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Aktuelle Reformen im Bereich des Estate Plannings

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Academic year: 2022

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7. Hamburger Financial Planning Day 18.06.2021

Aktuelle Reformen im Bereich des Estate Plannings

Dr. Dietrich Ostertun

Kurze Mühren 13, 20095 Hamburg Tel. 040-30309636 Kanzlei@Ostertun.com

• Reform 1: Notvertretung von Ehegatten

• Reform 2: Betreuungsrecht / Vorsorgevollmachten

• Reform 3: ErbStG / Jahressteuergesetz 2020

• Reform 4: Änderungen bei Nießbrauchs- gestaltungen

• Reform 5: ErbSt nach der Bundestagswahl

• Reform 6: Stiftungsrecht

Themen

(2)

Notvertretung von Ehegatten

• Hintergrund, Relevanz, Gesetzesreform

• Inhalt – Übersicht

• Persönlicher Anwendungsbereich

• Sachlicher Anwendungsbereich

• Zeitlicher Anwendungsbereich

• Ausschluss der Vertretung

• Nachweis des Vertretungsrecht

• Verhältnis zur Vorsorgevollmacht

• Praxishinweise und Empfehlungen

Notvertretungsrecht / Übersicht

(3)

• Nur ca. jeder vierte Deutsche errichtet eine Vorsorgevollmacht („Vorsorge-Lethargie“)

• Betreuungsgerichte müssen in Akutsituationen daher oft vorläufige Betreuung anordnen (§ 300 FamFG), hoher Aufwand für Justiz

• Abhilfe: Automatisches Vertretungsrecht zwischen Eheleuten (spart Justizkosten)

• Neuregelung § 1358 BGB n.F. ab 01.01.2023

• Deckt sich mit Umfragen: 80 % wollen im Krankheitsfall vom Ehegatten vertreten werden

Hintergrund, Relevanz und Gesetzesreform

• Voraussetzungen:

• nur zwischen Ehegatten / eingetragenen Lebenspartnern

• die nicht getrennt leben (i.S.d. Familienrechts)

• die keine eigene Regelung getroffen haben (Vorsorgevollmacht / Widerspruch)

• Folgen:

• automatisches gegenseitiges Vertretungsrecht (Notvertretungsrecht)

• wenn eigene Angelegenheiten nicht mehr besorgt werden können (wg. Bewußtlosigkeit oder Krankheit)

• nur für Gesundheitsangelegenheiten (& bestimmte Annex- Geschäfte)

• für maximal 6 Monate

Inhalt der Notvertretung / Übersicht

(4)

Geltung für:

• (+) Ehegatten

Abhilfe (wenn nicht gewünscht):

- abweichende Vorsorgevollmacht

- Eintragung Widerspruch ins ZVR (Zentrale Vorsorgeregister)

• (+) eingetragene Lebenspartner (§ 21 LPartG)

• (-) andere

Abhilfe (wenn andere als Vertreter gewünscht):

- Vorsorgevollmacht errichten, andere bevollmächtigten - (evtl. auch nur als Ersatzbevollmächtigte nach Ehegatten)

persönlicher Anwendungsbereich (1)

(5)

• Die Notvertretung umfasst medizinische Angelegenheiten („Gesundheitsfürsorge“):

– Befugnis, in Untersuchungen des

Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen – Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen

• Dauer von max. sechs Wochen

• Immer mit Genehmigung durch das Betreuungsgericht

– Befugnis zur Entgegennahme ärztlicher Aufklärung – Befreiung des behandelnden Arztes von

Schweigepflicht

sachlicher Anwendungsbereich (1)

sachlicher Anwendungsbereich (2)

• Die Notvertretung umfasst auch vermögensrecht- liche Angelegenheiten in engem Zusammenhang mit der Gesundheitsfürsorge:

– Abschluss von Krankenhaus- und Behandlungsverträgen

– Abschluss von Verträgen für eilige Rehabilitations- und Pflegemaßnahmen

– (Gerichtliche) Durchsetzung von Ansprüchen des kranken Ehegatten gegen Dritte (z.B. Unfallgegner, Krankenkasse / Beihilfe)

– Durchsetzung der Zahlung an den kranken Ehegatten

(kein Inkasso-Recht)

(6)

zeitlicher Anwendungsbereich

• Vertretungsrecht des Ehegatten ist auf sechs Monate begrenzt (keine Verlängerung möglich)

• Anregung eines Betreuungsverfahrens, wenn längere Krankheit des Ehegatten absehbar

• bereits zuvor, wenn vertretender Ehegatte sich nicht zur Vertretung in der Lage fühlt oder verhindert ist

• Beginn der Vertretung mit Vorliegen der

Handlungsunfähigkeit (Feststellung durch den zuerst behandelnden Arzt ist nur deklaratorisch)

• Ende der Vertretung, wenn Ehegatte wieder fähig ist zur eigenen Wahrnehmung der Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge oder nach 6 Monaten

Ausschluss der Vertretung

Kein Notvertretungsrecht in folgenden Fällen:

• getrennt lebende Ehegatten (Trennungswille)

• Kenntnis des Ehegatten / Arztes von:

– entgegenstehendem Wille des kranken Ehegatten oder – Bevollmächtigung eines Dritten in Vorsorge- oder

Generalvollmacht

• Bestellung eines Betreuers

– ab Zeitpunkt der Bestellung endet bisheriges Vertretungsrecht des Ehegatten

– je nach Umfang der betrauten Angelegenheiten können Betreuer und Ehegatte nebeneinander handeln

(7)

Nachweis der Vertretungsmacht

• Ehegatte hat Arzt gegenüber zu bestätigen:

• kein Ausschlussgrund (wie z.B. Getrenntleben, Widerspruch)

• keine zuvorige Nutzung der Notvertretung

• Zuerst behandelnder Arzt hat zu dokumentieren:

• Vorliegen der Voraussetzungen für Notvertretungsrecht

• Zeitpunkt des Eintritts

• Arzt übergibt schriftliche Bestätigung

• Vorliegen der Voraussetzungen für Notvertretungsrecht

• Nichtvorliegen von Ausschlussgründen

(8)

Verhältnis zur Vorsorgevollmacht (1)

• Die Notvertretung hat viele Lücken:

• ermöglicht keine Vertretung durch Kinder / Verwandte / Freunde

• ermöglicht keine Ersatzregelung (bei Wegfall Ehegatte)

• ermöglicht keine „gemeinschaftliche“ Vertretung (also das Erfordernis, dass zwei oder mehr zustimmen müssen)

• umfasst keine allgemeinen Vermögensangelegenheiten, also z.B.

nicht Bankgeschäfte, Immobilienverwaltung, Steuern, Unterhalt, Rentensachen, Mietsachen, Digitales u.v.m.

• ermöglicht im Medizinbereich nur Notsituation selbst und eilige Reha-Maßnahmen, keine laufende Behandlung und Pflege

• endet spätestens nach 6 Monaten

• endet zuvor bei Handlungsfähigkeit des vertretenen Ehegatten

Fazit: Notregelung, kein verlässlicher Schutz

Verhältnis zur Vorsorgevollmacht (2)

• praktische / emotionale Nachteile Notvertretung:

• in der Notlage hat man kein „Papier“ in der Hand

• man muss eine Dokumentation vom Arzt erbitten / erkämpfen

• man kann keine Banküberweisung damit durchführen, keinen Unterhalt organisieren (für sich selbst / die Familie)

• nicht abgedeckt sind krankheitskonforme Umbauten in der Wohnung (Treppenlift o.ä.)

• andere Stellen anerkennen Dokumentation evtl. nicht (ist nur eine Privaturkunde, besser: notarielle Vorsorgevollmacht)

• jederzeit droht Abbruch der Berechtigung (bei Genesung)

• zu langfristigem Handeln fehlt der Mut (Prozess führen, langfristige Reha- und Pflegemaßnahmen – wären evtl. nicht voll abgedeckt)

• usw….

(9)

Beispiel:

Der Ehemann (Inhaber eines Unternehmens) erleidet bei einem Unfall ein Schädelhirntrauma und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind nicht vorhanden. Der Arzt bittet die Ehefrau um die Entscheidung bestimmter ärztlicher Behandlungen und um den Abschluss eines entsprechenden Krankenhausvertrags. Er prognostiziert außerdem, dass die Behandlung eines Schädelhirntraumas über mehrere Monate lang

andauern wird.

(Alternativen: Schlaganfall, Krebsleiden, Burnout…)

Beispiel:

Der Ehemann (Inhaber eines Unternehmens) erleidet bei einem Unfall ein Schädelhirntrauma und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind nicht vorhanden. Der Arzt bittet die Ehefrau um die Entscheidung bestimmter ärztlicher Behandlungen und um den Abschluss eines entsprechenden Krankenhausvertrags. Er prognostiziert außerdem, dass die Behandlung eines Schädelhirntraumas über mehrere Monate lang

andauern wird.

(Alternativen: Schlaganfall, Krebsleiden, Burnout…) Gut: Notvertretungsrecht ermöglicht der Ehefrau, über die Behandlung zu entscheiden und Verträge mit Ärzten und dem Krankenhaus abzuschließen!

Betreuer ist anfangs entbehrlich

(10)

Beispiel:

Der Ehemann (Inhaber eines Unternehmens) erleidet bei einem Unfall ein Schädelhirntrauma und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind nicht vorhanden. Der Arzt bittet die Ehefrau um die Entscheidung bestimmter ärztlicher Behandlungen und um den Abschluss eines entsprechenden Krankenhausvertrags. Er prognostiziert außerdem, dass die Behandlung eines Schädelhirntraumas über mehrere Monate lang

andauern wird.

(Alternativen: Schlaganfall, Krebsleiden, Burnout…) Aber: lückenhaft!

Ehefrau kann nicht sofort handeln, muss erst

§ 1358 BGB durchsetzen (ggf. Nachweise) fehlt: Vertreter für Unternehmen – wer zahlt Löhne, Umsatzsteuer, entscheidet Geschäfte?

fehlt: Vertreter für Privates (Banksachen, Immobilie, Kapitalvermögen usw.)

fehlt: Versorgung Ehefrau / Kinder (wer darf sich welchen Unterhalt entnehmen?)

langfristige Vertretung nicht geregelt – sobald Ehemann erwacht, entfällt die Notvertretung

was wäre, wenn beide Unfall haben?

Ersatzbevollmächtigter fehlt.

Beispiel:

Der Ehemann (Inhaber eines Unternehmens) erleidet bei einem Unfall ein Schädelhirntrauma und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind nicht vorhanden. Der Arzt bittet die Ehefrau um die Entscheidung bestimmter ärztlicher Behandlungen und um den Abschluss eines entsprechenden Krankenhausvertrags. Er prognostiziert außerdem, dass die Behandlung eines Schädelhirntraumas über mehrere Monate lang

andauern wird.

(Alternativen: Schlaganfall, Krebsleiden, Burnout…) Aber: lückenhaft!

Ehefrau kann nicht sofort handeln, muss erst

§ 1358 BGB durchsetzen (ggf. Nachweise) fehlt: Vertreter für Unternehmen – wer zahlt Löhne, Umsatzsteuer, entscheidet Geschäfte?

fehlt: Vertreter für Privates (Banksachen, Immobilie, Kapitalvermögen usw.)

fehlt: Versorgung Ehefrau / Kinder (wer darf sich welchen Unterhalt entnehmen?)

langfristige Vertretung nicht geregelt – sobald Ehemann erwacht, entfällt die Notvertretung

was wäre, wenn beide Unfall haben?

Ersatzbevollmächtigter fehlt.

Fazit:

Vorsorgevollmacht bleibt

empfehlenswert!

(11)

Praxishinweise und Empfehlungen

• eigene individuelle Vorsorgevollmacht errichten

• eigene Auswahl des Vertreters (auch Ersatzvertreter)

• evtl. für Vermögen und Medizin verschiedene Bevollmächtigte

• tw. sofortige Übergabe, tw. sichere Verwahrung bei Dritten

• individueller Umfang (auch Vermögensangelegenheiten)

• schützende Regelung (Dinge ausnehmen, z.B. Eigenheim)

• flankierende Inhalte (Befreiung § 181 BGB, Erlaubnis zur Unter- bevollmächtigung, Schweigepflichtaufhebungen, Digitales regeln,

• evtl. Geltung über den Tod hinaus

Praxishinweise und Empfehlungen

• eigenes Verhältnis klären zur Notvertretung

• evtl. Widerspruch in ZVR eintragen lassen

• evtl. in eigener Vorsorgevollmacht dazu Stellung nehmen

• eigene Vorsorgevollmacht ins ZVR eintragen lassen

• Hausarzt und persönliches Umfeld über Entscheidung informieren

• Notfallkarten zu Bevollmächtigten mit sich führen.

• eigene individuelle Patientenverfügung errichten

(12)

Aspekte der Vorsorgevollmacht in der Reform des Vormundschafts-

und Betreuungsrechts

• Quelle: „Gesetz zur Reform des Vormundschaft- und Betreungsrechts“, Inkrafttreten: am 1.1.2023

• dies ist die größte Änderung des BGB seit 01.01.1900 (alle Vorschriften zwischen §§ 1773-1921 BGB sind betroffen)

• Umfassende Änderung des Rechts betreffend die Fürsorge für andere Personen (Eltern für Kinder, Vormund für Mündel, Betreuer für Betreute, Pfleger für Pflegebefohlene)

• Verlagerung der Grundregelung von der Vormundschaft (dort selten Vermögensthemen) in das Betreuungsrecht und Verweisung in anderen Fürsorgeregelungen hierauf

• im Betreuungsrecht: „Wünsche“ statt „Wohl“ des Betreuten,

Überblick

(13)

• (immer noch) keine Legaldefinition der Vorsorge- vollmacht

– Laut Gesetzesbegründung ist eine Vorsorgevollmacht „eine Voll- macht i.S.d. § 164 ff. BGB, der in der Regel ein Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde liegt, welches darauf ausgerichtet ist, im Falle der Aufhebung der rechtlichen Handlungs- fähigkeit eine Vertretung zu ermöglichen und damit die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden.“

• Vorsorgevollmacht bleibt vorrangig gegenüber Betreuung (§ 1814 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB nF)

• neues Gesetz bündelt altes Recht, Richterrecht (Rechtsprechung) und völlig neue Regelungen

Änderungen bzgl.

Vorsorgevollmachten (Teil 1)

§ 1814 (neu) Voraussetzungen

(1) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).

(2) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.

(3) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen

1. durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6 bezeich- neten Personen gehört, gleichermaßen besorgt werden können oder 2. durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, erledigt

werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.

(4) Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

(5) Ein Betreuer kann auch für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Bestellung eines Betreuers bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich sein wird. Die Bestellung des Betreuers

wird erst mit dem Eintritt der Volljährigkeit wirksam.

(14)

§ 1816 (neu) Eignung und Auswahl des Betreuers; Berücksichtigung der Wünsche des VolljährigenVoraussetzungen

(1)…(5)

(6) Eine Person, die zu einem Träger von Einrichtungen oder Diensten, der in der Versorgung des Volljährigen tätig ist, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht, darf nicht zum Betreuer bestellt werden. Dies gilt nicht, wenn im Einzelfall die konkrete Gefahr einer Interessenkollision nicht besteht.

• Ausweitung der Personen, deren Bevollmächtigtung eine Betreuung nicht verdrängt (§ 1816 IV BGB nF):

– Heimmitarbeiter

– Mitarbeiter von Pflegediensten und ambulanten Diensten

– (über weite Auslegung evtl.auch): angestellte, freie und ehrenamtliche Mitarbeiter von Essensdiensten, Reinigungs- und Wäschediensten – (über weite Auslegung evtl. auch:) Ärzte und deren Mitarbeiter – (über weite Auslegung evtl. auch:) Physiotherapeuten usw.

– Folge bei Verstoß: Vollmacht bleibt wirksam, ist aber nicht mehr vor- rangig gegenüber Betreuung (also prüft Gericht ggf. Betreuerbestellg.)

• Bündelung der Vorschriften zur VV in § 1820 BGB

– z.B. Zusammenfassung der Formerfordernisse in Abs. 2: Schriftform und Zitiertgebot / Ausdrücklichkeitserfordernis für drei Bereiche

Änderungen bzgl.

Vorsorgevollmachten (Teil 2)

(15)

§ 1820 (neu) Vorsorgevollmacht und Kontrollbetreuung (Abs. 1-3)

(1) Wer von der Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers für einen Volljährigen Kenntnis erlangt und ein Dokument besitzt, in dem der Volljährige eine andere Person mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, hat das Betreuungsgericht hierüber unverzüglich zu unterrichten. Das

Betreuungsgericht kann die Vorlage einer Abschrift verlangen.

(2) Folgende Maßnahmen eines Bevollmächtigten setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst:

1. die Einwilligung sowie ihr Widerruf oder die Nichteinwilligung in Maßnahmen nach § 1829 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2,

2. die Unterbringung nach § 1831 und die Einwilligung in Maßnahmen nach

§ 1831 Absatz 4,

3. die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1832 und die Verbringung nach § 1832 Absatz 4.

(3) Das Betreuungsgericht bestellt einen Kontrollbetreuer, wenn die Bestellung erforderlich ist, weil

1. der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben, und

2. aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt.

§ 1820 (neu) Vorsorgevollmacht und Kontrollbetreuung (Abs. 1-3)

(1) Wer von der Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers für einen Volljährigen Kenntnis erlangt und ein Dokument besitzt, in dem der Volljährige eine andere Person mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, hat das Betreuungsgericht hierüber unverzüglich zu unterrichten. Das

Betreuungsgericht kann die Vorlage einer Abschrift verlangen.

(2) Folgende Maßnahmen eines Bevollmächtigten setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst:

1. die Einwilligung sowie ihr Widerruf oder die Nichteinwilligung in Maßnahmen nach § 1829 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2,

2. die Unterbringung nach § 1831 und die Einwilligung in Maßnahmen nach

§ 1831 Absatz 4,

3. die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1832 und die Verbringung nach § 1832 Absatz 4.

(3) Das Betreuungsgericht bestellt einen Kontrollbetreuer, wenn die Bestellung erforderlich ist, weil

1. der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben, und

2. aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt.

(16)

§ 1829 (neu) Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen (1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.

(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.

(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1827 festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nach Maßgabe des § 1820 Absatz 2 Nummer 1 für einen Bevollmächtigten entsprechend.

§ 1829 (neu) Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen (1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.

(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.

(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1827 festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nach Maßgabe des § 1820 Absatz 2 Nummer 1 für einen

(17)

§ 1831 (neu) Freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie erforderlich ist, weil

1. aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, die Maßnahme ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

(3) (hier nicht abgedruckt)

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nach Maßgabe des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 für einen Bevollmächtigten entsprechend.

§ 1831 (neu) Freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie erforderlich ist, weil

1. aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, die Maßnahme ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

(3) (hier nicht abgedruckt)

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nach Maßgabe des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 für einen Bevollmächtigten entsprechend.

(18)

§ 1832 (neu) Ärztliche Zwangsmaßnahmen

(1) Widerspricht eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaß- nahme), so kann der Betreuer in die ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn 1. die ärztliche Zwangsmaßnahme notwendig ist, um einen drohenden erheblichen

gesundheitlichen Schaden vom Betreuten abzuwenden,

2. der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1827 zu beachtenden Willen des Betreuten entspricht,

4. zuvor ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,

5. der drohende erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere den Betreuten weniger belastende Maßnahme abgewendet werden kann,

6. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt und

7. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten

einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, durchgeführt wird

§ 1867 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

§ 1832 (neu) Ärztliche Zwangsmaßnahmen (1) …

(2) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts.

(3) Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu

widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht unverzüglich anzuzeigen.

(4) Kommt eine ärztliche Zwangsmaßnahme in Betracht, so gilt für die Verbringung des Betreuten gegen seinen natürlichen Willen zu einem stationären Aufenthalt in ein Krankenhaus § 1831 Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nach Maßgabe des § 1820 Absatz 2 Nummer 3 für einen Bevollmächtigten entsprechend.

(19)

• Zusammenfassung der Vorschriften zur Kontrollbetreuung (§ 1820 III-IV BGB nF):

– Bestellung Kontrollbetreuer, wenn

1. der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben, und

2. aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder

mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt.

– Zuständig ist der Richter, nicht Rechtspfleger (§ 15 I 1 Nr. 1 RPflG nF) – möglich: Vorübergehende Suspendierung der Vorsorgevollmacht (V),

also Untersagung der Ausübung der Vollmacht / ggf. Herausgabe

Änderungen bzgl.

Vorsorgevollmachten (Teil 3)

§ 1820 (neu) Vorsorgevollmacht und Kontrollbetreuung (Abs. 4-5) (1) …

(4) Das Betreuungsgericht kann anordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Betreuer herauszugeben hat, wenn

1. die dringende Gefahr besteht, dass der Bevollmächtigte nicht den Wünschen des Vollmachtgebers entsprechend handelt und dadurch die Person des Vollmachtgebers oder dessen Vermögen erheblich gefährdet oder

2. der Bevollmächtigte den Betreuer bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben behindert.

Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht mehr vor, hat das Betreuungsgericht die Anordnung aufzuheben und den Betreuer zu verpflichten, dem Bevollmächtigten die Vollmachtsurkunde herauszugeben, wenn die Vollmacht nicht erloschen ist.

(5) Der Betreuer darf eine Vollmacht oder einen Teil einer Vollmacht, die den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in wesentlichen Bereichen der Vermögenssorge ermächtigt, nur widerrufen, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Betreuten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betreuten geeignet erscheinen. Der Widerruf bedarf der Genehmigung des

Betreuungsgerichts. Mit der Genehmigung des Widerrufs einer Vollmacht kann das Betreuungsgericht die Herausgabe der Vollmachtsurkunde an den Betreuer anordnen.

(20)

• für bestehende Vorsorgevollmachten:

– Änderung ist bzgl. neuer Paragraphen wohl nicht erforderlich

(Neuregelung gleicht insoweit der Altregelung); allerdings: bei bloßer

§§-Nennung ohne Regelungsinhalt empfiehlt sich Neufassung – Wenn Bevollmächtigte „zu einem Träger von Einrichtungen oder

Diensten, der in der Versorgung des Volljährigen tätig ist, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht“

dann Ausnahme vom „Subsidiaritätsprinzip“, d.h. Betreuung ist dann nicht nachrangig, § 1814 III Nr. 1 BGB, ggf. andere bevollmächtigen – stets zu empfehlen: regelmäßige Überprüfung von Umfang u. Person

• für neu zu erstellende Vorsorgevollmachten:

– Bezugnahme auf neue Paragraphen empfehlenswert

– bei Sorge vor Suspendierung / Kontrollbetreuung ggf. selber weitere Personen bevollmächtigen

Gestaltungsüberlegungen

• bzgl. der Beglaubigung in der Betreuungsbehörde:

– derzeit geregelt in § 6 Betreuungsbehördengesetz/BtBG – OLG Köln, Beschl. v. 30.10.2019, Az. I-2 Wx 327/19:

unzureichend bei vorgeschriebener Beglaubigung (z.B. Grundbuchänderung)

– BGH, Beschl. vom 12.11.2020, Az.V ZB 148/19:

ausreichend und zulässig

– § 7 BtOG (Betreuungsorganisationsgesetz) in der Form des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts: Beglaubigung gilt nur noch zu eigenen Lebzeiten des Vollmachtgebers (erschwert Nutzung)

Gestaltungsüberlegungen

(21)

§ 7 BtOG (neu) Öffentliche Beglaubigung; Verordnungsermächtigung (1) Die Urkundsperson bei der Behörde ist befugt, Unterschriften oder Hand-

zeichen auf Betreuungsverfügungen und auf Vollmachten, soweit sie von natürlichen Personen erteilt werden, öffentlich zu beglaubigen. Die Wirkung der Beglaubigung endet bei einer Vollmacht mit dem Tod des Vollmacht- gebers. Die Zuständigkeit der Notare, anderer Personen oder sonstiger Stellen für öffentliche Beurkundungen und Beglaubigungen bleibt unberührt. Die Behörde soll auf die Möglichkeit der Registrierung bei dem Zentralen Vorsorgeregister nach

§ 78a Absatz 2 der Bundesnotarordnung hinweisen, wenn sie eine Vollmacht oder eine Betreuungsverfügung nach Satz 1 beglaubigt hat.

(2) (…) (3) (…)

(4) Für jede Beglaubigung nach Absatz 1 Satz 1 wird eine Gebühr in Höhe von 10 Euro erhoben. Auslagen werden gesondert nicht erhoben. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung der Gebühr im Einzelfall abgesehen werden.

Änderungen des ErbStG durch das

Jahressteuergesetz 2020

(22)

für Eheleute in Zugewinngemeinschaft:

• jetzt neu berechnen: fiktiven ZGA (§ 5 I ErbStG)

• bei Steuernachteilen: Zugewinn evtl. tatsächlich ausgleichen (lebzeitig / beim Erbfall)

für JEDES Estate Planning:

• jetzt neu berechnen: Nachlassverbindlichkeiten und deren Abzug (§ 10 VI ErbStG)

• bei Steuernachteilen handeln (z.B. lebzeitige Übertragung / Zuordnung von Vermächtnissen)

Fazit vorab:

Themen-Überblick:

• Quelle: Jahressteuergesetz 2020

• Ziele der Neuregelungen

• die wichtigsten Neuregelungen:

– Fiktiver Zugewinnausgleich

– Steuererstattungen des Todesjahres – Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten – Rückwirkendes Ereignis für Vorerwerb – sonstige Änderungen

ErbSt-Reform 2020

(23)

• Verabschiedung am 16.12.2020, Geltung für die ErbSt bei Erwerben nach dem 28.12.2020

• Neuregelung vieler Steuergesetze, Art. 34 re- gelt das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz

• Verschlechterung und Verkomplizierung der Situation der Erbschaftsteuerpflichtigen

• zunehmender Beratungsbedarf bei der Planung der Unternehmens- und Vermögensnachfolge

• z.B. beim fiktiven Zugewinnausgleich (§ 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG)

• z.B. beim Abzug von Schulden (§ 10 Abs. 6 ErbStG)

Jahressteuergesetz 2020

wesentliche Ziele der Reform:

• notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktion auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes

• Beseitigung von ungerechtfertigten doppelten steuerlichen Vorteilen

• steuerliche Gleichbehandlung von Steuererstattungsansprüchen und Steuerschulden

Ziele der Reform

(24)

Dem § 5 Abs. 1 [ErbStG] wird folgender Satz angefügt:

„Sind bei der Ermittlung der Bereicherung des überlebenden Ehegatten oder des überlebenden Lebenspartners Steuerbefreiungen berücksichtigt worden, gilt die Ausgleichsforderung im Verhältnis des um den Wert des steuerbefreiten Vermögens geminderten Werts des Endvermögens zum ungeminderten Wert des Endvermögens des Erblassers nicht als Erwerb im Sinne des § 3.“

JStG 2020 zum fiktiven Zugewinnausgleich

Gesetzeswortlaut (umsortiert):

„Sind bei der Ermittlung der Bereicherung des überlebenden Ehegatten […] Steuerbefreiungen berücksichtigt worden,

gilt die Ausgleichsforderung nicht als Erwerb im Sinne des § 3 im Verhältnis des um den Wert des steuerbefreiten Vermögens geminderten Werts des

Endvermögens zum ungeminderten Wert des Endvermögens des Erblassers.“

JStG 2020 zum fiktiven Zugewinnausgleich

Gesetz verkürzt

„Sind bei der Erbschaftsteuer Steuerbefreiungen berücksichtigt worden,

ist steuerbefreit:

der fiktive Zugewinn aber nur anteilig für das steuerpflichtige Vermögen“

(25)

alte Rechtslage:

• Der fiktive Zugewinnausgleich nach dem Erbfall wirkt wie ein zusätzlicher Freibetrag, da er steuerfrei gewährt wird (§ 5 ErbStG).

• Daneben gibt es Steuerbefreiungen für weitere Nachlasswerte (z.B.

Familienheim, Mietwohnungen, vgl. §§ 13 I Nr. 4b, 13 d ErbStG).

• Folge: Doppelbegünstigung des überlebenden Ehegatten

neue Rechtslage (§ 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG):

• der steuerfreie Betrag wird gekürzt (vereinfacht: im Verhältnis vom steuerbegünstigten zum gesamten Nachlass)

• Folge: Schlechterstellung des Erbschaftsteuerpflichtigen

• Abhilfe: Tatsächlicher Zugewinnausgleich (§ 5 Abs. 2 ErbStG)

Fiktiver Zugewinnausgleich

Berechnung der Minderung der steuerlich abzugsfähigen Ausgleichsforderung:

Endvermögen ./. steuerfreies Vermögen Steuerbefreiung im Verhältnis: ---

ungemindertes Endvermögen

Entfällt die Steuerbefreiung später, wird § 5 I 6 ErbStG neu berechnet (z.B. bei Auszug aus Familienheim, Nichtfortführung Unternehmen, Aufgabe Kulturgut)

Fiktiver Zugewinnausgleich

(26)

Beispiel zur Zugewinngemeinschaft

Erbfall mit 2 Mio. Nachlass (= Zugewinn Erblasser), der Ehegatte erbt (und hatte selber keinen Zugewinn)

altes Recht neues Recht Familienheim € 1,0 Mio. € 1,0 Mio.

Kapitalvermögen € 1,0 Mio. € 1,0 Mio.

Zwischensumme € 2,0 Mio. € 2,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Fam.heim € -1,0 Mio. € -1,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Zugewinn* € -1,0 Mio. € -0,5 Mio.

Berechnung nach neuem Recht (§ 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG)

1 Mio. fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch x (1 Mio. stpfl. Endvermögen / 2 Mio. gesamtes Endvermögen)

Freibetrag des Ehegatten**: € -0,5 Mio. € -0,5 Mio.

steuerpflichtiger Erwerb: € 0,0 Mio. € 0,0 Mio.

Erbschaftsteuer**: € 0,00 € 0,00

* Hinweis: Die Berechnung des Zugewinnausgleiches ist im Einzelfall detailliert zu prüfen, hierbei sind viele Besonderheiten zu beachten.

** Die Berechnung erfolgt vereinfacht ohne Freibeträge aus u.a. §§ 10 und 17 ErbStG.

Beispiel zur Zugewinngemeinschaft

Erbfall mit 4 Mio. Nachlass (= Zugewinn Erblasser), der Ehegatte erbt (und hatte selber keinen Zugewinn)

altes Recht neues Recht Familienheim € 2,0 Mio. € 2,0 Mio.

Kapitalvermögen € 2,0 Mio. € 2,0 Mio.

Zwischensumme € 4,0 Mio. € 4,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Fam.heim € - 2,0 Mio. € - 2,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Zugewinn* € - 2,0 Mio. € - 1,0 Mio.

Berechnung nach neuem Recht (§ 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG):

2 Mio. fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch x (2 Mio. stpfl. Endvermögen / 4 Mio. gesamtes Endvermögen)

Freibetrag des Ehegatten**: € -0,5 Mio. € -0,5 Mio.

steuerpflichtiger Erwerb: € 0,0 Mio. € 0,5 Mio.

Erbschaftsteuer (15%)**: € 0,00 € 75.000

* Hinweis: Die Berechnung des Zugewinnausgleiches ist im Einzelfall detailliert zu prüfen, hierbei sind viele Besonderheiten zu beachten.

(27)

Beispiel zur Zugewinngemeinschaft

Erbfall mit 10 Mio. Nachlass (= Zugewinn Erblasser), der Ehegatte erbt (und hatte selber keinen Zugewinn) altes Recht neues Recht Unternehmen € 5,0 Mio. € 5,0 Mio.

Kapitalvermögen € 5,0 Mio. € 5,0 Mio.

Zwischensumme € 10,0 Mio. € 10,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Unternehmen€ - 5,0 Mio. € - 5,0 Mio.

abzgl. Steuerfreiheit Zugewinn* € - 5,0 Mio. € - 2,5 Mio.

Berechnung nach neuem Recht (§ 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG):

5 Mio fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch x (5 Mio. stpfl. Endvermögen / 10 Mio. gesamtes Endvermögen)

Freibetrag des Ehegatten**: € -0,5 Mio. € -0,5 Mio.

steuerpflichtiger Erwerb: € 0,0 Mio. € 2,0 Mio.

Erbschaftsteuer (19%)**: € 0,00 € 380.000

* Hinweis: Die Berechnung des Zugewinnausgleiches ist im Einzelfall detailliert zu prüfen, hierbei sind viele Besonderheiten zu beachten.

** Die Berechnung erfolgt vereinfacht ohne Freibeträge aus u.a. §§ 10 und 17 ErbStG.

Relevanz der Neuregelung bei folgenden Vermögenswerten im Nachlass:

• steuerentlastetes Unternehmensvermögen

• Familienheim

• Mietwohngrundstücke

• Hausrat

• Kulturgüter (denkmalgeschützte Gegenstände)

Fazit für Estate Planner:

• Erbschaftsteuer berechnen

• Steuernachteile klären (insbes. § 5 Abs. 1 S. 1-6 ErbStG)

• steuerlich günstigere Alternativen aufzeigen (z.B. tatsächliche Durchführung des Zugewinnausgleichs / lebzeitige

Vermögensübertragung steuerbegünstigter Assets)

Fiktiver Zugewinnausgleich

(28)

Lebzeitige Vermögensübertragungen:

• z.B. Tausch mit dem Ehegatten von steuerbegünstigten gegen nicht- steuerbegünstige Assets (z.B. Familienheim gegen Zinshaus)

• z.B. Schenkung steuerbegünstigter Assets an den Ehegatten „ohne Anrechnung auf den Zugewinnausgleich“ (vgl. § 1380 BGB, Wirkung insbes. bei Weiterschenkung z.B. an Kinder). Flankierend:

Ehevertrag zur Vermeidung von Nachteilen bei Scheidung.

Tatsächlicher Zugewinnausgleich:

• lebzeitig / im Erbfall

• Folge: Steuerfreiheit gem. § 5 Abs. 2 ErbStG ohne die Einschränkungen der Sätze 1-6 aus Absatz 1

Alternativgestaltungen zum fiktiven Zugewinnausgleich

zwei Formen sind möglich:

• fiktiver Zugewinnausgleich:

bei der „erbrechtlichen Lösung“

(verkürzt: Erbquote erhöht sich um ¼) (§ 1371 Abs. 1 BGB und § 5 Abs. 1 ErbStG)

• tatsächlicher Zugewinnausgleich:

bei Scheidung, Güterstandswechsel und

„familienrechtlicher Lösung im Erbfall“

(§ 1371 Abs. 2 BGB und § 5 Abs. 2 ErbStG)

Steuerfreiheit für den

Zugewinnausgleich

(29)

§ 5 ErbStG

§ 5 Zugewinngemeinschaft (Auszug, ohne Abs. 3) (1)Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 6 des

Lebenspartnerschaftsgesetzes) durch den Tod eines Ehegatten oder den Tod eines Lebenspartners beendet und der Zugewinn nicht nach § 1371 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeglichen, gilt beim überlebenden Ehegatten oder beim überlebenden Lebenspartner der Betrag, den er nach Maßgabe des § 1371 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Ausgleichsforderung geltend machen könnte, nicht als Erwerb im Sinne des § 3. Bei der Berechnung dieses Betrags bleiben von den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383 und 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichende güterrechtliche Vereinbarungen unberücksichtigt. Die Vermutung des § 1377 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet keine Anwendung. Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag oder Lebenspartnerschaftsvertrag vereinbart, gilt als Zeitpunkt des Eintritts des Güterstandes (§ 1374 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) der Tag des

Vertragsabschlusses. Soweit das Endvermögen des Erblassers bei der Ermittlung des als Ausgleichsforderung steuerfreien Betrags mit einem höheren Wert als dem nach den steuerlichen Bewertungsgrundsätzen maßgebenden Wert angesetzt worden ist, gilt höchstens der dem Steuerwert des Endvermögens entsprechende Betrag nicht als Erwerb im Sinne des § 3. Sind bei der Ermittlung der Bereicherung des überlebenden Ehegatten oder des überlebenden Lebenspartners Steuerbefreiungen berücksichtigt worden, gilt die Ausgleichsforderung im Verhältnis des um den Wert des steuerbefreiten Vermögens geminderten Werts des Endvermögens zum ungeminderten Wert des Endvermögens des Erblassers nicht als Erwerb im Sinne des § 3.

(2)Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten oder eines Lebenspartners beendet oder wird der Zugewinn nach § 1371 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeglichen, gehört die Ausgleichsforderung (§ 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht zum Erwerb im Sinne der §§ 3 und 7.

Unterschiede § 5 Abs. 1 und 2 ErbStG:

• § 5 Abs. 2: Der tatsächliche Zugewinnausgleich ist in voller Höhe steuerbefreit, auch bei Modifikationen / Rückwirkung / niedrigen Steuerwerten usw.

• § 5 Abs. 1: Der fiktive Zugewinnausgleich unterliegt sechs Beschränkungen (siehe Folgefolie)

Zugewinnausgleich

(30)

Einschränkungen beim fiktiven Zugewinnausgleich (§ 5 I ErbStG):

• Satz 1: tatsächliche Berechnung (nicht: „+ ¼“)

• Satz 2: Modifikationen sind irrelevant

• Satz 3: keine Vermutung „Endvermögen=Zugewinn“

• Satz 4: keine rückwirkende Vereinbarung

• Satz 5: Verhältnisrechnung Steuer- zu Verkehrswert

• Satz 6: Verhältnisrechnung bzgl. steuerfreiem Endvermögen

Zugewinnausgleich

Wann ist ein ZGA-Verlangen vorteilhaft? – z.B.:

 wenn die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 ErbStG geringer wäre

 wenn ein Berliner Testament steuerlich zu „heilen“ ist (Kinder sollen erben und Freibeträge nutzen)

 wenn Kinder hohe Erbschaftsteuer zahlen müssten (der Ehegatte dagegen steuerfrei Teile durch ZGA übernehmen und damit deren Versteuerung verzögern kann)

 wenn der Längerlebende sich von bindendem Testament befreien möchte (§ 2271 II Satz 1 2. HS BGB)

Zugewinnausgleich

(31)

Umsetzung:

• idealerweise Planung von vornherein (Enterbung Ehegatte, Vorbereitung des ZGA-Verlangens durch hierfür vorgesehene Assets, evtl. Ehevertrag mit Modifikationen zum Zugewinnausgleich), möglich aber auch ohne diese Vorbereitungen

• nach dem Erbfall: Ausschlagen (Fristen beachten) und den Zugewinnausgleich verlangen

Zugewinnausgleich

Umsetzung:

• daneben ggf. Pflichtteilsanspruch

• Vorsicht bei Erfüllung mit steuerverstrickten Assets (Erfüllung des ZGA mit diesen Assets gilt als

entgeltliches Geschäft = steuerliche Entstrickung), ggf. zunächst Darlehenslösung

Zugewinnausgleich

(32)

§ 10 ErbStG wird wie folgt geändert:

Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Die vom Erblasser herrührenden Steuererstattungs- ansprüche sind bei der Ermittlung der Bereicherung zu berücksichtigen, auch wenn sie rechtlich erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind.“

JStG 2020 zu Steuererstattungsansprüchen

alte Rechtslage:

• Steuererstattungsansprüche für das Todesjahr waren nicht vom steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG umfasst, da diese erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres entstehen (so BFH v. 16.01.2008, Az. II R 30/06).

• Steuerschulden des Todesjahres waren als Nachlassverbindlich- keiten abzugsfähig (so BFH v. 04.07.2012, Az. II R 15/11).

• Folge: Ungleichbehandlung von Steuererstattungen und -schulden.

neue Rechtslage (§ 10 Abs. 1 S. 3 ErbStG):

• bei der Erbschaftsteuer-Berechnung wird beides berücksichtigt:

Steuererstattungsansprüche und Steuerschulden für das Todesjahr.

• Folge: Verschlechterung für Erbschaftsteuerpflichtige.

Steuererstattungen des

Todesjahres

(33)

§ 10 ErbStG wird wie folgt geändert:

Absatz 6 Satz 3 wird wie folgt geändert:

„Schulden und Lasten sind nicht abzugsfähig, soweit die Vermögensgegenstände, mit denen diese in wirtschaft- lichem Zusammenhang stehen, steuerbefreit sind.“

JStG 2020 zum Schuldenabzug

§ 10 ErbStG wird wie folgt geändert:

Absatz 6 Satz 5 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:

„Schulden und Lasten, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen des Erwerbs stehen, sind anteilig allen Vermögensgegen- ständen des Erwerbs zuzurechnen. Dies gilt nicht für Kosten im Sinne des Absatzes 5 Nummer 3. Der jeweilige Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis des Werts des Vermögensgegenstands nach Abzug der mit diesem Vermögensgegenstand in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten. In den Fällen einer Steuerbefreiung nach den §§ 13a und 13c ist bei Anwendung der Sätze 5 bis 7 nicht auf den einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auf die Summe der begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 abzustellen. Der auf den einzelnen Vermögensgegenstand entfallende Anteil an den Schulden und Lasten im Sinne des Satzes 5 ist nicht abzugsfähig, soweit dieser Vermögensgegenstand

steuerbefreit ist. Die auf das nach den §§ 13a und 13c befreite Vermögen entfallenden Schulden und Lasten im Sinne der Sätze 5 bis 8 sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung der §§ 13a und 13c anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung der §§ 13a und 13c entspricht.“

JStG 2020 zum Schuldenabzug

(34)

alte Rechtslage:

Gem. § 10 Abs. 6 ErbStG a.F. sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die ganz oder teilweise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit sind (Hausrat, Familienheim, Betriebsvermögen, Mietwohngrdst., Ausn.: keine Anwendung bei § 28a ErbStG/Verschonungsbedarfsprüfung).

Folge: Steuerlicher Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten, die ohne einen solchen Zusammenhang sind (= voll abzugsfähig)

neue Rechtslage (§ 10 Abs. 6 S. 5-10 ErbStG):

Beschränkung des Abzugs der Schulden und Lasten ohne konkreten Zusam- menhang auf den Teil, der quotal auf den steuerpflichtigen Nachlass entfällt

Folge: Reduzierung einer Abzugsmöglichkeit, daraus folgt eine Verschlechterung für Erbschaftsteuerpflichtige.

Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten

Beispiel zum Schuldenabzug

Schritt 1: Übersicht erstellen zu Aktiva und Passiva Vermögenswerte im Nachlass:

Unternehmen (§ 13a ErbStG: 85 % begünstigt) 2.000.000 Familienheim (§ 13 I 4b/c ErbStG: 100 % begünstigt) 600.000 Mietwohnungen (§ 13 d ErbStG: 10 % begünstigt) 800.000 Kapitalvermögen (nicht begünstigt) 1.000.000

Summe 4.400.000

Schulden / Lasten im Nachlass:

Schulden bzgl. Unternehmen -500.000

Schulden bzgl. Familienheim -100.000

Schulden bzgl. Mietwohnung -600.000

Schulden bzgl. Kapitalvermögen -100.000

Pflichtteilsschulden -550.000

Debet auf Girokonto (überzogen) -80.000

Bestattungskosten / Nachlassabwicklung -30.000

(35)

Beispiel zum Schuldenabzug

Schritt 2: Prüfung der Zuordnung von Schulden (Teil 1)

Schulden mit wirtschaftlichem Zusammenhang zu Vermögenswerten:

zu Vermögenswerten, die ganz von der Erbschaftsteuer befreit sind Folge: Dann auch kein Schuldenabzug (§ 10 VI 1-3 ErbStG)

Beispiel: Steuerfreies Familienheim - Schulden hierfür nicht abziehbar zu Vermögenswerten, die teilweise von der Erbschaftsteuer befreit sind

Folge: Dann nur anteiliger Schuldenabzug (§ 10 VI 3-4 ErbStG)

Beispiel: Unternehmen (85 % Regelverschonung), Mietwohnung (10 % Abschlag) Schulden auch nur anteilig abziehbar (hier also nur zu 15 % bzw. 90 %)

zu Vermögenswerten, die nicht von der Erbschaftsteuer befreit sind Folge: Dann voller Schuldenabzug

Beispiel: Steuerpflichtiges Kapitalvermögen - Schulden hierfür voll abziehbar

Beispiel zum Schuldenabzug

Schritt 3: Prüfung der Zuordnung von Schulden (Teil 2)

Schulden ohne wirtschaftlichen Zusammenhang zu Vermögenswerten:

Bei Kosten i.S.d. § 10 V Nr. 3 ErbStG: voller Abzug

= Kosten für Bestattung, Grabdenkmal, Grabpflege, Nachlassabwicklung andere Schulden und Lasten (ohne einen solchen wirtschaftlichen Zusammenhang):

1. Verteilung auf alle Vermögensgegenstände (anteilig), § 10 Abs. 6 S. 5-8 ErbStG Hierbei Ansatz der Vermögenswerte abzüglich zuzuordnender Verbindlichkeiten Beispiel: Verteilung von Pflichtteilslast und Debet auf Girokonto, zs.: -630.000

Aktiva Passiva Saldo Anteil

anteilige Schuld Unternehmen 2.000.000 -500.000 1.500.000 0,484 -304.839 Familienheim 600.000 -100.000 500.000 0,161 -101.613 Mietwohnungen 800.000 -600.000 200.000 0,065 -40.645 Kapitalvermögen 1.000.000 -100.000 900.000 0,290 -182.903

3.100.000

(36)

Beispiel zum Schuldenabzug

Schritt 3: Prüfung der Zuordnung von Schulden (Teil 2)

Schulden ohne wirtschaftlichen Zusammenhang zu Vermögenswerten:

2. Abziehbarkeit der Schulden (§ 10 Abs. 6 S. 9 ErbStG) anteilig

Berechnung anhand der steuerpflichtigen Quote des jeweiligen Nachlasswertes steuerpflichtiger Anteil Anteil an Verbdlkt.

Abziehbar- keit

Unternehmen* 15% -304.839 -45.726

Familienheim 0% -101.613 0

Mietwohnungen 90% -40.645 -36.581

Kapitalvermögen 100% -182.903 -182.903

-265.210

Ergebnis: Die nicht zuzuordnenden Schulden sind abziehbar zu 42,10%

* (vereinfacht berechnet - ohne Abzugsbetrag)

Beispiel zum Schuldenabzug

Übersicht zu Aktiva und Passiva

Vermögenswerte im Nachlass:

Ansatz zu Schulden- abzug Unternehmen (§ 13a ErbStG: 85 % begünstigt) 2.000.000 15%

Familienheim (§ 13 I 4 ErbStG: 100 %

begünstigt) 600.000 0%

Mietwohnungen (§ 13 d ErbStG: 10 %

begünstigt) 800.000 90%

Kapitalvermögen (nicht begünstigt) 1.000.000 100%

Summe 4.400.000

Schulden / Lasten im Nachlass:

Schulden bzgl. Unternehmen -500.000 15% -75.000

Schulden bzgl. Familienheim -100.000 0% 0

Schulden bzgl. Mietwohnung -600.000 90% -540.000

Schulden bzgl. Kapitalvermögen -100.000 100% -100.000

Pflichtteilsschulden -550.000 42% -231.533

Debet auf Girokonto (überzogen) -80.000 42% -33.677

(37)

Beispiel zum Schuldenabzug

Übersicht zu Aktiva und Passiva

Vermögenswerte im Nachlass:

Ansatz zu Schulden- abzug Unternehmen (§ 13a ErbStG: 85 % begünstigt) 2.000.000 15%

Familienheim (§ 13 I 4 ErbStG: 100 %

begünstigt) 600.000 0%

Mietwohnungen (§ 13 d ErbStG: 10 %

begünstigt) 800.000 90%

Kapitalvermögen (nicht begünstigt) 1.000.000 100%

Summe 4.400.000

Schulden / Lasten im Nachlass:

Schulden bzgl. Unternehmen -500.000 15% -75.000

Schulden bzgl. Familienheim -100.000 0% 0

Schulden bzgl. Mietwohnung -600.000 90% -540.000

Schulden bzgl. Kapitalvermögen -100.000 100% -100.000

Pflichtteilsschulden -550.000 42% -231.532

Debet auf Girokonto (überzogen) -80.000 42% -33.677

Bestattungskosten / Nachlassabwicklung -30.000 100% -30.000

Summe -1.960.000 -1.010.210

Hinweis: Für diese Verhältnis- rechnung können mehrere Nachlasswerte mit gleicher Steuerpflicht zur Vereinfachung zusammengefasst werden.

Besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang?

(–) Einkommensteuer-Nachzahlung (–) Konsumentendarlehen

(–) Pflichtteil

(–) Zugewinnausgleich

(+) Zuwendung von Sachwerten an Pflichtteils-/Zugewinnberechtigte zur Vermeidung deren Anspruchserhebung

(+) Anschaffungsdarlehen für eine Immobilie

(–) Grundpfandrecht als bloße Sicherung ohne Mittelverwendung für das Grundstück

Abzugsfähigkeit von

Schulden und Lasten

(38)

„wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden und Lasten mit Vermögensgegenständen“:

ErbStH 10.10:

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden (Lasten) mit

Vermögensgegenständen i.S.d. § 10 Abs. 6 ErbStG liegt nur vor, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen (BFH vom 28.1.1972, Az. III R 4/71) und die Schuld den Vermögensgegenstand wirtschaftlich belastet (BFH vom 19.5.1967, Az. III 319/63). Bei der Belastung eines Grundstücks muss die Schuldaufnahme dem Erwerb (z.B. Belegung des Restkaufpreises durch Aufnahme einer Hypothek), der Herstellung, der Erhaltung oder Verbesserung des belasteten Grundstücks gedient haben (BFH vom 28.9.1962, Az. III 242/60).

Die hypothekarische Sicherung der Schuld an einem Grundstück reicht deshalb für sich allein noch nicht aus, um den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Grundstück herbeizuführen (BFH vom 28.9.1962, III 242/60).

Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten

Besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang?

(+) Sachvermächtnis (z.B. über Schmuck / PKW aus dem Nachlass / eine bestimmte Immobilie / konkrete Gesellschaftsanteile).

(–) Geldverrmächtnis ohne Bezug zu einem Nachlasskonto (Vermächtnis über einen Geldbetrag ohne Bestimmung, welche Geldmittel vermacht werden) (+) Geldvermächtnis über konkretes Nachlasskonto (z.B. X erhält mein Konto bei

der … Bank / X erhält von meinem Konto bei der … Bank … €)

Fazit: Testamente überprüfen!

Abzugsfähigkeit von

Schulden und Lasten

(39)

Geltung § 10 VI analog auch bei Schenkungen:

• Voraussetzung: Schenkung mit Gegenleistung / Auflage ohne wirtschaftlichen Zusammenhang zu einzelnen

Vermögenswerten, z.B.:

(+) Rentenverpflichtung für den Schenker (+) Ausgleichszahlungen für Geschwister

• Folge: Anteilige Zuordnung der Gegenleistung / Auflage zu den verschenkten Vermögenswerten (wiederum im Verhältnis von deren Nettowerten), Abzug mit deren steuerpflichtiger Quote.

Analog auch keine Aufteilung der Erwerbsnebenkosten.

Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten

§ 14 ErbStG wird wie folgt geändert:

§ 14 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Führt der Eintritt eines Ereignisses mit Wirkung für die Vergangenheit zu einer Veränderung des Werts eines früheren, in die Zusammenrechnung nach Absatz 1 einzubeziehenden Erwerbs, gilt dies auch für den späteren Erwerb als Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Abgabenordnung (rückwirkendes Ereignis). Für den späteren Erwerb gelten auch der erstmalige Erlass, die Änderung und die Aufhebung eines Steuerbescheids für einen früheren, in die Zusammenrechnung einzubeziehenden Erwerb als rückwirkendes Ereignis. Dasselbe gilt auch, soweit eine Änderung der Steuerfestsetzung für den früheren Erwerb lediglich zu einer geänderten anrechenbaren Steuer führt.“

JStG 2020 zu Vorerwerben

(40)

Alte Rechtslage:

• Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe sind im Rahmen der Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei der Besteuerung des jeweils letzten Erwerbs im 10-Jahreszeitraum mit diesem letzten Erwerb zusammenzurechnen (§ 14 ErbStG).

• BFH v. 12.07.2017 (II R 45/15): Änderung bzgl. Vorerwerb ist KEIN rückwirkendes Ereignis für Folgeerwerbe (daher ggf. nicht änderbar)

Neue Rechtslage:

• § 14 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ermöglicht für den Fall, dass die Steuer- festsetzung für einen Vorerwerb auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses geändert wird, auch eine Änderungsmöglichkeit zur Korrektur einer Steuerfestsetzung für den Nacherwerb.

• § 14 Abs. 2 S. 2 ErbStG: ebenso bei erstmaliger Festsetzung, Änderung oder Aufhebung für den Vorerwerb

Rückwirkendes Ereignis für Vorerwerbe

Änderungen in § 3 ErbStG:

In § 3 Absatz 2 Nummer 5 werden die Wörter „für das die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist“ durch die Wörter „das der Vermächtnisnehmer angenommen hat“ ersetzt.

Änderungen in § 10 Abs. 8 ErbStG:

Dem Absatz 8 wird folgender Satz angefügt:

„Satz 1 gilt in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.“

JStG 2020 zu Vermächtnissen

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