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3. Wasserstoffbrennen. Weitere Kernreaktionen

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Academic year: 2022

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Inhaltsverzeichnis

1 Nukleosynthese 2

1.1 Primordiale Nukleosynthese . . . 2

1.2 Interstellare Nukleosynthese . . . 2

1.3 Klassen der stellaren Nukleosynthese . . . 3

1.4 Kernprozesse . . . 3

2 Die P-P-Kette und der CNO-Zyklus 4 2.1 Die Proton-Proton-Reaktion I . . . 5

2.2 Proton-Proton-Reaktion II und III . . . 6

2.3 Der CNO-Zyklus . . . 8

3 Weitere Kernreaktionen 10 3.1 Heliumbrennen . . . 10

3.2 Kohlenstoffbrennen . . . 12

3.3 Sauerstoffbrennen . . . 14

3.4 Siliziumbrennen oder Quasi-Gleichgewicht . . . 15

3.5 Gleichgewichtsreaktion bei der Bildung der Eisenspitze . . . 16

4 Neutroneneinfang 16 4.1 Langsamer Elektroneneinfang s-Prozess . . . 19

4.2 Schneller Elektroneneinfang r-Prozess . . . 21

5 Quantenmechanische Grundlagen 22 5.1 Das Schalenmodell . . . 23

5.2 Temperaturabh¨angigkeit und Gamow-Peak . . . 25

5.3 Potenzgesetz . . . 29

6 Aktuelle Forschungsergebnisse 32 6.1 Solare Neutrinos . . . 32

6.2 Das LUNA-Experiment . . . 33

(2)

1 Nukleosynthese

Unter Nukleosynthese (auch Nukleogenese oder Elemententstehung) versteht man Prozesse durch welche die heute vorhandenen Elemente im Universum durch Kernreaktionen entstanden sind und weiterhin entstehen, beginnend beim einfach- sten Atomkern, dem Wasserstoff. In der folge entstehen dabei immer schwerere Atomkerne.

Die Theorie der Nukleosynthese wurde in einer Arbeit von E.M. Burbidge, G.R.

Burbidge, W.A. Fuwler und F. Hyle aufgestellt. Diese Arbeit wurde so ber¨uhmt, dass sie eine eigene Abk¨urzung erhielt

B

2

F H.

1.1 Primordiale Nukleosynthese

Die Idee f¨ur die Theorie der primordialen Nukleosynthese geht auf Arbeiten des amerikanischen Physikers George Gamow im Jahre 1946 zur¨uck. 1950 beschrieb der Japaner Chushiro Hayashi die Neutron-Proton-Gleichgewichtsprozesse zur Erzeu- gung der leichten Elemente.

Als das Universum expandierte und dabei abk¨uhlte konnten sich etwa 3 Minuten nach dem Urknall bei einer Temperatur von 7.5·109 K aus den Quarks Protonen und Neutronen bilden. Da Neutronen etwas schwerer sind als Protonen, konnten sich wesentlich mehr Protonen ( 87%) als Neutronen bilden ( 13% ). Nachdem die Temperatur weiter auf einen Bereich um 109 K gesunken war und sich gen¨ugend Protonen und Neutronen gebildet hatten konnten weitere Kerne entstehen. Zun¨achst das Deuteron 2H, weiter das Helion 3He, das α-Teilchen 4He, sogar 7Li und 7Be entstanden.

Die Teilchen n (T1/2 = 15min) , 3He(T1/2 = 12,3a) , 7Be(T1/2 = 53,4) sind β - instabil mit relativ geringen Halbwertzeiten. Ihr Anteil ist bis heute schon zerfallen.

Hingegen sind die heute vorhandenen Elemente1H,2H,3He,4Heund7Lifast aus- schließlich im fr¨uhen Universum entstanden. Aus der primordialen Nukleosynthese lasse sich sogar Folgerungen ¨uber das Alter, die Ausdehnungsgeschwindigkeit und die Dichteschwankungen des Universums machen.

1.2 Interstellare Nukleosynthese

Unter kosmischer Strahlung versteht man hochenergetische (> 1 GeV)Atomkerne, die sich im interstellaren Raum bewegen. Die Atomkerne der kosmischen Strahlung

(3)

treffen auf ihren Weg durch den Raum auf Atomkerne der interstellaren Materie, wobei durch Spalation, also Absplitterung von Atomkernen sekund¨are kosmische Strahlung aus leichteren Atomkernen entsteht. Auf diese Weise entstehen Atomker- ne wie Lithium, Beryllium und Bor, dies ist Auffallend bei Vergleich der H¨aufig- keitsverteilung der kosmischen Strahlung mit der ¨ublichen H¨aufigkeitsverteilung im Universum. Daher nimmt man an, dass diese leichten Elemente weder primordial noch stellar erzeugt wurden.

1.3 Klassen der stellaren Nukleosynthese

Man kann vier - im Wesen nach -verschiedene Klassen der stellaren Nukleosynthese unterscheiden. Sie sind Ursprung aller Elemente aus denen die Materie der Welt gebildet wurde und gebildet wird.

• Prozesse, die an die stellare Entwicklung gebunden sind, Fusionsreaktionen, welche im Sterninneren ablaufen

1. Fusion von Wasserstoff zu Helium, die den Hauptanteil aller in Sternen erzeugte Energie stellt;

2. Fusion von Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff 3. fortgeschrittene Fusionsprozesse

4. Gleichgewichtsprozesse

• Explosive Nukleosynthese in Supernovae

• Reaktionen der Neutronen-Absorption

1. s-Prozess(engl. slow), der mit langsamer Neutronen -Erzeugung oder Ab- sorption verkn¨upft ist.

2. r-Prozess(engl. rapid), der mit schneller Neutronen -Erzeugung oder Ab- sorption verkn¨upft ist.

• Hochenergetische Reaktionen

1.4 Kernprozesse

Um den Prozess der Nukleosynthese zu verstehen, muss man die Energiegewin- nung aus Kernprozessen betrachten. Wegen der anziehenden Kr¨afte zwischen den Nukleonen muss man Energie aufwenden, um einen stabilen Kern in seine einzelnen Nukleonen zu zerlegen. Man nennt diese Energie die BindungsenergieEB des Kerns.

(4)

Teilt man EB durch die Gesamtzahl A der Nukleonen im Kern, so erh¨alt man die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon Eb =EB/A. Gem¨aß der Einstein’schen Rela- tionE =mc2 entspricht diese BindungsenergieEB dem Massendefekt ∆M =EB/c2 des Kerns gegen¨uber der Summe der Massen seiner Nukleonen.

MK =X

mp+X

mn−∆M

Die Kernmasse MK ist deshalb um ∆M kleiner als die Gesamtmasse seiner freien Nukleonen.

Man sieht, dass die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon im mittleren Massenbe- reich beim Eisenkern mit A = 56 ein Maximum hat. Man kann deshalb Energie gewinnen, wenn man entweder leichtere Kerne zu schwereren verschmilzt (Fusion) oder schwere Kerne (A > 56) in leichtere zerlegt (Kernspaltung). Allerdings wird der Energiegewinn mit gr¨oßer werdenden Massen immer geringer.

2 Die P-P-Kette und der CNO-Zyklus

Nachdem Jean Perrin erstmals behauptete, dass die Sonne ihre Energie durch Kern- fusion gewinnt, begann man mit der Suche nach m¨oglichen Reaktion. Wegen der besonders niedrigen Bindungsenergie von Wasserstoff war bald klar, dass eine Reak- tion von Wasserstoff nach Helium die Wahrscheinlichste ist. Auch hat Wasserstoff die geringste Kernladungszahl und daher die niedrigste Coulomb-Barriere, die ja einer Ann¨aherung der Reaktionspartner im Wege steht. Um die H¨ohe der Barriere abzusch¨atzen, berechnet man den Kernradius mit der Formel

RA= 1,4·A13 (2.1)

(5)

die erstmals von Rutherford aufgestellt wurde. Damit kann man zumindest die Gr¨oßenordnung absch¨atzen, indem man die Kerne als zwei sich ber¨uhrende Kugeln betrachtet:

EC ≈ Z1Z2 A1/31 +A1/32

MeV (2.2)

Bei der Wasserstofffusion w¨are EC ≈ 1 MeV, dies entspricht einer Temperatur von O(1010) K, also viel mehr als im Inneren der Sonne. Dort betr¨agt die mittlere ki- netische Energie der Teilchen nur O(10) keV entsprechend einer Temperatur von O(108) K. Es stehen also nicht gen¨ugend schnelle Teilchen f¨ur die Reaktionen zur Verf¨ugung. Hinzu kommt, dass die einfachsten Reaktionen der Art 2→ 1 zu insta- bilen Produkten f¨uhren:

p+p → 22He p+42He → 53Li

4

2He+42He → 84Be.

Trotzdem hielten Perrin und Eddington an der Kernfusion fest und Hans Bethe fand schließlich nach Entdeckung der Quantenmechanik eine L¨osung dieses Problems. In der Quantenmechanik gibt es ja den Tunnelprozess, also das ¨Uberwinden einer ener- getischen Barriere durch ein Teilchen, das klassisch dazu nicht in der Lage w¨are. Die genaue Funktionsweise des Tunnelns wird sp¨ater erl¨autert, hier ben¨otigen wir nur, dass bei gen¨ugend hoher Temperatur tats¨achlich eine ¨Uberwindung der Coulomb- Barriere m¨oglich ist.

2.1 Die Proton-Proton-Reaktion I

Hans Bethe fand im Jahre 1939 schließlich eine M¨oglichkeit f¨ur die Energieproduk- tion in Sternen durch Kernfusion. Die erste Reaktion war demnach:

p+p→21D+e+e (2.3)

Dieser Prozess ist zwar exotherm, es werden inklusive der e++e - Annihilation 1,422 MeV freigesetzt, dennoch ist der Prozess sehr langsam. Die mittlere Lebens- dauer eines Protons im Kern der Sonne betr¨agt 7,9×109 a, da dies eine Reaktion der schwachen Wechselwirkung ist. Trotzdem ist die Reaktionsrate von (2.3) noch um Gr¨oßenordnungen geriner als die vergleichbarer schwacher Zerf¨alle. Dies liegt daran, dass allgemein f¨ur die Reaktionsrateλ eines Prozesses gilt:

λ∝ Z

ΨfΨidV

2

(2.4)

(6)

wobei Ψi die Wellenfunktion vor und Ψf die Wellenfunktion nach der Reaktion bezeichnet. Da es sich bei (2.3) ja um eine Steuung mit Reaktion handelt, ist Ψi die Wellenfunktion zweier Protonen, die im Plasma der Sonne verteilt sind und Ψf

die Funktion eines lokalisierten Deuteriums. Das ¨Uberlappungsintegral ist also sehr klein im Gegensatz zum Fall eines radioaktiven Zerfalls. Dies entspricht der Tatsache, dass, lapidar gesagt, die (unwahrscheinliche) Durchtunnelung der Coulomb-Barriere zusammenfallen muss mit dem (ebenfalls unwahrscheinlichen) β+-Zerfall. Es zeigt sich aber, das es gerade die geringe Reaktionsrate von (2.3) einen Stern wie unse- re Sonne ¨uberhaupt erst m¨oglich macht. Die Folgereaktionen des ersten Teils der Proton-Proton-Fusion sind n¨amlich wesentlich schneller. Hier eine ¨Ubersicht:

2

1D+p → 32He+γ

3

2He+32He → 42He+ 2p

Diese Reaktionen laufen in Sternen ab, deren Temperatur nicht zu hoch ist und die Konzentration an 42Heanfangs nicht zu groß ist. Falls n¨amlich ausreichende Mengen an Helium zur Verf¨ugung stehen, treten weitere Reaktionen auf, die als Proton- Proton-Reaktion II und III bekannt sind.

Vorher sei allerdings noch auf die große Bedeutung der geringen Reaktionsrate von (2.3) hingewiesen. Diese ist bei weitem die langsamste unter allen Kernreaktionen im Inneren von Sternen und gibt daher die Gesamtreaktionsgeschwindigkeit vor. Es ist tats¨achlich so, dass nahezu alle anderen Reaktionen ein nukleares Gleichgewicht erreichen, dass also Hin- und R¨uckreaktion gleich schnell sind, bevor sich die Pro- tonendichte im Stern signifikant ¨andert. Dies resultiert in einer sehr langen Periode (O(1010) a im Fall der Sonne) des Wasserstoffbrennens f¨ur Sterne und einer hohen Stabilit¨at in dem Zeitraum. Dies hat Leben auf der Erde erst m¨oglich gemacht.

2.2 Proton-Proton-Reaktion II und III

Die P-P-Reaktion I ben¨otigt, wie oben gezeigt, nur Wasserstoff als Ausgangsprodukt und keinen Katalysator. Sie wird also die allererste Reaktion sein, die in einem Stern nach dem Urknall abl¨auft. Wenn allerdings gen¨ugend Helium vorhanden ist und die Kerntemperatur hoch genug ist, besteht eine andere M¨oglichkeit f¨ur die weitere Reaktion von 32He:

3

2He+42He→74Be+γ

Das nun entstandene 74Be kann nun entweder ein Elektron einfangen:

7

4Be+e73Li+νe

7

3Li+p → 2·42He+γ

(7)

oder mit einem Proton reagieren:

7

4Be+p → 85B+γ

8

5B → 84Be+e+e

8

4Be → 2·42He

Der erste Reaktionszweig heißt P-P II, der zweite P-P III. Diese Reaktionen sind schneller als die P-P I und erzeugen in Sternen mit gen¨ugend großer Masse mehr Energie als die erste Fusionskette. Das Verh¨altnis der Reaktionswege ist in Abb. 2.1 dargestellt.

Abbildung 2.1: Hier ist die relative St¨arke der einzelnen Proton-Proton- Fusionsketten als Funktion der Temperatur aufgetragen. T6 bedeutet hierT in Ein- heiten von 106 K. Bild entnommen aus [1].

Interessant an diesen Reaktionen sind insbesondere die beiden Neutrinos, die bei den Reaktionen entstehen. Diese haben eine deutlich gr¨oßere Energie als das Neutrino der P-P I Reaktionskette. Die meisten Reaktionen zur Neutrinodetektion sind endo- therm und deshalb wahrscheinlicher f¨ur Neutrinos mit hoher Energie. Selbst wenn die Neutrinos nicht durch Kernreaktionen nachgewiesen werden sondern z.B. durch Tscherenkow-Strahlung, sind events f¨ur hochenergetische Neutrinos trotzdem wahr- scheinlicher. Dies wird im letzten Abschnitt genauer behandelt. Zum Abschluss noch eine Tabelle aller P-P-Reaktionen mit MassendefektQ in MeV, NeutrinoenergieEν ebenfalls in MeV und mittlerer Lebensdauer τ in Jahren sowie eine ¨Ubersichtsgra- phik.

(8)

Abbildung 2.2: Hier ist eine ¨Ubersicht ¨uber alle Proton-Proton-Reaktionen angege- ben, die mehr Zweige enth¨alt, als im Text behandelt. Die Wahrscheinlichkeiten sind jeweils f¨ur die Sonne berechnet. Bild entnommen aus [5].

Reaktion Q Eν τ

p+p→21D+e+e 1,442 0,263 7,9×109

2

1D+p→32He+γ 5,493 - 4,4×10−8

3

2He+32He→42He+ 2p 12,859 - 2,4×105

3

2He+42He→74Be+γ 1,586 - 9,7×105

7

4Be+e73Li+νe 0,861 0,80 3,9×10−1

7

3Li+p→2·42He+γ 17,342 - 1,8×10−5

7

4Be+p→85B+γ 0,135 - 6,6×101

8

5B →84Be+e+e84 Be →2·42He 18,074 7,2 3×10−8

2.3 Der CNO-Zyklus

Die oben ausgef¨uhrte Proton-Proton-Reaktion ben¨otigt als Ausgangskerne nur Pro- tonen, da das 42He im Laufe des Prozesses selbst produziert wird. Diese Kette muss also in fr¨uhen Sternen so abgelaufen sein, da keine anderen Teilchen vorhanden waren. Heute besteht das Gas, aus dem sich Sterne bilden, aber nicht nur aus Was- serstoff und Helium, es enth¨alt auch Kohlenstoff, Stickstoff und andere schwerere Elemente, die in weiteren Kernreaktionen (”Heliumbrennen”) entstehen. Wie das genau abl¨auft, wird sp¨ater diskutiert, die Anwesenheit dieser Kerne hat aber einen katalytischen Effekt auf die Proton-Proton-Fusion. Dieser Effekt wurde von Hans Be- the und Carl Friedrich von Weizs¨acker zwischen 1937 und 1939 entdeckt und heißt deshalb auch Bethe-Weizs¨acker-Zyklus. Dabei werden im Endeffekt zwar auch 4 Pro-

(9)

Reaktion Q Eν τ

12

6 C+p→137 N +γ 1,944 - 1,3×107

13

7 N →136 C+e+e 2,221 0,710 1,3×10−5

13

6 C+p→147 N +γ 7,55 - 2,7×106

14

7 N +p→158 O+γ 7,293 - 3,2×108

15

8 O →157 N +e+e 2,761 1,00 2,6×10−6

15

7 N +p→126 C+42He 4,965 - 1,1×105

tonen zu einem α-Teilchen fusioniert, aber durch Zwischenstadien mit Kohlenstoff (C), Stickstoff (N) und Sauerstoff (O). Die Reaktionszweige sehen folgendermaßen aus:

12

6 C+p → 137 N +γ

13

7 N → 136 C+e+e

13

6 C+p → 147 N +γ

14

7 N +p → 158 O+γ

15

8 O → 157 N +e+e

15

7 N +p → 126 C+42He

Die letzte Reaktion l¨auft nicht immer so ab, mit einer Rate von 0,04% (in der Sonne) entsteht hingegen Sauerstoff:

15

7 N +p → 168 O+γ

16

8 O+p → 179 F +γ

17

9 F → 178 O+e+e

17

8 O+p → 147 O+42He

Da die zweite Kette deutlich unwahrscheinlicher ist als die erste, dauert es viel l¨anger, bis168 Oein nukleares Gleichgewicht erreicht, was f¨ur die anderen Katalysatoren recht schnell geht. Die Kernreaktionen ver¨andern die Anfangskonzentrationen der Isotope von C und N. Diese werden durch Konvektion an die Oberfl¨ache gebracht und k¨onnen dort durch Spektroskopie gemessen werden. Dieses Verh¨altnis ist bei Roten Riesen anders als bei Hauptreihensternen und man kann daher R¨uckschl¨usse auf die Kernprozesse im Inneren ziehen. Die Effektivit¨at des CNO-Zykluses ist stark von der Temperatur abh¨angig und dominiert erst ab 30 Millionen Kelvin ¨uber den P-P- Zyklus, wie in Abb. 2.3 gezeigt. Zum Abschluss noch eine Tabelle der wichtigsten Daten zum wahrscheinlicheren Teil des CNO-Zykluses.

(10)

Abbildung 2.3: Hier ist die relative St¨arke der einfachen P-P-Reaktion gegen¨uber dem CNO-Zyklus als Funktion der Temperatur aufgetragen. Die Abszisse ist in Einheiten von T[106K]. Bild entnommen aus [1].

3 Weitere Kernreaktionen

3.1 Heliumbrennen

Die Vermutung liegt nahe, dass zumindest 12C aus 3·4 He - Kernen entsteht. Erst nach einiger Zeit konnte Salpeter(1952 - 1957) nach genauen Durchrechnen nach- weisen, dass der Aufbau von 12C in zwei Etappen vor sich geht. Geht man von einer Temperatur von 108K und einer Dichte von 105cmg3 aus erfolgt die erste Reakti- on (Zweierstoß), mit der Umkehrung der letzen Reaktion der pp-III-Kette. Diese Reaktion ist endotherm.

4He+4He−→8 Be

Es entsteht ein 82Be - Kern. Dieser ist zwar instabil, er zerf¨allt (nach 2,6·10−6s) wieder in seine Stoßpartner, ein wichtiger Bruchteil aber ¨uberlebt. Auf 109 4He - Kerne kommt ein8Be- Kern. Somit kann sich zwischen Erzeugung und Vernichtung von 8Be ein gewisser Gleichgewichtszustand einstellen.

4He+4He8 Be

Wenn nun w¨ahrend der kurzen Lebensdauer, 8Be mit einem weiteren 4He zusam- menst¨oßt (=Dreierstoß), so kann dies zur Bildung von 12C f¨uhren.

8Be+4He−→12 C+γ

(11)

Da seit der Entdeckung der Radioaktivit¨at, Heliumkerne zumeist als Alpha-Teilchen bezeichnet werden, wir die Bindung von 12C aus 3 Heliumkernen oft auch 3-α- Reaktion genannt.

Abbildung 3.1: 3-α-Prozess

Diese Erkl¨arung hat aber noch einen gewissen Nachteil: Solche Dreierst¨oße sind au- ßerordentlich selten. Der Zweierschritt verlief zu langsam, die gemessene H¨aufigkeit von 12C ließ sich nur durch ein pl¨otzlich steiles Anwachsen des Reaktionsgrades, das heißt mit einer Resonanz erkl¨aren.

Abbildung 3.2: Energieniveaus von Kohlenstoff

Hoyle wies 1954 nach, dass der 12C - Kern tats¨achlich ein angeregtes Energieniveau besitzt das h¨oher lag als die Summe der (Ruhe-)Massen von 4He und 8Be. Die Existenz dieses angeregten 12C - Kerns gleicht gewissermaßen die Instabilit¨aten des

8B -Kerns aus. Er f¨allt zwar in kurzer Zeit auf seinen Grundzustand zur¨uck, aber eine Anreicherung von 12C ist auf dies weise gesichert.

(12)

Damit w¨ahre die Br¨ucke zwischen Helium und Kohlenstoff geschlagen. Die Reso- nanz ist aber mit einem steilen Anstieg des Reaktionsgrades verkn¨upft und mit einer außerordentlichen Temperaturabh¨angigkeit. Bei 108 K und einer Dichte von 105cmg3 steigt der Wirkungsquerschnitt einer Reaktion mit der vierten Potenz der Temperatur. Ein geringer Anstieg f¨uhrt zu extremen Anwachsen des Reaktionsgra- des und somit der Energie-Abgabe. Thermodynamisch erlaubt nat¨urlich eine geringe Temperaturerh¨ohung eine kleine Variation des Druckes, diese kann aber die extrem anwachsende Energieabgabe nicht mehr aufnehmen. Die rasche Expansion f¨uhrt zum so genannten

”Helium-Flash“.

Betrachtet man das bisher gesagte sind zwei Tatsachen entscheidend:

• Die Instabilit¨at von 8Be ist der Grund daf¨ur, dass nicht alle Roten Riesen beim Einsetzen des He-Brennens in ihrem Zentralbereich(Helium-Flash) sofort zu explodierenden Sternen werden.

• Die geringf¨ugige Differenz in der Massensumme der Partner 4H und 8Be ge- gen¨uber dem Energieniveau des h¨oher angeregten 12C ist der Grund daf¨ur, dass sich die h¨aufigsten Elemente des ganzen Weltalls C, N, O (außer H, He) und damit alle folgende, bilden konnte.

Das Gesamtproblem der 3α-Reaktion wurde 1957 experimentell best¨atigt.

Durch weiteren α-Einfang k¨onnen noch weitere Kerne gebildet werden

12C+4He −→16O+γ

16O+4He −→20N +γ

Eine weitere Reaktion als wichtige Neutronenquelle kann stattfinden, wenn durch Konvektion noch Wasserstoff vorhanden ist.

16O+1H −→13C+e+13C+4He−→16 O+n+γ

3.2 Kohlenstoffbrennen

Aus dem Helium-Brennen l¨asst sich schließen, dass zun¨achst die 3α-Reaktion domi- niert. Da jedoch der Reaktionsgrad zu der dritten Potenz der He-Dichte proportional ist, wird bei abnehmender4He-H¨aufigkeit der4He-Einfang durch12C und16O ¨uber- wiegen. Schließlich geht das He-Brennen im Sterninneren - im Core - zu Ende. Die gravitative Kontraktion kann erneut zur Wirkung kommen. Die weitere Entwicklung eines Sterns h¨angt nun von seiner Anfangsmasse ab. Ist diese kleiner als etwa 0.7

(13)

Sonnenmassen, dann k¨onnen die freien Elektronen im Sterninnern v¨ollig

”degenerie- ren“ und der durch sie aufgebaute Gasdruck stoppt eine weitere Kontraktion. Der Stern wird zu einem weißen Zwerg mit einer Kerntemperatur von ca. 5·107K. Ist die Anfangsmasse des Stern gr¨oßer als 0.7 Sonnenmassen verl¨auft sein weiteres Leben v¨ollig anders ab, sofern die Zentraltemperatur im Bereich von (5−8)·108K liegt und die Dichte die Gr¨oßenordnung von 105 cmg3 erreicht, beginnen die12C-Kerne mit sich selbst zu reagieren. Von allen bisher entstandenen Elementen ist bei ihnen die Coulomb-Sperre am kleinsten, daher sollte als erstes folgende Reaktionen ablaufen:

12C+12C −→ 24M g+γ

12C+12C −→ 23N a+1H 56%

12C+12C −→ 20N e+4He 44%

12C+12C −→ 20O+4He

12C+12C −→ 23M g+n

Die letzte Reaktion ist zwar endotherm, aber eine gute Neutronenquelle, sofern die Temperatur hoch genug ist. Die erste Reaktion ist gegen¨uber der Bildung von 20N e und 23N anur geringf¨ugig beteiligt. Sind im Verlauf gen¨ugend Partikel1H und 4He erzeugt, laufen weitere Reaktionen ab:

22N e+4He −→ 24M g+γ

23N e+1H −→ 24M g+γ

Da 24M g am stabilsten ist von allen am Zyklus beteiligten Kernen, ist seine H¨aufig- keit nach Ablauf des Zyklus am gr¨oßten. In dieser Zwischenphase wird eine wachsen- de Anzahl von Neutronen freigesetzt, die infolge ihrer praktisch nicht vorhandenen Wechselwirkung den Stern verlassen und dabei von der im Stern inneren erzeugten Energie bis zu 30 Prozent davontragen. Daher verl¨auft der Anstieg der Zentraltem- peratur durch diesen Energie-Abtransport auch flacher.

Nach Anreicherung von gen¨ugend 12C - Kernen im Sternzentrum laufen dann fol- gende Reaktionen ab:

12C+4He −→ 16O+γ

14N+4He −→ 18F +γ −→16O+e

16O+4He −→ 20N e+γ

Diese Reaktionen sind im Wesentlichen nicht resonant, ihr Wirkungsquerschnitt h¨angt aber stark vom Anregungszustand der Kerne 16O, 18F und 20N e ab. Nach

(14)

Beendigung der Heliumverbrennung ergibt sich durch Ber¨ucksichtigung der Wir- kungsquerschnitte, dass

49% 12C 49% 14O 2% 16O

produziert worden sind. Die Reaktionskette, ausgehend von 14N endet nicht unbe- dingt mit16O. Diese Kette bildet n¨amlich einen ausgezeichneten Neutronenlieferan- ten durch die Abl¨aufe

18O+4He −→ 21N e+n

18O+4He −→ 22N e+γ

20N e+4He −→ 23M g+n

22N e+4He −→ 26M +γ

25M g+4He −→ 28Si+n

26M g+4He −→ 29Si+n

Die Wichtigkeit dieser Reaktionen wird allerdings erst bei r- /s-Prozesse klar. Eine einfache Reaktionsfolge wie pp-Kette und CNO-Zyklus existiert nicht. Der Ablauf der Reaktion zum Aufbau schwerer Elemente h¨angt stark von den lokalen Bedin- gungen ab.

3.3 Sauerstoffbrennen

Nachdem die Zentraltemperatur durch das Kohlenstoffbrennen auf 109Kangestiegen ist, beginnt Sauerstoff mit sich selbst zu fusionieren.

16O+16O −→ 32S+γ

16O+16O −→ 31P +1H

16O+16O −→ 28Si+4He

16O+16O −→ 24M g+ 24He

16O+16O −→ 31S+n

Am Ende des Sauerstoffbrennens treten die stabilen Kerne, 28Siam h¨aufigsten auf, dann24M g und32S. Jetzt k¨onnte man annehmen, das Spielchen k¨onnte man fortset- zen und so k¨onnten alle weiteren Elemente durch ¨ahnliche Prozesse entstehen. Dies

(15)

ist nicht der Fall. Fusion dieser gedachten Art w¨urde aufgrund der großen Coulomb sperre Temperaturen von 4.5·109K erfordern. Die Zahl der erzeugten Photonen w¨achst hier aber mit der vierten Potenz. Alle Kerne

”schwimmen“ jetzt in einem immer dichter werdenden

”Photonensee“, jetzt l¨auft keine Fusionsreaktion mehr ab, sonder der umgekehrte Fall sog. Photodesintegration. Somit ist Sauerstoff praktisch das letzte Element das mit sich selbst reagieren kann. Auf den Prozess der Pho- todesintegration soll hier nicht weiter eingegangen werden. Formal findet folgende Reaktion statt mit.

γ +C −→A+B

Die Prozesse bilden keine einfachen Zyklen, sondern alle Mechanismen laufen in sehr verwickelter Weise gleichzeitig ab. Außerdem spielt die Vorgeschichte des Sterns eine Rolle.

3.4 Siliziumbrennen oder Quasi-Gleichgewicht

Um diesen Prozess besser zu verstehen, nehmen wir die Zentraltemperatur von 3·109K und eine Dichte von 108cmg3 (beide Gr¨oßen seien w¨ahrend der Einstellung des Quasi-Gleichgewichts konstant)an. Das Gas im Stern besteht nur aus Silizium.

24M g und 32S sind nur in geringen Mengen vorhanden. Dann werden durch Photo- desintegration

γ+28Si−→24M g+4He

zun¨achst kleine Mengen von Helium frei. Dieser Vorgang l¨auft aber aufgrund der hohen Stabilit¨at von Silizium nur sehr langsam ab. Sind nun gen¨ugend Heliumkerne freigeworden, lagern sie sich an den Si-Kernen an

21Si+4He−→32 S+γ

und fusioniert zu Schwefel. 32S ist weniger stabil als 28Si, es wir sich daher ein gewisses Gleichgewichtszustand einstellen, der sich zugunsten von32S verschiebt, je gr¨oßer die (relative) Anzahl der 4He-Kerne wird. Ihre Anzahl w¨achst recht schnell mit der Photodesintegration der leichten Kerne.

γ+20N e −→ 16O+4He γ+24M g −→ 20N e+4He

In ¨ahnlicher Weise kann sich beim Anwachsen der Zahl der 32S - Kerne die Fusion mit einem Heliumkern zu 36A vollziehen

32S+4He−→36 Ar+γ

(16)

bis schließlich zu 56N i. Parallel dazu laufen die Photodesintegrationsprozesse der leichten Elemente ab. Die die erforderlichen Heliumkerne liefern. Bisher haben wir nur die Fusionsreaktion mit Helium betrachtet. Aber durch Photodesintegrations- prozesse der schematischen Art

γ+A−→ 1H+B

1H+C −→ E+γ usw.

werden Protonen freigesetzt, so k¨onnen durch Fusionsreaktion mit Protonen andere Isotope zwischen Si und Nickel aufgebaut werden. Ein parallel dazu ablaufenderβ+- Zerfall kann ebenfalls Neutronen beisteuern. Der hier nur im Prinzip angedeutete Prozess eines Quasi-Gleichgewichts mit seiner Tendenz zur Verschiebung zu immer schwereren Elementen findet seinen Abschluss in 56N i das durch β-Zerfall in das stabile Eisen 56F euberf¨¨ uhrt wird.

3.5 Gleichgewichtsreaktion bei der Bildung der Eisenspitze

Das sich verschiebende Gleichgewicht verschiebt sich naturgem¨aß im Endeffekt je- weils auf die stabilste Elementform. Der Temperaturbereich bleibt dabei stets in der Gr¨oßenordnung von 4·109K .

All diese Prozesse des Si-Brennens in diesem Quasi-Gleichgewichtsprozess nehmen nur eine sehr kurze Zeit in Anspruch. Das Siliziumbrennen eines Massereichen Stern dauert typischer Weise 2 Tage, bis der Stern als Supernova endet. Teilchen, also Protonen, Neutronen oder 4He - Kerne werden aus Kernen hinausgeworfen, von anderen Kernen schnell wieder eingefangen um auch von diesen vielleicht wieder hinausgedr¨uckt zu werden. Diese Ejektion und Wiedereinfang aller Teilchen strebt dabei stets einem Gleichgewichtszustand zu. Trotz der Schnelligkeit mit der diese Vorg¨ange ablaufen, werden viele ausgeworfene Partikel mehr und mehr von Kernen eingefangen, indem sie st¨arker gebunden sind als in Kernen in dem sie vorher her- ausgeschlagen wurden. Der gesamte Prozess kann als eine Neugruppierung der nur lose gebundenen Nukleonen im Kern aufgefasst werden in der die Bindungsenergie wesentlich st¨arker ist. Deshalb bezeichnet man diesen Prozess auch als photodesin- tegrative Umgruppierung der Atomkerne.

4 Neutroneneinfang

Die Fusions- und anschließenden Gleichgewichts-Prozesse erlauben die Entstehung von Helium bis zur Eisenspitze. Die weitere Entstehung von schwereren Elemen- ten durch den gleichen Mechanismus w¨urde unrealistische Temperaturen erfordern.

(17)

Abbildung 3.3: Der Reaktionsnetzplan zeigt die komplexe Struktur dieses Prozesses.

Dies ist ein Netzplan einer Modell-Durchrechnung, schematisch dargestellt.

Schwere Elemente entstehen durch Neutronen-Absorptionsprozesse. F¨ur Neutronen ist das ¨uberwinden der Coulomb-Sperre keine Schwierigkeit und zum anderen rea- gieren Neutronen schneller mit Atomkernen je schwerer sie sind. In der universellen H¨aufigkeitsverteilung ist die allgemeine Tendenz, ein langsames Abfallen der H¨aufig- keit mit wachsender Massenzahl zu erkennen. Auff¨allig ist jedoch das auftreten der Spitzen bei Brom Yttrium, Xenon, Lanthan, Platin und Wismut. In ¨ahnlicher Weise wie im Schalenmodell der Elektronen f¨uhrt man dies ausgehend von der

”Schalen- theorie der Atomkerne“ auf Schalen zur¨uck, die durch Protonen oder Neutronen aufgef¨ullt werden. Entspricht die Summe aus Neutronen und Protonen einer

”magi- schen Zahl“ - 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126, sind sie verglichen mit ihren Nachbarisotopen besonders stabil.

Der Neutroneneinfangprozess kann in zwei Gruppen aufgeteilt werden

• s-Prozess - slow - langsamer Neutroneneinfang hier zerfallen die erzeugten Kerne zu einem stabilen Isotop bevor sie ein weiteres Neutron einfangen

• r-Prozess - rapid - schneller Neutroneneinfang, hier ist der Neutronenfluss so groß, dass der Kern bevor er Zerf¨allt viele Neutronen anlagert

(18)

Abbildung 4.1: Wirkungsquerschnitt f¨ur Neutorneneinfang Nochmals die wichtigsten Reaktionen, welche Neutronen erzeugen:

2He+2H −→3 He+n

12C+12C −→23M g+n 10 F en

32N e+4He−→25M g+n 105 F en

16O+16O −→31S+n 200 F en

Dies geschieht w¨ahrend des Heliumbrennens. Der Fluss ist relativ langsam und es gibt reichlich Zeit f¨ur β-Zerfall. Dies sind die Bedingungen die sich f¨ur s-Prozesse anbieten. Die typische Zeitskala ist in Gr¨oßenordnungen von 1014 Jahren.

In Sternexplosionen ist die Zeitskala im Bereich von 1014 s, die Explosion erzeugt einen Neutronenfluss der f¨ur den r-Prozess n¨otig ist. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Isotop und die Art des erzeugten Prozesses. Es gibt Isotope die durch beide Prozesse erzeugt werden k¨onnen und manche die nur durch s-Prozesse mit relativ wenigen Neutronen und einige, welche nur durch r-Prozesse erzeugt werden k¨onnen (alle Element schwerer als Bei oder Bismut und allgemein Isotope mit hoher Neutronenzahl). Es gibt noch rund 30 Isotope, die durch keines der beiden Prozesse erzeugt werden k¨onnen. M¨ogliche Prozesse hierf¨ur sind

• Protoneneinfang w¨ahrend explosiven Brennens

• das Ausl¨osen von Neutronen bei Temperaturen ¨uber 109 K durch Photonen

• der umgekehrte β-Zerfall bei hohen Temperaturen durch Einfang vone+, wel- che ein protonenreicheres Isotop erzeugt.

(19)

4.1 Langsamer Elektroneneinfang s-Prozess

Befindet sich ein Kern in einem Neutronenfluss, dann werden Isotope mit gr¨oßerer Kernmassenzahl A durch Neutroneneinfang erzeugt

(Z, A) +n −→(Z, A+ 1) +γ

Wird ein nicht stabiler Kern erzeugt dann wechselt der Weg zum n¨achsten Z-Wert durch einen β-Zerfall

(Z, A+ 1)−→(Z + 1, A+ 1) +β

und dann beginnt der Einfangprozess erneut. Betrachtet man Isotope die nur durch s-Prozess erzeugt werden k¨onnen erwartet wir einen Zusammenhang zwischen Neu- troneneinfang und Wirkungsquerschnitt. Wo der Wirkungsquerschnitt groß ist er- warten wir einen Aufbau der zu großen ¨Uberschuss f¨uhrt. Mit ausreichender Ge- nauigkeit kann man sagen, dass der Neutroneneinfangwirkungsquerschnitt indirekt proportional zur Neutronengeschwindigkeit ist, somit ist f¨ur den relevanten Tempe- raturbereich das Produkt σv als konstant zu betrachten Mit einer Neutronendichte n von 1011 1m3 l¨asst sich die typische Zeit f¨ur einen Neutroneneinfangabsch¨atzen.

t = 1 n

1

σv ≈ 1 1011 1m3

· 1

10−23 1s ≈104years

Betrachtet man einen s-Prozess mit konstanter Neutronendichte n so ergibt sich eine Produktionsrate von Kernen mit Massenzahl A.

NA

dt =n{(σA−1v)NA−1−(σAv) NA}

Die beiden Terme auf der rechten Seite beschreiben den Einfang und dein Zerfall.

Da σ v konstant ist ersetzen wir dies durch den Neutronenfluss τ mit dτ =vthndt.

So erhalten wir

NA

dτ =σA−1 NA−1−σA NA

Der Prozess ist nun durch eine große Anzahl von Differentialgleichungen gegeben, die mit einander verkn¨upft sind. Zum L¨osen der Differentialgleichungen sind Rand- bedingungen n¨otig. Die Ausgangsbedingung wird bei der Eisengruppe gemacht. Das Sonnenverh¨altnis ist N(55F e) N(57F e) 0.1 N(56F e). Eine weitere Bedingung ist noch durch 209Bi, den schwersten stabilen Kern. Weiterer Neutroneneinfang von

209Bi f¨uhrt zuα-instabilen Kernen. Somit w¨ahre eine Folge von Gleichung

(20)

N56

dτ =−σ56 N56 NA

dτ =σA−1 NA−1−σA NA N206

dτ =σ205 N205−σ206 N206209 N209

Ist die H¨aufigkeit des Kerns A gering wird der Neutroneneinfang ¨uberwiegen und der TermσA−1 NA−1 wird gr¨oßer. Wird die H¨aufigkeit des Kerns A zu groß wird der Zerfallsprozess ¨uberwiegen und die H¨aufigkeit wird klein. Durch viele solcher simul- tan ablaufenden Reaktionen dieser Art wird der Gesamtzustand zu einem Gleichge- wichtszustand tendieren, bei dem gilt.

NA σA≈NA−1σA−1 NA dτ = 0 Diese lokale N¨aherung gilt in der N¨ahe von

”magischen Zahlen“ mit (50, 82, 126 Neutronen) und damit ¨außerst kleinen Wirkungsquerschnitt nicht.

Betrachtet man das Neutronen-Wirkungsquerschnitt-Diagramm, so erkennt man deutlich die

”magischen Zahlen“. Die G¨ultigkeit der Approximation zwischen den magischen Zahlen zeigt deutlich das nachfolgende Diagramm.

Abbildung 4.2: Produkt aus Neutronenwirkungsquerschnitt und Elementh¨aufigkeit

(21)

Es zeigt das Produkt der solaren H¨aufigkeit der Elemente mit dem Wirkungsquer- schnitt. Die einzelnen Datenpunkte sind teilweise mit betr¨achtlichen Fehlern behaf- tet. Es zeigt aber deutlich den monotonen Verlauf zwischen den magischen Zahlen.

4.2 Schneller Elektroneneinfang r-Prozess

Das Hauptaugenmerk f¨ur das vorhanden sein dieses Vorgangs ist die Existenz von schwereren Elementen als 209Bi f¨ur deren Entstehung keine andere Erkl¨arung be- kannt ist.

Um den Anteil durch r-Prozess entstandner Kerne abzusch¨atzen subtrahiert man von der beobachteten Verteilung den Anteil, der durch s-Prozess entstanden ist. Ein Ausschnitt des Ergebnisses dieser Durchf¨uhrung zeigt die Nachfolgende Abbildung.

Hier gibt es starke Anzeichen von Peaks bei A=80, 130, 195, diese sind um rund 10 unter den magischen Zahlen von Neutronen(90, 150, 208).

Abbildung 4.3: Differenz aus der theoretischen Verteilung der Elemente des s-Prozess und der gemessenen Verteilung

Die Verschiebung der Peaks nach niedrigeren Massenzahlen A kam man dadurch deuten, dass der r-Prozess direkt keine stabilen Kerne bildet. Dies geschieht indirekt durchβ-Zerfall der neutronenreichen Kerne. Durch denβ-Zerfall wird ein Neutron in ein Proton umgewandelt, damit bleib die Massenzahl erhalten. Die unterschiedlichen Pfade des s- und r-Prozesses sind nachfolgend dargestellt

(22)

Abbildung 4.4: Die gestrichelten Linien zeigen, wie weit entfernt vomβ -stabilen Tal die r-Prozess Kerne erzeugte werden. Im Gegensatz dazu folgt der s-Prozess diesem Tal sehr nahe.

5 Quantenmechanische Grundlagen

Wie bereits oben erw¨ahnt, kann die Kernfusion nicht ohne die Quantenmechanik erkl¨art werden. Vorher werden allerdings noch einmal die Grundgleichungen f¨ur den Sternaufbau wiederholt. Unter der Annahme der sph¨arischen Symmetrie erh¨alt man folgende Gleichung f¨ur die Masse:

M(r) = 4π

r

Z

0

dr0r02ρ(r0) (5.1)

Die Forderung nach hydrostatischem Gleichgewicht liefert:

dP(r) =−GM(r)ρ(r)

r2 dr (5.2)

Die Leuchtkraft ist gegeben durch

dL(r) = 4πr2drρ(r)(r) (5.3)

(23)

Den Temperaturverlauf erh¨alt man aus den Gleichungen des Energietransports durch Strahlung:

dT(r)

dr =− 3 64π

ρ(r)κ(r)L(r)

σT3r2 (5.4)

wobei σ die Stefan-Boltzmann-Konstante bezeichnet und die Opazit¨at eine kompli- ziertere Funktion ist

κ(r) = κ(ρ(r), T(r), Xi(r)) (5.5) Hier ist Xi die H¨aufigkeit eines bestimmten Elements. Zus¨atzlich ben¨otigt man zur L¨osung noch eine Zustandsgleichung

P(r) = P(ρ(r), T(r), Xi(r)) (5.6) All diese Gr¨oßen sind makroskopischer Natur und Sternmodelle k¨onnen berechnet werden, wenn man die Energieerzeugungsrate aus der Kernphysik gegeben hat.

Dieses soll nun mit relativ einfachen Mitteln abgesch¨atzt werden.

5.1 Das Schalenmodell

Bevor man allerdings eine quantenmechanische Rechnung anfangen kann, braucht man erst einmal ein Modell f¨ur den Atomkern. Da die genaue Form der Kernkraft, also der QCD, sehr kompliziert ist, wird deren Wirkung im Modell stark vereinfacht.

Um die Bindung der Nukleonen aneinander zu erkl¨aren, muss man annehmen, das das Coulomb-Potential der Nukleonen, das auf große Entfernungen dominant ist, bei dem Kernradius R durch ein anderes, attraktives Zentralpotential ¨uberlagert wird:

V(r) = ( 1

0

Z1Z2e2

r r > R

VK(r) r < R (5.7)

Wie dieses VK(r) genau aussieht, ist a priori unbekannt und dessen Wahl h¨angt von der gew¨unschten Genauigkeit des Modells ab. Denkbar ist zum Beispiel ein Kastenpotential

VK =

(−V0 r > R

∞ r < R (5.8)

oder ein harmonisches Potential

VK =−V0+ 1

2mω2r2 (5.9)

Beide Potentiale ergeben eingesetzt in die Schr¨odingergleichung nat¨urlich quantisier- te Energieniveaus, die man als Schalen verstehen kann. Diese Niveaus sind, abh¨angig

(24)

Abbildung 5.1: Hier wurde ein abgerundetes Kastenpotential als effektives Kernpo- tential gew¨ahlt. Die einlaufende Welle von rechts symbolisiert ein Teilchen, das auf den Kern zufliegt und dabei Energie verliert, also langwelliger wird. Bild entnommen aus [1].

vom gew¨ahlten Potential, unterschiedlich stark entartet und k¨onnen dadurch auf ih- re Realit¨atsn¨ahe ¨uberpr¨uft werden. Ein Beispiel f¨ur ein Kernpotential ist in Abb. 5.1 aufgetragen.

Wichtiger als die genaue Form des Potentials ist an dieser Stelle, ob die Annah- me eines Zentralpotentials ¨uberhaupt gerechtfertigt ist, da es ja im Gegensatz zum Atom kein echtes Zentralteilchen gibt. Man macht im Kern eine Zentralfeldn¨ahe- rung, beschreibt also die Bewegung eines Nukleons im statischen Feld aller anderen.

Dies erscheint auf den ersten Blick etwas gewagt, aber es gibt dennoch Gr¨unde f¨ur dieses Vorgehen. Warum sollten denn zum Beispiel die Nukleonen ¨uberhaupt auf ih- ren Schalen bleiben und nicht durch St¨oße abgelenkt werden und letztlich chaotisch durch den Kern fliegen. Eine Begr¨unding liefert folgende ¨Uberlegung: Die Nukleo- nen sind Fermionen, sie unterliegen also dem Pauliprinzip. Der Atomkern ist also ein Fermigas mit Potential bestehend aus Protonen und Neutronen. Entsprechend sind alle Energieniveaus des Kerns bis zur Fermikante gef¨ullt. Sollten also zwei Nukleonen zusammenprallen, wird ein Energie- und Impuls¨ubertrag stattfinden. Ein Stoßpart- ner wird also auf ein h¨oheres Niveau gehoben, der andere auf ein niedrigeres sinken.

(25)

Da allerdings im Fermigas alle Niveaus besetzt sind, k¨onnen die Nukleonen gar keine andere Schale als die besetzten, in der sie sich gerade befinden. Folglich k¨onnen die Nukleonen ihre Schalen nicht verlassen.

Eine Erweiterung dieses Zentralpotentials muss man allerdings von Hand einf¨ugen:

die Nukleonen haben eine sehr starke l·s-Kopplung, die nicht mehr als St¨orung behandelt werden kann. Dies f¨uhrt zu einer Aufspaltung der Niveaus, die nicht aus den Energieeigenwerten des Potentials ersichtlich ist. Die genauen Zahlen sind f¨ur uns hier allerdings sowieso nicht von Interesse, sondern nur die Tatsache, dass sich die Nukleonen auf diskreten Schalen bewegen.

Sollte nun ein Teilchen durch die Coulomb-Barriere hindurchtunneln und in den Kern eindringen, ordnet es sich unter Beachtung der Erhaltungss¨atze und des Pau- liprinzips in ein Niveau ein. Besonders interessant ist der Fall, wenn die Energie des einlaufenden Teilchens sehr nahe an einem freien Niveau im Kern ist. Dann kommt es zu sogenannten Resonanzen, also zu einer erh¨ohten Wahrscheinlichkeit f¨ur die Fusion. Dies ist von zentraler Bedeutung f¨ur das Temperaturverhalten der Reaktionsrate, wie im n¨achsten Abschnitt erl¨autert wird. All diese Effekte kann man durch Kernspektrokopie tats¨achlich beobachten. Das Schalenmodell, f¨ur das deren Erfinder Eugene Paul Wigner, Maria Goeppert-Mayer und J. Hans D. Jensen 1949 sehr bekannt wurden, sagt weiterhin, analog zu den Edelgasschalen der Atomphysik, besonders stabile Kerne mit ”magischen” Kernladungs- und Massenzahlen voraus, die auch experimentell best¨atigt sind.

5.2 Temperaturabh¨ angigkeit und Gamow-Peak

Die Energieerzeugungsrate ist das Produkt aus Reaktionsrate ˙n und freiwerdender Energie pro ReaktionQ. Die Reaktionsrate ist wiederum gegeben durch das Produkt aus einfallendem Fluss Φx =nxv und effektiver Targetfl¨ache, also nyσ(v), wobei σ der Wirkunsquerschnitt der betrachteten Reaktion ist. Somit ergibt sich f¨ur ˙n:

˙

n=nxnyvσ(v) (5.10)

Da die Teilchen keine einheitliche Geschwindigkeit haben, setzt man f¨ur vσ(v) den Erwartungswert ein und erh¨alt f¨ur:

=Qnxnyhvσi 1

1 +δxy (5.11)

Der Bruch ist ein Korrekturfaktor, falls x=y.

Wenn man nun f¨ur die Geschwindigkeit eine Maxwell-Boltzmann-Verteilung an- nimmt,

F(v) = 4πv2

m 2πkBT

3/2

exp

− mv2 2kBT

(5.12)

(26)

erh¨alt man

hvσi= 4π

µ 2πkBT

3/2

Z

0

v3·σ(v) exp

− µv2 2kBT

dv (5.13)

mit µ als effektive Masse. Wechsel von v nachE als Integrationsvariable ergibt hvσi=

r 8 πµ

1 kBT

3/2

Z

0

E·σ(E) exp

− E kBT

dE (5.14)

Die Herausforderung besteht nun darin, σ(E) zu bestimmen. Wie oben bereits erw¨ahnt, muss man den quantenmechanischen Tunneleffekt mit einbeziehen, um die Kernfusion zu beschreiben. Dies wurde erstmals von Gamow bemacht, aller- dings nicht f¨ur die Fusion, sondern f¨ur den α-Zerfall. Die sehr großen Unterschiede in den Halbwertszeiten der α-Strahler sind klassisch nicht zu erkl¨aren. Das Modell, das Gamow verwendete, betrachtet das α-Teilchen als frei beweglich im Kern, das immer wieder gegen die Coulomb-Barriere st¨oßt und mit einer gewissen Wahrschein- lichkeit irgendwann durchtunnelt. Die Berechnug der Tunnelwahrscheinlichkeit ist eine Standartaufgabe der Quantenmechanik und wird hier nur kurz umrissen [2]:

Zuerst geht man von einer Rechteckbarriere aus, die h¨oher als die Teilchenenergie ist. Daf¨ur l¨asst sich die Tunnelwahrscheinlichkeit T noch recht einfach geschlossen angeben:

T = 1

1 + (1 +42) sinh2(2κa) (5.15) wenn=κ/k−k/κmitk=

2mE

~ undκ=

2m(V0−E)

~ . Hier istV0 die Potentialh¨ohe und a die Breite. Wenn man nun die Schwelle als sehr hoch und breit annimmt und eine kontinuierliche Potentialschwelle zwischen a und b durch einzelne Stufen beschreibt, kommt man auf

T ≈exp

−2

√2m

~

b

Z

a

dxp

V(x)−E

=: exp(−2G) (5.16) Einsetzen des Coulomb-Potentials f¨urV(x) und Integration liefert f¨ur den Gamow- Faktor G:

G=

√2mπe2

~ Z1

Z2

√E −4

√Z2R

√2πe

(5.17) Vernachl¨assigung des zweiten Summanden (keine Energieabh¨angigkeit) und Einset- zen der kinetischen Energie ergibt

G=παc

vZ1Z2 =: 1 2

rEG

E (5.18)

(27)

mit der Gamow-Energie EG.

Man geht nun weiter davon aus, dass der Streuquerschnitt proportional zu dieser Tunnelwahrscheinlichkeit ist. Damit ergibt sich eine exponentielle Abh¨angigkeit von der Energie bzw. der Temperatur! Eine m¨ogliche weitere Energieabh¨angigkeit wird meist mit dem sog. astrophysikalischen S-Faktor S(E) parametrisiert:

σ(E) = exp(−2G)· 1

ES(E) (5.19)

wobei das 1/E Konvention ist. Wenn man nun dieses Ergebnis in (5.14) einsetzt, erh¨alt man

hvσi= r 8

πµ 1

kBT

3/2

Z

0

S(E) exp − rEG

E − E kBT

!

dE (5.20)

Wie sieht nun dieser FaktorS(E) aus? Der Punkt bei dieser Definition des Streuquer- schnitts ist, dass alle Energieabh¨angigkeiten, die nicht von der inneren Struktur des Kerns abh¨angen, bereits in der Tunnelwahrscheinlichkeit integriert sind und S(E) nur element- bzw. isotopenspezifische Abh¨angigkeiten enth¨alt wie die oben erw¨ahn- ten Resonanzen. Meist ist es aber eine gute N¨aherung, wenn man S(E)≈S0 setzt, also konstant l¨asst. Dann findent man, dass der Integrand ein Maximum E0 ”zwi- schen” der Maxwell-Boltzmann-Verteilung und der Tunnelwahrscheinlichkeit hat:

E0 = π2

2 (kBT)2α2c2µZ12Z22 1/3

(5.21) Dies ist in Abb. 5.2 illustriert.

Damit haben wir nun die Temperatur gefunden, bei der Kernfusion am effizientesten abl¨auft. Eine konkrete L¨osung f¨ur dieses Integral wird im n¨achsten Abschnitt ange- geben. Hier soll nun noch mal auf die N¨aherung des konstantenS-Faktors eingegan- gen werden.S(E) kann wegen der Komplexit¨at der QCD (in diesem Energiebereich keine perturbative Theorie!) nur sehr schwer rechnerisch bestimmt werden. Eine ex- perimentelle Bestimmung war lange nur f¨ur h¨ohere Energien im Bereich O(1) MeV m¨oglich. Neuere Ergebnisse werden im letzten Abschnitt vorgestellt. Man kann zwar versuchen, S(E) in den Bereichen niedrigerer Energien zu extrapolieren, aber man muss dabei von einem gleichm¨aßigen Verhalten von S ausgehen. Dies ist nur gege- ben, falls in dem extrapoliertem Bereich keine Resonanz auftritt. Die genaue Mes- sung des Wirkungsquerschnitts in dem f¨ur Sterne relevanten Bereich ist aber sehr wichtig, weil die Reaktionsrate bei Resonanzen deutlich erh¨oht ist. Tats¨achlich ist es so, dass das einfache Bild von Abb. 5.2 durch eine Resonanz erg¨anzt werden muss,

(28)

Abbildung 5.2: Dieser Graph zeigt das Maximum des Integrals (5.20) f¨ur konstantes S(E). Bild entnommen aus [1].

da die meisten Kernreaktionen auf der ”Flanke” einer Resonanz stattfinden wie zum Beispiel die Reaktion

14

7 N +p→158 O (5.22)

aus dem CNO-Zyklus. Dies ist in Abb. 5.3 dargestellt. Falls die Resonanz in die N¨ahe des Gamow-Peaks kommt, muss deren Beitrag zu (5.20) ber¨ucksichtigt werden und S(E) ist nicht mehr konstant. F¨ur geringere Energien werden die Resonanzpeaks im Allgemeinen schm¨aler und kleiner.

Wenn man nun all diese Ergebnisse mit experimentellen Beobachtungen im Plasmen vergleicht, stellt man fest, dass man die Reaktionsrate, unabh¨angig von den Details des Prozesses, immer untersch¨atzt. Dieser Fehler kommt daher, weil bisher davon ausgegangen wurde, dass in einem Sternplasma nur Atomkerne vorhanden sind.

Tats¨achlich sind aber noch die Elektronen der Atomh¨ullen da, weil ein Stern ja in etwa elektrisch neutral ist. Die negative Ladung der Elektronen bewirkt eine Abschirmung des positiven Potentials der Kerne und verringert so die Coulomb- Barriere. Dies f¨uhrt dann zu einer h¨oheren Reaktionsrate. Auch wenn der Effekt dieses sog. Debye-Shielding nicht allzu stark ist, sei er der Vollst¨andigkeit halber hier erw¨ahnt.

(29)

Abbildung 5.3: Hier wurde zu den beiden Termen Maxwell-Boltzmann-Verteilung und Tunnelwahrscheinlichkeit noch eine Resonanz hinzugef¨ugt. Bild entnommen aus [1].

5.3 Potenzgesetz

Im Mittelwert des Produkts von Wirkungsquerschnitt und Geschwindigkeit haben wir bereits den astrophysikalischen Faktor aufgrund seiner geringen Temperatu- rabh¨angigkeit parametrisiert.

Der Integrand kann nun umgeschrieben werden zu f(E) =e

E kB T+B

E

mit

B =p

2µπZ1Z2e21 h wobei µ= mm1·m2

1+m2 die Reduzierte Masse ist f(E) hat ein Maximum bei E0 =

BkBT 2

23

Die Gr¨oße E0 ist die mittlere effektive Energie f¨ur eine bestimmte Temperatur T.

Zum Beispiel ist f¨ur die Sonne bei einer Temperatur von T = 1,5·106K f¨ur ver- schiedene Reaktionen die mittlere Energie und die dimensionslose Parameter τ in der Tabelle angegeben.

Mit

τ ≡3 B

2kBT 2/3

(30)

Reaktion E0[keV] τ p+p 5,9 13,7 α+12C 56 130,2 p+14N 27 63

16O+16O 237 550,1

Tabelle 5.1:E0 und τ f¨ur verschiedene Reaktionen ist der Wert des Integranden an der Stelle des Maximums

f(E0) = e−(B2/kBT)1/3(21/3+2−2/3) =e

E0

kB T =e−τ

Die Reaktion bezieht sich auf diesen mehr oder weniger engen Energiebereich umE0, welcher zwar viel gr¨oßer ist als kBT aber viel kleiner im Vergleich zu den Energien, welche im Labor gemessen werden k¨onnen.

Um das Integral zu berechnen zu k¨onnen, muss der Integrand durch eine Gaußkurve approximiert werden, welche die Gleiche Peak-H¨ohe und Halbwertsbreite besitzt.

Damit erhalten wir f¨ur den Integranden Z

0

f(E)∼=f(E) s

2πf(E0) f00(E0) = 2

3

√πτ kBT e−τ

Jetzt m¨ussen wir noch S < (E) > betrachten. F¨ur nicht resonante Reaktionen ist der s-Faktor nahezu konstant, daher k¨onnen wir schreiben:

< S(E)>≈S(E)≈S(E0) Somit ergibt sich mit den beiden N¨aherungen

< σv >∼= 8 81

~

πZ1Z2e2µτ2e−τS(E0) τl¨asst sich mit τ = 3kE0

BT und E0 = Bk2BT2/3

auch schreiben als τ = 3 B

22/3 1 T1/3

Die Funktion < σv > kann nun durch eine Potenzfunktion Tν dargestellt werden.

< σv >=< σv >0 T

T0 ν

(31)

Somit l¨asst sich die Potenz berechnen

ν = ∂ln < σv >

∂lnT

ln< σv >=X− 2

3lnT −τ

∂ < σv >

∂lnT =−2 3− dτ

dlnτ dlnτ

dlnT = τ−2 3 Man erh¨alt folgende Temperaturabh¨angigkeit

< σ v >∝ T τ −2 3

Reaktion p+p T4 α+12C T42 p+14N T20

16O+16O T182

Tabelle 5.2: Temperaturabh¨angigkeit f¨ur obige Beispielreaktionen

Abbildung 5.4: Temperaturabh¨angigkeit der Energieerzeugnungsrate

(32)

6 Aktuelle Forschungsergebnisse

Wie bereits weiter oben erw¨ahnt, sind zwei Bereiche der solaren Kernfusion immer noch Gebiete aktueller Forschung: die solaren Neutrinos und die Wirkungsquer- schnitte der Fusionsreaktionen bei niedrigen Energien.

6.1 Solare Neutrinos

Wenn man die Kernreaktionen der Sonne experimentell erforschen will, hat man ein generelles Problem: man sieht den Kern der Sonne nicht. Die elektromagnetische Strahlung der Sonne kommt fast ausschließlich aus der Photosph¨are, also von realtiv dicht unter der Oberfl¨ache. Man kann also auch nur die Elemente dieser Schicht durch Spektroskopie nachweisen und hoffen, dass Material aus dem Kern durch Konvektion aufsteigt. Die einzige Information, die wir direkt aus dem Kern erhalten, sind die solaren Neutrinos. Wenn man sich z.B. die Kernreaktionen der Proton- Proton-Kette ansieht, findet man drei Reaktionen, die Neutrinos freisetzen:

p+p → 21D+e+e

7

4Be+e73Li+νe

8

5B → 84Be+e+e

Diese Neutrinos habe recht unterschiedliche Energien: 0,263 MeV, 0,8 MeV bzw.

7,2 MeV. Um nun z.B. zu entscheiden, welcher Energieerzeugungsprozess in der Sonne dominiert, kann man versuchen, den Neutrinofluss zu messen und mit der Theorie zu vergleichen. Dabei werden zwei prizipielle M¨oglichkeiten zur Neutrino- detektion verwendet: Einmal radiochemische Detektoren wie das Chlorexperiment in Homestake oder der GALLEX-Detektor im Gran-Sasso-Massiv. Diese Detektoren beruhen auf Reaktionen wie

νe+3717Cl→3718Ar+e (6.1) die alle endotherm sind. Also haben diese Detektoren eine unter Schranke f¨ur m¨ogli- che Neutrinoenergien. Diese liegt zum Beispiel f¨ur Homestake bei 814 keV also ¨uber der Energie f¨ur Neutrinos aus der Deuteriumerzeugung.

Die zweite M¨oglichkeit zur Neutrinodetektion besteht in der Ausnutzung des Tscherenkow- Efffekts, also der elastischen Streuung der Neutrinos z.B. an Elektronen. Aber auch solche Detektoren wie zum Beispiel Kamiokande haben eine untere energetische De- tektionsgrenze. Trotz dieser Probleme hat man den Neutrinofluss der Sonne vermes- sen und festgestellt, dass zu wenigνeauf der Erde ankommen. Also ist entweder neue

(33)

Physik im Spiel oder die Modelle der solaren Kernfusion sind fehlerhaft. Um letzteres auszuschließen, war eine Messung der Wirkungsquerschnitte der relevanten Kern- reaktionen bei niedrigen Energien notwendig. Dies geschah im LUNA-Experiment (Laboratory for Underground Nuclear Astrophysics).

6.2 Das LUNA-Experiment

Die Bestimmung des Wirkungsquerschnitts bei niedrigen Energien ist keine leichte Aufgabe. Der theoretischen Vorhersage stellt sich die QCD in den Weg, da, wie oben bereits diskutiert, eine Resonanz eine Exrapolaristion vonS(E) sehr erschwert.

Experimentell ist das stellare Energieregime aber auch schwer zug¨anglich, da bei so niedrigen Energien das Signal-Rausch-Verh¨altnis zu schlecht wird. Erst ein sehr abgeschirmtes Experiment im Gran-Sasso-Massiv konnte dem Abhilfe schaffen. Von besonderem Interesse waren hierbei drei Reaktionen:

Die erste ist Teil der P-P I Kette

3

2He+32He→42He+ 2p (6.2)

Sollte n¨amlich diese Reaktion in der Sonne eine Resonanz aufweisen, w¨aren die an- deren beiden P-P-Ketten unterdr¨uckt und das solare Neutrinoproblem w¨are gel¨ost, weil die P-P I keine hochenergetischen Neutrinos erzeugt [3].

Die zweite interessante Reaktion ist

2

1D+p→32He+γ (6.3)

da sie entscheidend ist f¨ur Proto-Sterne, also f¨ur Sternentstehungsgebiete [3].

Schließlich ist f¨ur die Besimmung der St¨arke des CNO-Zykluses von Interesse:

14

7 N +p→158 O (6.4)

Dies ist der langsamste Prozess des Bethe-Weizs¨acker-Zyklus und bestimmt daher dessen Geschwindigkeit und Energieerzeugungsrate [4]. Das Ergebis dieser Expe- rimente ist eine Best¨atigung f¨ur die Extrapolarisation, es existert n¨amlich keine Resonanz im relevanten Energiebereich. Der CNO-Zyklus wird dominiert von der (bereits bekannten) Resonanz bei 259 keV.

Die neu vermessene Reaktion (6.2) zeigt auch keine Resonanz im Bereich solarer Energien, folglich kann das Neutrinoproblem nicht auf die Kernphysik zur¨uckgef¨uhrt werden. Die heute anerkannte L¨osung ist die Neutrinooszillation, also die Umwand- lung einer Neutrinoart in eine andere, z.B. νe → νµ. Weitere Ausf¨uhrungen hierzu finden sich in folgenden Vortr¨agen.

(34)

Literatur

[1] Donald D. Clayton, 1968, “Priciples of Stellar Evolution and Nucleosynthe- sis” (Chicago University Press)

[2] Alexander Lenz, Skript zur Vorlesung ”Struktur der Materie III: Kern- und Elementarteilchenphysik”

[3] C. Broggini, “Nuclear processes at solar energy,” In the Proceedings of 23rd International Conference on Physics in Collision (PIC 2003), Zeuthen, Ger- many, 26-28 Jun 2003, pp THAT03 [arXiv:astro-ph/0308537].

[4] A. Lemut et al. [LUNA Collaboration], “First measurement of the 14N(p,gamma)15O cross section down to 70 keV,” Phys. Lett. B 634(2006) 483 [arXiv:nucl-ex/0602012].

[5] URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Neutrino [6] W. Gebhardt, Skript:

”Einf¨uhrung in die Kosmolige“

[7] Jean Audouze Sylvie Vanclair, 1974,

”Die Entstehung der Elemente, Einf¨uhrung in die Nukleare-Astrophyisk“, dva-Seminar

[8] Howard S. Goldberg, Michael Scadron, 1981,“Physicis of Stellar Evoutuion an Cosmology“, Gordon and Breach Science Publishers

[9] Roger J. Tyler, 1978,

”Sterne Aufbau und Entwicklung“, Vieweg [10] AC Philips, 1994,

”The Physics of Stars“, John Wiley & Sous [11] URL: http://www.shef.ac.uk/physics/teaching/phy320

Referenzen

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