Vaterschaftsanfechtungsklagen ab. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.
Januar schafft nun Klarheit: Heimliche DNA-Vaterschaftschaftsanalysen sind vor Gericht unzulässig. Der für das Fa- milienrecht zuständige XII. Zivilsenat entschied, dass die Untersuchung des genetischen Materials eines anderen Menschen ohne dessen Zustimmung gegen das Grundrecht auf informatio- nelle Selbstbestimmung verstößt und rechtswidrig ist. Dieses Grundrecht des Kindes brauche auch nicht hinter dem Interesse des Mannes zurückzustehen, sich Gewissheit über seine biologische Vaterschaft zu verschaffen.
Sollte es tatsächlich zu einem grund- sätzlichen Verbot heimlicher Tests kom- men, stellt sich die Frage der juristi- schen Verwertbarkeit ohnehin nicht mehr. Allerdings ist fraglich, ob die Plä- ne von Ministerin Zypries in der jetzi- gen Form Gesetz werden. Führende Grünen-Politiker reagierten brüskiert über den nicht abgesprochenen Vor- stoß: Durch die offene Anfechtung der Vaterschaft vor Gericht, der einzigen Alternative zum heimlichen Test, würde den Familien geschadet, erklärte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt.
Rechtsmediziner Krause verweist je- doch darauf, dass jeder Vater auch nach Gültigkeit des Gendiagnostikgesetzes die Chance habe, seine biologische Va- terschaft privat und ohne Gerichtsver- fahren kontrollieren zu lassen. „Näm- lich dann, wenn der Test in Abstimmung mit der Mutter erfolgt.“ Dieser Fakt werde häufig von Politikern unterschla- gen, um Wählerstimmen zu gewinnen, meint der Abstammungsgutachter.
Zudem gibt es nach Einschätzung des Kölner Genetikers Schneider eine Vielzahl von Alternativen zu der ge- planten gesetzlichen Regelung. Eheli- che Väter mit Sorgerecht sollten seiner Ansicht nach das Recht erhalten, sich mit dem Kind in einem seriösen Institut ohne Zustimmung der Mutter rechts- gültig testen zu lassen. Nichteheliche Väter sollten vor der Anerkennung der Vaterschaft über die Möglichkeit eines Tests informiert werden, meint Schnei- der. Mütter würden in dieser Situation einen Test kaum verweigern, um Zwei- fel an der Vaterschaft auszuräumen.
Samir Rabbata, Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann
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A90 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 3⏐⏐21. Januar 2005
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n den Universitätskliniken rumort es weiter: Am 17. Dezember de- monstrierten fast 1 000 Ärzte und Pfleger des Klinikums der Philipps-Uni- versität Marburg gegen die vom Land Hessen als Arbeitgeber verordneten Ein- kommenseinbußen und Arbeitszeitver- längerungen sowie einen drohenden Stellenabbau. Erst am 11. Oktober waren 1 000 Ärzte der vier baden-württember- gischen Universitätskliniken in Stuttgart auf die Straße gegangen, um gegen einen ähnlichen „Lohnraub“ zu protestieren.Am 3. September hatte eine Stellenzeige von 270 Ärzten der Berliner Charité im Deutschen Ärzteblatt Aufsehen erregt.
Die Inserenten gaben an, wegen schlech- terer Arbeitsbedingungen infolge neuer Tarifverträge andere Jobs zu suchen.
Zur Demonstration in Marburg aufge- rufen hatte eine Arbeitsgruppe von Ärz- ten und Pflegern, die sich „Kliniker ge- gen die 42-Stunden-Woche“ (KG42) nennt. Diese hatte sich formiert, nach- dem das Land Hessen zum 1. April 2004 zunächst aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten war und zum 1. Au- gust wichtige Tarifregelungen für die Angestellten im öffentlichen Dienst gekündigt hatte. Neue Angestellte im öffentlichen Dienst und jene, die ihre Ar- beitsverträge verlängern, müssen seit- dem 42 Stunden wöchentlich arbeiten – ohne dass sie dafür mehr verdienen als ihre Kollegen mit den Altverträgen (in- klusive 38,5-Stunden-Woche). Neben der längeren Arbeitszeit ohne Lohnaus- gleich müssen die Betroffenen auch den Wegfall des Urlaubsgeldes und die Kür- zung des Weihnachtsgeldes hinnehmen.
Da viele Ärzte befristete Arbeitsverträge abgeschlossen haben, sind sie von den Maßnahmen besonders betroffen. Ein weiteres Problem: Es wird weniger Be- reitschaftsdienstzeit vergütet, wenn sich die reguläre Arbeitszeit verlängert.
Dr. med. Elmar Lindhorst, Vorstands- mitglied des Marburger Bundes (MB) Landesverband Hessen, erläuterte den Demonstranten für die KG42 die Forde- rungen an die Landesregierung. Dazu zählen der Erhalt der 38,5-Stunden- Woche sowie des Weihnachts- und des Urlaubsgeldes, die Vergütung sämtlicher Arbeitsleistungen, den Abschluss langfri- stiger Verträge, die generelle Genehmi- gung von Nebentätigkeiten, definierte Zeiträume für Forschung und Lehre so- wie eine bessere Förderung der Qualifi- zierung von Ärzten durch Weiterbil- dungscurricula und Fortbildungskurse.
Wichtiges Ziel der Initiative sei die Organisation einer lückenlosen Über- stundendokumentation beim ärztlichen Personal, betonte KG42-Sprecher Dr.
med. Thorsten Steinfeldt gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Dazu gebe es bald eine Vollversammlung. Bei den anstehenden Veränderungen für die
Universitätsklinik, wie der Fusion mit der Universitätsklinik Gießen und der späteren Privatisierung, werde die Ar- beitsgruppe dann zusammen mit dem MB, ver.di und dem Personalrat gegen drohende weitere Einschnitte für die Ärzte und Pfleger kämpfen.
Nach ersten positiven Erfahrungen in Hessen und Baden-Württemberg will der MB die Zusammenarbeit mit den As- sistentensprechern zu einem bundeswei- ten Netzwerk ausweiten. Ziel ist der In- formationsaustausch und die Koordina- tion von Aktionen, sagte MB-Sprecher Athanasios Drougias. Kontakt: Marbur- ger Bund, Referat Tarifpolitik, E-Mail:
tarifpolitik@marburger-bund.de, Fax:
02 21/9 73 16 78. Jens Flintrop
Marburger Universitätsärzte
Protest gegen Lohneinschnitte
Bundesweites Netzwerk der Assistentensprecher angeregt
Ärzte und Pfleger demonstrierten in Marburg gegen längere Arbeitszeiten und Einkom- menseinbußen.
Foto:Fotoagentur BROWA