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Archiv "Arrhythmogene Antiarrhythmika" (16.12.1983)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Gott und Mensch

verloren hat. Er läßt ihn ziehen, und es geht so, wie es gehen muß.

Der Ödipuskomplex wird sichtbar.

Der Sohn tötet schon seinen Va- ter, handelt so, als ob der Vater schon im Grab läge, verliert sich dann in der Fremde und sucht ei- nen Ersatzvater in dem Mann, bei dem er angestellt wird. Auch jetzt wäre der Vater „allmächtig". Er könnte seinen Sohn selbst holen in der Stadt. Er könnte einen Freund schicken. Er könnte Inter- pol telefonieren und ihn per Poli- zeischub heimschaffen lassen;

aber er weiß, daß er ihn dann für immer verloren hätte, weil das einzige, was man nicht erzwingen kann, die Liebe ist. Da kommt dem Sohn der Gedanke, wie es einst beim Vater war, wo es Brot in Fülle gab, -wo kein Mangel herrschte, und er kehrt um, um sich völlig zu unterwerfen. Gibt es also nur die Lösung, dem allmäch- tigen Vater gegenüber infantil zu bleiben? Aber das Erstaunliche in dem Gleichnis ist ja, daß sein Va- ter ihm entgegenläuft. Wie der Sohn mit seinem Schuldbekennt- nis anfängt, fällt er ihm ins Wort und läßt ihn nicht einmal zu Ende kommen mit seiner Bußrede.

Er empfängt ihn nicht mit einer Predigt, weder mit einer Buß- noch mit einer Gnadenpredigt, sondern ruft nur den Knechten, das Festmahl zu bereiten, die Mu- sik zu bestellen und den Saal zu rüsten. Ohne ein Wort der Predigt, der Mahnung, des Vorwurfes be- herbergt er seinen Sohn.

Ist das jetzt das Bild Gottes? Der Vater, der obenansitzt, dem gan- zen Gesinde und insbesondere seinem Sohn rechts neben sich alles austeilt, Speise, Trank, Tanz, Musik und Freude. Das gleicht eher unserem Gottesbild. Aber man kann keine Momentaufnah- me vom Vater machen, der der Vater Jesu ist. Man kann sie nicht ins Album kleben und meinen, jetzt wüßten wir, wer Gott ist. Fünf Minuten später ist der Vater schon wieder draußen, weil der älteste Sohn, der typischerweise vom

Felde und von der Arbeit her kommt, wegen dieses Empfanges des jüngeren Sohnes reklamiert.

Auch bei ihm handelt es sich na- türlich um den Ödipuskomplex.

Äußerlich bleibt er beim Vater, paßt sich völlig an, tut alles, was der Vater will; aber das Bild, das er von ihm hat, ist ein ganz ande- rer Vater. Er will den Vater so, wie er meint, daß der Vater sein müs- se. Darum verweigert er jetzt die Anrede „Vater" und den Namen

„Bruder" und sagt: Jetzt wo „die- ser dein Sohn", der all sein Gut bei den Dirnen verzehrt hat — das steht übrigens in der Geschichte nirgends; woher er das weiß, ist schwer zu sagen, wahrscheinlich aus seiner Phantasie und seinen Träumen —, heimkommt, jetzt schlachtest du das gemästete Kalb. So endet das Gleichnis. Der

„allmächtige Vater" wäre noch immer allmächtig. Er brauchte nur zwei Knechten zu pfeifen, die hät- ten den ältesten Sohn innert drei Minuten im Festsaal drin. Aber dieser Vater hat sich ein für alle- mal für die Liebe entschieden, und darum weiß er, daß er damit seinen Sohn verloren hätte.

So schließt das Gleichnis Jesu mit dem Wort des Vaters, der nur fest- stellt: „Alles, was mein ist, ist dein. Du gehörst zu mir, ob du ja oder nein dazu sagst." Der verlo- rene Sohn sitzt drinnen im Fest- saal. Der Vater steht draußen in der Dunkelheit, wo er sich eine Lungenentzündung holen und daran sterben könnte, bei denen, die gegen ihn rebellieren.

Wochen oder Monate später stirbt Jesus am Kreuz. Ist er der „All- mächtige"? Er sagt einmal, er könnte den Vater im Himmel bit- ten, und der würde ihm mehr als zwölf Legionen Engel schicken.

Aber er weiß, daß er dann alles verloren hat, die Liebe der Men- schen, die nur aus voller Freiheit heraus zu ihm kommen können, und so stirbt er oben am Kreuz, während die Spötter unten sagen:

„Wo ist nun dein Gott?", und nicht merken, daß Gott gerade in der

Ohnmacht dessen da ist, der nur ein Herz voll brennender Liebe hat, das auf den Menschen wartet.

3. „0 Herr, gib jedem seinen eignen Tod"

Mir scheint das Bild, das Jesus von Gott und damit auch vom Menschen zeichnet, außerordent- lich befreiend zu sein. Wir müssen also nicht Gott sein, wie ihn uns Filmgestalten, Patientenerwartun- gen oder Zukunftsromane vorgau- keln. Wir dürfen unsere Grenzen sehen. Das heißt zunächst, daß schon die Menschen, die zu uns kommen, diese Grenzen bestim- men. Jeder Arzt weiß, wieviel der Wille des Patienten, gesund zu werden oder zu sterben, ausma- chen kann. Darum wird die menschliche Begegnung mit dem Patienten, die ihm Mut macht zum Leben, so zentral wichtig.

-Jesus hat den Menschen nicht einfach mitgeteilt, er könne ihnen das Reich Gottes vermitteln. Er hat viel Zeit und viel Kraft darauf verwendet, Menschen zum Glau- ben zu verhelfen. Er hat mit ihnen gegessen und getrunken. Er hat sie manchmal auf längere Zeit mitgenommen. Er hat ihnen Ge- schichten erzählt ohne formulier- te Moral, so daß sie selbst den Sinn des Erzählten zu spüren und zu denken lernten. Er hat ihnen das Glauben vorgelebt, damit sie von sich aus zum Glauben fän- den.

Nach dem Johannesevangelium (3, 1-17) soll er das einmal mit dem verglichen haben, was dem Menschen widerfährt, wenn er ge- boren wird. Ich sage oft, wenn ei- ne Hebamme behauptete, jede Geburt müsse nach genau glei- chem Schema verlaufen, säße sie bald wegen fahrlässiger Tötung im Gefängnis; nur die geistlichen Hebammen meinten immer, jede Wiedergeburt zum Glauben müs- se genau nach dem gleichen Schema verlaufen (nämlich so, wie sie selbst es erlebt haben) — und die sperrt niemand ein! >

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 50 vom 16. Dezember 1983 65

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