Kranken hausfi nanzieru ng
Krankenhauswesens nicht gerecht werden, hat die Bundesärztekam- mer veranlaßt, sich hier in erster Linie sogar für eine Streichung der Vorschrift einzusetzen. Siebe- findet sich hierbei übrigens im Einklang mit dem Bundesrat, wenn auch mit einer völlig ande- ren Begründung;
~ eine stärkere Vertretung der Ärzteschaft im Beirat für Kranken- hausfragen beim Bundesarbeits- ministerium. Neben anderen Orga- nisationen soll die Ärzteschaft hier nur drei von 25 Sitzen erhalten.
Und dazu kommt noch ein Kurio- sum: Nach dem Gesetzentwurf soll der Bund-Länder-Ausschuß die Beratungsergebnisse dieses Beirates "angemessen berück- sichtigen". Das ist alles andere als eine überzeugende Mitwirkung. Aber selbst diese schwache Form erschien dem Bundesrat noch zu viel. Unter Hinweis auf verfas- sungsrechtliche Bedenken fordert er jetzt sogar, selbst die- se Berücksichtigungsverpflichtun- gen zu streichen.
Zu Mängeln und Mißständen im Krankenhausbereich nicht mehr schweigen!
C> ln ihrer offiziellen Stellungnah-
me kündigte die Bundesärztekam- mer an, sie werde es nicht länger hinnehmen, daß in allden hier an- gesprochenen Bereichen Ent- scheidungen ohne den in den Kör- perschaften der Ärzte repräsen- tierten Sachverstand getroffen werden. Sie werde in Zukunft nicht schweigen, wenn, wie sich das zur Zeit schon abzeichnet, we- sentliche Mängel im Krankenhaus- bereich deutlich werden, die ent- weder zu einer Verminderung des Leistungsniveaus der Kranken- häuser oder zur einer menschlich unzureichenden Behandlung der Patienten führen.
C> Die bisherigen Erfahrungen,
etwa mit der Krankenhausbedarfs- planung, haben hinreichend be- wiesen, daß mit administrativen Methoden allein keine dem Ge-
Privileg für die Polikliniken?
Bundesratsbeschluß zum Krankenhausfinanzierungsgesetz gefährdet Kostendämpfung in der Krankenversicherung Die Kassenärztliche Bundesver-
einigung sieht ihre Bemühun- gen zur Kostendämpfung in der Krankenversicherung durch ei- ne Beschlußfassung des Bun- desrates zur Novellierung des
Krankenhausfinanzierungsge- setzes gefährdet. Nach dem Vorschlag des Bundesrates, der jetzt dem Vermittlungsaus- schuß zugeleitet werden wird, sollen künftig die Landesge- sundheitsbehörden und die Kultusminister einseitig bestim- men können, in welchem Um- fang Universitätspolikliniken an der ambulanten kassenärztli- chen Versorgung teilnehmen.
Diesen Universitätseinrichtun- gen sollen gesetzlich die glei- chen Vergütungssätze zuge- standen werden wie den Kas- senärzten (siehe auch den Arti-
kel "Besser kein Gesetz als die-
ses", Seite 1219 ff. dieses Heftes).
Das Plenum des Bundesrats hat mit der unerwarteten Übernah- me eines solchen Antrags des Finanzausschusses des Bun- desrates zur Änderung der bis- herigen Regelungen über die
"Poliklinikverträge·· den Weg
freigemacht für eine tiefgreifen- de Änderung des Kassenarzt- rechts, das als solches bei den Beratungen zur Novellie- rung des Krankenhausfinanzie- rungsgesetzes gar nicht zur Diskussion stand. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung hat in einer Pres- seerklärung seiner Kritik an die- sem Vorgang Ausdruck gege-
ben. Des weiteren hat der Vor-
sitzende der KBV, Dr. Hans W.
Muschallik, die Bundestags- fraktionen auf die Auswirkun- gen des Bundesratsbeschlus- ses aufmerksam gemacht und den Bundesarbeitsminister in einem Schreiben gebeten, sei- nen Einfluß geltend zu machen, um die vom Bundesrat ange- strebte staatliche Reglementie- rung der bisherigen Poliklinik- verträge im Vermittlungsaus- schuß bzw. im weiteren Gesetz-
gebungsverfahren zu elimi- nieren:
Muschallik fordert den Bundesarbeitsminister auf, den Bundesratseingriff zu verhindern
"Für die Kassenärztliche Bun- desvereinigung unerwartet, hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 18.4. 1980 zur Novelle des Krankenhausfinanz ieru ngsge- setzes den Vermittlungsaus- schuß u. a. mit einem Vor- schlag zur Neufassung des
§ 368 n Abs. 3 Satz 2 RVO und der darin enthaltenen Regelung der Poliklinikverträge angeru- fen. Diese Beschlußfassung des Bundesr-ates ist schon deswe- gen aus der Sicht der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung bedenklich, weil das Kassen- arztrecht als solches nicht Ge- genstand des Gesetzgebungs- verfahrens ist und die genannte Bestimmung bisher im Gesetz- gebungsverfahren überhaupt nicht zur- Diskussion stand. Über diese formalen Bedenken hinaus müssen aber auch ge- gen den Inhalt der geplanten Neufassung des § 368 n Abs. 3 Satz 2 RVO so schwerwiegende sachliche und rechtliche Be- denken geltend gemacht wer- den, daß die Verabschiedung durch den Bundesrat unver- ständlich ist.
C> Dies gilt zum einen für die
Ausschaltung der Mitwirkung der Krankenkassen beim Ab- schluß der Poliklinikverträge und die Verlagerung der end- gültigen Entscheidung über den Poliklinikvertrag auf in der Krankenversicherung nicht zu- ständige oberste Landesbehör- den. Diese Verschiebung der Zuständigkeiten würde zur Fol- ge haben, daß die Leistungsträ- ger der gesetzlichen Kranken- versicherung auf Grund einsei- tiger Entschließung einer Lan- desbehörde mit erheblichen Mehrkosten belastet werden könnten, ohne hiergegen ein
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Rechtsmittel einlegen oder überhaupt bei der Beschlußfas- sung ein Mitspracherecht aus-
üben zu können.
C> Darüber hinaus würde diese
Zuständigkeitsverschiebung die gemeinsame Selbstverwal- tung von Ärzten und Kranken- kassen in diesem wichtigen Be- reich beseitigen und an ihre Stelle die Entscheidung von ln- stanzen setzen, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversi- cherung keine Zuständigkeiten haben. Die einseitige Berück- sichtigung hochschulpoliti- scher Belange und finanzielle Erwägungen zugunsten der Hochschuleinrichtungen wären die Folge.
C> Aus der Sicht der Kassen-
ärztlichen Bundesvereinigung müssen aber insbesondere Be- denken dagegen erhoben wer- den, daß den Hochschulein- richtungen dieselben Vergü- tungssätze zugestanden wer- den sollten, wie sie jeweils für den Arzt vereinbart werden. Sollte dieser Vorschlag im wei- teren Gesetzgebungsverfahren realisiert werden, könnten die Hochschuleinrichtungen im Rahmen der staatlich festge- setzten Inanspruchnahmequo- te die Honorierung je Fall unter dem Gesichtspunkt von Lehre und Forschung zu Lasten der Krankenversicherung unken- trolliert in die Höhe treiben, oh- ne einer irgendwie gearteten Wirtschaftlichkeitsprüfung zu unterliegen.
Gerade die besonderen Ge- sichtspunkte von Lehre und Forschung, die unter wissen- schaftlichen Gesichtspunkten eine mit dem Wirtschaftlich- keitsgebot nicht in Einklang zu bringende Leistungsauswei- tung rechtfertigen können, ha- ben dazu geführt, in den Polikli- nikverträgen eine Pauschalver- gütung zu vereinbaren, die alle Leistungen abgilt, welche die Hochschule zur Erfüllung ihrer Aufgaben erbringt.
..,.. Die Einräumung einer Ein- zelleistungsvergütung bei Bei- behaltung der Freiheit in der Bestimmung des Leistungsum- fanges würde dazu führen, daß die Krankenversicherung mit
erheblichen Kosten belastet würde, die unter dem Gesichts- punkt einer Krankenbehand- lung nach wirtschaftlichen Grundsätzen nicht gerechtfer- tigt sind. Dem Kassenarzt wäre eine weitere Überprüfung sei- ner Leistungen auf Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei dieser Sachlage kaum noch zumutbar.
Offensichtlich hat der Bundes- rat bei seiner Beschlußfassung diese zwangsläufigen Folge- rungen und die dadurch entste- henden erheblichen Kosten für die Krankenversicherung nicht hinreichend bedacht und aus- schließlich den Klagen der Fi- nanzbehörden der Länder über eine angeblich unzureichende Finanzierung der Polikliniken entsprochen.
Dabei muß festgestellt werden, daß die im Rahmen der Polikli- nikverträge gezahlten Fallpau- schalen zum Teil nur noch ge- ringfügig unter den durch- schnittlichen Fallwerten in der kassenärztlichen Versorgung liegen und an vielen Universitä- ten die zugestandenen Fallzah- len nicht einmal ausgeschöpft werden. Im übrigen ist es in der Vergangenheit nur in wenigen Teilbereichen zu Schwierigkei- ten beim Abschluß von Polikli- nikverträgen gekommen. Im ganz überwiegenden Teil des Bundesgebietes ist der Ab- schluß und die Abwicklung der Poliklinikverträge reibungslos verlaufen.
Aus der Sicht der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Kran- kenkassen besteht keine Not- wendigkeit, die Polikliniken in einer derartig einschneidenden Weise in die kassenärztliche Versorgung eindringen zu lassen.
Wir wären Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, sehr dankbar, wenn Sie Ihren politischen Ein- fluß dahingehend geltend ma- chen könnten, diese Änderung im Vermittlungsausschuß bzw.
im weitergehenden Gesetzge- bungsverfahren aus dem Ge- setz zu eliminieren.
gez. Dr. Hans W. Muschallik"
Krankenhausfinanzierung
sundheitswesen gerecht werden- den Entscheidungen getroffen werden können. Es ist zu befürch- ten, daß bei weiter zunehmender Bevorzugung finanzieller und or- ganisatorischer Interessen die Be- lange der Patienten immer mehr vernachlässigt werden.
Sinnwidrige Eingriffe in das Weiterbildungsrecht der Ärzte
Keine verfassungsrechtlichen Be- denken hat der Bundesrat - be- zeichnenderweise - vorgetragen gegen den Vorschlag, die Pla- nungshoheit der Länderbehörden auch noch auf Fragen der Weiter- bildung von Ärzten zum Speziali- sten in einem der zahlreichen Ge- biete, Teilgebiete oder Bereiche der Medizin auszuweiten. Die Be- hörden sollen also nicht nur in Fragen der Ausbildung zum Arzt, sondern auch der Weiterbildung des approbierten Arztes steuernd eingreifen dürfen.
Auch hiergegen hat die Bundes- ärztekammer schon vom Auftau- chen dieses Gedankens an, seit etwa eineinhalb Jahren, nach- drücklich protestiert. Das Pro- blem, daß z. Z. der Nachwuchs an spezialisierten Ärzten dem Bedarf in einigen Gebieten noch nicht voll entspricht und es insbesonde- re an weitergebildeten Allgemein- ärzten mangelt, wird gerade von der Bundesärztekammer nicht ver- kannt. Man kann diesen temporä- ren Mängeln aber nicht mit gesetz- lichen oder administrativen Ein- griffen beikommen. Vielmehr müs- sen statt gesetzlicher Zwänge die Kräfte der Selbststeuerung und Selbstverwaltung wirksam wer- den.
Es bestehen bereits Absprachen zwischen den ärztlichen Organisa- tionen und Verbänden einerseits und der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft andererseits über die Förderung der Weiterbildung für Allgemeinärzte. Darüber hinaus hat sich die Konzertierte Aktion für das Gesundheitswesen wiederholt
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