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Archiv "Das Kostendilemma von Kreiskrankenhäusern" (10.03.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen THEMEN DER ZEIT

Der wissenschaftliche Fortschritt wird als einer der wichtigen Grün-

de für die Verteuerung der klini- schen Behandlung von Patienten angeführt. So wäre anzunehmen, daß kleinere Krankenanstalten, wie zum Beispiel Kreiskrankenhäuser, davon weniger betroffen sind, da hier extrem komplizierte und damit extrem teure Diagnostik und Be- handlung kaum durchgeführt wer- den. Die Schwierigkeiten der Kreis- verwaltung, jedes Jahr ein ausrei- chendes Budget für den Gesund- heitssektor aufzustellen und die mit erstaunlichem Tempo ansteigen- den Tagessätze der Kreiskranken- häuser zeigen aber, daß auch sie in den Sog des Anstieges der Krankenhauskosten geraten sind.

Die Kostenbelastung der Kreisver- waltung fängt bei dem Neubau oder dem Umbau eines Kranken- hauses an. Bei der Planung wird meist der Chefarzt der entspre- chenden Abteilung hinzugezogen.

Ein Chefarzt plant aber gewöhnlich nur einmal in seinem Leben einen Krankenhausumbau oder gar ei- nen Neubau. Er glaubt daher, sich in vielen Einzelfragen auf den er- fahrenen deutschen „Kranken- haus"-Architekten verlassen zu können. Das ist aber ein Irrtum.

Zu dieser Überzeugung bin ich ge- kommen, nachdem ich als ge- schäftsführender Oberarzt an dem Wiederaufbau der Universitäts- Frauenklinik in Frankfurt maßgeb- lich beteiligt war; weiterhin in Li- byen als verantwortlicher Vertreter des Gesundheitsministeriums die Planung einer Hebammenlehran- stalt mit einem deutschen Architek- ten und die Planung eines 1600- Betten-Krankenhauses mit schwe- dischen Architekten durchgeführt

habe. Schließlich habe ich den Umbau eines Kreiskrankenhauses in Deutschland vor kurzem miter- lebt.

Der oberste und uneingeschränkte Grundsatz für einen Krankenhaus- bau muß heißen: „Die Funktionsab- läufe im Krankenhaus bestimmen die gesamte Planung". Anordnung und Größe der Räume, Installation, elektrische Anlagen, sanitäre Ein- richtungen, apparative Ausrüstung, alles muß diesen Funktionsabläu- fen bis ins einzelne angepaßt sein, um besonders auch kritische Situa- tionen organisatorisch leicht mei- stern zu können. Die meisten Ar- chitekten besitzen aber im Grunde genommen nur unklare oder theo- retische Vorstellungen von dem Ablauf der klinischen Arbeiten im Krankenhaus, insbesondere von

„dramatischen" Ereignissen.

Fehlplanungen werden nach Fer- tigstellung meist von den Ärzten festgestellt. Dann heißt es entwe- der: „Durch organisatorische Maß- nahmen müssen die vorhandenen Fehlplanungen überwunden wer- den" oder — Änderungen werden notwendig. Jedem ist bekannt, wel- che oft erheblichen Mehrkosten durch nachträgliche Änderungen entstehen. Beispiele dafür gibt es genug.

Musterplanungen wären nützlich Solche Fehlplanungen können ver- mieden werden, wenn auf Landes- oder Bundesebene bei dem ent- sprechenden Ministerium eine Ab- teilung vorhanden ist, die typische Musterentwürfe für Krankenhäuser und Krankenhausabschnitte unter der Berücksichtigung von üblichen

Den in den letzten Jahren zu verzeichnenden Kostendruck im Gesundheitswesen beka- men vor allem auch die Kreiskrankenhäuser zu spü- ren. Die enge Verzahnung des Krankenhausträgers mit dem Budget des Kreises brachten diese Krankenan- stalten nicht selten in ein Kostendilemma. Der Autor, Facharzt für Frauen- und Ge- burtshilfe, zeigt an einigen Beispielen auf, mit welchen Problemen sich Kreiskran- kenhäuser heute konfrontiert sehen und welche kosten- sparende Maßnahmen erör- tert werden sollten.

Bettenzahlen erarbeitet hat. Alle Forderungen über Größe und An- ordnung der Räume, über Installa- tion und Anordnung der Geräte, über Beleuchtung, Entlüftung und elektrische Anlagen sind vorhan- den. Sämtliche Bestimmungen, so- wohl für die Funktionsabteilungen als auch für die Stationen, werden berücksichtigt und laufend berich- tigt. Diese Entwürfe können nach dem Baukastenprinzip zusammen- gesetzt werden.

Der Architekt wird verpflichtet, sich im Prinzip an diese Pläne zu halten. Fehlplanungen und spätere Änderungen werden dadurch ver- mieden, die Kosten für die Planung insgesamt bemerkenswert gesenkt.

Dies ist kein neuer Gedanke, da in den angelsächsischen Ländern sol- che „Typenpläne" vorhanden wa- ren. In Schleswig-Holstein ist eine solche „Musterplanung", zumin- dest für ein „Regelkrankenhaus", in Vorbereitung.

Genormte Ausrüstung ist kostengünstiger

Das gleiche gilt für die Ausrüstung der einzelnen Abteilungen mit In- strumenten und Apparaturen. Ich

Das Kostendilemma

von Kreiskrankenhäusern

Wilhelm Fölimer

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vom 10. März 1977 675

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GE GY VON

'LOPRESOR Metoprolol)

Welchen Hauptvorteil hat Lopresor?

Mehr Sicherheit, denn Lopresor schirmt selektiv das Herz gegen

unerwünschte, adrenergische Stimulation ab, praktisch ohne die Atmung zu beeinflussen.

Was läßt sich bei Angina pectoris erreichen?

Lopresor vermindert die Zahl und Schwere der Schmerzattacken und erhöht die Belastbarkeit.

Was läßt sich bei Hypertonie erreichen?

Lopresor senkt den Blutdruck gleichmäßig im Stehen wie im Liegen. Auch bei Langzeitbehandlung hält die Wirkung zuverlässig an.

LOPRESOR

Kardioselektiver ß-Rezeptorenhemmer

Zusammensetzung Metoprolol-tartrat

Lacktabletten (mit Bruchrille) mit 100 mg

Indikationen

Angina pectoris, Hypertonie.

Kontraindikationen

AV-Block II. und III. Grades, nicht kompensierte Herzin- suffizienz.

Obgleich bisher keine nachteiligen Wirkungen beobachtet wurden, sollte LOPRESOR während der Schwangerschaft nicht verordnet werden.

Nebenwirkungen

LOPRESOR wird gut vertragen.

Leichte Magen-Darm-Beschwerden und leichte Schlaf- störungen sind gelegentlich beobachtet worden.

Dosierung Angina pectoris

Im allgemeinen 2mal täglich 1 Lacktablette LOPRESOR (2mal 100 mg).

Hypertonie

In der ersten Behandlungswoche 2mal täglich 1 Lack- tablette; in den meisten Fällen wird zur Dauerbehandlung eine Dosierung von 1 - 2 Lacktabletten 2mal täglich aus- reichen.

Die individuelle Ansprechbarkeit ist zu berücksichtigen.

Diese Richtlinien gelten auch für eine Kombinationsthera- pie mit Saluretika oder anderen Antihypertensiva.

Besondere Hinweise

Infolge seiner Kardioselektivität kann LOPRESOR bei genügender Vorsicht auch Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen (wie z.B. Asthma bronchiale) gegeben werden, wenn gleichzeitig Bronchodilatatoren verabreicht werden; dabei ist deren Dosierung ggf. an- zupassen.

Bei Herzinsuffizienz ist eine ausreichende Digitalisierung (evtl. zusätzlich Gabe eines Saluretikums) erforderlich und die Anwendung von LOPRESOR an eine besondere ärzt- liche Überwachung gebunden.

Die Behandlung mit 3-Rezeptorenhemmern kann die Symptome einer Hypoglykämie larvieren. Eine Anpassung der blutzuckersenkenden Behandlung kann daher - besonders bei labilem oder insulinabhängigem Diabetes - nötig sein.

Bei Überdosierung und starker Bradykardie wird die Gabe folgender Antidots empfohlen: Man gibt 1 mg Atropin- sulfat i.v. und, wenn die Pulsfrequenz daraufhin nicht ge- nügend ansteigt, ein ß-stimulierendes Sympathikomi- metikum.

Handelsformen und Preise

Originalpackung mit 30 Lacktabletten DM 25,20 lt. AT Originalpackung mit 100 Lacktabletten DM 69,85 lt. AT Klinikpackung

LAS

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Kardioselektiver

ß-Rezeptorenhemmer

zur gezielten Behandlung von Angina pectoris

Hypertonie

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Spektrum der Woche Aufsätze · Notizen

Kostendilemma von Kreiskrankenhäusern

habe mich bemüht, von verschie- denen deutschen Firmen das An- gebot für eine moderne Standard- ausrüstung an Instrumenten für die einzelnen gynäkologischen Operationen zu erhalten. Das war nicht möglich. Jeder weiß, wie schwierig es ist, bei einer völligen Neuausrüstung nach einem Instru- menten-Katalog - der immer bei Vertretern schnell zur Hand ist - wirklich die geeignetsten, besten und modernsten Instrumente her- auszusuchen. Abbildung, Vorstel- lung und tatsächliche Ausführung weichen dabei meist erheblich von- einander ab. Auch hier wird also eine genormte Ausrüstung für die einzelnen Abteilungen des Kreis- krankenhauses, sowohl für ihre Funktionsräume als auch für die Stationen, viele unnütze Ausgaben sparen helfen. Sind Sonderwün- sche eines Chefarztes neben die- ser Standardausrüstung vorhan- den, so können sie jederzeit nach Überprüfung erfüllt werden.

Klare Richtlinien über den Aufga- benkreis des Kreiskrankenhauses werden auch die Anschaffung von außergewöhnlichen und teuren Ap- paraturen - die wegen Fehlens von geschultem Personal selten benutzt, oft funktionsuntüchtig auf der Abteilung stehen - verhin- dern. Ein Kreiskrankenhaus soll keine Universitätsklinik sein und soll keinem großen städtischen Krankenhaus mit umfassenden mo- dernsten Einrichtungen Konkurrenz machen wollen. Der Chefarzt einer operativen Abteilung ist daher ver- antwortungsbewußt und nicht etwa unfähig, wenn er einen Risikopa- tienten in eine größere Klinik zur Behandlung überweist, da er die Grenzen der klinischen Möglichkei- ten des Kreiskrankenhauses kennt.

Sein fachliches Ansehen sollte da- durch keineswegs gemindert wer- den, im Gegenteil. Und doch er- warten manche Politiker, nachdem sie ein neues oder modernisiertes Kreiskrankenhaus besichtigt ha- ben, daß praktisch jede Operation, jede Behandlung, jede Diagnostik hier durchgeführt wird. Es ist also auch aus diesem Grunde notwen-

dig, die Aufgaben der Abteilungen eines Kreiskrankenhauses klar zu umreißen.

Neuer Status für Privatpatienten Das klassenlose Krankenhaus ist wohl endgültig aus der Diskussion verschwunden. Die Tendenz der Sozialisierung der Krankenhäuser ist aber weitergehend vorhanden.

Trotzdem möchte man nicht auf die einträglichen "Privatpatienten", die jetzt "Patienten mit Wahllei- stung" heißen, verzichten.

Wenn man mit der Eisenbahn 1.

Klasse reist, so wird neben dem

"vergrößerten Kubikmeterraum an

Luft" auch eine größere Bequem-

lichkeit geboten. in einem älteren Kreiskrankenhaus unterscheidet sich dagegen bei der Wahlleistung:

"in einem Ein- oder Zweibettzim- mer zu liegen", das Gebotene - Essen, Bett, Zimmereinrichtung, sanitäre Möglichkeiten usw.

durch nichts von dem auf der all- gemeinen Klasse Üblichen. Sonder- wünsche sind bei der bestehenden Organisation nicht möglich.

Die Zimmer für die Patienten mit Wahlleistung sind auf der allgemei- nen Station "integriert". Wenn nicht genügend Patienten mit Wahlleistungen vorhanden sind, werden diese Zimmer mit Patienten der allgemeinen Klasse belegt. Der Patient mit Wahlleistung zahlt für den vergrößerten Kubikmeterraum an Luft. Wenn diese gebotene Wahlleistung zu einem um 50 Pro- zent erhöhten Pflegesatz führt, so ist ein solcher Preis zumindest un- gerechtfertigt. Sollte die Kranken- hausverwaltung auf Privatpatienten keinen Wert legen, dann würde das

"Berliner Modell" eine Lösung dar-

stellen.

..,.. in den städtischen Krankenhäu- sern Berlins gab es keine Privatpa- tienten. Dort machten die Chefärz- te entsprechend ihrem Vertrag täg- lich für vier Stunden Dienst auf ih- rer Abteilung. Ihre Privatsprech- stunde führten sie außerhalb des Krankenhauses durch und behan-

678 Heft 10 vom 10. März 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

delten ihre stationären Patienten in Privatkliniken.

Legt man auf die Einnahmen durch die "Privatpatienten" weiterhin in den Kreiskrankenhäusern Wert, dann müßte einem Privatpatienten ein entsprechendes Maß von An- nehmlichkeiten und Bequemlich- keiten geboten werden. Eine er- neute Zusammenfassung der Pri- vatzimmer auf einer Abteilung wür- de viele Probleme lösen, die jetzt zu Schwierigkeiten zwischen Chef- arzt und Verwaltung und zwischen Chefarzt und Assistenten führen können. Vor allem würde durch solche Maßnahmen dem Kreiskran- kenhaus eine wichtige Einnahme- quelle erhalten bleiben, die sonst durch Abwanderung in anders ge- führte Krankenhäuser oder in Pri- vatkliniken verlorengehen würde.

Vom Können des Chefarztes einer Abteilung hängt der Ruf, die Orga- nisation und damit auch die Bele- gung dieser Abteilung ab. Infolge- dessen sollte eine Kreisverwaltung alles tun, um solche Chefärzte zu verpflichten und zu erhalten. Es ist daher erstaunlich, daß Behörden eine prozentuale Abgabe zwischen 25 und 45 Prozent vom Umsatz des Chefarztes für Fazilitäten, die sie ihm bietet, fordern. Der damit vom Chefarzt gezahlte Betrag ent- spricht oft seinem Gehalt und den Einzahlungen für seine Altersver- sorgung oder übertrifft sie sogar.

Er führt dann die Abteilung prak- tisch ohne irgendeine Entschädi- gung. Eine prozentuale Abgabe beinhaltet eine Steuer. Es ist nicht sehr klar, wofür diese Abgabe ge- fordert wird, denn für die Benut- zung eines Sprech- und Untersu- chungszimmers bei der Behand- lung von ambulanten Patienten wäre eine Miete gerechtfertigt. Für die Benutzung besonderer Instru- mente werden bei ambulanten Pa- tienten von der Verwaltung Sach- kosten einbehalten, bei stationären Patienten sind im Pflegesatz alle Kosten enthalten.

Es wäre sicherlich wert, diese Ab- gabeform nochmals zu überden- ken, denn die Einsatzfreudigkeit

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Kostendilemma von Kreiskrankenhäusern

des Chefarztes für die Abteilung wird dadurch nicht gefördert. Woll- te man aus der Chefarztposition ei- nen „Achtstundenjob" machen, so sind die Folgen und die Kosten in anderen europäischen Staaten of- fensichtlich.

Falsche Propaganda

Die Schuld an den steigenden Krankenhauskosten bei der Be- handlung von Patienten wird zur Zeit mit Vorliebe den behandeln- den Ärzten und der pharmazeuti- schen Industrie zugeschoben. Das sind „billige" Lösungen. Es sollte einmal ernsthaft darüber nachge- dacht werden, wieweit „Propagan- dasprüche" vor den Wahlen dazu beigetragen haben. Wie so oft, wurden Versprechungen gegeben, deren Folgen nicht recht bedacht wurden, die häufig nicht einmal im Interesse des Krankenhauses oder der Patienten lagen. Zweibettzim- mer, freie Arztwahl, Demokratisie- rung der Behandlung, jedem Pa- tienten steht die „beste" und „mo- dernste" Behandlung zu, die Be- handlung muß durchschaubarer werden, Kunstfehler und Haftpflicht des Arztes, Aufforderung zu extrem kritischer Einstellung der Patienten gegenüber der pflegerischen Ver- sorgung und Behandlung im Kran- kenhaus. 40-Stunden-Woche des Personals im Krankenhaus, Mitbe- stimmung — diese Stichwortliste läßt sich um vieles vermehren.

Das Vertrauensverhältnis des Pa- tienten zum Arzt kann dadurch zer- stört werden und bewirkt „absi- chernde" Maßnahmen; „gründli- chere Untersuchungen" und ein längerer Krankenhausaufenthalt sind die Folge; alles kostet mehr Zeit und damit mehr Geld.

Kostenschlüssel: Verweildauer Selbstverständlich können die Be- handlungskosten des einzelnen Pa- tienten im Krankenhaus gesenkt werden, wenn die Patienten früher nach Hause entlassen werden. In Ländern, wo die Familie intakt ist,

sind Wöchnerinnen höchstens drei bis vier Tage nach der Entbindung, Operierte bis zum Entfernen der Fäden im Krankenhaus zu halten.

Nachteile im Krankheitsverlauf ha- ben sich durch diese frühe Entlas- sung nicht gezeigt. Die Patienten kehren aber in eine intakte Familie zurück, wo alle, auch fernere Ver- wandte und Freunde sich bemü- hen, die Rekonvaleszenten zu pfle- gen oder ihnen sonst zu helfen.

Verläßt in Deutschland die Patien- tin das Krankenhaus, so findet sie zu Hause nur Arbeit vor. Hilfe ist selten vorhanden. Ebenso wird ein verheirateter Patient selten seine Ehefrau als Pflegerin erleben, denn sie muß ja auch zur täglichen Ar- beit.

Familienpolitik besteht zur Zeit in der Schaffung von Kinderkrippen und Kindergärten, um der Frau das

„berufstätige Leben" zu erleich- tern, wobei die Kinder also prak- tisch in „Staatserziehung" kom- men. Ein Unterschied zu den Fami- lienverhältnissen in sozialistischen Staaten ist kaum mehr vorhanden.

Und gerade die intakte, vom Staat geförderte und geschützte Familie sollte die Demokratie von den so- zialistischen Staaten unterschei- den. Die Familie würde viele Aufga- ben auch auf dem Gesundheitsge- biet übernehmen, deren Wahrneh- mung durch den Staat heute er- hebliche Steuermittel beansprucht.

Die Ursache der Teuerung im Ge- sundheitswesen liegt einmal in der Familien- und Sozialpolitik, die in den letzten Jahren propagiert wur- de. Hinzu kommt als Ursache der medizinische Fortschritt und die politische Forderung, ihn unbe- grenzt für jeden anzuwenden.

Jedes — auch „lebensunwert" ge- wordenes Leben — muß mit allen Mitteln erhalten werden. Die Ein- stellung zum Wert des Lebens und die Einstellung zur Krankheit hat sich grundsätzlich geändert, nach- dem alles durch den Fortschritt in der Medizin als „machbar" er- scheint und nachdem der Staat für die Gesundheit des einzelnen ver-

antwortlich sein soll. Es wäre da- her an der Zeit, wenn Moral- und Religionsphilosophen sich zusam- menfänden und Gebote erarbeite- ten, durch die auch das Handeln der Ärzte — frei von kurzlebigen politi- schen Motiven — bestimmt wird.

Rationalisierung und vernünftige Maßnahmen durch Arzt und Kran- kenhaus können zur Kostensen- kung der Krankenhausbehandlung des einzelnen Patienten beitragen.

Aber gelöst wird das Problem der raschen Kostenexpansion nur auf politischer Ebene. Ebenso können die Schwierigkeiten der Kostenent- wicklung in Kreiskrankenhäusern nur durch Verwaltungsmaßnahmen und standespolitische Entschei- dungen auf höherer Ebene über- wunden werden, nicht aber von den Ärzten und der Verwaltung des Kreiskrankenhauses selbst.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wilhelm Föllmer Fachharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Gartenstraße 1

2408 Timmendorfer Strand

ZITAT

Hauptverbandsplatz

„Eine zukunftsorientierte So- zialpolitik darf sich nicht auf die Funktion eines Hauptver- bandsplatzes für die Geschä- digten einer ungesteuerten und die Interessen der Arbeit- nehmer mißachtenden wirt- schaftlichen und technologi- schen Entwicklung beschrän- ken. Sie muß vielmehr durch eine rechtzeitige enge Verzah- nung mit der Wirtschafts- und Strukturpolitik im Vorfeld ne- gativer sozialer Auswirkungen des technischen Wandels ver- suchen, Lösungen für die Pro- bleme von morgen zu finden."

Armin Clauss,

Hessischer Sozialminister

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vom 10. März 1977 679

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