Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 21|
27. Mai 2011 A 1177 Verstöße gegen die Garantenpflichtdes Arztes, einen tragenden Pfeiler der Berufsethik, würden mit Ent- schiedenheit nach Recht und Ge- setz verfolgt. Das mag bei den re- ferierten und ähnlichen Delikten der Fall gewesen sein. Eines der schwerwiegendsten Vergehen, der zerstörerische Bruch der Schweige- pflicht seitens zahlreicher DDR- Ärzte (und Psychologen) wurde – wenn überhaupt – mit größter Nachsicht geahndet. Die seinerzeit im DÄ vorgestellten Recherchen von Sonja Süß und Francesca Weil belegen, dass circa drei bis fünf
Prozent der Ärzte als IM für die Stasi tätig waren; die mit Abstand häufigsten Leistungen bestanden in der Weitergabe vertraulicher Pa- tientenangaben beziehungsweise Krankengeschichten mit teilweise schwerwiegenden physischen und psychischen Folgen für die Betrof- fenen. Besondere Konsequenzen hatte dies für die Täter offenbar nicht; die meisten übten ihren Be- ruf nach der Wiedervereinigung weiter aus. Vermutlich waren hier die Landesärztekammern überfor- dert.
Prof. Dr. Dr. Theo R. Payk, 53177 Bonn
BERUFS ORDNUNG
Der Deutsche Ärzte- tag in Kiel entschei- det über eine Novel- le (DÄ 13/2011:
„(Muster-)Berufs- ordnung: Die ärztli- che Unabhängigkeit wird unterstrichen“ von Falk Osterloh).
Als Kassenarzt alleingelassen
Dass Ärzte weder ihr eigenes noch das Interesse Dritter über das Wohl des Patienten stellen dürfen, soll zu einer eigenen ärztlichen Berufs- pflicht erhoben werden und da- durch mehr Gewicht erhalten, heißt es. Ferner: Ärzte sind ver- pflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Bezie- hungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behand- lung der Patienten zu wahren. Die Bedeutung der ärztlichen Unab- hängigkeit als wesentliche Grund- lage für die Patient-Arzt-Bezie- hung soll nach dem Willen der
BÄK damit hervorgehoben wer- den.
Für welche Arztgruppe ist diese Be- rufsordnung geschrieben? Für aus- schließlich privat praktizierende Ärzte? Kassenärzte können damit nicht gemeint sein, denn sie müssen seit Jahren das Interesse der GKV beziehungsweise das Interesse des einzelnen Patienten als Mitglied der Solidargemeinschaft an nicht weiter steigenden Kassenbeiträgen immer wieder über das Wohl des einzelnen als aktuell um eine Behandlung nachfragenden Patienten stellen.
Dabei treten diese beiden konfligie- renden „Wohle“ ein und desselben Patienten getrennt voneinander auf mit der Folge, dass nicht der Pa- tient, sondern die Institution der GKV die Entscheidung in diesem Konflikt übernimmt, der Arzt diese Entscheidung auszuführen hat und der Patient in der Regel nicht weiß, ob oder was ihm vorenthalten wird.
Die Ärzte müssen aber auch das ei- gene Interesse daran, wirtschaftlich und gesundheitlich überleben zu können, immer wieder gegen das
Wohl des Patienten auf eine Weise abwägen, die – wie schon der erste Punkt – ihrerseits geeignet ist, durch die nicht lösbaren Konflikte mit dem eigenen Berufsideal krank zu machen. 50 Prozent der vorzeiti- gen Rentenanträge sind schon psy- chischen Erkrankungen, das heißt jawohl dem Burn-out, geschuldet, wie kürzlich im DÄ berichtet wur- de (Heft 12/2011). Ärzte sind nicht abstrakt frei und unabhängig . . . Vorwerfen muss man den Autoren dieser Berufsordnung, dass sie sich das Leben mit Proklamationen sehr einfach machen und den einzelnen Arzt einmal mehr in dem Wider- spruch von Berufsordnung und ge- sundheitspolitischer Realität als Kassenarzt alleinlassen.
Dr. med. Anna Elisabeth Landis, 71034 Böblingen
U S O
D t d l
„ o c wird unterstrichen“
KLINI SC HE SEKTIONEN
Obwohl sich eine große Mehrheit der Bundesbürger für Obduktionen aus- spricht, sinken die Sektionsquoten seit Jahren kontinuier- lich (DÄ 10/2011: Zu dem Leserbrief:
„Das Kostenproblem“ von Theophil Schindler).
Deutlich günstiger
. . . Zu dem Sachverhalt selbst möchte ich nicht Stellung beziehen, sondern zu dem darin genannten Preis einer Obduktion von 4 000 Eu - ro. Ich vermute, hier ist bei einer der beteiligten Stellen ein Verständ- nis- oder Tippfehler vorgekommen.
Der Preis einer Sektion liegt nach GOÄ bei 99,67 Euro im Einfach- satz. Dazu kommen einige wenige zusätzliche Leistungen, meist im Preis von 14,11 Euro im Einfach- satz. Selbst mit dem höchstmögli- chen Multiplikator erreicht man nicht den in der Leserzuschrift ge- nannten Preis. Ich befürchte nun, dass bei nicht einschlägig Infor- mierten sich eine Vergütungshöhe in der Vorstellung festsetzt, der der Förderung des Obduktionswesens keinen guten Dienst leistet . . .
Gisela Kempny, Geschäftsführerin des Bundesver- bandes Deutscher Pathologen e.V., 10115 Berlin
O g B O s S J lich (DÄ 10/2011: Zu
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zu kürzen. DÄ