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Archiv "Krankenhäuser an den Grenzen des Wachstums" (26.06.1975)

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Die Information:

Bericht und Meinung

72. Jahrgang/Heft 26 26. Juni 1975

Postverlagsort Köln

Redaktion:

5023 Lövenich Postfach 14 30 Dieselstraße 2 Ruf: (0 22 34) 70 11 -1 Fernschreiber 8 89 168

Verlag und Anzeigenabteilung:

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Krankenhäuser an

den Grenzen des Wachstums

Deutscher Krankenhaustag fragt:

Wie kann die Kostenlawine noch gebremst werden?

Die 3500 Krankenhäuser in der Bundesrepublik Deutschland stek- ken in einem Dilemma: Einerseits können die Krankenhäuser mit einem hochdifferenzierten Leistungsangebot und einem auch im internationalen Vergleich eindrucksvollen Standard an personeller, medizinischer, medizinisch-technischer und apparativer Ausstat- tung aufwarten, der hohen medizinischen und pflegerischen Anfor- derungen gerecht wird. Auf der anderen Seite schlugen die Kosten einer immer aufwendiger werdenden Technik diagnostischer und therapeutischer Einrichtungen sowie die Personalkosten bei den Krankenhäusern besonders teuer zu Buche.

Die „Kostenexplosion" macht den Krankenhäusern seit Jahren sehr zu schaffen. Es überraschte deshalb nicht, daß das General- thema des 8. Deutschen Krankenhaustages (vom 10. bis zum 13. Mai 1975 in Düsseldorf) „Aufgabe, Rolle und Leistung des Kran- kenhauses im Rahmen der Gesundheitssicherung" weitgehend auf die Diskussion um die Kostenproblematik reduziert wurde. Fragen der Strukturreform des Krankenhauswesens und der Krankenhaus- finanzierung, die im Mittelpunkt des voraufgegangenen 7. Kran- kenhaustages vom Mai 1973 in Hannover gestanden hatten, kamen in Düsseldorf nur am Rande zur Sprache. Allerdings war die zum Teil massive Kritik an der jüngsten Krankenhausgesetzgebung nicht zu überhören.

Um den Gesamteindruck des diesjährigen Deutschen Krankenhaus- tages vorwegzunehmen: Die Krankenhausträger, Krankenhaus- berufe und Krankenhausverwaltungen stellten sich mit bemerkens- werter Offenheit der Kostendiskussion und erklärten ihre Bereit- schaft dazu, mit allen Verantwortlichen des Gesundheits- und Kran- kenhauswesens nach Möglichkeiten der Kosteneinsparung, Ratio- nalisierung und zur Effizienzsteigerung zu suchen und zu verwirk- lichen. Zwar erkühnte sich auf der Düsseldorfer Veranstaltung nie- mand dazu, zu behaupten, er habe ein Patentrezept parat, um die

„bedrohliche Entwicklung in den Griff zu bekommen" (so der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft [DKG], Professor Dr. med. Hans-Werner Müller), doch ließen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 26 vom 26.Juni 1975 1913

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Die Information:

Bericht und Meinung Deutscher Krankenhaustag

Sprecher der Deutschen Kranken- hausgesellschaft keinen Zweifel daran, daß sie in einer teilweisen Öffnung der Krankenhäuser für die

"vorstationäre Diagnostik und

nachstationäre Behandlung" ein probates Mittel mit "erheblichen Sparmöglichkeiten" (bzw. Mehrein- nahmen!) sehen. Sie befürworten deshalb mit Nachdruck "Modellver- suche" zur teil- und semistationä- ren Behandlung, wie sie eine be- reits verkündete "Empfehlungsver- einbarung" mit den Spitzenverbän- den der Krankenkassen anpeilen.

Mutige Selbstkritik

Daß dieses Verlangen nach dem Recht auf vor- und nachstationäre Diagnose und Behandlung der Pa- tienten im Krankenhaus noch nicht der Stein der Weisen ist, wurde auf dem Düsseldorfer Kongreß über- aus deutlich. Die Sprecher der Krankenhausträger waren es selbst, die in bemerkenswerter Weise Selbstkritik übten und dazu aufforderten, zuerst das eigene Haus zu bestellen und sämtliche

Rationalisierungsmöglichkeiten auszuschöpfen, ehe man den Ver- such unternimmt, die Behandlung vom kostengünstigen ambulanten Bereich in das kostspielige Kran- kenhaus teilweise zu verlagern. Tatsache ist, daß das Ausmaß der Kostendynamik im Krankenhaus- wesen das der übrigen Sektoren wie beispielsweise der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Be- handlung sowie des Arzneimittel- verbrauchs weit übersteigt. Dies sind die Fakten, die sich aus dem Krankenversicherungsbudget des rheinland-pfälzischen Sozialmini- steriums vom September 1974 ent- nehmen lassen:

..". Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung sind in den vier Jahren von 1969 bis 1973 von 24 Milliarden auf 43 Milliarden DM gestiegen. Kostentreiber Nr.

1 waren dabei die Ausgaben für

"Krankenhausbehandlung in An-

stalten (Krankenhaus)"; die Kran- kenkassen verwandten hierfür 1969

noch 5,1 Milliarden DM, 1973 wa- ren es bereits 11,3 Milliarden DM, 1974 sogar 14,2 Milliarden DM. Die Ausgaben für die Kranken- hausbehandlung werden bis 1978 auf 28,3 Milliarden DM (der Bundesverband der Ortskran- kenkassen rechnet sogar mit 33 Milliarden DM) ansteigen, also mehr als doppelt soviel wie 1974.

Für die Behandlung durch nieder- gelassene Kassenärzte gaben die Krankenkassen 1969 4,8 Milliarden DM, 1973 8,8 Milliarden DM aus, und 1978 werden es voraussicht- lich über 16 Milliarden DM sein.

..". Entscheidend für die Beurtei- lung der Kostenentwicklung im Ge- sundheitswesen ist vor allem die Tatsache, daß sich bereits seit 1971 der Anteil der Leistungsaus- gaben der gesetzlichen Kranken- versicherung für die ambulante Be- handlung durch Ärzte ständig ver- ringerte, während der Anteil für die Krankenhausbehandlung fast im gleichen Ausmaß zunahm. Das rheinland-pfälzische Krankenversi- cherungsbudget weist nach, daß sich dieser Trend in den nächsten fünf Jahren noch verstärken wird.

Lag 1973 der Anteil der Kranken- kassenausgaben für die Behand- lung durch niedergelassene Ärzte bei 21,4 Prozent, so wird er sich bis 1978 voraussichtlich auf 19,1 Prozent weiter reduzieren, der An- teil für die Krankenhausbehand- lung hingegen lag 1973 bereits bei 27,7 Prozent und wird in drei Jah- ren voraussichtlich 33,6 Prozent be- tragen.

Kostentreibende Krankenhaus- reform und Tariflohnerhöhungen Dr. Walter Bauer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutsches Krankenhaus und Präsident der Deutschen Krankenhausgesell- schaft, führte die explosive Kosten- entwicklung im Krankenhausbe- reich vor allem auf zwei Faktoren zurück: die seit Januar 1974 wirk- sam gewordene neue Bundespfle- gesatzverordnung mit vollpauscha- lierten, vollkastendeckenden Pfle- gesätzen und zum anderen auf die

1914 Heft 26 vom 26.Juni 1975 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Tatsache, daß heute bereits über 75 Prozent der Gesamtausgaben des Krankenhauses auf Personal- kosten entfallen - ein Kostenfak- tor, der aber vom Krankenhaus selbst kaum beeinflußbar sei.

Arbeitszeitverkürzung und Schichtdienst

ln der Tat, es ist nicht zu leugnen, daß das personalintensive, hoch- spezialisierte diffizile Gebilde

"Krankenhaus" (es hält mit rund

650 000 Arbeitsplätzen durchaus ei- nem Vergleich mit der Deutschen Bundespost oder der textilverarbei- tenden Industrie stand) in jüngster Zeit gewaltige Personalkosten- schübe (so Frau Gesundheitsmini- ster Dr. Katharina Focke kürzlich im Bundestag) hinnehmen mußte:

ln den letzten beiden Jahren hatten die öffentlichen Krankenhäuser auf Grund der spürbaren Traiflohnan- hebungen im öffentlichen Dienst und die freigemeinnützigen Kran- kenhäuser, die sich an den öffentli- chen Tarifbereich weitgehend an- lehnen, jährlich solche Erhöhungen von mehr als zehn Prozent zu ver- zeichnen. Hinzu kommt der Trend zur weiteren Verkürzung der Ar- beitszeit (am 1. Oktober 1974 wur- de die 40-Stunden-Woche auch im Krankenhaus verwirklicht) und die zunehmende organisatorische Um- stellung der Krankenhäuser auf den Schichtdienst, der wiederum die Personalfixkosten den Schät- zungen von Professor Dr. med.

Hermann Hoffmann zufolge um 10 bis 20 Prozent erhöht. Alle diese nicht zu bestreitenden Fak- ten haben mit dazu geführt, daß die Pflegesätze in der allgemeinen Pflegeklasse nach Angaben der Ortskrankenkassen allein im ver- gangenen Jahr bis zu mehr als 30 Prozent heraufgesetzt werden muß- ten.

Freilich wurde die Krankenhaus- pflege im Jahr 1974 zum Teil ein- malig und außergewöhnlich auch deswegen so spürbar teurer, weil die neue Bundespflegesatzverord- nung nunmehr vorschreibt, die bis- her besonders berechenbaren Ne-

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benleistungen in einen pauschalen allgemeinen Pflegesatz einzubezie-

hen, und die bisherigen öffentlichen

Betriebskostenzuschüsse nach dem Krankenhausfinanzierungsge- setz nun offiziell auf den Pflegesatz überwälzt werden dürfen. Allein dieser Umstellung wird etwa die Hälfte der letztjährigen Kostener- höhung im Krankenhaus ar1zula- sten sein. Hinzu kommt eine immer aufwendigere Krankenhaushotelle- rie.

Personalsektor hat wenig Rationalisierungsreserven

Der Präsident der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft, Dr. Bauer, beklagte in Düsseldorf, daß sich der gewaltige Block der Personal- kosten von immerhin 75 Prozent kaum reduzieren lasse. Die Kran- kenhäuser seien nun einmal Dienstleistungsbetriebe mit hohem Personalaufwand und mit nur be- schränkten Möglichkeiten der Ra- tionalisierung und Automatisie- rung, vor allem im Pflege- und Be- handlungsbereich, beklagte Bauer.

Was im personellen Bereich für die Krankenhäuser zu gestalten übrig- bleibe, sei der Stellenplan, also die Bestimmung von Art und Zahl der Arbeitsplätze. Aber auch hier resi- gnierte Krankenhausverbandschef Bauer: "Die Spanne zwischen dem unbedingt Nötigen und dem Redu- zierbaren ist recht gering. Die deutschen Krankenhäuser haben in den meisten Bereichen unter dem Mangel an Dienstkräften, vor allem im Ärzte- und Pflegebereich jahre- lang zu leiden gehabt; zum Teil ist die Misere noch heute nicht über- wunden." in der Tat, von einem Zu- viel an Krankenhauspersonal ha- ben bisher auch die härtesten Kriti- ker des Krankenhauswesens noch kaum gesprochen (sieht man ein- mal von der These Dr. Eichhorns, DKI, ab, die Krankenhäuser hätten sich in der Vergangenheit mit Per- sonal vollgesogen). Immerhin feh- len nach Angaben der Kranken- haussprecher in den 3500 Hospitä- lern heute noch rund 30 000 ausge- bildete Schwestern und Pfleger,

von mehr Planstellen für Fachärzte gar nicht zu reden.

Dennoch will man versuchen, durch personaleinsparende Investi- tionen, durch die Vorgabe "objekti-

ver" und "laufend fortgeschriebe-

ner" Anhaltszahlen für den Perso-

Deutsche Krankenhäuser in Zahlen

1960 1973

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Krankenbetten je Arzt

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Krankenbetten je Schwester

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583.513_ Betten insgesamt_707.460

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Akut-Krankenhäuser

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Seit 1960 bis 1973 ist die Zahl der Betten, die ein Krankenhaus- arzt zu versorgen hat, um rund ein Drittel gesunken. Die Zahl der Betten je Krankenschwester hat im gleichen Zeitraum noch stärker - um rund 40 Prozent - abgenommen. Dagegen stieg die Zahl der planmäßigen Betten von etwa 580 000 auf mehr als 700 000 an. Im gleichen Zeltraum ist außerdem die Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus von 23,4 Tagen auf 17,6 Tage ge-

sunken Condor/DÄ

naleinsatz (die beispielsweise von den Ortskrankenkassen gar nicht als objektiv und verbindliche Richt- werte akzeptiert werden) auch in Zukunft personell sparsam zu wirt- schaften. Dabei soll den Patienten aber die "notwendige menschliche Betreuung" im Krankenhaus kei- neswegs abgehen.

Grenzen des Wachstums erreicht ..,.. So minimal die Kosteneinspa- rungen auf dem Personalsektor

Die Information:

Bericht und Meinung

auch sein dürften, so klar wurde in Düsseldorf ausgesprochen, daß die Grenzen des Wachstums des Kran- kenhauses bereits längst erreicht seien.

Daß vor der drohenden Gefahr ei- nes "Bettenberges" nun von kran- kenhausoffizieller Seite gewarnt wurde, klingt ernüchternd, wenn man sich erinnert, daß bis noch nicht vor allzu langer Zeit Klage darüber geführt wurde, daß in der Bundesrepublik Deutschland an- geblich noch ein spürbarer Betten- mangel herrsche.

Sowohl DKG-Hauptgeschäftsführer Professor Müller als auch Präsi- dent Dr. Bauer vertraten die An- sicht, daß die Bundesrepublik mit 707 000 planmäßigen Betten (Stand Ende 1973) längst den Nachholbe- darf aufgeholt habe und im interna- tionalen Vergleich eine Spitzenstel- lung einnehme. Mit durchschnitt- lich einem Krankenbett auf 88 Ein- wohner nimmt die Bundesrepublik bereits den fünften Rang im inter- nationalen Vergleich ein.

Wiederholt wurde in Düsseldorf auch die Ansicht vertreten, daß zu viele Patienten in den zu teuren Betten des Akutbereiches unterge- bracht werden; man lege sie ein- fach ins Bett, obwohl sie vom me- dizinischen Standpunkt gesehen überhaupt nicht voll stationär ver- sorgt werden müßten. Mit dieser These wurde die auch von der Ärz- teschaft wiederholt beklagte noch ungenügende funktionelle Differen- zierung der Krankenhäuser ange- sprochen.

Professor Müller war es auch, der vor dem Irrglauben warnte, daß sich die angesprochenen Probleme der partiellen und regionalen Über- kapazitäten und der noch nicht op- timalen Ausnutzung mancher Häu- ser mit einem Federstrich lösen ließen.

Müller: "Zu viele Betten zum Bei- spiel in Düsseldorf oder Köln nüt- zen wenig einer bettenmäßig unter- versorgten Großstadt wie Mün- chen. Ebensowenig lassen sich Pa-

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Heft

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vom

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Juni 1975 1915

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Die Information:

Bericht und Meinung

Deutscher Krankenhaustag

tienten so lange nicht aus dem teu- ren Krankenhaus ohne weiteres entlassen, solange nicht für die Errichtung von Langzeitkranken- häusern, Altenheimen und sonstige flankierende Maßnahme Sorge ge- tragen wird."

• Krankenhaussprecher Dr. Wal- ter Bauer riet sogar zu einer Radi- kalkur: Alle Maßnahmen zur Erstel- lung weiterer Krankenhausbetten sollten unverzüglich gestoppt oder in Fällen, in denen das nicht mehr möglich ist, doch überprüft wer- den. Auch bei laufenden Bauvorha- ben könne noch überlegt werden, was eingespart werden müsse, und ob die Projekte vielleicht sogar ei- ner anderen Zweckbestimmung zu- geführt werden könnten (nament- lich wurden hier Alten- und Pflege- heime sowie Einrichtungen für Rehabilitation und für chronisch Kranke angeführt). Diese deutli- chen Worte aus berufenem Munde werden jedoch nicht immer mit der Zustimmung der nach wie vor kran- kenhausbaufreudigen Landräte und Oberbürgermeister rechnen kön- nen, wohl aber mit der Zustimmung der Ärzteschaft!

Um vor allem das Akutkranken- haus wirksam entlasten zu können, empfahl Präsident Bauer in seinem Fünf-Punkte-Sparprogramm eine engere und bessere Zusammenar- beit zwischen Krankenhaus und niedergelassener Ärzteschaft. Es müsse nicht nur dafür Sorge getra- gen werden, daß den „richtigen Patienten das richtige Bett" zuge- wiesen werde, sondern daß „un- nötige" Krankenhauseinweisungen überhaupt unterblieben, eine For- derung, die die Ärzteschaft unein- geschränkt teilt.

Senkung der Verweildauer und „flankierende" Maßnahmen

Ein wesentlicher Aktionsparameter zur Kosteneinsparung ist nach Mei- nung der DKG auch die weitere Senkung der Verweildauer im Krankenhaus. Gerade hier konnten in der Vergangenheit sichtbare sta- tistische Erfolge erzielt werden.

Seit 1960 ist die Verweildauer im Akutkrankenhaus von 21,2 Tagen auf 17,6 Tage im Jahr 1973 gesun- ken. Berücksichtigt man, daß der Pflegetag in der allgemeinen Pfle- geklasse im Schnitt heute schon bei rund 150 DM liegt (vor 1980 soll er bereits die 500-Mark-Marke er- reicht haben, so unkte man in Düs- seldorf), und geht man von rund 225 Millionen geleisteten Pflegeta- gen pro Jahr aus, so wird deutlich, welche Kostenersparnisse zu erzie- len wären, wenn es gelänge, die Verweildauer noch weiter zu ver- kürzen.

Allerdings wurde in Düsseldorf zu Recht davor gewarnt, von der Sen- kung der Verweildauer eine auto- matische Kostenersparnis in Mil- liardenhöhe zu erwarten. Jeder Krankenhausfachmann weiß, daß dieses Mittel allein nicht geeignet ist, die Kostenflut im stationären Bereich einzudämmen, wenn nicht zugleich Personal und Betten ab- gebaut werden, wozu im Augen- blick offenbar staatliche und kom- munale Krankenhausträger nicht den Mut haben.

Aber auch vor einer anderen Illu- sion muß hier gewarnt werden:

Wenn in der letzten Zeit angeklun- gen ist, normierte Verweilzeiten für bestimmte Krankheitsbilder vorzu- geben, so wird hier der Eindruck erweckt, als ließe sich die Wunder- waffe „Verweildauerverkürzung"

beliebig und manipulativ zur Ko- stendämpfung einsetzen. Eine aus- schließlich ökonomisch orientierte Normierung wäre nicht nur fehl am Platz, sondern müßte von der Ärz- teschaft entschieden zurückgewie- sen werden, weil schon der leise- ste Versuch, auf die Entscheidung des Arztes über Aufnahme und Entlassungsnotwendigkeit des Pa- tienten Druck auszuüben, als unzu- lässiger Eingriff in die ärztliche Entscheidungshoheit und Verant- wortung gewertet werden muß.

In seine „Mehrfachstrategie" zur Kostendämpfung im Gesundheits- wesen bezog Krankenhausspre- cher Dr. Bauer nicht nur die im Ge- sundheitswesen Verantwortlichen

und die dort Tätigen ein, sondern auch und nicht zuletzt den Patien- ten selbst. Er könne ebenfalls mit- helfen, indem er „gemeinschafts- bewußter" denke, überzogene Lei- stungen auf Kosten der Versicher- tengemeinschaften nicht als selbst- verständlich für sich verlange und damit das Notwendige an Leistun- gen nicht gefährde.

Auch Krankenhäuser müssen kooperieren

Gemeinschaftsbewußter denken müssen allerdings auch „die Kran- kenhäuser" selbst. Hier herrscht noch viel Leerlauf, bleibt viel zu verbessern, denn unsere „Kranken- hauslandschaft" ist zwar erfreulich vielfältig, aber es gibt bislang zu wenig Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Krankenhäusern, den Krankenhausträgern sowie noch zu wenig gebietsübergreifen- de Kooperationsverbände und Pla- nungen, wie der Ulmer Oberbür- germeister, Dr. Hans Lorenser, als Vorstandsmitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu Recht feststellte. Noch immer behinder- ten oftmals „historisch gewachse- ne Krankenhausimperien, Pfründe und kommunaler Egoismus" die Bereitschaft zur gegenseitigen Ab- stimmung, betonte Lorenser. Zum anderen ist es auch mit der wirt- schaftlichen Betriebsführung, der Betriebskostenabrechnung und dem Management der Krankenhäu- ser nicht gerade zum besten be- stellt, zumal in der Krankenhausge- setzgebung eher die Unwirtschaft- lichkeit als die Wirtschaftlichkeit honoriert wird.

Eines hat der 8. Deutsche Kranken- haustag ganz deutlich gemacht:

Man ist bereit, das eigene Haus in Ordnung zu bringen und die Ex- pansionsphase bei den Kranken- häusern rigoros abzustoppen, um der Kostenentwicklung Herr zu werden. Dazu zählt freilich auch, daß sich die Krankenhäuser nicht auf solche Experimente einlassen, welche weder der Wirtschaftlich- keit dienen noch dem Patienten nützen. Dr. Harald Clade

1916 Heft 26 vom 26.Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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