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Relativismus und Universalismus

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Academic year: 2022

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Werte und Normen – Was ist das?

Die Begriffe „Werte“ und „Normen“ werden häufig genannt, wenn es um kulturelle Besonderheiten und Traditionen geht. Doch was bedeuten sie genau?

Aufgaben

1. Lies den Text über „Werte“ und „Normen“. Unterstreiche wichtige Textstellen.

2. Klärt in der Klasse, was ihr nicht verstanden habt.

3. Findet gemeinsam eine Definition der Begriffe „Werte“ und „Normen“. Eine Definition beschreibt in ein bis zwei Sätzen, was mit einem Begriff genau gemeint ist. Notiert eure Definition an der Tafel.

4. Arbeitet in Vierergruppen. Erstellt ein Schaubild, das zeigt, wie Werte und Normen zueinander stehen. Haltet euch an die Anleitung unten.

Werte und Normen voneinander unterscheiden

Die Begriffe „Werte“ und „Normen“ werden in der Umgangssprache häufig als Synonyme1 oder uneinheitlich verwendet. Das macht eine klare Unterscheidung schwierig.

Als Normen bezeichnet man Vorschriften, die darauf verweisen, ob etwas erlaubt oder verboten ist. Sie sind jedoch nicht bindend wie beispielsweise Gesetze. Normen sollten befolgt werden, damit das gesellschaftliche Miteinander besser funktioniert. Sie müssen aber nicht zwingend eingehalten werden. Dennoch erwartet diejenigen, die Normen nicht einhalten, eine „Strafe“.

Und zwar gesellschaftliche Missbilligung2. Werte hingegen bezeichnen ein Ideal, an dem Men- schen ihr Verhalten ausrichten können, um sich dem gesellschaftlichen und sozialen Leben bestmöglich anzupassen.

Werte und Normen bedingen einander. Zu jedem Wert gehört eine Norm, die als Handlungsvor- schrift dafür sorgt, dass der Wert auch eingehalten wird. Ebenso geht jede Norm auf einen Wert zurück. Zum Wert „Ehrlichkeit“ beispielsweise gehört die Norm „Sage immer die Wahrheit“.

Autorentext.

Alles gut sortiert? – So erstellt ihr ein übersichtliches Schaubild

Um etwas übersichtlich darzustellen, bietet sich ein Schaubild an. Es ermöglicht, wichtige Be- griffe anschaulich zueinander in Beziehung zu setzen. Folgende Schritte helfen bei der Erstel- lung eines Schaubildes:

1. Markiere im Text die Schlüsselbegriffe oder -sätze, die im Schaubild verwendet werden sollen.

2. Notiere diese Begriffe und Sätze auf kleinen Zetteln. Verschiebe die Zettel so lange auf dem Tisch, bis eine logische Übersicht entsteht.

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Ethik, Moral, Kultur – Wichtige Begriffe erarbeiten

Sicher habt ihr schon die Begriffe „Ethik“, „Moral“ und „Kultur“ gehört oder gelesen. Um sicherzu- stellen, dass alle das Gleiche meinen, ist es wichtig, solche Begriffe zunächst einmal zu definieren.

Aufgaben

1. Lies den Text über die Begriffe „Ethik“, „Moral“ und „Kultur“. Markiere wichtige Textstellen farbig.

2. Arbeitet in Gruppen. Stellt mithilfe eines Schaubildes die Bedeutung der oben genannten Be- griffe dar und wie sie miteinander zusammenhängen.

3. Baut auch die Begriffe „Werte“ und „Normen“ in das Schaubild ein.

Ethik, Moral und Kultur

Moral kommt vom lateinischen Begriff „moralis“ und heißt übersetzt „die Sitten betreffend“.

Als Moral werden die Werte und Regeln bezeichnet, die in einer Gesellschaft allgemein an- erkannt sind. Wenn man sagt, jemand hat „moralisch“ gehandelt, ist damit gemeint, dass er sich so verhalten hat, wie es die Menschen richtig und gut finden. Moral kann von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich sein. Auch ändert sie sich im Lauf der Zeit. Was heute als moralisch gilt, war es 1950 womöglich noch nicht.

Ethik stammt vom griechischen Wort „ethos“ ab, was so viel bedeutet wie „Sitte“ oder „Ge- wohnheit“. Ethik ist aber auch die Wissenschaft, die sich mit dem menschlichen Handeln be- schäftigt. Sie versucht Antworten zu geben auf Fragen wie „Wie soll der Mensch handeln?“, „An welchen Werten soll er sich orientieren?“, „Was ist gutes, was ist schlechtes Handeln?“.

Kultur leitet sich ab vom lateinischen Wort „colere“ (bebauen, pflegen). Kultur umfasst alles, was Menschen geschaffen haben. Auch die Art und Weise, wie sie ihr Zusammenleben gestal- ten, bezeichnet man als Kultur. Stellt euch vor, ihr landet mit einer Gruppe von Leuten auf einer einsamen Insel, die noch kein Mensch zuvor betreten hat. Als Erstes erkundet ihr sicher die Insel und dann besprecht ihr, was ihr tun müsst, um zu überleben – zum Beispiel Früchte sammeln, Fische fangen, Trinkwasser suchen, Werkzeuge und Hütten bauen. Aber wie fängt man Fische?

Wer holt das Wasser? Wie verbringt ihr eure Freizeit? Was tut ihr, wenn es Streit gibt? Mit der Zeit stellt ihr vermutlich Regeln auf, um euer Zusammenleben auf friedliche Weise zu ordnen.

Ihr entwickelt also eine Kultur des Zusammenlebens.

Quelle: https://www.hanisauland.de/ [letztes Aufrufdatum: 19.02.2021].

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Paul Feyerabend: Ethischer Relativismus

Der österreichische Philosoph Paul Feyerabend (1924–1994) erlebte sowohl die Rassentrennung in den USA als auch deren Aufhebung. Diese Erfahrung bestärkte ihn in seiner Position eines ethischen Relativismus.

Aufgaben

1. Lies den Text. Beachte die Worterklärungen unten auf der Seite.

2. Arbeitet zu zweit. Ordnet jedem Abschnitt die passende Zwischenüberschrift zu.

3. Dürfen wir uns in fremde Kulturen überhaupt einmischen? Diskutiert in der Klasse.

Zwischenüberschriften

Die Vorteile des Relativismus – Die Unterdrückung der Kulturen der Minderheiten – Der Fehler der Intellektuellen – Liberalismus und Freiheit führen nicht zu Gleichheit – Welche Bedeutung haben Tra- ditionen? – Die Ideen des „weißen Mannes“ sind nicht die Lösung für die Probleme der Unterdrückten

Im Jahre 1964 kamen […] zahlreiche Mexikaner, In- dianer, Schwarze in meine Vorlesung. […] Welche Ge- legenheit, sagten meine Freunde, zur Verbreitung der Vernunft und der Verbesserung der Menschheit bei- zutragen! […] Ich teilte ihren Optimismus nicht. […]

Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? […] Waren die trockenen Abs- traktionen1, die die Philosophen über Jahrhunderte hin angesammelt […] hatten, […] das richtige Angebot an Menschen, die man ihres Landes, ihrer Kultur, ihrer Würde beraubt hatte und die nun die dürren Ideen der Sprachrohre2 ihrer so menschlichen Sklaventreiber ge- duldig absorbieren3 und wiederholen sollten? […]

Ihre Vorfahren hatten lebendige Kulturen, farbenreiche Sprachen, harmonische Ideen über die Beziehung zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Natur entwickelt. […] Diese Kultu- ren haben wichtige Errungenschaften4 in den Gebieten, die wir heute Soziologie, Psychologie, Medizin nennen, und sie drücken schon lange verschüttete Möglichkeiten der menschlichen

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Dann hörte man eine Menge über Liberalismus1 und Freiheit – aber was bedeuten diese Worte?

Bedeuten sie Gleichheit dieser Traditionen mit den Traditionen des weißen Mannes? Keinesfalls.

Gleichheit bedeutete, dass die Mitglieder verschiedener Rassen und Kulturen nun die wunderbare Gelegenheit hatten, an den Manieren2 des weißen Mannes teilzunehmen. […] Sie hatten die Ge- legenheit, Wissenschaftler, Theologen, Ärzte, Politiker, Generäle, Zuhälter, Lehrer, Richter und Ver- brecher zu werden. Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich meine Hörer vor mir sah, und mit Ekel schrak ich vor der Aufgabe zurück, die ich durchführen sollte. Denn diese Aufgabe – das war mir jetzt klar – war die eines gebildeten Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein. […]

1. Traditionen sind weder gut noch schlecht, sie existieren einfach. […]

2. Eine Tradition enthält erwünschte und unerwünschte Züge nur, wenn man sie auf eine Tradition bezieht, das heißt, wenn man sie als Teilnehmer einer Tradition betrachtet und aufgrund der Werte dieser Tradition beurteilt. […]

Der Relativismus ist vernünftig, denn er beachtet die Vielzahl von Traditionen und Werten. Er ist zivilisiert, denn er nimmt nicht an, dass das winzige Dorf, in dem man wohnt, am Nabel der Welt liegt und dass seine seltsamen Sitten Maßstäbe für die ganze Menschheit sind. […]

Aber sollen wir Menschen wirklich schutzlos dem Einfluss barbarischer Traditionen überlassen?

Sollen wir ruhig zusehen, wie Traditionen wiederbelebt werden, in denen rituelle Tötungen an der Tagesordnung sind, in denen kleine Kinder ausgesetzt, Erwachsene gefoltert oder verbrannt wer- den? Haben wir nicht die Pflicht, Menschenleben und Menschenwürde zu beschützen, wo immer sie bedroht sind? […] Diese Fragen sind ein Musterbeispiel der oberflächlichen, abstrakten3 und subjektiven4 Denkweise der meisten Intellektuellen. Man fragt nicht, wie fremde Traditionen von in- nen aussehen, man untersucht nicht die Werte und die Weltansichten, auf denen sie beruhen, man macht sich keine Gedanken über die sehr greifbaren Verluste, die eine Zerstörung dieser Werte zur Folge hat – man erhebt ganz unverfroren seine eigene Weltansicht zum universellen Kriterium5 des Menschseins und maßt sich an, das Glück, das Leiden, die Wünsche anderer mit diesem Kriterium zu messen.

Text: Feyerabend, Paul: Erkenntnis für freie Menschen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1980. Foto: Grazia Borrini- Feyerabend, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3217886.

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1 Liberalismus: Weltanschauung aus dem 19. Jahrhundert, die die größtmögliche Freiheit für alle Menschen fordert und der Einmischung durch den Staat kritisch gegenübersteht.

2 Manieren: Feyerabend meint hier die Traditionen und Gepflogenheiten.

3 Abstrakt: verallgemeinernd.

4 Subjektiv: von persönlichen Gefühlen und Vorurteilen bestimmt.

5 Universelles Kriterium: für die ganze Welt gültiger Maßstab.

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Der Ehrenmord – Ein Fallbeispiel untersuchen

Aufgaben

1. Lies den Text zum Thema „Ehrenmord“.

2. Bildet Vierergruppen. Sammelt die im Text genannten Gründe für und gegen den Ehrenmord.

3. Was würden Paul Feyerabend und Julian Nida-Rümelin zum Leben im Harem sagen? Verfasst jeweils eine kurze Stellungnahme der beiden zu diesem Fallbeispiel.

4. Stellt eure Stellungnahme in der Klasse vor.

Warum geschehen Ehrenmorde?

Der Begriff „Ehrenmord“ bezeichnet die Ermordung eines Familienmitgliedes, das familiäre Ver- haltensregeln verletzt hat. Häufig sind die Opfer weibliche Familienmitglieder. Die Tötung soll die „Schande“, die die Familie aufgrund der verletzten Verhaltensregeln erdulden muss, aus- gleichen. Auf diese Weise wird die Ehre der Familie wiederhergestellt. Ehrenmorde ereignen sich häufig in archaischen1, von Stammestraditionen bestimmten Gebieten im Nahen und Mittleren Osten.

Innerhalb dieser Gesellschaften kommt der Familienehre ein hoher Stellenwert zu. Ein norm- gerechtes2 Verhalten aller Familienmitglieder ist existenziell3 wichtig. Gerade in streng patriar- chalisch4 geprägten Gebieten sind diese Vorstellungen bis heute vorherrschend. Sie beziehen sich insbesondere auf die Sexualmoral. Dazu zählen beispielsweise die Forderung nach der Jungfräulichkeit unverheirateter Frauen sowie der Gehorsam der weiblichen Familienmitglieder.

Die Einhaltung dieser Forderungen verweist auf die Macht des Patriarchen. Als Ehrverletzung zählt neben der Verweigerung des Gehorsams (beispielsweise bei einer Zwangsehe) auch der Wunsch, eine geschlossene Ehe zu beenden. Auch die Homosexualität eines Familienmitglieds gilt als Makel für die Familienehre. Je nach kultureller Ausprägung kann schon das ungebühr- liche5 Verhalten eines Familienmitglieds gegenüber einer höhergestellten Familie einen Verlust an Ehre nach sich ziehen. Eine Familie, die ein solches Verhalten duldet, gilt als schwach.

Aufgrund der sozialen Strukturen und des ausgeübten gesellschaftlichen Drucks sind die Sank- tionen6 für solche Ehrverletzungen sehr streng, sodass häufig nur der Tod dessen, der die Ehr- verletzung begangen hat, die Ehre der Familie wiederherstellen kann. Die Entscheidung über die Sanktionen wird entweder von der gesamten erweiterten Familie (häufig nur den männlichen Mitgliedern) oder bei einer absoluten Familienhierarchie auch vom Familienoberhaupt allein getroffen.

Obwohl in allen Staaten der Welt bei Tötungsdelikten hohe Strafen verhängt werden, bleiben Ehrenmorde in manchen Staaten ohne Folgen für den Täter. In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens wird für den Ehrenmord eine Strafmilderung gewährt, da man dort davon aus-

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