508 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009
M E D I Z I N
unbedingt Norm-/Richtwert-Abweichungen vorliegen müssen, zum Beispiel bei Belastung durch verschiedene Schwermetalle. Hier sind additive, überadditive, even- tuell auch antagonistische Wirkungen möglich, aber erst ansatzweise untersucht. Blei hat, wie eingehende neue- re Studien zeigen, in der Tat neben seiner gut bekannten neuro- und hämatotoxischen Wirkungen eine Vielzahl weiterer adverser Effekte. Ein rechtzeitiges sensitives Biomonitoring kann dazu beitragen, die diesbezügliche ätiologische Klärung herbeizuführen, krankheitsur- sächliche Bleibelastung zu bestätigen oder auch auszu- schließen.
Expositions-Biomonitoring allein ist in der Regel zur Risikoabschätzung und Ursachenermittlung einer Er- krankung bei lange zurückliegender Exposition nicht weiterführend. Wie in unserer Veröffentlichung darge- legt, kann biochemisches und biologisches Effekt- Monitoring (u. a. DNA-/Protein-Adduktbildung, Chro- mosomenaberration [1, 2]) aber Langzeiteffekte auf- zeigen, und auch zu wichtigen neuen Kenntnissen über Dosis-Wirkungs-Beziehungen auf molekularer Ebene führen. Oft erlauben diese validierten toxikologischen Daten im Verbund mit anderen Verfahren, zum Beispiel arbeitsepidemiologischen Abschätzungen früherer Expo- sitionen, und adäquaten mathematischen Modellen ge- nauere Risikoermittlungen.
Wichtig ist, die Interpretation solcher Biomonitoring- Ergebnisse im Kontext mit klinischen Befunden vorzu- nehmen. Bei der Bewertung kanzerogener Effekte müssen neben den langen Latenzzeiten die individuelle Suszep- tibilität und Synkanzerogenese-Aspekte berücksichtigt werden. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufs- krankheiten“ hat kürzlich empfohlen, das Zusammenwir- ken von zwei beruflichen Kanzerogenen (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Asbestfasern) in der Berufskrankheitenliste zu verankern (3).
Das klassische Expositionsmonitoring kann in Lang- zeitstudien angewandt werden, um zum Beispiel persistie- rende bioverfügbare Substanzen zu untersuchen, die wir aus der Umwelt aufnehmen und die im Körper angerei- chert werden. Die amerikanische Umweltbehörde (Envi- ronmental Protection Agency) und die WHO führen groß angelegte Biomonitoring-Studien durch, um die Hinter- grundbelastung der Bevölkerung durch diese Schadstoffe zu untersuchen (4). DOI: 10.3238/arztebl.2009.0508a
LITERATUR
1. Norppa H, Bonassi S, Hansteen IL et al.: Chromosomal aberrations and SCEs as biomarkers of cancer risk. Mutat Res 2006; 600: 37–45.
2. Sabbioni G, Jones CR, Sepai O et al.: Biomarkers of exposure, effect, and susceptibility in workers exposed to nitrotoluenes. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2006; 15(3): 559–66.
3. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Wissenschaftliche Begrün- dung für die Berufskrankheit „Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasser- stoffen“. GMBl 2007; 23: 474ff.
4. Food Safety, Foodborne Diseases and Zoonoses Department World Health Organization. Fourth WHO-coordinated survey of human milk for persistent organic pollutants in cooperation with UNEP.
http://www.who.int/foodsafety/chem/POPprotocol.pdf
5. Budnik LT, Baur X: The assessment of environmental and occupational exposure to hazardous substances by biomonitoring [Biomonitoring zur Erfassung umwelt- und arbeitsbedingter Schadstoffbelastungen].
Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 91–7.
Univ.-Prof. Dr. med. Xaver Baur PD Dr. rer. nat. Lygia T. Budnik
Ordinariat für Arbeitsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin
Seewartenstraße 10 20459 Hamburg
E-Mail: Baur@uke.uni-hamburg.de
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