Paper-ID: VGI 191123
Antrag auf Zuteilung der Evidenzhaltungsgeometer als Beamte der Gerichte
N. N.
Osterreichische Zeitschrift f ¨ur Vermessungswesen ¨ 9 (6), S. 194–197 1911
BibTEX:
@ARTICLE{N._VGI_191123,
Title = {Antrag auf Zuteilung der Evidenzhaltungsgeometer als Beamte der Gerichte},
Author = {N., N.},
Journal = {{\"O}sterreichische Zeitschrift f{\"u}r Vermessungswesen}, Pages = {194--197},
Number = {6}, Year = {1911}, Volume = {9}
}
1·
H l4
Antrag auf Zuteilung der Evidenzhaltun g s g e ometer
·als Beamte der Gerichte.
In der j ewei ligen Session des Abgeordn etenhauses wurde ei n A n t rag einge bracht, welcher d i e Zuweism�g d r K atasterevidenzhaltung zum J nstjzressort verl angt.
Wenn der A n trag an dieser Stelle besprochen wi rd, gesch ieht dies aus
sch ließl ich vom tan dptiukte praktischer Erwiigu ng
u
nd soll jedes entirn n t der Be�mtenschaft außer B e trac h t bleibe11, wie auch die Gel tend machung fi nanziel ler· und adm i n istyati\rer Bedenken an deren Faktoren i.iberl assen we·rden muß.
Der An trag bezweckt eine gründli che Sani erung der gru n clb üch erl ichen Ver
h ältnisse u11d. erhofft die Errei chung di eses Zieles durch die oben an gegebene organisatorische Maßregel .
Da die Tex tierung der Gesetzes\ orlage nicht als allgemein bekannt voraus
zuset7.en ist, b darf e ein r kur�:en Anführnng des W ortlautes d esselben.
§ l
bestim111t, daß diederzeit
i n Gebrauch befindliche Gru n dbuchsmappe dµrch di�,. vorher \ on den Gru1J dbuchsberichtigun gsko mmissärenzu ·
überprlifende• K atastralrn appe ersetit werde.
W ie a1.1s der später folgenden Begründung r;ier Vorlage
zu entnehmen
ist,
leg·en die Herren Antragsteller .
besonderes Gewicht
auf die� Richtigkeit
der
M�ppendar'stellun
. als ru.ndl a.gefür die bLicherlichen
Ei n tragtingen ; von d.ie!>cm.
St::\ndpunkte
m uß die gepl an te Maßnahmeals
zweckdi enlich bewi: chn ·t w rden , wen nman
- innerhal bgewisser
Grcn:1,en -die
Übereinsti mmung d-cr Katastralmappen mit den
tats.�ichlichenBesitzverhäl tni. sen voraussetzen
darf.Auf die Beurteilung dieser Frage hier einzugehen, liegt nich t in der Ab
sicht dieser Erörterung und wird d aher vorl äufi g u n terlassen.
Nach den §§ 2 und 3 haben di den Gerich ten u n t erste l l te n V rm cssun gs
b am ten die vorkommen den
Ä
nderu ngen a u fzu n e h m e n , u n d ist d 'ren defi niti\·e Durchführung i n der Mnppe, i n den Katastraloperat c n u n d i m Grundbuch g t e i c In: e i t i g, . jedoch n u r auf Grund einer richterli chen Verfügung zu vollz;ieh n ; die Mi tteilung von d·n festg stel1ten
Änd
ru ngen an das Steueram t h ätte mon atwcise·zu
gesch ehen .Hiena h wäre b
e
i der Notwendigkeit, i nsbeson dere Bcsi t?.wechs ·l
gru ndbücher1i h mög·lichst ra ·eh durchzuführen, ein monatw eise A n deru n g der , teu er
daten vorgeseh n : der resultierende Zustand kan n ideal gen ann t , dessen Möglich
k it th eore tisch zugegeben werd n.
'Die nächsten drei l'aragraphe beschäftig-en
sich
mit ller Grundbuchsmappe, welche gem fü3 4 dort zu b ri ch tigen sei n wird, wo d i e Darnl ll u ng der
Lage,und Gestal t der Parzell e n m i t den tats�ichli 'hen Verh�il tnisscn n i c h t ü bcreinsiimm t
- es \·i rd iner we entl iehen Einschränku ng d i eser
13-slimmung
be<liirfen , soll der Zwe k der Vor] acre i J1 absehbarer Zei t rreich t w erden kön nen .,'. 5 normiert die Ko11statieru ng von Änd ru ngcn über Anzei en <ler Parteien Im
�ili11
d-es E\rid- �nzlnltungsg s •tzes vom J :lhre 1 883 du rch den G eometer und·. di · Ü berpriifung d �r Erhebungsrest1lhte durch den G nrn dbuchsrich ter.
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-r p r ü fu n g d i e M a n g e l h a f t i g k e i t d e r V r -. „. ,..
1 9S
ni e s s u n g (§ 6) oder
erfolgt
eineE
insp
racl1e der Parteigegen
deren Ergebnisse so wird eine neuerliche Vermessung, e v e n t u e l l u n t e r L e i t u n g e i n e s richter- 1 ic h e n Beamt
en, angeordnet werden.Es ist sehr schwierig, si ch dies i n der Praxis vorzustel len !
§
7 spric
ht von den Besi tzstanclsrevisionen und den zur bücherlichen Durchf ührung der au f diesem Wege erhobenen Verfa d erung-en vom Geri chte zu s tzen den Fristen. § 8 beze.iclrnet die be:diglichen Durchführungen bis w m Zutreffen der nach
§ 3 erforderlichen richterlichen Verfüg·ung dem Steuerarnte gege nüber als provisorisch . Die §§ 9, J 0 und 1 1 en thall'en forme!J e Bes tim mungen .
Die An tragsbegrün clung wendet si ch zuniichst gegen das « u m s Ul n d l i c h e Verfahren mit den Anmeldungsbogen, welches sich nicht bewiihrt hat » und als dem Einklange der bei den Evidenzbücher ab träglich bezeichnet \\'ird.
Weon die Zeit an so manchen Bestimmungen des G esetzes vom
Je
h re1 883 über die Evidenzhaltung des G ru n dsteuerbtasters vo ri.i b e rg-esch ri t t e n i s t . so m u ß h i nsichtlich d e s angefochten en Verf ah rens b e t o n t werden, daß das damit geregelte Zusammenwirken zwischen Gericht u n d Kata. tercvidcnzhaltung einen kl<tren u n d durch die dem Gerichte anheimg-egebene en dg-i.i l t ig-c En tscheidung uie R ec h tsv arhäl t nisse sorgfältig wahren den Vorg·an g darstel l t , welcher nich t n ur die Möglichkeit ei ner i rrtümlichen Verbücherung· fast gfozlich ausschließt, sondern 'LUch voll kom men geeignet i s t , ursprüngliche Fehler i n den G ru n d b iichcrn oder i m Grun dsteuerkatas ter zu erkennen u nd zu beh�b en.
.. Der Anmeldungsbogen zeigt dem G erich te
jede
am Felde festgestell t e A n deru n g i m Besitze, im Obj e k te u n d der Kulturgattung an ; die vom 1 ru n d buchsam t e z u vollziehende Lt1stri erung des Grun d buchsstandes deck t jede Di vergenz zwisch en der Besitzan sch reibung im Grundbuche u n d im Kataster auf u n d fü hrt :wr Korrektur der feh l erh aften Ei ntragu ng.
Handelt es sich um eine Besitzänderung, so fü
l
lt die Sicherste l l u ng· des Re htsverh ä l tnisses au ssch l
i ß l i c h i n die Kompetenz des G erichtes, welch es die Bei b ri ngu ng der urku n d l i ·hen Belege fii r die Verbü c h eru n g uer l3esitzübcrtragung veranlaßt und deren Vol lzug der K atastercv.idenzhal t u n g- m i t te i l t. W il!
soll d ieser Vorgang· geeignet sein, die G rundbuchsord nung zu gcfah rde n ? A n derseits w i rd die G ru n dsteuerevidenzh a l tung von jeg'lil:hcr b i i c h e rl i c h e n Ein tragu ng" soweit selbe den Uesi tzstan d berührt, v rständigt und bietet d ie katastral e Behandlung der g-egenstän <ll ichen \ cr�in <lcru ug· wieder G el eg-cn h e i t ,
\� i dersprüche zwischen b e i len Eviclcnzoperatcn k larrnstel len.
Man kann m i t Sich e r h e i t sag·en, d aß d i b ziiglichen g· setzl ichen N o r m e n m i t grol3er , orgfa.l t ausgearbe i tet sinc.l u n c.l für di einwandfreie Führung der in l�ede stehenden Agen d en v o l l e G ewiihr bieten.
Jn <l r A n trag·:b gründung ist wei terhin t.l e r Standpunkt der H erren A n t rag-
steller hin i c h t l i c h der rec h t ichen Bed e u t u n g· der G ru n d buchsmappc dah i n g·ch n n zeich net, d a ß « d , „ E i n tragun g i m Grundbuche d i e Einzeichn ung in d e r J\bpf '
praktisch
und auch gewissermaßen j uristisch g·leichstehe , ; diese Frage haben zahlrei che h1.chjuristcn bereits zu m Gegenstande \ron Publ ikat i0nc n g-emac h t , w e l c h e eine Er»rt ru11g a 1 1 <lie ·er Stelle e n t behrlich ersch e i n n ! a::;s " n .f 96
Das i n der Folge ausgesprochene V
e
rlangen nach sorgfä·ltiger Führung der Gnindbuchsmappen muß als- vollberechtigt anerkannt werden ; der in den meisten Kronländern geübte Usus, die Einzeichnung der Veränderungen du rch die Beamten· . des Katasters besorge
n
zu-
lassen, wü·d dieser Forderung ohnehin gerech. t.Die .Motivierung
des vorl!
cgenden Antrages befindet sich un
sere
s Erach tens ineinem Irrtume, wenn
sie s:igt : «Derchaotische
Lu stand unserer Grundbücherhat
seine tiefere Ursache inder
doppeltenFührung
der Grundevidenzdurch
zwei·
·.verschi'edeue,
organisato
risch von einandertotal
unabhäng'igeBehörden.>)
Es
erschein
t im Gegenteil v·orteilhaft, wenn zwei selbständigeÄ
mter denbezüglichen Augeleg nheitcn ihr Augenmer
k
zuwenden, ihre l�esultate austauschen und sich gegenseitig kontrol li eren ; der fehlende organisatorische Zusammenhang be�eutet nichts gegenüber dem gesetzlich vorzüglich geregel ten sachl ichen lneinan dergrcifon · der beiden SteUen zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes
.
Die Begründung der Vorlage führt
ein praktisches Beispiel : Ein auf münd- licher Vereinbarung beruhender Kauf wird vom Geometer am Felde festgestelltuuii
ZUUl Gegenstande eines .An rnel dungsbogens gemach t. Die Feststellung des Besitzwechi;els erfolgte entweder durch Einvernahme der beiden Kontrahenten oder ·durch' BeizfrhU:ng von G emeü1deorgan en und Vertrau.enspersonen ; im letzteren .Falle seien die betciligt�n Grundbesitzer von der bevorstehenden katastralen Durchführung des Kau fes unter Freistel lung der gesetzlichen 1 4 fägigen Ein
wendungsfrist ver fan digt w.orden.
Na h Ablauf dieses Term ines wird der K�iufer im Kataster a s rechtmäßio·er Eigen tÜ'mer eingetragen und das G eri cht
ernihrt
hieven erst nachträglich durch den mn Schlusse des Monates einlangenden Anmeldungsbogen.« Der Bauer
,
d r sich in seinem Besitze u n d Hechte sicher f ühlt1
welchesRecht ja
b
ereits behördlich (durch denGeometer)
anerkannt wurde, kümmert sich wei terui
ht umGericht u
ndGrundbuch und dort etwa
vorgem erkteding
liche Re hte etc.· und ist dann sehr erstaunt und ung halten, wenn er vom Gerichte nochmals zur l{ egelung seines G rundbesitzes verhalten w ird . Der Ver- wirrung in den GrundbuchsangeJcgeuheiten. steht mithin Tür und Tor offen. >
· Üas v0rzitierte Beispiel mit d · n daraus abgeleiteten Folgerungen
kann
alsStiitze für· den Antrag nicht bezeic
h
net werden.Di · Aufnahm e des Anmeldun sbog ns bedeutet lediglich die Einl eitung des gesetzlichen Ve
r
fahre ns,
llicht aber aL1 ch die d fin itivc Durchfiihrun g des Kaufes im K ataster und wird d i eselbe unterbleiben oderr
ückgängig gemacht w�rden,
\V· nn da Gericht nach I
ri:ifung
d er Rechtslage auf Abweisung des bücher
li he�
Vollz11ges lünsichtlich der mit dem Anmeldungsbogen angez igten Besitzänderung erk nut,
. D.aß der Bau r die Sache fü r erledigt· hiilt, nachdem sich der Geometer mit d rselb 11 b schäftigt hatj und unwillig ist, w nn das G ericht auf Beurkundung cle$
Kaufes_'
dringt 1 wird keineswegs verm ieden werden,
wenn der Ver rnssungs·
b�amte als Organ des ·erichtes die Lokalerhebung vorni mmt, welch e sich auch
·a�nti a'uf die Feststellung' der priv atr chtlichen Verhältnisse ni ht erstrecken kann
.
Der 'Schluß1 d::i.ß das
Verfahren Irrtiimern, J a sogar unredlichen Handhrngen! . .
1 97
Einlaß versch affe1 findetin dem
ange führten Beispiele keine Begrü n d u ng, ebensowenig der folgende Satz der
M
otivierung des An t rages, welcher in dem n ormierten Vorgange � ei n e Übertragung der rich terlichen G ewal t h insich tli ch des Besi tzwechsels in die Hbin de der Vermess11 ngsbcarn te1P erb licke n will.
Wen n die besonders u ngünstigen Verhil l t n isse i n G alizien e i n e mit dem Gese tze vom 1 1 . Dezember 1 906 eingeleitete Aktion zur G ru n d b u ch sberichtigung notwendig. erscheinen ließen, so ist die Mangelhaftigkei t der Best i m m ungen iiber das Zusam menwi rken der G rundbuchs- und Katasterbehörden als Ursac h e nicht anzunehmen ; es müßte sonst bei ganz gleichen diesbezliglichen Vo rsch rift e n der chao t isch gen a n n te Zu, tand der Gru n d bücher auch i n den Librigen K ronhindern 1Ht .tu rgem äß als Folgeerschei n u ng des verfeh l ten Systems au fgetreten sei n .
An der Spi tze aller sonstigen B e d enken gegen d i e eingebrachte G esetzes
vorlage dürfte oh i n die Besorgni · ihren Platz finden , daß der 1 • i t c n d e Ged anke derselben nicht z u r Verwirklichung· des b eabsi cl1tigten Zweckes führen w erde.
Z u m Aufsatze „ N eu e techn i sche Pr ivat-Lehranstalten in Wien, e i ne Gefa h r insbesondere fü r das öster
reich i sche Vermessungswesen".*)
Das k . k. flli nist e r ium fü r öffentliche J\ rbeiten hat a u f e i n e Eingabe des Vereines der behördl. autor. Zivil-Geom eter in Österrei ch zur Z. 828, Vl l vom
3 1 . Jänner 1 . J. d .iesem fol gen d es m i tgetei l t :
Die Berech tigung eines bchördl . autor. G eom eters kann durch Absolvierung ei n er p r i v a t c n U 11tcrrich L sanstal t für Venncssnn gswese n n i c h t erlangt w erd en, weil d iese nur von dem Naclrn eis eines bestimmten S t u d ieng-crnges a n e i n er i n l�i n d ischen öffentlichen Hochschu l e ablüing-ig gemacht wirJ u n d die bestehenden Vorschriften hi erü ber nich t gc�indert werden.
Abänderung des Gesetzes vom 11. Mai 1894
H . - G . -ßl. Nr. 1 26, b e t re ffen d die grnn d bi.i cherl i c h e A b t re n n u n g von G ru ndsti.i kcn bei ö ffe n t l i chen Straßen- und vVasscrlmu a111a gc n .
V o n versch i ed c :1 e n Sei t e n w i r d eine Abän derung des G esetzes v o m 1 1 . �lai ! 894,
H.-G.-BI. Nr.
1 26 , bc t relTend die gru ndbüchcrl ichc A b t rennung· von G rn 11ds lii ckcu zu ö ffe n tl i ch e n S t raßen o der Wegen, ferner zu Z w e cken einer im öifr n t l i d1 e11 In teresse u n terno m m enen Wasserbau a n l age vcrlang·t, n achdem der bisherige Vorgang bei der grundbü cherl i chen Durch führun"'; sich seh r schleppend und lang-
wierio· crestal tet 0 b '
Cm fü r die ] ösuiw b der dain j t aufo·eworfcnen b Fragen und d i e parlamc11 ta- risch e n Verh andlungc11 d as erforderl iche i\faterial zu gewinnen, hat <las Justiz-
*) Seite 3 7 6, J;1hrgang 1 9 1 0 der Zeitschrift.