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Archiv "Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich: Idee und Wirklichkeit" (06.04.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 14⏐⏐6. April 2007 A905

S E I T E E I N S

S

eit 1996 können die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ihre Krankenkasse frei wählen. Ohne Regulativ besteht für die Kassen je- doch ein Anreiz, insbesondere solche Versicherte zum Kassenwechsel zu bewegen, die ein geringes Erkran- kungsrisiko bei hohem Einkommen aufweisen. Durch den Risikostrukturausgleich (RSA) sollen diese Anreize zur Risikoselektion minimiert werden. Als Maßstab für die Risikostruktur einer Kasse dienen bisher die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, die Zahl der beitragsfrei mitversicherten Angehörigen, Ge- schlecht und Alter sowie der Bezug einer Erwerbsmin- derungsrente.

Kritiker monieren, dass über die derzeit im RSA berücksichtigten Merkmale der Gesundheitszustand und der Versorgungsbedarf der Versicherten nur unzu- reichend erfasst werden. „Der heutige Risikostrukturaus- gleich fördert die Fehlanreize, weil er nicht zwischen gesund und krank unterscheidet“, betonte etwa Werner Schneider vom AOK-Bundesverband Ende März bei ei- ner IIR-Konferenz in Köln. So erhalte beispielsweise eine Kasse gerade einmal 2 479 Euro aus dem RSA, wenn sie eine 62-jährige Erwerbsminderungsrentnerin versichere, die an Diabetes mit akuten Komplikationen leide. Da die tatsächlichen Jahresmehrausgaben für die Chronikerin deutlich höher liegen, sei die Frau ein

„schlechtes Risiko“ für jede Kasse.

Die zum 1. April in Kraft getretene Gesundheitsre- form hat sich zum Ziel gesetzt, den RSA zielgerichteter zu gestalten. Die Grundidee: Zur Versorgung ihrer Ver- sicherten soll jede Kasse ab 2009 für jeden von ihnen aus dem Gesundheitsfonds eine Grundpauschale sowie Zu- und Abschläge zum Ausgleich des nach Alter, Ge- schlecht und Krankheit unterschiedlichen Versorgungs- bedarfs erhalten. Für die 62-jährige Erwerbsminde- rungsrentnerin mit Diabetes würde die Kasse dann in Schneiders Modellrechnung 5 979 Euro aus dem Fonds erhalten: 517 Euro Basiszuschlag für eine 62-jährige Frau, 842 Euro Zuschlag wegen der Erwerbsminde- rungsrente, 2 214 Euro Zuschlag für Diabetes mit Kom- plikationen und 2 406 Euro Zuschlag für die Insulin- verordnung. So weit die Idee.

Die Wirklichkeit dürfte anders aussehen. Denn in den Verhandlungen zwischen SPD und Union haben Regelungen den Weg ins GKV-Wettbewerbsstärkungs-

gesetz gefunden, die die Zielgenauigkeit des morbi- ditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi- RSA) gefährden.

So beschränkt der Koalitionskompromiss den Mor- bi-RSA auf 50 bis 80 Krankheiten, bei denen die durch- schnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die GKV-weiten durchschnittlichen Leistungsausgaben um mindestens 50 Prozent übersteigen. Welche Krankhei- ten dies sein werden, legt das Bundesversicherungsamt (BVA) auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirats (dessen Besetzung noch offen ist) fest. „Somit entschei- det letztlich der BVA-Präsident, wie viel Milliarden Eu- ro künftig im System umverteilt werden“, kritisierte Schneider. Vor allem würden nur sehr kostenintensive Krankheiten berücksichtigt.

Zudem enthält das Gesetz die von Bayern geforderte Konvergenzklausel, wonach kein Bundesland mit mehr als 100 Millionen Euro jährlich durch die Reform be- lastet werden darf. Eine solche Konvergenzklausel zur Vermeidung einer Länderzusatzbelastung hält man bei der AOK für nicht umsetzbar. „Man kann ja schlecht den alten RSA virtuell weiterführen, um etwaige Zu- satzbelastungen zu berechnen“, meinte Schneider.

Dem Ziel, eine Risikoselektion der Kassen zu ver- meiden, läuft insbesondere auch die Begrenzung der

„kleinen Prämie“ auf ein Prozent des Einkommens der Versicherten entgegen. Denn je enger die Zusatzprämie – die die Kassen erheben müssen, wenn die Zuweisun- gen aus dem Gesundheitsfonds nicht ausreichen – be- grenzt wird, desto größer ist der Anreiz für die Kassen, sogenannte Besserverdienende anzuwerben.

MORBIDITÄTSORIENTIERTER RISIKOSTRUKTURAUSGLEICH

Idee und Wirklichkeit

Jens Flintrop

Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik

Referenzen

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