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M E D I Z I N
(58) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 48, 27. November 1998 mehr als fünfjährigen Intervall einge-
setzt wird und pro Untersuchung zirka 200 US-Dollar kostet (31).
Unkritischer Enthusiasmus bei Helicobactertherapie unangebracht
Helicobacter pylori (HP) bleibt weiterhin ein faszinierender Keim mit vielen offenen Fragen: Die Thera- pieindikationen sind in letzter Zeit zwar unverändert geblieben, der The- rapieerfolg hat sich bei einzelnen Indi- kationen aber relativiert. So sprechen niedriggradig maligne MALT-Lym- phome des Magens initial gut auf eine Therapie an. In einer Studie kam es aber innerhalb von zwei Jahren so- wohl zu Lokal- wie zu Fernrezidiven, und bei den meisten Patienten persi- stierte die Monoklonalität (32). Die Ulkuskrankheit stellt unverändert die
„Paradeindikation“ zur HP-Eradikati- on dar. In einer Studie aus Amster- dam, wo Patienten während 2,5 Jahren nach Therapie endoskopisch nach- kontrolliert wurden, traten bei Duo- denal- wie Magenulkuspatienten kei- ne Rezidive während 367 beziehungs- weise 113 Patientenjahren auf (33).
Der Wert einer Therapie bei funktio- neller Dyspepsie bleibt unbewiesen, obwohl in der Schweiz in zehn Pro- zent aller Dyspepsien und 80 Prozent therapierefraktärer Dyspepsien eine Eradikationsbehandlung durchgeführt wird (34). Weltweit besteht bei dieser Indikation eine Diskrepanz zwischen Praxis und wissenschaftlicher Daten- lage (35). Cave: Neben der Möglich- keit einer Posteradikations-Refluxer- krankung als Therapienebenwirkung (36) spricht vor allem die Resistenz-
entwicklung gegen einen unkritischen Einsatz der Eradikationstherapie.
Unklar bleibt der Stellenwert der HP-Therapie auch bei NSAID-indu- zierten Ulzera. Während in einer Stu- die (37) die prophylaktische HP-Era- dikation das Auftreten von Ulzera un- ter NSAID-Einnahme verminderte, kamen zwei große Multicenterstudien zu eher gegenteiligen Ergebnissen (38, 39). Unter Säurehemmung hatten HP-positive gegenüber HP-negativen Patienten bei fortgesetzter NSAID- Einnahme sowohl in der Ulkusabhei- lung und Ulkusrezidivprophylaxe ei- nen Vorteil. Weiterhin offen bleibt die Frage, ob HP-positive Patienten vor einer Langzeittherapie mit einem Protonenpumpenhemmer von einer HP-Eradikation profitieren. In einer Nachuntersuchung von Refluxpatien- ten verhinderte die HP-Eradikation den Entzündungsanstieg im Magen- korpus und tendenziell das Auftreten von Atrophie während einer zwölf- monatigen Omeprazoltherapie (40).
Bei Endoskopie genauer hinsehen
Zum Abschluß der Veranstaltung zeigte sich wieder einmal deutlich, daß vor jeder Therapie eine genaue Diagnose steht. Diese funktioniert al- lerdings nur, wenn genau hingesehen wird – dann werden auch Tumoren im Frühstadium entdeckt: Hierbei waren japanische Endoskopiker bahnbre- chend, die zeigen konnten, daß das Risiko, an einem Magenkarzinom zu versterben, durch Screening-Pro- gramme um 50 Prozent gesenkt wer- den konnte (41). Auch westliche En- doskopiker können ihre diagnostische
Ausbeute zum Beispiel beim Scree- ning von Risikogruppen mit einfa- chen erweiterten diagnostischen Möglichkeiten (zum Beispiel Färben) verbessern. So hatten zum Beispiel Alkoholiker und Zigarettenraucher eine Rate von Frühkarzinomen von eins bis acht Prozent. Wenn man zu- sätzlich routinemäßig eine Färbelö- sung (meist Lugolsche Lösung) ein- setzte, dann wurde die Rate um zwei bis drei Prozent erhöht (42).
Beim Kolonkarzinom sollen die meisten Frühkarzinome aus fokalen Adenomen entstehen. Aus Japan kom- men aber Berichte, die eine De-novo- Entstehung postulieren, und zwar in Form von kleinen, flachen und/oder eingesenkten Karzinomen. Solche Kar- zinome sind aggressiv und entwickeln sich relativ rasch. Arbeiten aus den USA konnten diese Beobachtung bis- lang zwar scheinbar nicht bestätigen.
Allerdings ergab eine Nachanalyse von 1 418 Koloskopien, daß auch fünf Kar- zinome verpaßt und 24 Prozent der Karzinome nicht verhindert wurden (43). Eine Studie aus England belehrt uns eines besseren: Flache und einge- senkte Kolonfrühkarzinome gibt es eben doch auch im Westen: Ein japani- scher Endoskopiker fand bei 208 briti- schen Patienten 26 flache und zwei ein- gesenkte Adenome. Vier hatten eine schwere Dysplasie, und dreimal wurde in dieser Studie ein Frühkarzinom ge- funden (44).
Literatur bei den Verfassern
Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Michael Fried Abteilung für Gastroenterologie Universitätsspital Zürich
Rämistraße 100 · CH-8091 Zürich KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT
Der Anstieg der Infertilität wird unter anderem auch auf vermehrten Alkoholkonsum zurückgeführt, wobei Alkohol im Tierversuch die Steroid- hormonkonzentration senkt, die Ovu- lation hemmt und mit dem Spermien- transport interferiert. Die Autoren un- tersuchten bei 430 dänischen Ehepaa- ren mit Kinderwunsch im Alter von 20 bis 35 Jahren die Fertilität während
sechs Menstruationszyklen unter Be- rücksichtigung des Alkoholkonsums.
55 Prozent der befragten Frauen wie- sen einen Alkoholkonsum von mehr als sechs Drinks pro Woche auf. Dabei zeigte sich, daß bereits ein Alkoholkon- sum von einem bis fünf Drinks pro Wo- che zu einer Reduktion der Fertilität auf 60 Prozent und bei mehr als zehn Drinks pro Woche auf 34 Prozent führ-
te. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß Frauen, die schwanger werden wollen, auf Alkoholkonsum weitgehend verzichten sollten. w
Jensen TK, Hjollund NH, Henriksen TB et al.: Does moderate alcohol consumpti- on affect fertility? Follow up study among couples planning first pregnancy.
Brit Med J 1998; 317: 505–510.
Department of Growth and Reproduc- tion, National University Hospital, Rigs- hospitalet, Section GR 5064, 9-Bleg- damsvej, 2100 Kopenhagen, Dänemark.