Nach den Ergeb- nissen des Mikro- zensus lebten im Bundesgebiet 1992 fast 12,4 Mil- lionen Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren.
Das entsprach rund 15 Prozent der Gesamtbevöl- kerung. Darunter waren 8,1 Millio- nen Frauen, aber nur 4,3 Millionen Männer — eine Folge vor allem der Kriegsverluste und der geringe- ren Lebenserwar- tung bei den Män-
nern. Im Alter leben deshalb Millionen von Frauen allein: So waren 1992 rund 5,4 Millionen der Frauen über 65 — aber nur knapp eine Million Männer — ledig, verwitwet oder geschieden. Auch bei den materiellen Lebensverhältnis- sen sind deutliche Unterschiede festzustellen: Während 97 Prozent der Männer ihren Lebensunterhalt überwiegend aus Renten- und ähnlichen Einkünften bestreiten, können das von den Frauen nur 87 Prozent. ❑
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Die ältere Generation
Frauen ab 65 I
Familienstand
überwiegender Lebensunterhalt
Rente u.ä.
Erwerbs- 1%
tätig keit Hilfe durch Angehörige
der weiblichen Bevölkerung ZAHLENBILDERI verheiratet
ledig/
verwitwet!
geschieden
Im Mai 1992 lebten in Deutschland
12, 4 Mio Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren Männer ab 65 I
Familienstand
überwiegender Lebensunterhalt
Rente u.a.
-2 % Erwerbs-
\ tätig keit 1% Hilfe durch
Angehörige
der männlichen Bevölkerung Quelle: Statistische Bundesamt
verheiratet ledig/
verwitwet/
geschieden
VARIA WIRTSCHAFT
Schadenersatz vom Finanzamt
F
inanzbeamte befinden darüber, welche Abga- ben der einzelne Bürger an den Staat zu entrichten hat. Unangenehm wird die Si- tuation allerdings, wenn ein Beamter einen fehlerhaften Steuerbescheid erläßt. Selbst wenn dann am Ende auf- grund eines Gerichtsurteils zuviel bezahlte Steuern er- stattet werden, so ist für den Steuerzahler die Sache längst noch nicht erledigt. Oft sind nämlich im Zuge der Ausein- andersetzung mit dem Fi- nanzamt noch weitere Kosten entstanden. So mußte viel- leicht ein Rechtsanwalt oder ein Buchungsspezialist beauf- tragt werden; außerdem kön- nen zusätzliche Gebühren für einen Notar angefallen sein.In diesen Fällen kann man an einen Schadenersatz-An- spruch wegen Amtspflichtver- letzung denken.
Rechtsgrundlagen
Zur Klärung der Frage, ob ein Beamter eine Amts- pflichtverletzung begangen hat, gilt es, zwei Gesetzesbe- stimmungen zu beachten: Pa- ragraph 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches und Artikel 34 des Grundgesetzes. Danach hat „der Staat dem Steuer- zahler den Schaden zu erset- zen, der durch einen seiner hoheitlich tätigen Beamten oder Angestellten aus deren Tätigkeit eben dem Steuer- zahler durch rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der ihm dem Bürger gegen- über obliegenden Amtspflich- ten entstand".
Geschah die Handlung des Beamten oder Angestell- ten vorsätzlich oder grob fahrlässig, so verfügt der Staat gegen den Bediensteten über Rückgriffsrechte, in Fäl- len seiner unmittelbaren Schädigung über Regreßan- sprüche. Die Abgabenord- nung enthält jedoch Haf- tungsbeschränkungen für be- stimmte Dienst- und Amts- pflichtverletzungen durch ei- nen steuerlichen Amtsträger.
So steht dort, daß ein Amts- träger nur dann für sein Han-
dein einstehen muß, wenn die Amts- oder Dienstpflichtver- letzung mit einer Strafe be- droht ist und im übrigen fol- gende Voraussetzungen er- füllt sind:
• Eine Steuer oder eine steuerliche Nebenleistung wurde nicht oder zu niedrig beziehungsweise zu spät fest- gesetzt, erhoben oder beige- trieben;
Q eine Steuererstattung oder Steuervergünstigung wurde zu Unrecht gewährt;
(i)
eine Besteuerungs- grundlage oder eine Steuer- beteiligung wurde nicht, zu niedrig oder zu spät festge- setzt.In letzter Zeit befaßten sich die Gerichte in der Bun- desrepublik Deutschland auch mit dem Ersatz von Be- ratungshonoraren. So wurde entschieden, daß dem Kläger bei Erfolg der Sache die Ko- sten für den Steuerberater oder Rechtsanwalt von der Behörde erstattet werden.
Das ist deshalb nicht selbstverständlich, weil die
Abgabenordnung keinen An- spruch auf Erstattung der Rechtsanwalts- oder Steuer- berater-Gebühren in den Fäl- len vorsieht, in denen sich je- mand durch einen Steuerbe- rater oder Rechtsanwalt ge- gen einen Bescheid des Fi- nanzamts mit Hilfe eines so- genannten außergerichtli- chen Rechtsbehelfs (also ei- nem Einspruch oder einer Beschwerde) wehrt. Die Be- ratungskosten sind nun also doch ersetzbar, vorausgesetzt, daß dem ganzen Vorgang ei- ne Amtspflichtverletzung des Finanzbeamten, der den Be- scheid an den Bürger erlassen hat, zugrunde liegt.
Das Oberlandesgericht München entschied mit Urteil (AZ 1 U 3965/78) einen ein- schlägigen Fall: Ein Finanz- amt hatte von einem Steuer- pflichtigen zu Unrecht Hin- terziehungszinsen verlangt.
Der Steuerzahler ließ den Be- scheid durch seinen Anwalt anfechten. Daraufhin hob das Finanzamt ihn wieder auf.
Als nun vom Steuerzahler die
Erstattung der anwaltschaftli- chen Gebühren beantragt wurde, lehnte man dies mit Hinweis auf die Kostenrege- lung der Abgabenordnung ab.
In einem Zivilrechtsstreit er- kannte das Gericht den An- spruch des Steuerpflichtigen in zweiter Instanz an, und zwar unter dem Gesichts- punkt des Schadenersatzes für eine Amtspflichtverlet- zung.
Details prüfen Fazit: Steuerzahler sollten stets prüfen, ob nicht einzelne Maßnahmen der Finanzver- waltung , die zu entsprechen- den außergerichtlichen Aus- einandersetzungen führen, Amtspflichtverletzung dar- stellen.
Auch die Finanzkasse handelt in Ausübung öffentli- cher Gewalt. Wenn es also zu einem Schaden aufgrund ei- nes Buchungsfehlers in der Finanzkasse kommt — etwa eine ungerechtfertigte Zah- lungsaufforderung —, dann besteht auch hier die Mög- lichkeit der Entschädigung wegen Amtspflichtverletzung durch das Finanzamt.
Rolf Combach, Bonn
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994 (61) A-989