DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
BUCHBESPRECHUNGE
Th. v. Arnim, A. Maseri (Eds.): Silent Ischemia, Cur- rent Concepts and Manage- ment, Steinkopff Verlag Darmstadt, Springer-Verlag New York, 1987, VIII, 211 Seiten, 70 DM
Wenn man bedenkt, daß zirka ein Drittel aller Herzin- farkte stumm verläuft, so wird man für die vorliegende Mo- nographie sehr dankbar sein.
Sie enthält Referate der maß- geblichen Pathophysiologen und Kliniker. Es werden die möglichen Warnzeichen einer beginnenden Ischämie eben- so dargestellt wie jene Kondi- tionen, welche die Entste- hung eines Herzinfarktes be- günstigen. Sehr wichtig ist auch die Frage, ob durch Be- lastung einschließlich Bela- stungstests stumme Isch- ämien provoziert werden können. Ebenso wichtig ist der Bericht über Langzeitbe- obachtungen bei durch Zufall entdeckten, klinisch stumm gebliebenen Infarkten. Le- senswert ist weiter ein Kapitel über die anatomischen Läsio- nen, die bei stumm verlaufe- nen Infarkten gefunden wur- den. Schließlich werden auch therapeutische Möglichkeiten besprochen, zum Beispiel für die instabile Angina pectoris und für die chronische stabile Angina.
Gotthard Schettler, Heidelberg
Bernd Lutz (Hrsg.): Metz- ler Philosophen Lexikon, J. B.
Metzlersche Verlagsbuch- handlung, Stuttgart, 1989, VI, 851 Seiten, 68 DM
Franco Volpi, Julian Nida- Rümelin (Hrsg.): Lexikon der philosophischen Werke, Al- fred Kröner Verlag, Stuttgart, 1988, 863 Seiten, 48 DM
Die Philosophie, in den 70er Jahren verdrängt von der Soziologie und in den 80er von der Biologie, zieht wieder mehr öffentliche Auf- merksamkeit auf sich. Vor al- lem die Aufforderungen, wegweisende Worte zur Me- dizin- und Bioethik, aber auch zur Wirtschafts- und So- zialethik zu sagen, läßt nach den Klassikern und ihren Werken greifen.
Zwei neue Handbücher aus bewährten und im lexika- lischen Handwerkszeug be- schlagenen Verlagen öffnen auf zwei Zugangswegen die Schatzkammern des philoso- phischen Wissens. Das Metz- ler Philosophen-Lexikon bie- tet Philosophenporträts von Abaelard bis Zwingli oder, in historischer Reihung, von Thales von Milet über Tho- mas von Aquin bis Karl Pop- per. Es ist die abendländische Philosophie aus griechischen Ursprüngen, christlich verfei- nert und vernunftkritisch auf die Höhe Kants gehoben, die den Band bestimmt — nicht die chinesischen und japani- schen, indischen und islami- schen Hochkulturen. Dafür ist der Bogen der europä- ischen Moderne sehr weit ge- spannt: Die Psychoanalyse von Freud bis Jacques Lacan, die politische Ökonomie von Marx und Engels bis Lenin und Rosa Luxemburg, die Anthropologie Margret Meads, L6vi-Strauss' und Gehlens und die Soziologie mit Emile Durkheim, Max Weber und Talcott Parsons erweitern, um Karl Löwith zu zitieren, das Dauerthema
„Gott, Mensch und Welt".
Und sogar die französischen Denker der Postmoderne feh- len nicht: Lyotard, Baudril- lard und Derrida.
Nicht Autoren, sondern klassische Texte sind Bezugs- punkt des Lexikon der Phi- losophischen Werke. Fast 1200 Titel von über 500 phi- losophischen Denkern wer- den sorgfältig zitiert, inter- pretiert und sogar entlang ih- rer Wirkungsgeschichte skiz- ziert. Natürlich fehlen nicht die Apologie des Sokrates oder Kants „Kritik der reinen Vernunft" oder Poppers „Lo- gik der Forschung". Kostbar sind aber die versteckteren Funde für den Arzt: Die Ars
Sollte Ihr Arztsystem für Ihre Fachgruppe maßgeschneidert sein?
A.P.I.S. von CSB.
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magna und parva des Galen, das „Opus paramirum" des Paracelsus oder die „Elemen- te der Psychophysik" von Gu- stav Theodor Fechner; wo- hingegen die Medizinphiloso- phen im Metzler fast durch- weg übergangen werden.
Auch hier ist der Kreis weit ausgezogen — bis in die mo- derne Physik und Mathema- tik, Biologie, Psychologie und.
Soziologie. Beide Nachschla- gewerke haben nach jedem Artikel sorgfältig ausgelesene Bibliographien sowie Bandre- gister. Gewiß ist Philosophie Anstrengung des Selberden- kens und des Selberlesens der Quellen; aber zuerst muß man sich wohl orientierten können. Wer noch zögert, se- he sich die erstaunlich niedri- gen Preise an.
Horst Baier, Konstanz Viktor von Weizsäcker:
Fälle und Probleme, Klini- sche Vorstellungen, Band 9 der Gesammelten Schriften, Suhrkamp Verlag, Frankfurt, 1988, 751 Seiten, 78 DM
Viktor von Weizsäckers Vorlesungen aus den Jahren
Leni Heidemann: Der Bruder, Roman, Bleicher Verlag, Gerlingen, 1988, 196 Seiten, gebunden, 26 DM
Lothar, der Bruder, leistet Widerstand gegen Hitler. Da- mit bringt er sich, Freunde und Bekannte, denen er seine politischen Denkschriften zu- gehen läßt, in Gefahr. Da schlägt die Gestapo eines Ta- ges zu. Die Denunziation ei- nes „guten Freundes" ist wahrscheinlich der Grund für die Verhaftung. In dieser be- drohlichen Situation setzt sich Cordula, die Schwester, mit großem Mut und viel Ge- schick für den Bruder ein. Ihr ärztlicher Beruf verschafft ihr die nötigen Vorteile. Der In- haftierte wird in eine psychia- trische Klinik eingewiesen und für geisteskrank erklärt;
wohlgesonnene Kollegen hel- fen dabei. Alle Mühe scheint aber umsonst gewesen zu sein, als der Volksgerichtshof nach dem 20. Juli 1944 die Überstellung nach Berlin for-
1946/47, in denen er weitge- hend die Grundauffassungen seiner psychosomatischen anthropologischen Ganz- heitsmedizin an einer Groß- zahl von Krankenvorstellun- gen demonstriert, sind in vol- lem Wortlaut abgedruckt. Die vorgezeigten Zusammenhän- ge von körperlicher Erkran- kung und seelischem Erleben sind daher wenig geordnetes Rohmaterial, das vom Leser viel Aufmerksamkeit verlangt und sicher auch zu manchem Widerspruch herausfordert.
Aber was — auch nach Ansicht des Autors — die Stärke der Aussage und ihre Lebensnä- he stützt, daß sie nicht nach einem System geboten wer- den, das erschwert gleichzei- tig das Verständnis, eben weil ein System der Ordnung (noch) fehlt.
So sind diese Vorlesungen vor allem historisch interes- sant und anregend als Keim- zelle einer neuen Krankheits- auffassung, die sich in der Folge als sehr fruchtbar er- weisen sollte.
Hans-Albert Dege, St. Johann
dert. Das bedeutet den Tod!
Doch Cordula gibt nicht auf.
Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln sorgt sie dafür, daß der Bruder trans- portunfähig wird. Er bleibt in Stuttgart. Von einem Sonder- gericht wird ihm der § 51,1 zugesprochen. Das Spiel, das so oft verloren schien, ist ge- wonnen. Ironie des Schick- sals: Endlich frei, entkommt Lothar in den Wirren des Kriegsendes knapp dem To- de. Hinter dem tragischen Einzelschicksal steht der Krieg mit seinen Bedrohun- gen des täglichen Lebens;
Grauen und Idylle wohnen nahe beieinander und schlie- ßen sich nicht aus. Leni Hei- demann, selbst Ärztin, zeich- net in ihrem auf Tatsachen beruhenden Bericht ein- drucksvoll das beklemmende Bild der damaligen Jahre mit all ihren Schrecken und Ge- fahren.
Hans-Erich Meyer, Nürnberg
A-750 (82) Dt. Ärztebl. 86, Heft 11, 16. März 1989