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Archiv "Patienten als Ko-Produzenten" (12.03.1999)

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digkeit der individuellen Beteiligung Betroffener. Vor fraglich legitimierten Berufspatienten habe er einen Greuel.

In diesen Tenor stimmte auch Pro- fessor Bernhard Güntert, Universität Bielefeld, mit ein, der formulierte:

„Ich habe einen Horror vor Berufspa- tienten und ihren Organisationen.“

Es war gut, daß diese Veranstal- tung stattgefunden hat. Sie hat klar belegt, daß an Bürgerbeteiligung kein Weg vorbeiführt. Dieses darf aber nicht zu einer Institutionalisierung von „Berufspatienten“ und ihren Or- ganisationen führen. Die Legitimati- on derjenigen, die als Repräsentan- ten der Bürger diese Funktion wahr- nehmen, ist das entscheidende Pro- blem. Da offensichtlich auch die Re- gierungsvertreter nicht davon über- zeugt sind, daß in einer parla- mentarischen Demokratie gewählte Volksvertreter ausreichend legiti- miert oder kompetent sind, weitrei- chende Steuerungsentscheidungen im Gesundheitssystem zu treffen, besteht

der Wunsch nach weiteren Gremien und Foren. Letztlich ist dies der Wunsch nach einer mehr plebis- zitären Beteiligung. Hier stellt sich die Frage, ob die vorhandenen Gre- mien der Selbstverwaltung durch Re- form in die Lage versetzt werden kön- nen, diese Funktionen zu überneh- men. Alternativ müßte eine weitere Beteiligungs- und Steuerungsebene ins Gesundheitssystem eingezogen werden, deren Legitimation proble- matisch ist und die die heute schon komplexen und langwierigen Ent- scheidungsprozesse nicht vereinfacht.

Mit Sicherheit sind die auf einzelne Krankheiten fixierten Patientenorga- nisationen und Selbsthilfegruppen ebensowenig hierfür legitimiert wie die dringend nach Aufgaben su- chenden Verbraucherzentralen und -schutzverbände.

Der Königsweg läge in der Mo- dernisierung der Selbstverwaltung der Krankenkassen. Wenn es gelänge, die Selbstverwaltung der Kranken-

kassen aus dem Würgegriff der Ar- beitgeber und der Gewerkschaften zu befreien und statt dessen eine wirksa- me Bürgerbeteiligung durch Reprä- sentation der Versicherten zu errei- chen, dann wäre dem Anliegen ohne Einführung einer weiteren, die Dinge komplizierenden Entscheidungsebe- ne Rechnung getragen. Da 92 Prozent der Bevölkerung in der GKV versi- chert sind, bestünden auch keinerlei Repräsentativitäts- oder Legitimitäts- probleme!

Systeme, die wegen Finanzman- gels unter hohem Rationierungs- druck stehen, haben auch viel forma- lisierte Bürgerbeteiligung eingeführt.

Es besteht also die Gefahr, daß Bürgerbeteiligung instrumentalisiert werden soll, um Rationierungsent- scheidungen von der politischen Ebene wegzudelegieren. Dieses aber kann nicht im Interesse der Qualität des Gesundheitssystems sein.

Dr. med. Frank Ulrich Montgomery

A-599

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999 (23)

D

ie Strategien zur Reform von Ge- sundheitssystemen sehen in vielen Ländern recht ähnlich aus: sie richten sich fast immer auf die rechtli- chen Rahmenbedingungen von Versor- gung oder auf die Machtverhältnisse zwischen Kostenträgern und Anbietern.

Auffällig ist, daß der mögliche Beitrag der Bürger, die mit ihren Steuern und Abgaben immerhin die Leistungen fi- nanzieren und die eigentlichen Nutz- nießer des Systems sein sollten, bisher meist unbeachtet blieb. Zunehmend kommt man allerdings zu der Überzeu- gung, daß die Bürger im Hinblick auf mehr Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung eine bedeutsame Rolle spielen könnten.

Bisher richteten sich die Erwartun- gen einseitig auf die Leistungsanbieter.

Diese Sichtweise greift aber zu kurz, denn für personenbezogene Dienstlei- stungen gilt grundsätzlich: Die ange- strebten Ergebnisse werden nicht aus- schließlich von den beteiligten Experten erarbeitet, sondern setzen die aktive Mit- arbeit derjenigen voraus, für die die Lei- stungen erbracht werden. In diesem Sinn nennt man Patienten die „Ko-Produ- zenten“ medizinischer Dienstleistungen.

Daher sind für Effektivität und Effizienz von Gesundheitsleistungen die sozialen und persönlichen Voraussetzungen der Patienten oft von ebenso großer Bedeu-

tung wie die Qualifikation und Berufser- fahrung der in Anspruch genommenen Ärzte. Die in den siebziger Jahren einset- zende Forderung nach stärkerer Bürger- beteiligung und nach Selbstbestimmung der Betroffenen hat in manchen gesell- schaftlichen Bereichen deutliche Spuren hinterlassen und zum Teil „unfreundli- che Strukturen“ hervorgebracht.

Auch am Gesundheitswesen ist die- ser Trend nicht ganz vorbeigegangen:

zunächst die Direktinanspruchnahme von Fachärzten ohne hausärztliche Überweisung und später die selbstbe- stimmte Parallelinanspruchnahme von Ärzten mit Hilfe der Krankenversiche- rungskarte sind Früchte dieses Den- kens. Diese neu geschaffenen Wahlmög- lichkeiten hatten und haben massive Auswirkungen auf die Kosten des Sy- stems. Inzwischen wird darüber nachge- dacht, wie man die Bürger, Versicherten und Patienten dazu befähigen könnte, daß sie die Dienstleistungsangebote des Gesundheitswesens intelligenter und damit kostengünstiger nutzen.

Prof. Dr. rer. sc. Bernhard Badura, Gesundheitswissenschaftler von der Universität Bielefeld (siehe obenste- henden Bericht zur Bonner Tagung), vertrat die Auffassung: Bei der Frage

„Wo bin ich mit meinen Problemen in meiner Region am besten aufgehoben?“

seien die Patienten und ihre Angehöri- gen heute weitgehend sich selbst über- lassen. Solange man über die Qualität der immer umfangreicheren Leistungs- angebote Bürger, Versicherte und Pati- enten nicht ausreichend und in ver- ständlicher Form informiere, könne man von den Verbrauchern kein intelli- genteres Nutzerverhalten erwarten.

Aber nicht nur hinsichtlich einer sinnvolleren Nutzung von Leistungs- angeboten richten sich die Erwartun- gen auf die Bürger und Versicherten.

Die Ottawa-Charta der WHO von 1996 fordert die Stärkung der Fähigkeiten des Bürgers, die Verantwortung für die Gesundheit mitzutragen. Hier ist ein positives Gesundheitsverhalten ange- sprochen, das nur dann Chancen hat, verwirklicht zu werden, wenn auf ent- sprechendes handlungsleitendes Wis- sen zurückgegriffen werden kann.

Auch in dieser Hinsicht kann die Be- reitstellung relevanter Informationen zur Lösung des Problems beitragen.

Dr. phil. Ingbert Weber, Köln

Patienten als

Ko-Produzenten

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