiv et- was für die eigene Gesundheit zu tun (positives Gesundheitsverhal- ten wie Gymnastik, Sport, gesunde Ernährung, gesundes Urlaubsver- halten usw.), ist gering; gesund- heitsschädigendes Verhalten (ne- gatives Gesundheitsverhalten wie Rauchen, Alkoholkonsum, Tablet- tenmißbrauch usw.) ist weit ver- breitet.

Auffallend sind weiterhin die gro- ßen, statistisch signifikanten Unter- schiede zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. Frauen und Männer, Alte und Junge, Arbeiter

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 14 vom 1.April1976

963

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Gesundheitserziehung

und Angestellte, Angehörige der Unterschicht und der Mittelschicht, Arbeitsfähige und Arbeitsunfähige, Gesunde und „Kranke" unterschei- den sich wesentlich in ihrer Bereit- schaft, etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Gesundheitsverhalten kann und muß man lernen. Das wurde grund- sätzlich schon Ende des 18. Jahr- hunderts im Zeitalter der Aufklä- rung erkannt. Damals war man un- terschiedlicher Meinung, ob es an- gemessener sei, den unwissenden und unmündigen Bürger durch staatliche Anordnungen (z. B. Sy- stem einer vollständigen, medizini- schen Polizey von J. P. Frank) zum richtigen Verhalten zu veranlassen, oder ob es genüge, dem „einfälti- gen" Volk das fehlende Wissen auch über Gesundheit und Krank- heit zu vermitteln (Rousseau).

Es setzte eine Flut von öffentlichen Gesundheitsbelehrungen ein, „die sich als Einzelschriften, Flugblät- ter, Artikelserien, Vortragsreihen und Lehrgegenstände in den Schu- len direkt an die Bevölkerung, be- sonders an das Landvolk, richten wollten" (Seidler).

Über Krankheit

unterrichtet der Biologielehrer Gesundheits- und Krankheitsfragen wurden in den Schulen angespro- chen mit der deutlichen Absicht, das Gesundheitsverhalten positiv zu be- einflussen. Anfang des 19. Jahr- hunderts versuchte man den Schul- kindern Gesundheit „zu verord- nen". Ende des Jahrhunderts rück- te die Beschäftigung mit dem Körper und seinen Funktionen stär- ker in das öffentliche Interesse. Ty- pisch dafür sind die in sehr hohen Auflagen erschienenen Gesund- heitsbücher mit den obligatori- schen Klapptafeln, in denen der menschliche Körper Schicht für Schicht aufgeklappt werden konn- te. Das Schulfach Biologie über- nahm die Aufgaben der medizini- schen Volksaufklärung von Kindern und Jugendlichen. So ist es bis heute geblieben. Über die Themen von Gesundheit und Krankheit wer- den die Schüler, wenn überhaupt,

dann vom Biologielehrer unterrich- tet. Seit einigen Jahren nehmen sich auch manchmal fortschrittli- chere Sozialkundelehrer aktueller Themen wie Drogenmißbrauch, Al- koholkonsum, Rauchen usw. an.

Die Lehrpläne in einigen Bundes- ländern sehen ebenfalls medizini- sche Themen vor.

Die Effizienz dieser Bemühungen ist gering. Das Gesundheitsverhal- ten der Jugendlichen ist ebenso schlecht wie das der Erwachsenen, ja, sogar noch schlechter, da der positiv motivierende Faktor des ei- genen Krankheitserlebens bei den Jugendlichen in der Mehrzahl noch nicht wirksam wurde. Das Gesund- heitswissen ist oberflächlich und begrenzt sich auf abfragbare Voka- beln. Die Ursachen liegen wesent- lich im traditionellen Selbstver- ständnis der Schule als Bildungsin- stitution. Die Lehrer versuchen im- mer noch, ex cathedra Wissen zu vermitteln, dessen Relevanz sich weniger an der Verwertbarkeit in der Lebenspraxis einer entwickel- ten Industriegesellschaft bemißt als an überkommenen Bildungs- idealen. Trotz problemloser Verfüg- barkeit öffentlicher Bibliotheken, eines breiten und preisgünstigen Angebotes des Buchhandels, trotz Computertechnik wird immer noch vorrangig das Auswendiglernen gefordert. Die Anleitung zur selb- ständigen Analyse von Problemen zur kritischen Bewertung vorgege- bener Informationen, zur kognitiven und emotionalen Bearbeitung von alltäglichen und grundsätzlichen Fragen in Einzelarbeit und im Team der Kleingruppe werden im- mer noch sträflich vernachlässigt.

So werden die Schüler (besten- falls) über den menschlichen Orga- nismus und seine Funktionen be- lehrt und abgefragt. Das Gesund- heitsverhalten wird damit jedoch gar nicht oder nur in sehr gerin- gem Maße beeinflußt.

Änderungen dieses Zustandes sind dringend erforderlich. Durch den Funktionsverlust der modernen Kleinfamilie ist diese in der Regel nicht mehr in der Lage, dem Kind das notwendige Grundwissen über

den eigenen Körper, seine Pflege und Hausmitteltherapie bei Baga- tellerkrankungen zu ermitteln.

Eine eigene empirische Untersu- chung bei 650 Bundeswehrsoldaten (zusammen mit Diebold 1976) er- gab, daß nur etwa jedem fünften gezeigt wurde, wie man sich die Zähne putzt; davon 29 Prozent von den Eltern, 28 Prozent durch das Fernsehen und 24 Prozent durch den Zahnarzt.

Hier müssen die öffentlichen Sozia- lisationsagenturen einsetzen und gezielt diejenigen Einsichten (Ge- sundheitsbewußtsein) und Fähig- keiten (Gesundheitsverhalten) ver- mitteln, die der moderne Mensch braucht, um seine Gesundheit zu fördern und Schäden zu vermei- den. Die Verantwortung für die Ge- sundheit des einzelnen liegt schon lange nicht mehr ausschließlich bei diesem selbst. Mit der Übernahme der Verantwortung für die medizini- sche Versorgung der Bevölkerung hat auch der Staat die Verpflich- tung zur Gesundheitserziehung übernommen.

Die selbstverschuldete Krankheit des einzelnen schadet der Ge- meinschaft beträchtlich. Die Über- nahme der durch die Behandlung der Krankheit verursachten Kosten ist nur so weit innerhalb der Soli- dargemeinschaft der Krankenversi- cherten legitimiert, wie die Krank- heit nicht durch willkürliche Ge- sundheitsgefährdung verursacht wurde.

Die Forderung nach der Selbst- verantwortung des Bürgers — auch hinsichtlich seiner Gesund- heit — ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn jeder die glei- chen Chancen dazu hat. Das heißt einerseits, daß der Staat verpflich- tet ist, die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeit in den Schulen zu vermitteln, und andererseits, daß Ungleichheiten, die sich aus unter- schiedlichen sozialen Lebensbe- dingungen ergeben, ausgeglichen werden müssen; Kinder aus den unteren Sozialschichten, die durch mangelhaftes Gesundheitswissen

964 Heft 14 vom 1. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Gesundheitserziehung

und Verhalten der Eitern benach- teiligt sind, müssen besonders ge- fördert werden.

Die grundsätzliche Verpflichtung der Schule ist deutlich und wohl auch weitgehend anerkannt. Die Frage stellt sich vorrangig im Hin- blick auf die Umsetzung in die Pra- xis des Schulalltags. Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg. Zu- erst müssen die Lehrinhalte und die angemessenen didaktischen Methoden festgelegt werden. An- schließend müssen Modellversu- che durchgeführt werden, die die Konzeptionen erproben, bevor die- se in den Lehrplänen allgemein verbindlich werden. Ein Anfang sollte allerdings schnell gemacht werden.

Die Lehrinhalte müssen sich am er- wünschten Gesundheitsverhalten der Erwachsenen orientieren. Dabei wäre zu unterscheiden zwi- schen Kenntnissen, Einsichten und

Fähigkeiten. Obersichtartig können

folgende Lehrgegenstände angege-

ben werden: Kenntnisse über ...

..,._ den eigenen Körper und seine Funktionen,

..,._ Symptome von Krankheiten und ihr Selbsterleben als Beschwerden, ..,._ Selbsttherapie bei Bagateller- krankungen und angemessenes Kran kheitsverhalten,

..,._ Rechte und Pflichten des Sozial- versicherten,

..,._ Aufbau des Gesundheitssy- stems,

..,._ Ursachen und Folgen gesund- heitsschädigenden Verhaltens.

Einsichten, Einstellungen zum ...

..,._ eigenen Körper und seinen Funktionen,

..,._ Krankwerden, ..,._ Sterbenmüssen,

..,._ Krankheit und Tod anderer Menschen.

Fähigkeiten, Verhalten ...

..,._ Soziale Rolle des Kranken, ..,._ Soziale Rolle des Patienten, ..,._ Hygiene als vorbeugendes Ver- halten,

..,._ Erste Hilfe, Grundpflege.

Aus der Aufzählung wird deutlich, daß die traditionellen Methoden des Schulunterrichts zur Vermitt- lung dieser Lehrgegenstände nur wenig geeignet sind. Der Frontal- unterricht oder das Unterrichtsge- spräch, in dem der alles-besser- wissende Lehrer den Schülern sagt

"wie es richtig ist", kann besten-

falls kurzfristig verfügbares Wissen einpauken.

Zur Erziehung zum selbstverant- wortlichen Gesundheitsverhalten sind deshalb andere didaktische Methoden erforderlich. ln offenen Kleingruppendiskussionen kann der Lehrer in der Rolle eines Mo- derators die selbständige Bearbei- tung von relevanten Fragen und Problemen ermöglichen. Das gilt besonders für die Vermittlung von Einsichten. Einstellungen zum ei- genen Körper und seine Funktio- nen, zum Krankwerden und Ster- benmüssen sind Ergebnisse der Selbst- und Fremderfahrung. Diese können in gruppendynamisch orien- tierter Kleingruppenarbeit bewußt gemacht, mitgeteilt und in freier Diskussion bearbeitet werden.

Durch die Bereitschaft, dem ande- ren in seiner Selbstdarstellung zu- zuhören, kann die Fähigkeit zum Mitgefühl vermittelt werden. Die bewußte Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit kann ge- rade dem jungen Menschen (dem Krankheit und Tod als noch weit entfernt erscheinen), helfen, recht- zeitig eine Beziehung zur eigenen Körperlichkeit zu finden.

Wichtige soziale Fähigkeiten kön- nen in Projektgruppen vermittelt werden. ln kleinen Gruppen kön- nen Schüler angeleitet werden, bei der Hilfe und Pflege alter und chro- nisch Kranker. Der pädagogische Wert von Erfahrungen bei der Hilfe

966 Heft 14vom 1.April1976 DEUTSCHES ARZTEBLATT

sozial schwacher und benachteilig- ter Menschen ist außerordentlich.

Die Fähigkeit zur selbstverständli- chen Nachbarschaftshilfe, zum En- gagement für den sozial Schwa- chen, zur Bereitschaft zur Verant- wortung für die eigenen Eitern, wenn diese alt und "hilflos" ge- worden sind, können und müs- sen gezielt sozialisiert werden. (Die Unfähigkeit zur Auseinanderset- zung mit alten Menschen wird be- sonders deutlich durch die Kran- kenhauseinweisungen alter Men- schen an den Feiertagen, an denen ihre Kinder "nicht gestört" sein wollen.)

Schließlich ist es unumgänglich, daß der junge Mensch in der mo- dernen Industriegesellschaft seine Rechte und Pflichten als Sozialver- sicherter, als Patient in medizini- schen Dienstleistungsorganisatio-

nen, als gesunder und kranker Bür-

ger kennt. Dazu gehören u. a. auch so primitive Dinge wie das Ausfül- len einschlägiger Formulare und Fragebögen.

Schließlich sollte man grundlegen- de Kenntnisse und Fähigkeiten zur Selbsttherapie vermitteln. Braun hat geschätzt, daß der Bürger in unserer Gesellschaft im Laufe sei- nes Lebens durchschnittlich 1200- mal im weitesten Sinne krank ist.

Die meisten dieser Unpäßlich- keiten vergehen von selbst. Et- wa 400mal greift er zur Selbst- therapie, 120mal geht er zu sei- nem Hausarzt, und dieser überweist ihn etwa 9mal zu einem Speziali- sten oder ins Krankenhaus. Diese Zahlen mögen absolut korrigierbar sein. Wichtig ist das Verhältnis von unbehandelten, selbsttherapierten und ärztlich behandelten "Krank- heiten".

Aus epidemiologischen Untersu- chungen wissen wir, daß keines- wegs alle, die unter körperlichen oder psychischen Beschwerden lei- den, auch zum Arzt gehen. Der Anteil von therapeutischen Maß- nahmen im Vorfeld des medizi- nischen Systems ist relativ hoch . Da die "Hausmedizin" nicht mehr durch die Familie weitergegeben

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Gesundheitserziehung

werden kann, hat hier eine gezielte Ausbildung zur Ersten Hilfe und Selbsttherapie bei Bagatellerkran- kungen einzusetzen. Schließlich ist zu erwähnen, daß die soziale Rolle des Kranken, bzw. des Patienten in der ambulanten Versorgung, aber auch im Krankenhaus bisher nicht formell vermittelt wurde. Man lernt, wie man sich als Patient zu verhal- ten hat, im Trial-and-error-Verfah- ren, in der Auseinandersetzung im Krankheitsfall bzw. im Versuch, die Anordnungen richtig zu befolgen.

Welche Mißverständnisse dabei möglich sind, weiß jeder, der ein- mal Kranke behandelt hat. Weniger bekannt ist, daß Kinder die unvor- bereitete Konfrontation mit den an sie gerichteten Verhaltenserwartun- gen, z. B. im Krankenhaus, oft nicht verkraften können. Angstgefühle führen zu psychischen Traumen, die im Krankheitsbild des psychi- schen Hospitalismus als Verhal- tensstörungen während oder nach dem Krankenhausaufenthalt sicht- bar werden. Noch bedeutsamer sind derartige Erfahrungen aber für die Sozialisation der Patientenrolle.

Das unmündige, subordinative und passive Verhalten vieler Erwachse- ner in der Kommunikation mit Ärz- ten oder auch die mangelnde Be- reitschaft — ohne Beschwerden — zu Vorsorgeuntersuchungen zu ge- hen, haben hier ihre Ursachen.

Das angeführte Programm an Lehr- inhalten einer umfassenden Ge- sundheitserziehung kann derzeit an unseren Schulen leider nicht realisiert werden. Der bis in die un- tersten Klassen wirksame Numerus- clausus-Druck, der Lehrermangel und die überquellenden Lehrpläne überfordern Lehrer und Kinder gleichermaßen. Gesundheitserzie- hung kann aber auch exemplarisch durchgeführt werden. Dergestalt, daß zentrale Lehrgegenstände, z. B. die Auseinandersetzung mit dem Krankwerden und Sterben- müssen in Kleingruppen mit älte- ren Schülern über ein Schuljahr hin von verschiedenen Seiten her bearbeitet werden. In den mittleren Klassen bietet sich das Verhaltens- training (Erste Hilfe, Selbstthera- pie, Vorbeugeverhalten usw.) sowie

der Besuch von Krankenhäusern, Gesundheitsämtern usw. als ange- messene Lehrinhalte an. In den un- teren Klassen kann die Rolle des Kranken und des Patienten auf dem Hintergrund bisheriger Erfah- rungen bearbeitet werden. Auch Fragen der Körperpflege sollten hier beantwortet werden.

Themen der Gesundheitserziehung können grundsätzlich in fast jedem Unterrichtsfach exemplarisch an- gesprochen und bearbeitet wer- den.

Wichtig aber ist vor allem die Er- ziehung der Erzieher, die angemes- sene Aus- und Weiterbildung der Lehrer. Diese darf nicht nur kogni- tiv erfolgen. Man hat einmal den Vorschlag gemacht, daß jeder Arzt und jede Schwester einmal selber als Patient im Krankenhaus gele- gen haben sollte, um die Situation des Krankenhauspatienten besser verstehen zu können. Entspre- chend wäre die Forderung aufzu- stellen, daß die Lehrer, die Ge- sundheitserziehung an den Schu- len betreiben, sich in Selbsterfah- rungsgruppen mit den eigenen Ein- stellungen zu Gesundheit, Krank- heit, Sterben und Tod auseinander- gesetzt haben sollten.

Empirische Untersuchungen zum Gesundheitsverhalten der Bevölke- rung zeigen klar, daß eine syste- matische Gesundheitserziehung dringend erforderlich ist. Diese kann nicht erst im Erwachsenenal- ter einsetzen. Den Schulen fällt die Aufgabe der Vermittlung grundle- gender Kenntnisse, Einsichten und Fähigkeiten in bezug auf Gesund- heit und Krankheit zu. Damit die Lehrer diese Aufgaben überneh- men können, ist eine enge Koope- ration mit Ärzten und Sozialwissen- schaftlern notwendig. Dabei sollten alle Möglichkeiten genutzt werden.

Inhalt und Methoden der Gesund- heitserziehung sollten fachkompe- tent an pädagogischen Hochschu- len und Universitäten den späte- ren Lehrern vermittelt werden. In Modellversuchen sollten möglichst bald angemessene Formen der di- daktischen Vermittlung erprobt und

für eine allgemeine Verbreitung standardisiert werden. Als Medium zum Fernstudium bietet sich das

„Funkkolleg" an, in dem Gesund- heitserziehung in systematischer Form einer breiten Öffentlichkeit dargestellt werden kann.

Vor allem aber heißt es anzufan- gen, wo und wie improvisiert auch immer, damit negative Entwicklun- gen so schnell wie möglich aufge- fangen und gebremst werden kön- nen.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Jürgen von Troschke Abteilung für

medizinische Soziologie der Universität Freiburg 7800 Freiburg i. Br.

Erbprinzenstraße 17

ECHO

Zu: „Fremdsprachige Anamnese- Fragebogen" von Prof. Dr. med.

Michael Hertl in Heft 3/1976, Sei- te 136 ff.

Nützlicher Fragebogen

„Wenn Sie mit Ihren Kindern ins Ausland reisen, sollten Sie einen sehr nützlichen fremdsprachigen Krankheits- fragebogen mitnehmen. Er- krankt Ihr Kind im Ausland, füllen Sie die 75 Fragen aus.

Sie sind jeweils in Deutsch und einer Fremdsprache vor- gedruckt ...

Diese Fragen beantworten dem ausländischen Arzt ge- nau die Krankheitsgeschichte (Anamnese) Ihres Kindes, so daß er vor der Untersuchung schon sehr gut informiert ist.

Ursprünglich war dieser Fra- gebogen für Gastarbeiterkin- der in Deutschland bestimmt und hat sich gut bewährt. Pro- fessor Dr. Michael Hertl, Mön- chengladbach, empfiehlt ihn im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT auch für Auslandsrei- sen deutscher Familien ..."

(Berliner Morgenpost)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 14 vom 1.April 1976 967

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