BDF••••
Vieldiskutierte Toleranz vermeidbar
Halbtägige Nitrat-Pausen empfohlen
T
rotz des akademischen Streits um das primär entscheidende Wirk- prinzip bei Nitraten bleibt als Fixum: Nitrate senken die kardiale Vorlast via venöses„pooling". Ob die Dilatation der (arteriellen) Koronarien und die Steigerung zum Bei- spiel des Kollateralflusses di- rekt oder indirekt folgt, ist therapeutisch zweitrangig.
Weitaus wichtiger ist die Pharmakodynamik der zur Verfügung stehenden Nitra- te. So ist Nitroglycerin als Akuttherapeutikum und Dif- ferentialdiagnostikum Mittel der Wahl, während bei chro- nischer Therapie die Nitrat- wirkung letztlich über das
Bioverfügbarkeit von IS-5- MN liegt sehr zuverlässig bei knapp hundert Prozent, wo- bei sich beim Vergleich der Gaben von 10, 20 und 50 mg keine Dosis-Wirkungsrela- tion erkennen läßt, so daß als Mitteldosierung 20 mg emp- fohlen werden. Um die Toleranzentwicklung zu ver- hindern, sind gleichbleibende Spiegel strikt zu vermeiden, so forderte Professor Strein.
In der Praxis sollen halbtägi- ge Pausen gewährleistet sein, auch beim Einsatz der Nitro-
werden konnte, während Training in Koronargruppen bisher prognostisch keine Re- levanz gezeigt habe.
Die stumme Myokard- ischämie war das Thema ei- nes Vortrages von Dr. Con- rad Droste, Bad Krozingen•
Man geht von etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung aus, vornehmlich Männer zwischen 40 und 60 Jahren, die „asymptomatisch" sind trotz zum Teil massivster Be- funde. Andere sind partiell asymptomatisch, haben also
kungen im Langzeit-EKG) die Gleichung „schmerzfrei
= ischämiefrei = erfolgreich therapiert" als Erfolgskon- trolle tückisch ist. Eine Be- drohung durch massive Isch- ämie oder Herzinfarkt ist häufig nur durch eine lang- same Zunahme der asym- ptomatischen Perioden bei gleichem oder gar gebesser- tem klinischem Bild zu er- kennen.
Das noch „okkultere"
Syndrom X, Gegenstand des Vortrags von Professor Tau- chert, Leverkusen, stellt eine Differentialdiagnose bei Angina pectoris und negati- vem Angio-Befund dar. Die- ser Symptomenkomplex aus
Klaus Strein
Isosorbid-5-Mononitrat (IS- 5-MN) vermittelt wird.
Studien, die von Professor Klaus Strein, Mannheim, auf dem Nitrat-Workshop der Firma Boehringer-Mannheim Ende März in Straßburg refe- riert wurden, lassen folgende Empfehlungen zu: Wenn ei- ne individuelle Dosisanpas- sung überhaupt nötig und realisierbar ist, dann ist dabei weniger auf eine Leber- oder Niereninsuffizienz, als viel- mehr auf das Körpergewicht des Patienten zu achten. Die
Helmuth C. Mehmel
pflaster. In Frage gestellt wurde damit auch die mehr- tägige Perfusortherapie mit hohen Nitratdosen bei der Akutbehandlung des Herzin- farkts.
Für Prävention und Be- handlung koronarer Herz- krankheiten ist der günstige Effekt von konsequenter Di- ät (arm an Cholesterin und Salz), Nikotinabstinenz und sorgfältig gesteuerter Hoch- drucktherapie in allgemein akzeptierten Studien mittler- weile nachgewiesen. Profes- sor Helmuth C. Mehmel, Karlsruhe, berichtete, daß bei Hochdruckpatienten zum Beispiel die Mortalität um et- wa zwanzig Prozent gesenkt
ein positives Belastungs- oder Langzeit-EKG oder Zeichen eines früheren, stummen In- farkts ohne subjektive Angi- na pectoris. Auch ein Groß- teil ungeklärter Kardiomyo- pathien und Fälle mit plötzli- chem Herztod sind kausal den stummen Ischämien zu- zurechnen. Vor allem bei langdauerndem Diabetes und bei Älteren ist die Störung primär im „Schmerzweg"
(Neuropathie) zu suchen, bei anderen in der subjektiven Schmerzempfindung und -re- gulation (Endorphine).
Dr. Conrad Droste zeigte, daß bei Patienten mit sym- ptomatischen Ischämieereig- nissen (Kriterium: ST-Sen-
Conrad Droste schnell wechselnden EKG- Veränderungen, unauffälli- ger linksventrikulärer Funk- tion und stark verzögertem Kontrastmittelabfluß wird bei etwa fünf Prozent der Pa- tienten beobachtet. Sympto- me ohne angiographischen Befund sollten aber auch an eine Prinzmetal Angina, an Mikroangiopathien, erhöhte Viskosität des Blutes, an ei- nen Nitroglycerinentzug und nicht zuletzt an eine Fehldia- gnose denken lassen.
Wolfgang Rühle
Michael Tauchert A-2002 (86) Dt. Ärztebl. 84, Heft 28/29, 11. Juli 1987