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Relativismus und Universalimus im Vergleich

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Academic year: 2022

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Eine Ethik für alle Kulturen? – Relativismus und Universalismus im Vergleich

Nicole Schlenke

Wie gelingt der Umgang mit der Fülle unterschiedlicher kultureller Praktiken und Traditionen inner- halb unserer multikulturellen Gesellschaft? Die Philosophie bietet zwei grundlegende Antworten:

Entweder akzeptieren wir jede Kultur so, wie sie ist und gelebt wird, oder wir legen einige grund- legende „Regeln“ fest, die unabhängig von der Kultur für alle Mitglieder der Gesellschaft gelten.

Relativismus oder Universalismus? Diese Frage steht im Zentrum dieser Reihe.

KOMPETENZPROFIL

Klassenstufe: 10–12

Dauer: 5–7 Doppelstunden bzw. 10–14 Einzelstunden + 2 Stunden Klausur Kompetenzen: Philosophische Texte verstehen, Positionen gegeneinander abwägen

und beurteilen, Begriffe definieren, theoretische Positionen auf Fall- beispiele anwenden, Fallbeispiele diskutieren und alternative Hand- lungsmöglichkeiten beurteilen

Thematische Bereiche: Werte und Normen, Moral, Ethik, Kultur, multikulturelle Gesellschaft Medien: Zeitungsartikel, philosophische Texte, Bilder

Methoden: Texte visualisieren, Schaubilder erstellen, Präsentationen planen und halten, Diskussionen leiten

© Praetorianphoto/E+

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Auf einen Blick

Andere Länder, andere Sitten – Kulturelle Unterschiede kennen lernen

M 1 „Du wirst ihn heiraten“ – Beispiel Kinderehe / Welche Traditionen gibt es in anderen Ländern? Und wie werden diese begründet? Die Lernenden sehen sich mit einem exemplarischen Fallbeispiel aus einer fremden Tradition konfrontiert und leisten eine erste Verstehens- und Beurteilungsarbeit.

M 2 Werte und Normen – Was ist das? / Die Begriffe „Werte“ und „Normen“ werden definiert und zueinander in Beziehung gesetzt. Sie bilden die Grundlage für das Nachvollziehen fremder Traditionen und auch das dafür notwendige Verständnis.

Eine Ethik für alle Kulturen? – Eine erste Antwort formulieren

M 3 Ethik, Moral, Kultur – Wichtige Begriffe erarbeiten / Die Begriffe „Ethik“ und

„Moral“ werden erarbeitet und zu den zuvor definierten Begriffen „Werte“ und

„Normen“ in Beziehung gesetzt.

Relativismus und Universalismus – Die Grundsatzdiskussion in der Kulturethik

M 4 Paul Feyerabend: „Ethischer Relativismus“ / Niemand hat das Recht, seine Weltsicht zum universellen Kriterium zu erheben. Fremde Traditionen sind nur von innen aus der jeweiligen Kultur heraus zu verstehen. Mit Paul Feyerabend lernen die Jugendlichen die Position des ethischen Relativismus kennen.

M 5 Julian Nida-Rümelin: „Ethischer Universalismus“ / Es gibt elementare Grund- rechte, die Menschen unabhängig von der Kultur und der politischen Ordnung, in der sie leben, zustehen. Mit Julian Nida-Rümelin lernen die Jugendlichen die Positionen des ethischen Universalismus kennen.

Andere Länder, andere Sitten – Fallbeispiele erörtern

M 6a Die Witwenverbrennung – Ein Fallbeispiel untersuchen / Bei der Witwenver- brennung wird die Ehefrau mit ihrem verstorbenen Ehemann eingeäschert, weil sie ansonsten unversorgt zurückbliebe. Wie beurteilt dies der ethische Relativis- mus bzw. der ethische Universalismus?

M 6b Leben im Harem – Ein Fallbeispiel untersuchen / Polygamie, die sogenannte Vielehe, ist in vielen Kulturen bis heute eine gängige Beziehungsform, die – so sagen Befürworter – das Leben vereinfacht und die Betroffenen vor Schicksals- schlägen schützt. Wie beurteilt dies der ethische Relativismus bzw. der ethische Universalismus?

Stunde 1 und 2

Stunde 3 und 4

Stunde 5 und 6

Stunde 7 bis 10 VORSC

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M 6c Der Ehrenmord – Ein Fallbeispiel untersuchen / Noch immer sterben Men- schen, denen vorgeworfen wird, gegen die Familienehre verstoßen zu haben, um die verursachte Schande auf diese Weise zu „sühnen“. Wie beurteilt dies der ethi- sche Relativismus bzw. der ethische Universalismus?

M 6d Weibliche Genitalverstümmelung – Ein Fallbeispiel untersuchen / Bei der weiblichen Genitalverstümmelung werden Mädchen bereits im Kindesalter die weiblichen Geschlechtsorgane entfernt und anschließend die Schamlippen zusam- mengenäht, um die Jungfräulichkeit eines Mädchens bis zur Hochzeit zu garantie- ren. Wie beurteilt dies der ethische Relativismus bzw. der ethische Universalismus?

Andere Länder, andere Sitten – Aber ähnliche moralische Prinzipien?

M 7 Klaus Peter Rippe: Empirischer Nachweis von ethischen Universalien / Es gibt moralische Prinzipien, die allen sozialen Moralsystemen zugrunde liegen und in allen Gesellschaften gleichermaßen gelten.

M 8 Günther Patzig: Übergreifende moralische Prinzipien / Die Lernenden erarbei- ten sich die Position des gemäßigten Universalismus, welche vermittelt zwischen dem ethischen Relativismus und dem ethischen Universalismus.

Toleranz und ihre Grenzen

M 9 Annemarie Pieper: Kritische Intoleranz / Um die Diskussion möglicher Hand- lungsoptionen im Umgang mit kultureller Vielfalt zu vervollständigen, wird ab- schließend der Begriff der kritischen Intoleranz eingeführt.

Lernerfolgskontrolle: zwei Klausurvorschläge mit Erwartungshorizonten

M 10 Klausurvorschlag 1 / Klausurvorschlag 1 basiert auf der Auseinandersetzung mit einem Fallbeispiel.

M 11 Klausurvorschlag 2 / Klausurvorschlag 2 fordert die Erarbeitung, Einordnung und Beurteilung einer philosophischen Position.

Finden Sie dieses Symbol in den Lehrerhinweisen und Schüler- materialien, so findet Differenzierung statt. Es gibt drei Niveau- stufen. Explizit ausgewiesen werden deshalb Abweichungen nach oben (anspruchsvolle Materialien) bzw. unten (leichte Materialien bzw. Hilfestellungen für lernschwächere Schüler).

einfaches Niveau mittleres Niveau schwieriges Niveau Zusatzaufgabe

Stunde 11 und 12

Stunde 13 und 14

Stunde 15 und 16

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„Du wirst ihn heiraten“ – Beispiel Kinderehe

Kinderehen, häufig auch arrangierte Ehen zwischen minderjährigen Mädchen und älteren Männern, kommen gerade in Zeiten der Flüchtlingskrise noch immer sehr häufig vor.

Aufgabe

1. Lesen Sie den vorliegenden Artikel. Markieren Sie wichtige Informationen zur Praxis der Zwangs- bzw. Kinderehe. Unterstreichen Sie Gründe für und gegen Kinderehen, die genannt werden.

Eine von fünf Bräuten im Irak ist noch ein Kind

Foto: Picture Alliance/Reuters.

Eigentlich sollen Gesetze im Irak junge Mädchen vor Zwangsheirat schützen.

Trotzdem steigt die Zahl der Minderjähri- gen an, die von ihren Familien verheira- tet werden. Denn für sie ist es ein Weg aus der Armut.

„Als meine Tante mir ihre 13-jährige Toch- ter Aziza zur Frau anbot, dachte ich, ich höre nicht richtig.“ Mustafa war damals 26, als er seine wesentlich jüngere Cousi- ne heiraten sollte. „Der Altersunterschied war mir zu groß“, begründet er zwei Jah- re später seine Ablehnung. Er kenne Män- ner in seinem Alter, die sich daran ergöt- zen, dass ihre zukünftigen Frauen noch mit Puppen spielen, erzählt der Iraker.

[…] Dass Aziza minderjährig und noch

ein Kind ist, ist nichts Außergewöhnli- ches. „Das ist hier häufig so“, meint Mus- tafa. In Tuz Khurmatu gebe es viele Ehen mit jungen, sehr jungen Frauen. Allein in seinem Familien- und Bekanntenkreis könne er mindestens zehn aufzählen. […]

Die Stadt mit knapp 60.000 Einwoh- nern liegt etwa 90 Kilometer südlich der nordirakischen Ölmetropole Kirkuk und 175 Kilometer von der Hauptstadt Bagdad entfernt. Hier leben alle Volksgruppen des Irak zusammen: Kurden, Araber, Turkme- nen und Assyrer. Im April 2016 geriet die Stadt in die Schlagzeilen, weil sich in Tuz Khurmatu ein Vorgeschmack dessen bot, was nach dem Sieg über die Terrormiliz IS im Irak passieren könnte. […]

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Ethik, Moral, Kultur – Wichtige Begriffe erarbeiten

Neben den Begriffen „Werte“ und „Normen“ müssen auch die drei Begriffe „Ethik“, „Moral“ und

„Kultur“ für einen einheitlichen Sprachgebrauch definiert werden.

Aufgaben

1. Informieren Sie sich über die Begriffe „Ethik“, „Moral“ und „Kultur“. Markieren Sie zentrale Text- stellen.

2. Stellen Sie mithilfe eines Schaubildes sowohl die Einzelbedeutung der oben genannten Begriffe dar als auch deren Zusammenhang.

3. Integrieren Sie die Begriffe „Werte“ und „Normen“ in das Schaubild.

4. Stellen Sie Vermutungen an: Warum heißt die Unterrichtsreihe „Eine Ethik für alle Kulturen“ und nicht „Eine Moral für alle Kulturen“?

Ethik, Moral und Kultur

Um sicherzustellen, dass alle das Gleiche meinen, wenn sie einen Begriff verwenden, ist es unverzichtbar, die verwendeten Begriffe zuvor zu definieren. So müssen neben den Begriffen „Werte“ und „Normen“, die bereits geklärt wurden, auch die Begriffe „Ethik“,

„Moral“ und „Kultur“ entsprechend gesichert werden.

Die Begriffe „Ethik“ und „Moral“ sind hinsichtlich ihrer Herkunft miteinander verwandt.

Der altgriechische Begriff „Ethos“ und das lateinische Wort „mos“ bedeuten beide so viel wie Sitte, Gewohnheit. Im philosophischen Sprachgebrauch ist es jedoch üblich, die beiden Begriffe zu trennen.

Moral beschreibt ein vorhandenes Verhalten innerhalb einer Gesellschaft. Sie umfasst alle Ordnungs- und Sinngebilde, die durch Tradition und Konvention vermittelt werden. Mit- hilfe einer Vielzahl an Norm- und Wertvorstellungen ordnet sie die Bedürfnisbefriedigung einer menschlichen Gemeinschaft und setzt deren Pflichten fest. Die Moral kann folglich von Gesellschaft zu Gesellschaft sowie temporal unterschiedlich ausgeprägt sein.

Ethik hingegen stellt die übergeordnete Theorie der Moral (Moralphilosophie) dar. Ihre Fragestellung unterscheidet sich dahingehend von der Moral, dass sie nicht unmittelbar auf einzelne Handlungen und konkrete Situationen bezogen ist, sondern auf einer Meta- ebene moralisches Handeln grundsätzlich thematisiert, indem sie nach dessen Maßstäben oder nach einem Kriterium der Beurteilung von Handlungen fragt und die Bedingungen untersucht, unter denen moralische Werte und Normen allgemein verbindlich sind.

Der Begriff „Kultur“ stammt vom lateinischen cultura. Dieses Wort leitet sich ab vom la- teinischen Wort colere (bebauen, pflegen). Kultur umfasst im weitesten Sinn alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt. Kultur bezieht sich dabei sowohl auf die Einzel- leistungen eines jeden Individuums als auch auf die Gesamtheit der Kulturleistungen eines Volkes. Kulturleistungen können in der formenden Umgestaltung eines bereits vorhande- nen Materials liegen, aber auch in der Technik oder der Kunst. Auch ideelle Formungen wie die Ausprägung von Religion, Wissenschaft oder Moral gelten als Kulturleistungen.

Autorentext.

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Paul Feyerabend: „Ethischer Relativismus“

Paul Feyerabend (1924–1994) erlebte sowohl die Rassentrennung in den USA als auch deren Auf- hebung. Diese Erfahrungen beeinflussten seine kulturethische Position.

Aufgaben

1. Lesen Sie den Text „Ethischer Relativismus“ von Paul Feyerabend. Fassen Sie die zentralen Aus- sagen aus jedem Abschnitt kurz in eigenen Worten zusammen.

2. Bearbeiten Sie anschließend das Material „In den Mund gelegt“, indem sie jede Aussage prüfen und das Ergebnis auf dem Arbeitsblatt entsprechend vermerken.

3. Erstellen Sie selbst eine wahre oder falsche Aussage und tragen Sie diese in die leere Sprech- blase ein.

Was kennzeichnet die Position des ethischen Relativismus?

Im Jahre 1964 kamen […] zahlreiche Mexikaner, Indianer, Schwarze in meine Vorlesung.

[…] Welche Gelegenheit, sagten meine Freunde, zur Verbreitung der Vernunft und der Verbesserung der Menschheit beizutragen! […] Ich teilte ihren Optimismus nicht. […] Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? […] Waren die trockenen Abstraktionen, die die Philosophen über Jahrhunderte hin angesammelt und die Liberalen mit einigen schmalzigen Phrasen umgeben hatten, um sie geschmackvoller zu machen, das richtige Angebot an Menschen, die man ihres Landes, ihrer Kultur, ihrer Würde beraubt hatte und die nun die dürren Ideen der Sprachrohre ihrer so menschlichen Sklaventreiber geduldig absorbieren und wiederholen sollten? […]

Ihre Vorfahren hatten lebendige Kulturen, farbenreiche Sprachen, harmonische Ideen über die Beziehung zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Natur entwickelt. […]

Diese Kulturen haben wichtige Errungenschaften in den Gebieten, die wir heute Soziolo- gie, Psychologie, Medizin nennen, und sie drücken schon lange verschüttete Möglichkeiten der menschlichen Existenz aus. Und doch sind sie nie mit der Ehrfurcht und Aufmerksam- keit untersucht worden, die sie verdienen, sie wurden lächerlich gemacht und ganz selbst- verständlich verdrängt und ersetzt. […]

Dann hörte man eine Menge über Liberalismus und Freiheit – aber was bedeuten diese Worte? Bedeuten sie Gleichheit dieser Traditionen mit den Traditionen des weißen Man- nes? Keinesfalls. Gleichheit bedeutete, dass die Mitglieder verschiedener Rassen und Kul- turen nun die wunderbare Gelegenheit hatten, an den Manieren des weißen Mannes teil- zunehmen. […] Sie hatten die Gelegenheit, Wissenschaftler, Theologen, Ärzte, Politiker, Generäle, Zuhälter, Lehrer, Richter und Verbrecher zu werden. Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich meine Hörer vor mir sah, und mit Ekel schrak ich vor der Aufgabe zurück, die ich durchführen sollte. Denn diese Aufgabe – das war mir jetzt klar – war die eines gebildeten Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein. […]

(Auf dieser Grundlage entwickelt Paul Feyerabend seine Position. Er formuliert zunächst zwei Thesen.)

1. Traditionen sind weder gut noch schlecht, sie existieren einfach. Objektiv, das heißt un- abhängig von Traditionen, gibt es keine Wahl zwischen einer humanitären Einstellung und dem Antisemitismus.

2. Eine Tradition enthält erwünschte und unerwünschte Züge nur, wenn man sie auf eine Tradition bezieht, das heißt, wenn man sie als Teilnehmer einer Tradition betrachtet und aufgrund der Werte dieser Tradition beurteilt. […]

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Der Ehrenmord – Ein Fallbeispiel untersuchen

Aufgaben

1. Informieren Sie sich anhand des Textes über das Thema „Ehrenmord“.

2. Sammeln Sie die im Text genannten Gründe für und gegen den Ehrenmord. Ergänzen Sie die dazugehörigen Werte und Normen.

3. Verfassen Sie aus Sicht Paul Feyerabends und Julian Nida-Rümelins jeweils eine kurze Stellung- nahme zu dem Fallbeispiel.

4. Bereiten Sie einen kurzen Vortrag vor, in dem Sie die zu den ersten drei Fragen erarbeiteten Inhalte vorstellen und anschließend eine Diskussion zu möglichen Verfahrensweisen leiten.

Warum geschehen Ehrenmorde?

Der Begriff „Ehrenmord“ bezeichnet die Tötung bzw. Ermordung eines Familienmitgliedes, das familiäre Verhaltensregeln verletzt hat. Häufig sind die Opfer weibliche Familienmit- glieder. Die Tötung soll die „Schande“, welche die Familie aufgrund der verletzten Verhal- tensregeln erdulden muss, abwenden bzw. ausgleichen. Auf diese Weise wird die Ehrbar- keit der Familie (wieder) hergestellt. Derart motivierte Morde ereignen sich häufig in archaischen, von Stammestraditionen bestimmten Gebieten im Nahen und Mittleren Osten.

Innerhalb dieser Gesellschaften kommt der Familienehre im herrschenden Wertesystem ein hoher Stellenwert zu. Ein normgerechtes Verhalten aller Familienmitglieder ist exis- tenziell wichtig. Gerade in streng patriarchalisch geprägten Gebieten sind diese Vorstellun- gen bis heute vorherrschend. Sie beziehen sich insbesondere auf die Sexualmoral. Dazu zählen beispielsweise die Forderung nach der Jungfräulichkeit unverheirateter Frauen so- wie der Gehorsam der weiblichen Familienmitglieder. Die Einhaltung dieser Forderungen verweist auf die Macht des Patriarchen. Als Ehrverletzung zählen neben der Verweigerung des Gehorsams (beispielsweise bei einer Zwangsehe) auch der Wunsch, eine geschlossene Ehe zu beenden. Auch die Homosexualität eines Familienmitglieds gilt als Makel für die Familienehre. Je nach kultureller Ausprägung kann schon das ungebührliche Verhalten eines Familienmitglieds gegenüber einer höher gestellten Familie einen Verlust an Ehre nach sich ziehen. Eine Familie, die ein solches Verhalten duldet, gilt als schwach.

Aufgrund der sozialen Strukturen und des ausgeübten gesellschaftlichen Drucks sind die Sanktionen für solche Ehrverletzungen sehr streng, sodass häufig nur der Tod dessen, der die Ehrverletzung begangen hat, die Ehre der Familie wiederherstellen kann. Die Entschei- dung über die Sanktionen wird entweder von der gesamten erweiterten Familie (häufig nur den männlichen Mitgliedern) oder bei einer absoluten Familienhierarchie auch vom Familienoberhaupt allein getroffen.

Obwohl in allen Staaten der Welt bei Tötungsdelikten hohe Strafen verhängt werden, blei- ben Ehrenmorde in manchen Staaten ohne Folgen für den Täter. In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens wird für den Ehrenmord eine Strafmilderung gewährt, da man dort davon ausgeht, dass der Täter vom unehrenhaften Verhalten des Opfers provo- ziert wurde.

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