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Archiv "Finanz- und Wirtschaftskrise: Ein Zeichen der Solidarität" (09.06.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 23–24

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9. Juni 2014 A 1065

P

atientinnen und Patienten in den am stärksten von der Wirtschafts- und Finanzkrise be- troffenen Staaten der Europäischen Union haben ein Anrecht auf eine ausreichende medizinische Versor- gung. Sparmaßnahmen im Gesund- heitswesen, wie sie die Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Kommission und Eu- ropäischer Zentralbank zur Konso- lidierung der Staatsfinanzen vor- gibt, dürfen dieses Recht nicht ge- fährden. Das hat der 117. Deutsche Ärztetag in Düsseldorf gefordert.

Wirtschaftskrisen seien mit einer massiven Verschlechterung der ge- sundheitlichen Lage der Bevölke- rung verbunden, heißt es in einem Beschluss. Deshalb müssten die Ausgaben für das Gesundheitswe- sen in diesen Zeiten gesteigert statt gekürzt werden. Gerade in Krisen- zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit, geringem Einkommen, mangelnder Versicherung und massenhafter Ob- dachlosigkeit stiegen die Anforde- rungen an ein funktionsfähiges Ge- sundheitswesen.

Mehr HIV-Infektionen

Zuvor hatte der Präsident der Bun- desärztekammer, Prof. Dr. med.

Frank Ulrich Montgomery, auf die teilweise dramatischen Entwicklun- gen in den betroffenen Staaten hin- gewiesen. Die Beschäftigung damit auf dem Deutschen Ärztetag setze ein Zeichen der Solidarität. Die Krisenbewältigung in Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und Irland dürfe nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. „Die politischen Entschei- dungsträger aufseiten der Geld - geber wie auch in den nationalen Regierungen und Parlamenten der Krisenstaaten fordern wir daher auf, die Bewältigung der Krise

mit Augenmaß anzugehen“, sagte Montgomery. Im Zentrum der von den internationalen Geldgebern ge- forderten Gesundheitsreformen ste- hen unter anderem Kürzungen bei den Arzneimittelausgaben, Fusionen und Schließungen von Kranken- häusern, der Abbau von Kranken- hausbetten, Einsparungen bei den Kosten für das medizinische Perso- nal und höhere Selbstbeteiligungen der Patienten an den Gesundheits- kosten.

Inzwischen belegten Studien die gesundheitlichen Folgen des drasti- schen Sparkurses, erklärte Mont- gomery und zitierte aus der Fach- zeitschrift „Lancet“ vom 22. Febru- ar. In Griechenland gebe es einen deutlichen Anstieg der HIV-Neuin- fektionen durch die fehlende Be- treuung von Drogensüchtigen, es gebe erheblich mehr Totgeburten bei nachlassender Schwanger- schaftsversorgung, die Zahl unter-

gewichtiger Kinder steige ebenso wie die Zahl der Suizide.

Dazu komme, dass in Griechen- land die Krankenversicherung an die Beschäftigung gebunden sei.

Nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit erlösche der Versicherungsschutz.

Da in der Krise die Arbeitslosigkeit von 7,5 Prozent auf knapp 30 Pro- zent gestiegen sei, seien viele Grie- chen heute ohne jeden Krankenver- sicherungsschutz. Gleichzeitig habe der Staat die Ausgaben für die Ge- sundheit drastisch reduziert, um zweistellige Prozentsätze jährlich.

„So etwas kann nicht ohne Folgen bleiben“, sagte Montgomery. Gera- de bei den Schwächsten, bei Kin- dern, Alten, aber auch bei Kranken müsse bei allen berechtigten Spar- bemühungen ein besonderes Au- genmaß gelten. „Es ist ein Zeichen kurzfristigen Denkens, wenn auf- grund von Sparmaßnahmen keine Praxis oder Klinik in erreichbarer Nähe ist und medizinisch indizierte Therapien durch den Patienten ent- weder gar nicht erst begonnen oder abgebrochen werden müssen.“

Ambulanzen für Mittellose Der Ärztepräsident hob aber auch den Beitrag der Ärztinnen und Ärz- te in den betroffenen Staaten an der Aufrechterhaltung der medizini- schen Versorgung hervor. „In erster Linie meine ich damit unzählige Überstunden, in Griechenland die Einrichtung von Straßenambulan- zen für die medizinische Versor- gung Mittelloser.“ Die Ärzte setz- ten gemeinsam mit anderen Heilbe- rufen ein Zeichen der gesellschaftli- chen Solidarität.

Mehr Solidarität forderte Prof.

Dr. med. habil. Wulf Dietrich, Bay- ern, mit den Asylsuchenden in Griechenland: „Diese Bevölke- rungsgruppe ist ganz besonders schlecht dran.“ Griechenland habe bei acht Millionen Einwohnern eine Million Asylsuchende, die dort un- ter fürchterlichsten Umständen leb- ten. „Da ist ganz dringend Hilfe nö- tig“, sagte Dietrich. „Wir müssen darauf drängen, dass wir mehr Flüchtlinge bei uns aufnehmen.“

Die Griechen seien mit dem Pro-

blem überlastet.

Heike Korzilius

FINANZ- UND WIRTSCHAFTSKRISE

Ein Zeichen der Solidarität

Patienten in den Krisenstaaten der Europäischen Union

leiden unter den drastischen Kürzungen im Gesundheitswesen.

Der Ärztetag fordert eine Sparpolitik mit Augenmaß.

Gesundheit darf kein Luxusgut werden, lautete Frank Ulrich Mont- gomerys Appell an die Politik.

1 1 7 . D E U T S C H E R Ä R Z T E T A G

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