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Archiv "Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof: Keine Patentierung menschlicher Embryonen" (18.02.2011)

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A 312 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 7

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18. Februar 2011

KOMMENTAR

Dr. med. Peter Liese, CDU-Abgeordneter im Europäischen Parlament

D

er Europäische Gerichtshof (EuGH) wird in wenigen Wochen eine weitreichende Entscheidung tref- fen. Es geht um die Frage, ob es für menschliche Embryonen exklusive kom- merzielle Vermarktungsrechte gibt.

1999 genehmigte das Deutsche Patent- amt einen Antrag des Stammzellfor- schers Oliver Brüstle auf die Patentie- rung von Zellen aus geklonten mensch- lichen Embryonen. Greenpeace hat 2004 aus ethischen Gründen gegen das Patent vor dem Bundespatentgericht ge-

klagt und 2006 in wesentlichen Punkten Recht bekommen. Demnach verstößt das erteilte Patent gegen den Aus- schluss der kommerziellen Verwertung menschlicher Embryonen von der Pa- tentierung. Der Patent inhaber hat gegen diese Entscheidung Beschwerde einge- legt. Im Jahr 2009 hat der Bundesge- richtshof (BGH) den Fall an den EuGH überwiesen, der nun auf der Grundlage der EU-Biopatentrichtlinie aus dem Jahr 1998 entscheidet. Deren Artikel 5 Ab- satz 1 lautet: „Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entste- hung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile . . . können keine patentierbaren Erfin- dungen darstellen.“ In Artikel 6 Absatz 2 heißt es darüber hinaus, „dass die Verwendung von menschlichen Em- bryonen zu industriellen oder kommer- ziellen Zwecken“ nicht patentierbar sei.

Von embryonalen Stammzellen und da- raus gewonnenen Zellen ist in der Richt- linie wörtlich nicht die Rede, da es zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Richt- linie diese Technologie noch nicht gab.

Der BGH hat insbesondere um Vor- abentscheidung über die Leitfrage er- sucht, was unter dem Begriff „mensch- liche Embryonen“ zu verstehen ist. Der Patentinhaber argumentiert, dass das

Verbot der Patentierung einer kommer- ziellen und industriellen Nutzung von menschlichen Embryonen grundsätzlich erst 14 Tage nach der Befruchtung gel- ten soll. Er fordert, dass der EuGH und der BGH einer Auslegung der EU-Richt- linie zustimmen sollen, nach der jegli- che Verwertung von Embryonen bis zu diesem Zeitpunkt zulässig ist.

Als Europaabgeordneter, der an der Erarbeitung der Richtlinie beteiligt war, muss ich diese Interpretation der Richt- linie mit Nachdruck zurückweisen. Alle

Beteiligten an dem Gesetzgebungsver- fahren gingen selbstverständlich davon aus, dass wir über die Frage zu ent- scheiden haben, ob menschliche Em- bryonen in der Petrischale patentierbar sind oder nicht. In den entsprechenden Begleitdokumenten, zum Beispiel in der Erklärung des Ministerrates gegenüber dem Europäischen Parlament (beide Institutionen mussten gleichberechtigt über die Richtlinie entscheiden) wird ei- ne Reihe von Begriffen klargestellt. Es wurde beispielsweise deutlich gemacht, dass jede Form des Klonens von Men- schen von der Patentierbarkeit ausge- nommen ist – nicht nur, wie von der Europäischen Kommission vorgeschla- gen, das reproduktive Klonen. Auch das sogenannte Embryonensplitting sollte von der Patentierbarkeit ausgenommen werden, und dies ist nach dem Stand der Wissenschaft bekanntlich nur in ei- nem sehr frühen Stadium, keinesfalls nach dem 14. Tag möglich.

Patentinhaber Brüstle und seine An- wälte argumentieren weiterhin, dass die Richtlinie nur die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriel- len und kommerziellen Zwecken aus- schließt. Im konkreten Fall solle das Pa- tent nicht unbedingt zu kommerziellen Zwecken genutzt werden. Das Patent ist

aber per Definition ein Instrument des Wirtschaftsrechts. Es soll die kommer- ziellen Interessen des Erfinders schützen und die wirtschaftliche Entwicklung vor - antreiben. Forschung ohne kommerzielle Nutzung ist selbstverständlich auch oh- ne ein Patent möglich, aber den kom- merziellen Anreiz zur Verwendung von Embryonen wollte der Gesetzgeber ausdrücklich ausschließen. Pikant ist in diesem Zusammenhang, dass Brüstle in der deutschen Debatte um die Frei- gabe der embryonalen Stammzellfor-

schung immer nur mit den Interessen der Patienten argumentiert hat. Bis 2004 war der Öffentlichkeit nicht be- kannt, dass er längst Patente angemel- det hatte, das heißt ein Interesse an der kommerziellen Nutzung hatte.

Zuletzt muss der Europäische Ge- richtshof noch die Frage entscheiden, ob sich das Patentierungsverbot auch auf die embryonalen Stammzellen und daraus gewonnene Zellen, zum Beispiel wie im Fall von Brüstle auf neuronale Vorläuferzellen, bezieht. In dieser Frage hat das Europäische Parlament in einer Resolution im Jahr 2005 eindeutig Stellung genommen. Da nach dem jet- zigen Stand der Technik menschliche embryonale Stammzellen nur durch die Zerstörung von Embryonen gewonnen werden können, verstößt auch ein Pa- tent auf embryonale Stammzellen und daraus gewonnene Zellen gegen Artikel 6 Abs. 2 C der Richtlinie.

Strenge ethische Grenzen, gerade im Bereich des Embryonenschutzes, waren für die Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament eine unabding- bare Voraussetzung dafür, die Richtlinie anzunehmen. Eine Interpretation, wie sie Brüstle und seine Anwälte vorlegen, widerspricht daher dramatisch der Inten - tion des Gesetzgebers.

VERFAHREN VOR DEM EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF

Keine Patentierung menschlicher Embryonen

P O L I T I K

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