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Archiv "Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen" (10.11.2006)

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ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Aufgrund der hohen epidemiologischen und so- zioökonomischen Bedeutung von Kopfschmerzen ist eine korrekte Differenzialdiagnose besonders wichtig, um früh- zeitig eine adäquate Therapie zur Vermeidung von Chronifi- zierung und Arbeitsausfall einzuleiten. Methoden: Überblick der unterschiedlichen Kopfschmerzarten, diagnostische Möglichkeiten und Perspektiven der Therapie auf der Basis einer selektiven Literaturübersicht. Ergebnisse: Die Klassi- fikation erfolgt nach der Einteilung der International Head- ache Society. Mehr als 90 Prozent aller Kopfschmerzen sind idiopathischen Ursprungs. Letztere können jedoch Leitsymptom einer potenziell gefährlichen Erkrankung sein. Neben der Migräne muss bei idiopathischen Kopf- schmerzen differenzialdiagnostisch an die verschiedenen Verlaufsformen des Kopfschmerzes vom Spannungstyp so- wie an die verschiedenen Untertypen der trigeminoautono- men Kopfschmerzen gedacht werden. Bei Verdacht auf einen symptomatischen Kopfschmerz sind weitere appara- tive Diagnostik und fachärztliche Untersuchungen zu ver- anlassen. Wichtigste Differenzialdiagnose sind dabei die akute Subarachnoidalblutung und andere Blutungen.

Dtsch Arztebl 2006; 103(45): A 3040–8.

Schlüsselwörter: Migräne, Kopfschmerz vom Spannungstyp, trigeminoautonome Kopfschmerzen, symptomatische Kopf- schmerzen, Subarachnoidalblutung

SUMMARY

DIFFERENTIAL DIAGNOSIS OF HEADACHE Introduction: Headache has a high epidemiologic and socioeconomic impact. An early, accurate differential diag- nosis is important in order to avoid chronification and loss of productivity. Methods: Overview of the different head- ache disorders based on a selective liteature review. Re- sults: The classification follows the International Headache Society´s categorization. More than 90 per cent of all head- aches in medical care are idiopathic in origin; it is rare that headache is the first symptom of dangerous disease. Mi- graine, tension-type headache, and the different subtypes of trigeminoautonomic headache, with their characteristic patterns, must be considered in the differential diagnosis of primary headache. Subarachnoic haemorrhage and other bleeding related causes are the most important differ- ential diagnoses. Dtsch Arztebl 2006; 103(45): A 3040–8.

Key words: migraine, tension-type headache, trigemino- autonomic headache, symptomatic headache, subarachnoic haemorrhage

K

opfschmerzen gehören nach Angaben der Welt- gesundheitsorganisation (WHO) zu den zehn Er- krankungen mit der stärksten funktionellen Behinde- rung weltweit (1). Interessanterweise zeigen die meisten Studienergebnisse zur Epidemiologie idiopathischer Kopfschmerzen aus unterschiedlichen Regionen der Welt eine sehr ähnliche Prävalenz, wenn sie dieselben Instrumentarien verwenden. Diese Ergebnisse sprechen für eine biologische Grundlage und gegen starke sozio- kulturelle oder ethnische Einflüsse bei Kopfschmerzen.

Die Prävalenz für Kopfschmerzerkrankungen liegt weltweit bei 60 Prozent. Die International Headache So- ciety (IHS) entwickelte für Kopfschmerzen eine exakte Klassifikation (2). Die bevölkerungsbezogene Lebens- zeitprävalenz der verschiedenen Kopfschmerzarten ist beispielhaft in einer dänischen Studie untersucht wor- den; die genauen Zahlen sind in Kasten 1 dargestellt (3).

Auch aus sozioökonomischer Sicht haben Kopf- schmerzen eine große Bedeutung (4). Die direkten Krankheitskosten, das heißt die Kosten der ambulanten und stationären Behandlung, der verschriebenen Arz- neimittel und des Krankengeldes, schätzt man allein für die Patienten mit Migräne auf ungefähr 450 Millio- nen Euro pro Jahr, obwohl nur etwa die Hälfte der etwa acht Millionen Migränepatienten in Deutschland einen Arzt aufsucht. Die meisten Kopfschmerzpatienten be- handeln sich mit freiverkäuflichen Analgetika selber;

auch hier erzeugen die Migränepatienten Kosten in Höhe von 500 Millionen Euro.

Die indirekten Krankheitskosten wie Arbeitsunfähig- keit und reduzierte Produktivität übersteigen die direk- ten Krankheitskosten um ein Vielfaches. Allein die Fehltage durch Migräne pro Jahr kann man der Jahres- arbeitszeit von 185 000 Vollerwerbstätigen gleichstel- len. Die Kosten werden auf etwa 3,5 Milliarden Euro jährlich geschätzt, ausgespart ist der Produktivitätsver- lust von Nichterwerbstätigen, zum Beispiel Hausfrauen, Personen in der Kindererziehung und Pflege Angehöri- ger. Invalidität und falsche Behandlung verursachen die

Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen

Stefan Evers, Achim Frese, Martin Marziniak

Klinik und Poliklinik für Neurologie, Univer- sitätsklinikum Münster (Prof. Dr. med. Dr. phil.

Evers, Dr. med. Frese, Dr. med. Marziniak)

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

www.aerzteblatt.de/cme

Prävalenz

Kopfschmerzen sind eines der häufigsten

Gesundheitsprobleme. Die Lebenszeitprävalenz

der episodischen Kopfschmerzen vom Span-

nungstyp liegt bei 70 Prozent, die der Migräne

bei 15 Prozent.

(2)

so genannten tertiären Kosten. Eine Modellrechnung für die dadurch entstehenden Kosten ist äußerst schwierig.

Andere Kopfschmerzarten inklusive Kopfschmerz vom Spannungstyp weisen eine deutlich höhere Präva- lenz auf. Die geringere Kopfschmerzhäufigkeit und -in- tensität bei dieser Patientengruppe senkt jedoch wieder die Kosten, sodass die volkswirtschaftliche Belastung – auch an verlorener Arbeitszeit – durch alle anderen Kopf- schmerzarten zusammen noch einmal ähnlich so hoch ist wie die durch die Migränepatienten verursachten Kosten.

Im Folgenden werden Empfehlungen zur pragmati- schen, klinisch orientierten Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen gegeben. Diese basieren auf den Leitli- nien der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesell- schaft (DMKG), einer Analyse der Übersichtsartikel zur Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen, der klinischen Erfahrung der Autoren und der wissenschaftlichen Be- schäftigung mit diesem Thema.

Grundsätze der Diagnosestellung

Die Klassifikation der IHS unterteilt Kopfschmerzen in zwei große Hauptgruppen: die idiopathischen und die symptomatischen Kopfschmerzen. Die idiopathischen Kopfschmerzen werden ausschließlich nach an der Symptomatik orientierten Kriterien diagnostiziert. Die noch bis in die 1980er-Jahre hinein übliche Diagnose nach ätiologischen Gesichtspunkten, wie beispielsweise vaskulärer Kopfschmerz oder Muskelkontraktionskopf- schmerz, ist verlassen worden. Die IHS-Klassifikation liegt seit 2004 in zweiter Version vor, und es existiert auch eine deutsche Übersetzung (5).

Laut IHS-Klassifikation gilt: Die sorgfältige Anam- nese ist Voraussetzung für die richtige Diagnose. Die neurologische und internistische Untersuchung und die apparativen Zusatzuntersuchungen dienen im Einzel- fall nur zum Ausschluss beziehungsweise zum Nach- weis von symptomatischen Kopfschmerzen. Der be- handelnde Arzt sollte unbedingt bei der Erstdiagnose von idiopathischen Kopfschmerzen eine körperliche Untersuchung vornehmen. Die körperliche Untersu- chung muss die in Kasten 2 aufgeführten Elemente be- inhalten.

Eine apparative Diagnostik zum Nachweis von idio- pathischen Kopfschmerzen existiert bis heute nicht.

Über 90 Prozent aller Kopfschmerzen, die Patienten in ärztliche Behandlung führen, gehören zu den idiopathi- schen Kopfschmerzen. Dennoch haben die allermeisten Patienten Angst vor symptomatischen Kopfschmerzen, weil sie häufig befürchten, ein Hirntumor wäre die Ur-

sache ihrer Kopfschmerzen. Daher ist es in manchen Fällen sinnvoll, wenn der Arzt bei der Erstabklärung eine apparative Zusatzdiagnostik, wie die zerebrale Bild- gebung, veranlasst, auch wenn formal dafür keine In- dikation besteht. Bei unauffälligem neurologischen Be- fund muss bei Migränepatienten nur in 0,4 Prozent aller Fälle mit einer Auffälligkeit in der zerebralen Bild- gebung gerechnet werden, die dann in der Regel nicht einmal Ursache für die Kopfschmerzen ist (6). Wenn die neurologische Untersuchung auffällig ist, steigt das

KASTEN 1

Bevölkerungsbezogene Lebenszeitprävalenz der verschiedenen Kopfschmerzformen*

1

cMigräne

Ohne Aura 9 Prozent Mit Aura 6 Prozent

cKopfschmerz vom Spannungstyp Episodisch 66 Prozent Chronisch 3 Prozent

cClusterkopfschmerz und andere trigeminoautonome Kopfschmerzen 0,1 Prozent cAndere idiopathische Kopfschmerzen

– Idiopathischer stechender Kopfschmerz 2 Prozent – Primärer Hustenkopfschmerz 1 Prozent – Primärer Anstrengungskopfschmerz 1 Prozent – Kopfschmerz bei sexueller Aktivität 1 Prozent cKopfschmerzen durch Schädeltrauma 4 Prozent cKopfschmerzen durch Gefäßstörungen 1 Prozent

cKopfschmerzen durch nichtvaskuläre intrakranielle Störungen (zum Beispiel Tumoren) 0,5 Prozent

cKopfschmerzen bei Medikamentenübergebrauch 3 Prozent cKopfschmerzen bei Infektionen oder Fieber 63 Prozent cKopfschmerzen bei metabolischen Erkrankungen 22 Prozent cKopfschmerzen bei Erkrankungen

– des Halses 1 Prozent – der Augen 3 Prozent – der Ohren 0,5 Prozent – der Nase oder Sinus 15 Prozent cKopf- und Gesichtsneuralgien 0,5 Prozent

*1in der Klassifikation von 1988 in Dänemark nach (3). Die Lebenszeitprävalenz von Kopfschmer- zen überhaupt lag bei 93 % für Männer und 99 % für Frauen.

Diagnosestellung

Die IHS-Klassifikation unterteilt Kopfschmerzen in idiopathische und symptomatische

Kopfschmerzen.

Kosten durch Kopfschmerzen

Die direkten Kosten für Kopfschmerzen in

Deutschland werden auf etwa 2 Milliarden Euro,

die indirekten Kosten auf ungefähr 7 Milliarden

Euro geschätzt.

(3)

Risiko für eine Auffälligkeit bis zu 15 Prozent. Die dia- gnostischen Empfehlungen gelten auch für besondere Situationen wie Kopfschmerzen in der Schwangerschaft oder Kindheit (7).

Der genaue Wortlaut der Kopfschmerzklassifikation wie auch die Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft können unter www.dmkg.de auch im Internet eingesehen werden.

Einteilung der Kopfschmerzen

Kopf- und Gesichtsschmerzen werden insgesamt in 14 Hauptgruppen eingeteilt, die sich wiederum in über 200 verschiedene Kopfschmerzformen aufteilen. Kasten 3 fasst die Hauptgruppen zusammen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Kopfschmerzformen unter differenzial- diagnostischen Aspekten kurz erläutert werden.

Migräne

Die Migräne ist die mit Abstand häufigste idiopathische Kopfschmerzerkrankung, die Patienten veranlasst, ei- nen Arzt aufzusuchen. Da diese Kopfschmerzerkran- kung in ihren verschiedenen Manifestationsformen be- reits Thema eines CME-Artikels gewesen ist, soll sie hier nicht weiter ausgeführt werden (siehe May A: Dia- gnostik und moderne Therapie der Migräne; Dtsch Arz- tebl 2006; 103[17]: A1157– 66). Standardisierte Thera- pieempfehlungen und Empfehlungen zur apparativen Diagnostik sind von den zuständigen wissenschaftli- chen Fachgesellschaften publiziert worden (8, 9). In Kasten 4 sind die Kriterien aufgelistet, nach denen eine zerebrale Bildgebung bei der Verdachtsdiagnose einer Migräne erfolgen sollte. Zu diesem Thema ist ebenfalls ein CME-Artikel erschienen (siehe Krings T: Bildge- bende Diagnostik bei der Abklärung des Kopfschmer- zes; Dtsch Arztebl 2004;102[45]: A3026–35).

Kopfschmerz vom Spannungstyp

Der Kopfschmerz vom Spannungstyp zeigt die größte Lebenszeitprävalenz, beeinträchtigt die Patienten aber meistens weniger stark und führt daher seltener in die ärztliche Praxis als die Migräne. Kasten 5 gibt die dia- gnostischen Kriterien dieses Kopfschmerzes wieder.

Man unterscheidet drei verschiedene Verlaufsformen:

cweniger als 12 Tage pro Jahr: sporadisch auftreten- der episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

c12 bis 180 Tage pro Jahr: häufig auftretender episo- discher Kopfschmerz vom Spannungstyp

cmehr als 15 Tage pro Monat: chronischer Kopf- schmerz vom Spannungstyp.

KASTEN 2

Allgemeine und neurologische Untersuchung zur Erstdiagnose von Kopfschmerzen

cNeurologische Untersuchung (unter besonderer Berücksichtigung des Hirn- nervenstatus, Reflexstatus, Sensibilität in den Grundqualitäten, Koordination und Motorik, neuropsychologische Grundtestung)

cUntersuchung der HWS (Beweglichkeit der oberen HWS-Segmente, Druck- schmerzhaftigkeit der perikranialen Muskulatur) und Inspektion der gesamten Wirbelsäule

cUntersuchung der Kieferfunktionen und des Zahnstatus inklusive der Schleimhäute

cMessung des Blutdrucks

cErhebung eines Gefäßstatus (A. temporalis, Auskultation der A. carotis) cAuskultation von Herz und Lunge

cTastbefund des Abdomens cInspektion der Haut

Migräne

Die Migräne ist die mit Abstand häufigste idiopa- thische Kopfschmerzerkrankung, die Patienten in ärztliche Behandlung führt.

Häufigkeit von Kopfschmerzen

90 Prozent aller Patienten in der Praxis haben idiopathische Kopfschmerzen, die positiv ausschließlich über die Anamnese diagnostiziert werden.

KASTEN 3

Einteilung der Kopfschmerzklassifikation der International Headache Society

cIdiopathische Kopfschmerzerkrankungen – Migräne

– Kopfschmerz vom Spannungstyp

– Clusterkopfschmerz und andere trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen – andere primäre Kopfschmerzen

cSymptomatische Kopfschmerzerkrankungen Kopfschmerz zurückzuführen auf:

– ein Kopf- und/oder HWS-Trauma

– Gefäßstörungen im Bereich des Kopfes oder des Halses – nichtvaskuläre intrakranielle Störungen

– eine Substanz oder deren Entzug – eine Infektion

– eine Störung der Homöostase (Stoffwechselerkrankungen)

– Erkrankungen des Schädels sowie von Hals, Augen, Ohren, Nase, Neben- höhlen, Zähnen, Mund oder anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen – psychiatrische Störungen (Somatisierungsstörungen, psychotische

Störungen)

– kraniale Neuralgien und zentrale Ursachen von Gesichtsschmerzen – nicht klassifizierbare Kopfschmerzen

(4)

Insbesondere der chronische Kopfschmerz vom Spannungstyp kann differenzialdiagnostisch mit sym- ptomatischen Kopfschmerzen verwechselt werden.

Dies kann der Fall sein, wenn zum Beispiel ein Normal- druckhydrozephalus, ein chronisches subdurales Häma- tom oder posttraumatische Kopfschmerzen Ursache sind. Deshalb sollte beim chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp auch immer eine zerebrale Bildge- bung erfolgen, in Einzelfällen auch weitere apparative Diagnostik.

Trigeminoautonome Kopfschmerzen

Trigeminoautonome Kopfschmerzen definiert man als eine Gruppe von attackenartigen Kopfschmerzen, die mit einseitigen trigeminalen Schmerzen und obligaten autonomen Begleitsymptomen einhergehen (10, 11).

Dies bedeutet, dass zum einen stärkste streng einseitige, periorbital oder temporal lokalisierte Schmerzattacken auftreten und zum anderen mit den Schmerzen gleich- zeitig wenigstens eines der Symptome Lakrimation, Rhinorrhö, Augenrötung oder Horner-Syndrom einher- geht.

Der bekannteste Vertreter aus dieser Gruppe ist der Clusterkopfschmerz. Daneben gehören auch die pa- roxysmale Hemikranie und das SUNCT-Syndrom dazu („short lasting unilateral neuralgiform headache attacks with conjunctival injection and tearing“). Diese ver- schiedenen Formen unterscheiden sich aus klinischer Sicht vor allem durch das Zeitmuster der Attacken in Dauer und Frequenz. Sie können alle in einer episodi- schen Form und einer chronischen Form auftreten. Liegt die episodische Form vor, treten fast täglich Attacken über einen Zeitraum von Wochen oder wenigen Mona- ten auf. Zwischenzeitlich können die Beschwerden aber auch für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten voll- ständig abklingen. Eine Übersicht über die unterschied- lichen Zeitmuster gibt die Tabelle.

Für die paroxysmale Hemikranie gilt die Besonder- heit, dass sie immer und vollständig auf Indometacin (Tagesdosis bis etwa 200 mg) anspricht. Dies ist auch ein obligates diagnostisches Kriterium. Zusätzlich ist in der Tabelle die Hemicrania continua aufgeführt, die ebenfalls sofort auf Indometacin anspricht, aber nicht attackenartig, sondern dauerhaft auftritt. Diese Kopf- schmerzform wird in der Gruppe der anderen idiopathi- schen Kopfschmerzen geführt. Außerdem muss von den trigeminoautonomen Kopfschmerzen die Trigeminus- neuralgie abgegrenzt werden, bei der die Attacken ex- trem kurz (zumeist unter einer Sekunde) liegen und keine

Spannungskopfschmerz

Kopfschmerzen vom Spannungstyp werden in eine episodische und chronische Verlaufsform eingeteilt. Die chronische Form hat eine Lebenszeitprävalenz von bis zu drei Prozent und ist häufig therapieresistent.

Trigeminoautonomer Kopfschmerz

Unter trigeminoautonomen Kopfschmerzen ver- steht man streng einseitige Kopfschmerzen mit autonomen Begleitsymptomen. Am bekanntesten ist der Clusterkopfschmerz.

KASTEN 4

Migräne – MRT sollte zum Ausschluss von symptomatischen Kopfschmerzen erfolgen bei:

cErstmanifestation einer Migräne mit untypischen Kopfschmerzen oder untypischen Begleitsymptomen

cMigräne mit untypischer (insbesondere persistierender) Aura, jede Form der Migräne mit hemiplegischer Aura

cErstmanifestation einer typischen Migräne jenseits des 40. Lebensjahres cAuffälligkeiten in der allgemeinen und neurologischen körperlichen

Untersuchung

cAtypischer klinischer Verlauf (das heißt signifikante Veränderungen in Frequenz, Dauer, Begleitsymptomen)

cZunehmende Schmerzintensität oder sich ändernder Kopfschmerzcharakter, auch bei Wirkungslosigkeit vorher wirksamer Schmerzmedikamente cNeues zusätzliches Berichten von neurologischen Symptomen/Ausfällen cAngst des Patienten vor schwerwiegenden zugrundeliegenden Erkrankungen

wie zum Beispiel Tumorerkrankungen

KASTEN 5

Operationalisierte diagnostische Kriterien des Kopfschmerzes vom Spannungstyp*

1

A. Wenigstens zehn Episoden, die die Kriterien B bis D erfüllen (maximal an 15 Tagen im Monat).

B. Die Kopfschmerzdauer liegt zwischen 30 Minuten und 7 Tagen.

C. Der Kopfschmerz weist mindestens zweider folgenden Charakteristika auf:

1. beidseitige Lokalisation

2. Schmerzqualität drückend oder beengend, nicht pulsierend 3. leichte bis mittlere Schmerzintensität

4. keine Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten wie Gehen oder Treppensteigen

D. Beide folgende Punkte sind erfüllt:

1. keine Übelkeit oder Erbrechen (Appetitlosigkeit kann vorkommen) (bei der chronischen Verlaufsform auch Übelkeit)

2. Photophobie oder Phonophobie, nicht jedoch beides, kann vorhanden sein.

E. Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen

*1nach der Kopfschmerzklassifikation der IHS

(5)

autonomen Begleitsymptome aufweisen (12). Eine MRT des Schädels sollte man bei allen trigeminoautonomen Kopfschmerzen einmal zur Diagnosesicherung durch- führen, da symptomatische Formen beschrieben worden sind, bei denen Tumore oder Gefäßmissbildungen die Kopfschmerzen der hinteren Schädelgrube und in der Mittellinie verursachen.

Andere idiopathische Kopfschmerzen

Schließlich wird in der Kopfschmerzklassifikation noch eine Gruppe von idiopathischen Kopfschmerzen zusam- mengefasst, die sich nicht in die bisher beschriebenen drei Gruppen einordnen lassen (13).

Diese Kopfschmerzerkrankungen sind harmlos, und man kann davon ausgehen, dass sie keine symptomati- sche Ursache haben. Sie sind in der Bevölkerung zum Teil häufiger, als ihre Bekanntheit vermuten lässt. Sie sollen daher im Einzelnen kurz vorgestellt werden:

cidiopathischer stechender Kopfschmerz: blitzartige Schmerzen an wechselnden Stellen des Schädels ohne weitere Begleitsymptome

cprimärer Hustenkopfschmerz: Minuten lang anhal- tende Kopfschmerzen beim Husten oder bei anderen Valsalva-Manövern (symptomatisch beim Arnold- Chiari-Syndrom)

cprimärer Anstrengungskopfschmerz: bei körperli- cher Anstrengung oder Sport auftretender, für Stunden anhaltender Kopfschmerz

cKopfschmerz bei sexueller Aktivität: vor allem kurz vor oder während des Orgasmus auftretender bila- teraler okzipitaler Kopfschmerz für Minuten bis Stun- den (cave: Ausschluss Subarachnoidalblutung)

cprimärer schlafgebundener Kopfschmerz so ge- nannter „hypnic headache“: Kopfschmerzattacken von wenigen Stunden Dauer, die vor allem bei älteren Men-

schen ausschließlich nachts (häufig immer zur selben Uhrzeit) auftreten

cprimärer Donnerschlagkopfschmerz: Kopfschmer- zen, die innerhalb von einer Minute maximale Intensität erreichen und dann über Stunden bis Tage anhalten.

Trotz intensiver Diagnostik lässt sich keine Ursache fin- den (cave: Ausschluss Subarachnoidalblutung).

Diagnostik bei Verdacht auf symptomatische Kopfschmerzen

Entspricht der Kopfschmerz nicht den typischen Kriteri- en für einen idiopathischen Kopfschmerz oder geben Anamnese oder neurologische Untersuchung Anlass zum Verdacht auf einen symptomatischen Kopfschmerz, so sind weitere apparative Diagnostik und eventuell auch weitere fachärztliche Untersuchungen zu veranlassen.

Im Folgenden sollen symptomatische Kopfschmerzen besprochen werden, die bei verzögerter Diagnosestel- lung zu bleibender Behinderung oder sogar Tod führen können und die mit unauffälligen Befunden der kraniel- len Bildgebung (CT oder MRT des Kopfes) einhergehen können. Gemäß der Zielsetzung dieses Artikels kann da- bei nur auf die Grundzüge der Diagnostik eingegangen werden. Eine Übersicht über die Wertigkeit der verschie- denen zum Einsatz kommenden apparativen Verfahren gibt Kasten 6.

Subarachnoidalblutung (SAB)

Leitsymptom ist der plötzlich auftretende Kopfschmerz in noch nie zuvor erlebter Intensität, dem häufig zeit- lich verzögert ein Nackenschmerz folgt und der in etwa 50 Prozent der Fälle von Übelkeit, Erbrechen und Be- wusstseinsstörungen begleitet wird. Fokale Ausfälle oder epileptische Anfälle weisen auf eine Einblutung in das Hirnparenchym hin, sind jedoch keinesfalls obligat.

Die klinische Untersuchung zeigt typischerweise Lichtscheu und Nackensteifigkeit. Bei klinischem Ver- dacht auf eine SAB ist eine kraniale CT-Untersuchung zwingend erforderlich. Die Sensitivität dieser Maß- nahme liegt bei > 95 Prozent, wenn sie innerhalb der ersten 48 Stunden nach Einsetzen der Kopfschmer- zen durchgeführt wird. Die Kernspintomographie mit

„fluid attenuated inversion recovery“-(FLAIR-)Sequen- zen und Gradientenechosequenzen ist der CT in der Akutphase inzwischen gleichwertig; die Sensitivität der CT sinkt mit zunehmendem Abstand zum Einsetzen der Kopfschmerzen und beträgt nach einer Woche < 50 Prozent, während die Kernspintomographie noch län- gere Zeit Blutabbauprodukte darstellen kann (14).

Idiopathische Kopfschmerzformen

Seltene Formen von idiopathischen Kopfschmer- zen treten auf bei Anstrengung, Husten, sexueller Aktivität, als „Donnerschlagkopfschmerz“, oder die Schmerzen sind stechend oder treten nur nachts auf.

Indikation Bildgebung

Zum Ausschluss symptomatischer Formen bei den seltenen idiopathischen Formen sollte eine zerebrale Bildgebung erfolgen.

TABELLE

Differenzialdiagnose der verschiedenen trigeminoautonomen Kopfschmerzen

Dauer Frequenz autonome Wirkung von pro Tag Symptome Indometacin

Hemicrania continua andauernd andauernd (+) +

Clusterkopfschmerz 15–180 min 0,5–8 + –

Paroxysmale Hemikranie 2–30 min > 5 + +

SUNCT-Syndrom 5–240 sec 3–200 + –

Trigeminusneuralgie < 2 sec unbestimmt – –

(6)

Sind CT und MRT negativ und es besteht der Ver- dacht auf eine SAB, sollte der behandelnde Arzt zwin- gend eine Liquoruntersuchung veranlassen. Die Li- quoruntersuchung sollte mit einer zeitlichen Verzöge- rung von sechs bis zwölf Stunden nach Beginn des Kopfschmerzes durchgeführt werden, da zu einem früheren Zeitpunkt die Differenzierung zwischen ei- ner SAB und artifiziell blutigem Liquor eventuell nicht möglich ist. Nach abgelaufener SAB kommt es nach einigen Stunden zu einer Lyse der Erythrozyten mit Bildung von Bilirubin und Oxyhämoglobin, die dem Liquor nach Abzentrifugation eine gelbliche Far- be geben.

Diese so genannte Xanthochromie ist bis zu zwei Wochen nach einer SAB nachweisbar. Bilirubin ist auch spektrophotometrisch dokumentierbar und Be- weis für eine abgelaufene SAB, da sich Bilirubin nur in vivo bilden kann. Ferritin und Siderophagen kön- nen bis zu vier Wochen lang im Liquor entdeckt wer- den, danach ist eine SAB nicht mehr zu beweisen.

Stellt sich der Patient erst mehrere Wochen nach dem Ereignis vor, so sollte man erwägen eine CT- oder MR-Angiographie zur Dokumentation des Vorliegens eines Aneurysmas vorzunehmen, da die Möglichkeit besteht, dass der Beweis einer abgelaufenen SAB er- bracht wird. Dieses Vorgehen ist allerdings umstritten, da kleine (< 5 mm) asymptomatische Aneurysmen bei etwa jedem 50. Erwachsenen zu erwarten sind.

Eine weitere Hirnblutung, die primär mit Kopf- schmerzen ähnlich einem chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp symptomatisch werden kann, ist das subdurale Hämatom (Abbildung). Hieran muss vor allem bei älteren Menschen nach Bagatelltrauma, unter Marcumartherapie oder mit Liquorunterdruck- syndrom gedacht werden. Die Diagnose kann sich un- ter Einsatz von CCT und MRT bestätigen.

Meningitis

Die bakterielle Meningitis ist durch die klinische Trias Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Fieber gekennzeichnet. Zusätzlich können vegetative Be- gleitsymptome (Lichtscheu, Übelkeit, Erbrechen) so- wie eine Vigilanzminderung und epileptische Anfälle auftreten. Ein Exanthem vor allem an Stamm und Bei- nen weist auf eine Meningokokkenmeningitis hin, kann aber auch bei Pneumokokken- und Haemophi- lusmeningitiden vorkommen. Entscheidende diagno- stische Maßnahme ist die Liquoruntersuchung, die bei einer bakteriellen Entzündung typischerweise eine

granulozytäre Pleozytose > 1 000 Zellen/µL zeigt.

Geringere Granulozytenzahlen können sehr früh im Krankheitsverlauf, bei antibiotisch unbehandelten Pa- tienten, fulminanten Krankheitsverläufen mit hoher Bakteriendichte und abwehrgeschwächten Patienten beobachtet werden. Die Liquoruntersuchung ermög- licht darüber hinaus den Erregernachweis durch Mi- kroskopie (Gramfärbung), Antigennachweis und Kul- tur sowie eine spätere Anpassung der empirischen In- itialtherapie nach Resistogramm.

Bei einem Patienten mit Verdacht auf eine bakteri- elle Meningitis ohne Vigilanzminderung oder fokales neurologisches Defizit sollte sich die Liquoruntersu- chung unmittelbar der klinischen Untersuchung anschließen und eine Antibiotikatherapie nach Abnah- me von Blutkulturen initiiert werden. Bei bewusst-

Röntgen des Schädels und der HWS

Eine native Röntgenaufnahme des Schädels und der Halswirbelsäule (HWS) ist zur Diagnostik von Kopfschmerzen ungeeignet.

Subarachnoidalblutung

Bei Verdacht muss immer sofort ein CCT erfolgen.

Ist dies unauffällig, muss anschließend zwingend eine Lumbalpunktion durchgeführt werden. Bei erfolgloser und unklarer Lumbalpunktion erfolgt alternativ eine Angiographie.

KASTEN 6

Wertigkeit verschiedener apparativer Verfahren in der Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen

cMRT des Kopfes

– parenchymatöse Läsionen (inklusive entzündlicher Plaques und Enzephalitis) und Blutungen (Subarachnoidalblutung, subdurales Hämatom); Darstellung des Hirnstamms und der Hypophysenregion sowie des kraniozervikalen Übergangs (zum Beispiel Arnold-Chiari-Malformation); Dissekate (gezielte Sequenzen in axialer Schichtführung des Halses); in MR-Angiographie Nachweis von Sinusthrombosen und größeren Aneurysmen cCCT

– Knochen; frühe Erkennung von Blut in Liquor (SAB, subdurales Hämatom);

in CT-Angiographie Nachweis von Sinusthrombosen und größeren Aneurysmen cDigitale Substraktions-Angiographie

– kleinere Aneurysmen; kleinere Hirnvenenthrombosen: zerebrale Vaskulitis;

arteriovenöse Fisteln; extrakranielle und intrakranielle Fisteln cUltraschall

– Darstellung von Dissekaten (insbesondere Verlaufskontrolle) cEEG

– epileptische Anfälle; Herdverlauf bei Verdacht auf Migräneaura cRöntgen HWS

– knöcherne Destruktionen; posttraumatische Veränderungen inkl. Spondylo- listhesis; Gefügestörungen; zum Nachweis des cervikogenen Kopfschmer- zes nicht geeignet

cRöntgen der Nasennebenhöhlen – Sinusitis

(7)

seinsgestörten Patienten oder fokalen neurologischen Defiziten sollte vor der Liquoruntersuchung eine CT des Kopfes angefertigt werden, um einen erhöhten intrakraniellen Druck mit Einklemmungsgefahr auszu- schließen. In diesem Fall muss die Antibiotikatherapie bereits nach Abnahme von Blutkulturen begonnen werden, und die Liquorpunktion erfolgen, sobald eine Kontraindikation durch die CT ausgeschlossen wurde.

In aller Regel ermöglicht die Liquoruntersuchung die Abgrenzung von einer viralen Meningitis, die übli- cherweise einen blanderen klinischen Verlauf zeigt.

Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis)

Die Riesenzellarteriitis ist typischerweise eine Erkran- kung älterer Menschen. Sie manifestiert sich akut oder subakut mit allgemeinen Krankheitssymptomen (unspe- zifisches Krankheitsgefühl, subfebrile Temperaturen, Appetitlosigkeit, unter Umständen Gewichtsabnahme) und ein- oder beidseitigen stechend-bohrenden Kopf- schmerzen. Visusstörungen (Amaurosis fugax, visuelle Reizerscheinungen) sind ein weiteres Kardinalsymptom und zeigen eine bei verzögerter Diagnostik und Thera- pie drohende Erblindung an. Typische weitere Sympto- me sind eine Claudicatio bei Kieferbewegungen sowie Dysästhesien oder Nekrosen der Kopfhaut, die jedoch nicht obligat sind. Häufig existiert eine schmerzhafte Verhärtung oder Pulsabschwächung der Temporalarte- rie. Charakteristische Laborbefunde sind eine starke Er- höhung des CRP und der BSG (so genannte Sturzsen-

kung). Dabei weist die CRP-Erhöhung eine höhere Sen- sitivität auf. Diagnostischer Goldstandard ist der histo- logische Nachweis einer nekrotisierenden Riesenzellar- teriitis aus einem Biopsat der Temporalarterie.

Die Indikation zu einer Biopsie sollte insbesondere bei untypischer Klinik oder fehlender Sturzsenkung großzügig gestellt werden. Da die Sensitivität der Biopsie unter einer Steroidtherapie kontinuierlich ab- nimmt (von 80 bis 90 Prozent innerhalb einer Woche auf etwa 60 Prozent), sollte sie gegebenenfalls früh- zeitig erfolgen. Keinesfalls darf der Beginn einer Steroidtherapie jedoch durch das Warten auf eine Biopsie verzögert werden, da potenziell ein irreversi- bler Visusverlust droht. Die Riesenzellarteriitis tritt in

> 50 Prozent der Fälle gemeinsam mit einer Polymy- algia rheumatica auf, die durch Myalgien der Schul- ter- und Beckengürtelmuskulatur und Arthralgien ge- kennzeichnet ist.

Sinusthrombose

Eine Thrombose der Hirnvenen kommt typischerweise in der Schwangerschaft, bei hereditären Koagulopathi- en oder bei bakterieller Meningitis vor und führt häufig primär zu drückenden Kopfschmerzen, die im Liegen stärker sind als in aufrechter Position. Folge kann auch ein Pseudotumor cerebri sein. Schnell können Hirnner- venausfälle, Halbseitensymptome und typischerweise auch epileptische Anfälle auftreten. Notwendig ist eine schnelle Bildgebung mithilfe des MRT, wobei in den meisten Fällen eine morphologische Darstellung des Gehirns nicht ausreicht, sondern eine MR-Angiogra- phie mit venöser Phase durchgeführt werden muss. In Zweifelsfällen kann auch eine konventionelle digitale Subtraktionsangiographie (DSA) indiziert sein.

Dissektionen der hirnversorgenden Arterien

Traumatische Dissektionen, die oft durch eine Chirothe- rapie ausgelöst werden, oder spontane Dissektionen der hirnversorgenden Arterien, führen zu plötzlichen halbsei- tigen Kopf- oder Nackenschmerzen. Sie stellen bei jun- gen Menschen eine häufige Ursache zerebraler Ischämi- en dar, müssen aber nicht dazu führen. Zwischen dem Auftreten der Gefäßdissektion und der zerebralen Ischä- mie können unter Umständen mehrere Tage liegen, in de- nen eine MRT des Kopfes unauffällige Befunde ergeben kann. In dieser Phase kann ein einseitiges Horner-Syn- drom auf eine Dissektion der A. carotis interna mit häma- tombedingter Schädigung sympathischer Nervenfasern hinweisen, ebenso können hämatombedingte Ausfälle

Riesenzellarteriitis

Die Riesenzellarteriitis (früher: Arteriitis tempora- lis) wird durch Anamnese, typische Laborkonstel- lation und eventuell Biopsie diagnostiziert. Sie muss auch bei nicht eindeutiger Diagnose sofort mit Steroiden behandelt werden.

Sinusthrombose

Eine Sinusthrombose kann Ursachen von chroni- schen Kopfschmerzen (insbesondere in der Schwangerschaft) sein. Ihr Nachweis gelingt nur in der zerebralen Bildgebung.

Abbildung Subdurale Hämatome im MRT eines 76-jährigen Patienten, der sich mit chronischen posttraumatischen therapieresistenten Kopfschmerzen

vorstellte

(8)

kaudaler Hirnnerven vorliegen wie zum Beispiel Schluck- störungen, Zungenparese und Dysarthrie. Die Ultraschall- untersuchung der Halsgefäße kann hämodynamische und/

oder morphologische Auffälligkeiten zeigen, die den Ver- dacht auf eine Dissektion lenken. Sie kann als alleiniges Verfahren jedoch häufig keine definitive differenzialdia- gnostische Abgrenzung gegenüber anderen zum Beispiel atherosklerotischen Gefäßpathologien gewährleisten. Die MR-Angiographie mit MRT-Schnittbildern ermöglicht dann fast immer den Nachweis eines Dissektats und hat die DSA als Goldstandard weitgehend abgelöst.

Pseudotumor cerebri

Die Erkrankung ist definiert als Liquordruckerhöhung ohne Nachweis einer zerebralen Raumforderung und mit unauffälligem Liquorbefund. Leitsymptom ist ein Kopfschmerz, der häufig pulsierenden Charakter hat.

Visuelle Reizerscheinungen, Gesichtsfeldausfälle, Tin- nitus, Visusminderungen und Doppelbilder begleiten ihn in abnehmender Häufigkeit. Die Erkrankung be- trifft vor allem übergewichtige Frauen im gebärfähigen Alter, kann aber selten auch bei Männern vorkommen.

Charakteristischer Befund ist die Stauungspapille, die Perimetrie zeigt bei einer Optikusneuropathie einen vergrößerten blinden Fleck und nasal unten betonte Ge- sichtsfelddefekte. Eine zerebrale Raumforderung und Sinusthrombosen müssen ausgeschlossen werden. Die entscheidende diagnostische Maßnahme ist eine Li- quordruckmessung im Liegen, die Eröffnungsdrücke von > 25 cm Wassersäule zeigt und der sich als kurzfri- stige Therapie eine unmittelbare Entlastung durch Ab- lassen von 20 bis 30 mL Liquor anschließt.

Hirntumoren

Kopfschmerzen aufgrund von Hirntumoren sind eher selten und nur bei weniger als 0,1 Prozent aller Kopf- schmerzpatienten einziges oder erstes Symptom (15).

Jedoch haben fast alle Kopfschmerzpatienten Angst vor einem Hirntumor.

An einen Tumor als Ursache von Kopfschmerzen muss nur dann gedacht werden, wenn die neurologi- sche Untersuchung eindeutig fokale neurologische (das heißt lokalisierende) Defizite ergibt, wenn die Kopfschmerzen erstmals mit einem epileptischen An- fall auftreten oder wenn es gleichzeitig zu neuem mor- gendlichem Erbrechen kommt.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 9. 5. 2006, revidierte Fassung angenommen 17. 7. 2006

LITERATUR

1. Leonardi M, Steiner TJ, Scher AT, Lipton RB: The global burden of migraine: measuring disability in headache disorders with WHO's Classification of Functioning, Disability and Health (ICF). J Head- ache Pain 2005; 6: 429–40.

2. Headache Classification Committee: The international classifica- tion of headache disorders, 2nd edition. Cephalalgia 2004; 24 (Suppl 1):

3. Rasmussen BK: Epidemiology of headache. Cephalalgia 1995;

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4. Evers S: Kopfschmerzen – epidemiologische und gesundheitsö- konomische Aspekte. Manuelle Medizin 2001; 39: 290–3.

5. Kopfschmerzklassifikation der International Headache Society (deutsche Version). Nervenheilkunde 2003; 22: 531–670.

6. Quality Standards Subcommittee of the American Academy of Neurology Practice parameter: the utility of neuroimaging in the evaluation of headache in patients with normal neurologic exami- nations (summary statement). Neurology 1994; 44: 1353–4.

7. Gendolla A, Evers S: Schwierige Entscheidungen. Kopfschmerz- therapie in der Schwangerschaft und bei Kindern. Schmerz 2004;

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8. Diener HC, Pfaffenrath V, Limmroth V et al.: Therapie der Migrä- neattacke und Migräneprophylaxe. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Migrä- ne- und Kopfschmerzgesellschaft. In: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Hrsg). Stuttgart: Thieme 2005;

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9. May A, Straube A, Peikert A, Diener HC: Diagnostik und apparative Zusatzuntersuchungen bei Kopfschmerzen. In: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Hrsg). Stuttgart: Thieme 2005, 476–9.

10. Goadsby PJ, Lipton RB. A review of paroxysmal hemicranias, SUNCT syndrome and other short-lasting headaches with autono- mic feature, including new cases. Brain 1997; 120: 193–209.

11. May A, Evers S, Straube A, Pfaffenrath V, Diener HC: Therapie und Prophylaxe von Clusterkopfschmerzen und anderen trigemino-au- tonomen Kopfschmerzen. Nervenheilkunde 2004; 23: 478–90.

12. Paulus W, Evers S, May A, Steude U, Wolowski A, Pfaffenrath V:

Therapie und Prophylaxe von Gesichtsneuralgien und andere For- men der Gesichtsschmerzen. Schmerz 2003; 17: 74–91.

13. Evers S, Frese A, May A, Sixt G, Straube A: Therapie seltener idio- pathischer Kopfschmerzerkrankungen. Nervenheilkunde 2005;

24: 217–26.

14. Schellinger PD, Fiebach JB: Intracranial hemorrhage: the role of magnetic resonance imaging. Neurocrit Care 2004; 1: 31–45.

15. Evers S: Kopfschmerz bei Hirntumoren. In: Diener HC (Hrsg).

Kopfschmerzen. Referenzreihe Neurologie. Stuttgart: Thieme Ver- lag 2003: 140–6.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Dr. phil. Stefan Evers

Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Straße 33, 48129 Münster

E-Mail: everss@uni-muenster.de

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Eine Kasuistik steht im Internet zur Verfügung:

w

wwwww..aaeerrzztteebbllaatttt..ddee//ccmmee//00661122

Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der Ein- heitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Un- ter wwwwww..aaeerrzztteebbllaatttt..ddee//ccmmeemuss hierfür in der Rubrik „Mei- ne Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in das entspre- chende Eingabefeld eingegeben werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

Weitere Informationen zu cme

English version of this article on the internet:

www.aerzteblatt.de

@

(9)

Frage Nr. 1

Welche Kopfschmerzform gehört zu den symptomatischen Kopfschmerzen?

a) Migräne

b) Kopfschmerz vom Spannungstyp c) primärer schlafgebundener Kopfschmerz d) Clusterkopfschmerz

e) Pseudotumor cerebri

Frage Nr. 2

Welche Erkrankung gehört zu den trigeminoautonomen Kopfschmerzen?

a) Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) b) chronischer Clusterkopfschmerz c) schlafgebundener Kopfschmerz d) primärer Hustenkopfschmerz e) Trigeminusneuralgie

Frage Nr. 3

Welches Symptom schließt einen chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp aus?

a) halbseitiger Kopfschmerz b) milde Übelkeit c) Appetitlosigkeit d) drückende Kopfschmerzen e) Erbrechen

Frage Nr. 4

Ab wie viel Tagen mit Kopfschmerzen pro Monat spricht man von einem chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp?

a) 5 Tage/Monat b) 10 Tage/Monat c) 15 Tage/Monat d) 20 Tage/Monat e) 30 Tage/Monat

Frage Nr. 5

Wann sollte bei einem Verdacht auf eine Subarachnoidalblutung ein CCT durchgeführt werden?

a) gar nicht; man sollte immer zuerst eine MRT durchführen b) so schnell wie möglich

c) frühestens nach einer Lumbalpunktion d) frühestens vier Stunden nach dem Ereignis e) sobald neurologische Ausfallsymptome vorliegen

Frage Nr. 6

Welcher Laborparameter hat die höchste Sensitivität bei Vorliegen einer Riesenzellarteriitis?

a) Blutsenkungsgeschwindigkeit b) Leukozytenzahl

c) Fibrinogen d) Hämoglobin e) CRP

Frage Nr. 7

Wozu dient eine MRT bei Verdacht auf trigeminoautonome Kopf- schmerzen?

a) zum eventuellen Nachweis eines Gefäß-Nerven-Kontakts

c) zum Ausschluss eines Kleinhirninfarkts als Ursache der Schmerzen d) zum Ausschluss einer Epilepsie vor Gabe eines Antiepileptikums zur

Schmerztherapie

e) zum eventuellen Nachweis eines Migräne als Ursache der halbseiti- gen Kopfschmerzen

Frage Nr. 8

Nach welchem Grundprinzip der Kriterien werden idiopathische Kopfschmerzen in der Kopfschmerzklassifikation der IHS diagno- stiziert?

a) aufgrund apparativer Diagnostik

b) nach ätiologischen Kriterien (d. h. pathophysiologisch) c) nach Symptomen

d) aufgrund der Familienanamnese

e) nach Kriterien der körperlichen Untersuchung

Frage Nr. 9

Welcher Kopfschmerz gehört zu den idiopathischen Kopfschmerzen?

a) Kopfschmerz bei Riesenzellarteriitis b) Kopfschmerz bei arterieller Dissektion c) Kopfschmerz bei bakterieller Meningitis d) Kopfschmerz bei Subarachnoidalblutung e) Kopfschmerz bei sexueller Aktivität

Frage Nr. 10

Welche Aussage zur Kopfschmerzdiagnostik ist richtig?

a) Die meisten Kopfschmerzen in der ärztlichen Praxis sind idiopathisch und nicht symptomatisch.

b) Zur Diagnose einer Migräne muss immer auch eine zerebrale Bildge- bung erfolgen.

c) Halbseitige Kopfschmerzen schließen einen Kopfschmerz vom Span- nungstyp aus.

d) Neurophysiologische Methoden spielen in der Diagnostik von sym- ptomatischen Kopfschmerzen keine Rolle.

e) Das CCT hat die beste Spezifität in der Bildgebung von symptomati- schen Kopfschmerzen.

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

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Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:wwwwww..aaeerrzztteebbllaatttt..ddee//ccmmee

Einsendeschluss ist der 22. Dezember 2006.

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 1–2/2007 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Diagnostik und Therapie neuropathischer Schmerzen“

(Heft 41/2006) kann noch bis zum 24. November 2006 bearbeitet werden.

Für Heft 49/2006 ist das Thema „Psychopathologie und Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung“ vorgesehen.

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Börgermann C, Rübben: Früherkennung des Prostatakarzinom:

1/c, 2/b, 3/b 4/d, 5/e, 6/d, 7/d, 8/b, 9/e, 10/a

Referenzen

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